Profilbild von milkysilvermoon

milkysilvermoon

Lesejury Star
offline

milkysilvermoon ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit milkysilvermoon über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.05.2019

Das Abenteuer des Zeidlers

Der Gesang der Bienen
0

Der Schwarzwald im Jahr 1152: Als Zeidler streift Seyfried (35) durch den Schwarzwald und erntet Honig und Wachs von wilden Bienenvölkern. Mit seiner Frau Elsbeth (32) und den Kindern lebt er ein beschauliches, ...

Der Schwarzwald im Jahr 1152: Als Zeidler streift Seyfried (35) durch den Schwarzwald und erntet Honig und Wachs von wilden Bienenvölkern. Mit seiner Frau Elsbeth (32) und den Kindern lebt er ein beschauliches, abgeschiedenes Leben. Doch seine Welt gerät aus den Fugen, als man seine Frau für den Tod von Fronika, der Tochter Gottfrieds von Staufen, verantwortlich macht. Sie wird eingesperrt und zum Tode verurteilt. Vom Gericht erhält Seyfried jedoch eine Frist von zwei Wochen, um die Fürsprache der Äbtissin Hildegard einzuholen und so die Unschuld von Elsbeth zu beweisen. Deshalb bricht er zum Kloster Bingen auf, um das Leben seiner Frau zu retten. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.

„Der Gesang der Bienen“ ist ein historischer Abenteuerroman von Ralf H. Dorweiler.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 25 Kapiteln mit einer angenehmen Länge, die von einem Pro- und einem Epilog eingerahmt werden. Zu Beginn jeden Kapitels steht ein zum Thema passendes Zitat - eine schöne Idee. Auch die Orts- und Zeitangaben sind sehr übersichtlich und einheitlich am Anfang der Kapitel platziert, sodass eine Orientierung in der Geschichte trotz unterschiedlicher Schauplätze sehr leicht fällt. Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven, vor allem aus der von Seyfried und Elsbeth. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist locker, flüssig, bildhaft, detailliert und anschaulich. Der Autor schreibt fesselnd und gleichzeitig einfühlsam. Der Einstieg in die Geschichte gelingt daher sehr einfach.

Die Charaktere des Romans wirken authentisch, interessant und gut ausgearbeitet. Im Vordergrund der Geschichte steht Seyfried, der mir schon nach wenigen Seiten sympathisch war, ebenso der Rest seiner Familie. Seine Gedanken- und Gefühlswelt konnte ich gut nachvollziehen.

Trotz der annähernd 500 Seiten bleibt die Handlung kurzweilig und unterhaltsam. Einige Wendungen halten die Spannung stetig oben. Nur gegen Ende hin wird das Geschehen ein wenig unrealistisch und zu stark übertrieben, was meinen ansonsten sehr positiven Gesamteindruck des Romans leider ein wenig geschmälert hat. Zudem nimmt der Klappentext bereits viel vorweg.

Sehr gut gefallen hat mir das historische Setting des Romans. Mit Hildegard von Bingen spielt eine reizvolle und bekannte Persönlichkeit eine wichtige Rolle in der Geschichte. Ich fand es interessant, auf unterhaltsame Weise mehr über die berühmte Frau zu erfahren. Lehrreich wird der Roman auch dadurch, dass Wissenswertes über das Zeidler-Handwerk vermittelt wird. Die Anmerkungen des Autors belegen die fundierte Recherche.

Sehr hilfreich ist das umfassende Personenverzeichnis am Ende des Romans. Tolle Extras sind außerdem eine Landkarte sowie das Rezept zum „Hildegardis-Gold“.

Das Cover passt gut zum Thema. Schön finde ich, dass das Bienen-Motiv auch bei der Gestaltung im Inneren des Taschenbuchs aufgegriffen wird. Der Titel klingt poetisch und trifft meinen Geschmack.

Mein Fazit:
„Der Gesang der Bienen“ von Ralf H. Dorweiler ist ein empfehlenswerter historischer Roman. Trotz kleinerer Schwächen sorgt die Geschichte für fesselnde Lesestunden.

