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Veröffentlicht am 20.03.2023

Versuch der Aufarbeitung einer Gewalttat, übertüncht durch Alltagsbanalitäten - anstrengend langweilig und kein Befreiungsschlag raus aus der Opferrolle

Macht
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Liv ist verheiratet, hat zwei Kinder und arbeitet als Altenpflegerin. Die Familie ist privilegiert, hat keine Geldsorgen. Nach Außen scheint alles perfekt. Doch Liv verbirgt hinter ihrer Botox-Fassade, ...

Liv ist verheiratet, hat zwei Kinder und arbeitet als Altenpflegerin. Die Familie ist privilegiert, hat keine Geldsorgen. Nach Außen scheint alles perfekt. Doch Liv verbirgt hinter ihrer Botox-Fassade, dass sie vor Jahren vergewaltigt worden ist, nicht einmal ihr Ehemann weiß etwas von dem "Vorfall". Schon bei der Geburt ihres Sohnes stürzten die Erinnerungen auf Liv ein, als sie die Kontrolle über ihren Körper verlor. Nun besucht jeden Donnerstag ein bekannter Schauspieler, der vor Jahren der Vergewaltigung bezichtigt, aber frei gesprochen wurde, seine Schwester im Altenheim, weshalb sich Liv erneut intensiv mit ihrem Trauma auseinandersetzt - zumindest innerlich.

"Macht" ist ein dünnes Büchlein, das sich mit einer schlimmen Straftat und nichts zu rechtfertigendem Vergehen beschäftigt, das mit der unaufhörlichen #Metoo-Debatte den Nerv der Zeit trifft. Die Tat an sich steht jedoch nicht im Vordergrund, sondern wie das Opfer, das kein Opfer sein möchte, nach Jahren mit der Vergewaltigung umgeht.
Rein Äußerlich verdrängt Liv die Tatsache, dass sie vergewaltigt wurde, denn sie möchte nicht als Leidtragende gelten und stigmatisiert werden. Innerlich beschäftigt sie sich rundum die Uhr damit, sieht hinter jeder zehnten Frau ein Opfer und fragt sich, wer die Täter sind. Zwanghaft kreisen ihre Gedanken um ihr Trauma und lässt ihr keinen Raum für ein unbeschwertes Leben als Ehefrau, Mutter, Freundin und Arbeitnehmerin.

Dass Livs Leben nur von einem Thema bestimmt wird, ist eindrücklich dargestellt, was allenfalls Gleichgültigkeit oder Mitleid hervorruft als Bewunderung für ihre Stärke, die durch den "Befreiungsschlag" im Klappentext angedeutet wird. Dieser findet schlicht nicht statt. Weder findet eine Art von Aufarbeitung der Gewalttat stand, denn als Leser*in erfährt man (zum Glück) nichts über die Umstände der Tat oder den Täter, den Liv gut kannte, noch kommt es zu einer Konfrontation oder Anzeige. Die einzige Macht, die Liv behält, ist das Nicht-darüber-sprechen, obwohl es doch so sehr in ihr brodelt.

Die Erzählweise ist verwirrend, Livs Gedanken springen munter hin und her, vor und zurück. Auch das zeigt, wie verstört die Hauptfigur ist, ist aber so konfus, dass keinerlei Zusammenhänge oder Einordnung in eine zeitliche Reihenfolge möglich wäre. Die Rahmenhandlung ist inhaltlich sehr stark begrenzt, langweilig und bietet in der Aufzählung belangloser Alltagshandlungen keinen Mehrwert. Deshalb ist auch Livs Selbsteinschätzung als "ohne besondere Fähigkeiten und Interessen" absolut zutreffend.

So wichtig es sein mag, ein Buch über das Opfer einer Vergewaltigung zu schreiben, so unbefriedigend ist das Resultat. "Macht" ist mir mit seinem Ende - das Buch hört auf Livs Reise einfach auf - mächtig auf die Nerven gegangen, denn am Ende steht man da wie am Anfang. Liv hat nichts bewirkt, nichts erreicht, sich nicht aus der Opferrolle befreit. Für mich hatte das Buch keine "große Schlagkraft", sondern war nach der vollmundigen Ankündigung des Verlags letztlich enttäuschend.

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Veröffentlicht am 28.01.2023

Langatmiger Coming-of Age-Roman mit einer schwachen, obsessiven Hauptfigur. Über die titelgebende Lulu erfährt man dagegen wenig.

Alles über Lulu
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Als Will sieben Jahre alt ist, stirbt seine Mutter an Krebs. Sein Vater stürzt sich danach noch intensiver in sein Training als Bodybuilder und auch seine drei Jahre jüngeren Zwillingsbrüder gehen schon ...

Als Will sieben Jahre alt ist, stirbt seine Mutter an Krebs. Sein Vater stürzt sich danach noch intensiver in sein Training als Bodybuilder und auch seine drei Jahre jüngeren Zwillingsbrüder gehen schon früh ins Fitnessstudio und eifern dem Vater nach. Will dagegen hört auf zu wachsen und verliert seine Stimme. Das ändert sich erst wieder, als Wills Vater "Big Bill" eine neue Frau kennenlernt, die zusammen mit ihrer Tochter Lulu bei den Millers einzieht. Durch die quirlige Lulu blüht Will auf und schafft es, sich von seinen unterbelichteten Brüdern abzugrenzen. Als Lulu nach den Ferien in einem Cheerleadingcamp völlig verändert nach Hause zurückkehrt, zieht sie sich zurück und möchte auch von Will nichts mehr wissen. Dieser versteht die Welt nicht mehr. Er hat gleichzeitig seine Stiefschwester, beste Freundin und große Liebe verloren.
Auch als Lulu zum Studium auszieht, kann Will sie nicht loslassen. All die Jahre hängt er weiter an ihr und versucht auch nur bei kleinsten Annäherungsversuchen ihrerseits, sie wieder an sich zu binden.

