Geheimnisse der See
Die Stimme der KrakenCon Dao ist eine beschauliche kleine Insel, die versucht vom Tourismus zu leben. In den geschützten Gewässern drum herum kann man gut tauchen und die Meeresbewohner beobachten. Das fragile Ökosystem wird ...
Con Dao ist eine beschauliche kleine Insel, die versucht vom Tourismus zu leben. In den geschützten Gewässern drum herum kann man gut tauchen und die Meeresbewohner beobachten. Das fragile Ökosystem wird allerdings bedroht durch den Diebstahl und den Verkauf von Schildkröteneiern, oder durch Überfischung. Riesige Fischfangtrawler schieben sich voll automatisiert auf der Suche nach den letzten Proteinreserven über die Meere und zerstören so auch die letzten Naturreservate. Rettung für Con Dao verspricht ein Technologiekonzern, der sich dem Umweltschutz verschrieben hat und die Insel aufkauft und weiträumig abriegelt. Nun leben hier nur noch eine Securitybeauftragte, ein Android und eine Wissenschaftlerin.
Als ich den Klappentext zum Buch gelesen hatte, war ich direkt angetan, hatte ich doch in letzter Zeit schon mehrere Bücher, die sich mit Kraken/Tintenfischen beschäftigen gelesen. Das diese Tiere eine immense Intelligenz besitzen ist unumstritten, aber immer noch wissen wir im Grunde nichts über diese beeindruckenden Tiere. Das Buch nimmt diese Intelligenz nun zum Thema und stellt die These auf, dass es möglich sein könnte mit den Tieren auf sprachlicher Ebene zu kommunizieren. Ein durchaus faszinierender Gedanke.
Das Buch spielt in einer nicht näher bezeichneten, hochtechnologisierten Zukunft. Die politische und wirtschaftliche Macht scheint mittlerweile von Asien auszugehen, Staaten, die wir namentlich heute kennen existieren längst nicht mehr. Arbeitsabläufe sind fast alle automatisiert und Ki gesteuert, große Teile der Weltbevölkerung leben in Armut, die Beschaffung von ausreichend Protein aus dem Meer für die Erzeugung von Nahrungsmitteln wird immer schwieriger. Die Entwicklung von KI ist soweit fortgeschritten, dass es Wissenschaftlern gelungen ist einen Androiden zu erschaffen, dem das Bewusstsein mehrerer ausgewählter Personen eingesetzt wurde, um ihn so menschenähnlich wie nur möglich zu machen, mit dem Ergebniss, dass man eigentlich keinen Unterschied mehr feststellen kann. In diesen schwierigen Zeiten kommt es nun zur Entdeckung einer hochintelligenten Krakenpopulation, die Möglichkeit mit ihnen in Kontakt treten zu können ist aber nicht unbedingt vordergründig bei ihrer Erforschung.
Die Geschichte wird über drei Handlungsstränge erzählt, unterbrochen von kurzen Zitaten aus den Büchern der beschriebenen Wissenschaftler. In der Haupgeschichte geht es um die Entdeckung und Erforschung der Kraken. Der zweite Strang ist wie eine Spionagegeschichte aufgebaut und zeigt, wie mit allen Mitteln versucht wird mehr über die Insel, die dort getätigten Arbeiten zu erfahren und das dortige Netzwerk zu infiltrieren. Im dritten Strang begleiten wir Eiko, der als Sklave auf eines der riesigen Fangschiffe verfrachtet wurde und hier nun Dienst tun muss. Lange Zeit laufen die drei Stränge ohne wirklichen Bezug nebeneinander her. Während man die Spionage- und Sabotageaktionen der gegnerischen Konzerne noch mit den Geschehnissen auf der Insel in Verbindung bringen kann,, ist bei der Geschichte rund um die Sea Wolf, das Fischfangschiff, eigentlich nicht wirklich eine Verbindung zu erkennen. Am ehesten kann man hier noch davon ausgehen, dass die Geschehnisse hier dem Leser die aktuellen Lebensumstände klar machen sollen. Natürlich kommt am Ende alles irgendwie zusammen, aber ich persönlich finde das so nicht gut gelöst, da wäre es besser gewesen die Handlung direkt mehr miteinander zu verweben. Das Ganze einen Öko-Thriller zu nennen kann ich leider auch nicht wirklich unterstützen. Klar gibt es entsprechende Elemente im Buch, aber die Rasans, das atemlose, die Spannung, die ich mit einem Thriller verbinde, kommt nur ganz ganz selten auf.
In der Tiefe geht das Buch eigentlich mehr auf die philosophische Ebene. Zum Einen natürlich bei der Thematik rund um den Umgang mit einer weiteren intelligenten Lebensform auf unserem Planeten, um den generellen Umgang mit der Natur, den Tieren, den Ressourcen. Es geht aber auch um den Umgang mit den Möglichkeiten des industriellen Fortschritts, um Fluch und Segen von künstlicher Intelligenz. Darum, wozu wir diese nutzen, wie weit wir sie in unser Leben eindringen lassen und natürlich letztlich darum, ob sie uns tatsächlich einmal überholen und ersetzen könnte.
Die Anzahl der Figuren ist recht überschaubar, eine Beziehung baut man als Leser am ehesten zu Dr. Ha Nguyen, die ihr Leben der Erforschung von Kraken verschrieben hat. Bei den Namen hat man manchmal etwas Schwierigkeiten. Bei der Figur von Evrim, dem Androiden, wird immer wieder darauf hingewiesen, wie leicht er mit einem echten Menschen zu verwechseln wäre, gleichzeitig werden aber auch Details hervorgehoben, an denen er als "Maschine" zu erkennen ist. Seine Darstellung unterscheidet sich stark von der, der durch KI gesteuerte Maschinen, wie etwa dem Fischtrawler.
Ein paar Worte möchte ich in diesem Fall auch zur Covergestaltung des Buches sagen. Ich persönlich finde sie leider sehr unglücklich gewählt, das Original ist hier um einiges besser. Natürlich war das Cover das Erste, was mich auf das Buch aufmerksam werden lies, allerdings hab ich es da erstmal als nichts für mich abgetan. Erst nachdem ich dann beim zweiten Blick auch den Klappentext gelesen hatte, bin ich neugierig geworden. Im Buchladen hätte ich das Buch wahrscheinlich gar nicht erst in die Hand genommen. Das Cover ist im Grunde nicht schlecht gemacht, generell ist das Buch auch durch seinen Farbschnitt ein Hingucker, allerdings steht das Cover im totalen Kontrast zum Inhalt und vermittelt für mich ein völlig falsches Bild.