Veröffentlicht am 07.05.2019

Eine Diagnose, die alles verändert

Wenn man den Himmel umdreht, ist er ein Meer
0

Nur wenige Tage vor ihrem 30. Geburtstag kommt die Diagnose, die alles ändert: chronische Niereninsuffizienz. Alle Zukunftspläne sind plötzlich hinfällig: das Stipendium in Teheran, der Kurztrip nach Frankreich. ...

Nur wenige Tage vor ihrem 30. Geburtstag kommt die Diagnose, die alles ändert: chronische Niereninsuffizienz. Alle Zukunftspläne sind plötzlich hinfällig: das Stipendium in Teheran, der Kurztrip nach Frankreich. Und dann verschlechtern sich auch noch die Nierenwerte, sodass sie dreimal die Woche zur Dialyse muss. Schnell wird klar, dass sie ein Spenderorgan braucht. Ihr Vater wäre bereit, zu spenden, doch die beiden sind sich fremd, da er die Familie vor vielen Jahren verlassen hat. Erschwerend kommt die Ungewissheit hinzu: Ist er als Spender überhaupt geeignet?

„Wenn man den Himmel umdreht, ist er ein Meer“ ist das literarische Debüt von Tabea Hertzog, basierend auf ihrer wahren Geschichte.

Meine Meinung:
Das Buch besteht aus 19 Kapiteln recht unterschiedlicher Länge. Sie sind wiederum in teils sehr kurze Abschnitte untergliedert. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht der jungen Frau, der Autorin. Der Roman setzt direkt nach der Diagnose ein. Das Grundgerüst ist chronologisch aufgebaut. Immer wieder gibt es jedoch Rückblicke in die Kindheit und andere Teile der Vergangenheit. Die Übergänge sind recht abrupt, trotzdem hat dieser Aufbau für mich gut funktioniert.

Der besondere, unverwechselbare Schreibstil wirkt zunächst reduziert, nüchtern, distanziert und schnörkellos. Kurze Passagen in Dialogform wechseln sich ab mit Auszügen aus SMS-Nachrichten und längeren erzählenden Abschnitten. Der Stil hat aber auch eine poetische Note. Dazu tragen auch tiefsinnige Sätze bei, die ab und zu eingestreut werden. Mit nur wenigen Worten gelingt es der Autorin, viel auszudrücken.

Die Protagonistin bleibt anfangs unnahbar, was jedoch Teil ihres Charakters ist. Zunehmend lässt sich ihre Gedanken- und Gefühlswelt jedoch gut nachvollziehen. Dabei hat mich ihre Ehrlichkeit beeindruckt. So kann man sich in sie einfühlen. Auch bei der Darstellung der Personen geht die Autorin sparsam mit Details um. Dennoch schafft sie es, Bilder der Charaktere entstehen zu lassen.

Eine Stärke des Buches ist seine besondere Thematik. Wie ist es, wenn die Nieren nicht mehr ihren Dienst tun? Wie läuft eine Dialyse ab, wie eine Transplantation? Antworten auf diese Frage habe ich erwartet und auch bekommen. Wer sich vorher noch nicht mit einer chronischen Niereninsuffizienz beschäftigt hat, kann interessante Informationen aus dem Buch ziehen. Dadurch wurde mir das Thema nicht nur nähergebracht, sondern man wird auch zum Nachdenken angeregt.

Das Buch kommt unaufgeregt daher. Es verzichtet auf übermäßige Dramatik und kommt gänzlich ohne kitschige Passagen aus. Mit nur etwas mehr als 200 Seiten ist es zudem recht kurz. Dennoch konnte mich das Buch sowohl fesseln als auch emotional bewegen. Trotz der ernsten Thematik blitzt immer wieder etwas Humor durch.

Der philosophische Titel trifft meinen Geschmack. Er erschließt sich nicht auf Anhieb und wird erst nach der vollständigen Lektüre in Gänze verständlich. Das dazu passende Cover gefällt mir ebenfalls.

Mein Fazit:
„Wenn man den Himmel umdreht, ist er ein Meer“ von Tabea Hertzog hebt sich auf erfrischende Weise von der Sachbuchliteratur ab, in denen es um Erfahrungsberichte geht. Die Autorin verarbeitet ihre eigene Geschichte auf literarisch interessante Weise. Eine ungewöhnliche Lektüre, die ich in mehrfacher Hinsicht empfehlen kann.

Veröffentlicht am 24.04.2019

Eine lebenslange Lüge

Das geheime Glück
0

September 2016 in der Clyde Bay im US-Bundesstaat Maine: Zunächst scheint es, als wäre es ein Morgen wie jeder andere. Wie immer lässt Robbie Brandon seine Frau Emily weiterschlafen, während er schon mal ...

September 2016 in der Clyde Bay im US-Bundesstaat Maine: Zunächst scheint es, als wäre es ein Morgen wie jeder andere. Wie immer lässt Robbie Brandon seine Frau Emily weiterschlafen, während er schon mal aufsteht und Kaffee kocht. Seit 43 Jahren sind die beiden verheiratet und inzwischen ein eingespieltes Team. Doch an diesem Tag tut er noch etwas anderes. Er schreibt Emily einen Brief, der ihr das Herz brechen wird. Aber Robbie muss diesen Preis bezahlen, um ihre Liebe zu schützen. Schließlich darf niemand herausfinden, welches Geheimnis Emily und er seit fünf Jahrzehnten verbergen…

„Das geheime Glück“ ist ein berührender Roman von Julie Cohen.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus fünf Teilen mit insgesamt 34 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Daran schließt sich eine Art Epilog an, das Postcriptum. Erzählt wird aus der Sicht von Robbie und Emily – allerdings nicht chronologisch, sondern rückwärts, was den besonderen Reiz des Romans ausmacht. Somit beginnt die Geschichte im Jahr 2016 und endet 1962. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist einfühlsam, leicht verständlich und anschaulich. Viel wörtliche Rede lässt ihn außerdem lebhaft wirken. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht. Ich habe das Buch nur ungerne zur Seite gelegt.

Die beiden Protagonisten Robbie und Emily haben mir gut gefallen. Es sind vielschichtige, reizvolle und sehr authentische Charaktere, deren Geschichte ich sehr gerne verfolgt habe. Ihre Gedanken- und Gefühlswelt ist gut nachvollziehbar. Auch die übrigen Personen kommen realitätsnah rüber.

Im Mittelpunkt des Romans steht die große Liebe der beiden. Sie sorgt dafür, dass die Geschichte immer wieder emotional berühren kann, ohne zu kitschig oder übertrieben dramatisch zu werden.

Ein weiterer thematischer Schwerpunkt ist die lebenslange Lüge, die Robbie und Emily miteinander teilen. Nur bruchstückhaft wird Teil für Teil der Vergangenheit der beiden enthüllt. Dadurch bleibt die Geschichte fesselnd. Auch einige unerwartete Wendungen erzeugen Spannung. Trotz der mehr als 400 Seiten bleibt der Roman somit kurzweilig und unterhaltsam.

Das liebevoll gestaltete Cover hat zwar wenig Bezug zum Inhalt, gefällt mir aber dennoch sehr gut. Der prägnante deutsche Titel weicht erheblich vom englischsprachigen Original („Together“) ab, was mich in diesem Fall jedoch nicht so sehr gestört hat, weil er zur Geschichte passt.

Mein Fazit:
Mit „Das geheime Glück“ ist Julie Cohen ein ungewöhnlicher Liebesroman gelungen, der sich in seiner Art des Erzählens und seinem Tiefgang erfreulich von anderen Büchern des Genres abhebt. Eine empfehlenswerte Geschichte, die mir schöne Lesestunden bereitet hat.

Veröffentlicht am 17.04.2019

Eine große Liebe, die nicht sein darf

Das schönste Mädchen Havannas
0

Kuba im Jahr 1947: Nur mit dem, was er am Leib trägt, kommt der Asturier Patricio (19) in Havanna an. Er ist dem Elend in Spanien, das vom Bürgerkrieg geprägt ist, entflohen. Sein Wunsch: Er will in der ...

Kuba im Jahr 1947: Nur mit dem, was er am Leib trägt, kommt der Asturier Patricio (19) in Havanna an. Er ist dem Elend in Spanien, das vom Bürgerkrieg geprägt ist, entflohen. Sein Wunsch: Er will in der neuen Heimat ein besseres Leben beginnen. Doch der Anfang ist schwer. Er muss sich als Schuhputzer durchschlagen. Als er bei der Arbeit aus Versehen die Schuhe des Mafiabosses Carlos Valdés ruiniert, kommt er nur knapp mit dem Leben davon. Kurz darauf darf er im Kaufhaus El Encanto anfangen. Da macht Patricio schnell Karriere. Eines Tages lernt er dort die attraktive Gloria kennen, in die er sich sofort verliebt. Aber dann erfährt er, dass sie verheiratet ist – und zwar mit eben jenem Mafiaboss, einem der gefürchtetsten Männer Havannas…

„Das schönste Mädchen Havannas“ ist der Debütroman von Susana López Rubio.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen, die wiederum in 55 Kapitel mit einer angenehmen Länge unterteilt sind. Das Buch endet mit einem Epilog. Erzählt wird in der Ich-Perspektive, zunächst nur aus der Sicht von Patricio, später im Wechsel von Patricio und Gloria. Die Handlung beginnt 1947 und umfasst etliche Jahre. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist anschaulich, einfühlsam und – durch viel wörtliche Rede – sehr lebhaft. Dabei gelingt es der Autorin gut, die Atmosphäre jener Zeit zu vermitteln und viele Bilder vor dem inneren Auge entstehen zu lassen. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir nicht schwer.

Im Vordergrund des Romans stehen Patricio und Gloria. Die Gedanken- und Gefühlswelt der beiden lassen sich gut nachvollziehen. Beide Charaktere werden detailliert und vielschichtig dargestellt. Obwohl mir deren Art und Verhalten nicht immer zugesagt haben, habe ich ihre Geschichte gerne verfolgt. Auch die übrigen Personen wirken authentisch.

Trotz der fast 500 Seiten hat der Roman nur wenig Längen. Die Geschichte überrascht mit einigen Wendungen und Einfällen, die das Buch kurzweilig machen.

Thematisch geht es vor allem um die Liebe, Romantik und tragische Momente. Dabei konnte mich die Geschichte emotional bewegen, da sie glücklicherweise auf Kitsch und zu starke Übertreibungen verzichtet. Das macht den Roman glaubwürdig. Positiv anzumerken ist auch, dass Politik und Zeitgeschichte ebenfalls viel Raum einnehmen, was verhindert, dass der Roman zu seicht wird.

Sehr gut hat mir das Setting gefallen. Auch die historische Komponente ist überzeugend umgesetzt. Auf unterhaltsame Weise lernt man Kuba zu der Zeit vor und während der Revolution kennen und kann so sein Wissen zu diesem Thema erweitern.

Mit dem farbenprächtigen und liebevoll gestalteten Cover und dem Lesebändchen wirkt die gebundene Ausgabe sehr hochwertig. Der deutsche Titel weicht stark vom spanischsprachigen Original ab, das sich auf den Namen des Kaufhauses bezieht und dem ich den Vorzug geben würde.

Mein Fazit:
„Das schönste Mädchen Havannas“ von Susana López Rubio ist ein Liebesroman der etwas anderen Art, der mich sehr gut unterhalten hat. Empfehlenswert ist die Lektüre wegen ihres Tiefgangs auch für diejenigen, die sonst einen Bogen um dieses Genre machen.

Veröffentlicht am 13.04.2019

Wenn Mitgefühl über den Faschismus siegt

Niemand weiß, dass du hier bist
0

Die Stadt Siena in der Toskana im Jahr 1942: Aufgewachsen in Libyen, soll der zwölfjährige Lorenzo Guerrini den Krieg bei seinem Großvater und seiner Tante Chiara überstehen. Sein Vater Umberto wurde eingezogen. ...

Die Stadt Siena in der Toskana im Jahr 1942: Aufgewachsen in Libyen, soll der zwölfjährige Lorenzo Guerrini den Krieg bei seinem Großvater und seiner Tante Chiara überstehen. Sein Vater Umberto wurde eingezogen. Er freundet sich mit dem Jungen Franco an, der seine glühende Verehrung für den Duce teilt und vom Sieg des faschistischen Italiens träumt. Doch seine Begeisterung bekommt erste Risse, nachdem er Daniele, einen Juden, trifft. Als die Deutschen die Stadt besetzen und jüdische Familien deportieren, kann Lorenzo nicht einfach zusehen. Er trifft daher eine folgenreiche Entscheidung…

„Niemand weiß, dass du hier bist“ ist der Debütroman von Nicoletta Giampietro.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen, die wiederum in 34 Kapitel mit einer angenehmen Länge unterteilt sind. Zudem gibt es einen Epilog („21 Jahre später“). Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Lorenzo. Die Haupthandlung spielt zwischen August 1942 und 1945. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist größtenteils unauffällig, aber anschaulich, einfühlsam und angenehm zu lesen. Mit ihren Beschreibungen gelingt es der Autorin, plastische Bilder vor dem inneren Auge auftauchen zu lassen und viel Atmosphäre zu vermitteln. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir nicht schwer.

Der Protagonist Lorenzo ist ein reizvoller Charakter, denn so gelingt es, die kindliche Perspektive darzustellen. Gut gefallen hat mir, dass er im Laufe des Romans eine ziemliche Entwicklung durchmacht und sein Erwachsenwerden authentisch geschildert wird. Sein Denken und Handeln sind gut nachvollziehbar. Positiv hervorzuheben ist, dass die Autorin bei der Darstellung der Personen auch Grautöne abbildet. So wirken auch die übrigen Charaktere vielschichtig und realitätsnah.

Trotz der mehr als 400 Seiten bleibt die Geschichte überwiegend kurzweilig. Es gelingt, die Spannung hochzuhalten. Gegen Ende hin wirkt das Geschehen jedoch ein wenig zu übertrieben und wird unglaubwürdig. Der Abschluss der Geschichte driftet ins Kitschige ab und ist mir etwas zu viel des Guten. Das ist schade, weil es meinen sonst sehr positiven Eindruck vom Buch doch schmälert. Im Großen und Ganzen habe ich mich allerdings gut unterhalten gefühlt.

Thematisch geht es vor allem um den Faschismus und die Gräuel des Zweiten Weltkriegs, aber auch um Mut, Freundschaft, Zusammenhalt, Hoffnung und Mitgefühl. Immer wieder konnte mich die Geschichte emotional bewegen.

Ein Pluspunkt des Romans ist es, dass er den Zweiten Weltkrieg aus der italienischen Perspektive schildert und aufzeigt, dass Faschismus und Rassismus nicht nur in Deutschland fürchterliche Auswüchse nahmen. Diese Aspekte sind nach wie vor oder sogar mehr denn je aktuell. Obwohl ich mich schon vorher ausführlich mit dieser Zeit beschäftigt hatte, konnte ich beim Lesen noch einiges lernen, zum Beispiel über die Balilla, die Jugendorganisation der Nationalen Faschistischen Partei.

Sehr interessant ist zudem das als „Notizen zu diesem Buch“ überschriebene Nachwort der Autorin. Hierbei wird nicht nur ihre fundierte Recherche deutlich, sondern der Leser erfährt auch, welche Elemente im Roman auf historischen Fakten basieren und welche reine Fiktion sind.

Das nostalgisch anmutende Cover ist nicht nur hübsch gestaltet, sondern passt auch gut zum Inhalt. Letzteres gilt ebenfalls für den Titel, der treffend formuliert ist.

Mein Fazit:
„Niemand weiß, dass du hier bist“ von Nicoletta Giampietro ist ein gleichsam unterhaltsamer wie interessanter Roman, der mich berühren konnte und noch eine Weile nachhallen wird.