"Alles über Lulu" ist ein Coming-of-Age-Roman über einen Jungen, der sich unsterblich verliebt und dessen gesamter Lebensinhalt seine Stiefschwester wird. Er ist regelrecht besessen von ihr, hat keine Blicke für andere Mädchen oder Frauen übrig und geht ziellos durchs Leben.
Gerade zu Beginn ist der Roman melancholisch-anrührend, aber auch frivol-witzig und unterhaltsam geschrieben. Nach Lulus Rückkehr aus dem Camp versteift sich die Hauptfigur Will jedoch so sehr auf diese für ihn unerreichbare Liebe, dass er wie betäubt ist. Er führt ein Leben mit angezogener Handbremse, hat einen Aushilfsjob in einem Burgerladen und kein klares Ziel vor Augen. Auch als es beruflich für Will als Radiomoderator oder Selbstständiger voran geht, ist es nicht sein eigener Erfolg, sondern auf Zufällen beruhend oder dass anderen ihn mitziehen.
Der Roman enthält zwar stellenweise ganz amüsante Episoden, in Wills Leben passiert jedoch lange Zeit relativ wenig. Das Geheimnis, das Lulu belastet, bleibt durchgehend unausgesprochen, wobei zu erahnen ist, was ihr passiert ist. Ein klärendes Gespräch innerhalb der Familie oder zwischen Lulu und Will findet nicht statt. Wills philosophische Anwandlungen empfand ich als langweilig und überflüssig, denn sie brachten ihm auch keine Erkenntnisse in Bezug auf Lulu. Während Lulus fast schon aggressives Verhalten nervte, störte mich vor allem auch Wills Passivität und dass er keine Versuche unternommen hat, ihr zu helfen, sondern sie stattdessen sexuell bedrängte.

"Alles über Lulu" dümpelte zu sehr auf der Stelle, zog sich deshalb sehr für mich in die Länge und enttäuschte mit einer schwachen Hauptfigur, die einer Obsession nachhing, aber nicht dafür kämpfte. Am Ende fand ich sogar den Titel irritierend, denn über Lulu erfährt man doch recht wenig.

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Veröffentlicht am 20.01.2023

Zähe und immer belangloser werdende Geschichte über die Welt eines Teenagers, die auseinanderbricht und einer unschönen Beschreibung sexueller Handlungen

Das lügenhafte Leben der Erwachsenen
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Giovanna ist 13 Jahre alt, als sie ein Gespräch ihrer Eltern mithört, in dem sie sagen, dass ihre Tochter wie die Schwester des Vaters wird. Tante Vittoria gilt als bösartig und hässlich, weshalb der Vater ...

Giovanna ist 13 Jahre alt, als sie ein Gespräch ihrer Eltern mithört, in dem sie sagen, dass ihre Tochter wie die Schwester des Vaters wird. Tante Vittoria gilt als bösartig und hässlich, weshalb der Vater zu ihr und dem Rest der Familie den Kontakt abgebrochen hat. Giovanna, die stets eine artige und gute Schülerin war und sich der Liebe ihres Vaters sicher war, ist zutiefst verunsichert. Sie hat Angst davor, hässlich zu werden, auch wenn ihre Freundinnen ihr versichern, dass sie sympathisch und hübsch ist. Giovanna hat noch nicht einmal ein Foto von ihrer Tante gesehen und wird neugierig. Ihr Vater willigt in ein Treffen ein und so lernt sie die verhasste Frau kennen, die aufbrausend, gehässig und vulgär ist. Giovanna fühlt sich einerseits von ihr abgestoßen und verängstigt, andererseits bewundert sie Vittoria.
Bald bereut sie es jedoch, den Kontakt zu ihrer Tante gesucht zu haben. Giovanna verliert jegliche Orientierung und ihre Familie bricht auseinander.

"Das lügenhafte Leben der Erwachsenen" ist ein Coming-of-Age-Roman, der aus der Sicht der 13-jährigen Giovanna geschrieben ist. Sie steckt mitten in der Pubertät, ist verunsichert ihres Körpers, aber mehr noch ihres Charakters. Sie möchte nicht wie die von den Eltern verhasste Tante werden, deckt aber in der Folge des Kennenlernens auf, dass auch ihre Eltern nicht so integer sind, wie sie vorgaben zu sein. Giovanna wird hin- und hergerissen, soll sich zwischen zwei Seiten entscheiden, was Wut und Frustration auslöst. Giovanna rebelliert, fühlt sich damit jedoch nicht wohl in ihrer Haut. Mit 13 Jahren ist sie noch mehr Kind als Erwachsene und auf der Suche nach ihrer Identität. Daneben macht sie erste sexuelle Erfahrungen und mit dem Verliebtsein.

Die Probleme und Unsicherheiten einer Heranwachsenden und die Umbrüche, die sie in ihrem Leben erfahren muss, sind eindringlich dargestellt. Es fällt leicht, sich in Giovanna hineinzuversetzen. Sie ist auf der Suche nach Rat und Halt, kann den nach der Aufdeckung der Lügen ihrer Eltern jedoch nicht mehr finden.
Die Geschichte tritt dabei häufig auf der Stelle. Nach der Erkenntnis über Tante und Eltern ereignet sich nicht mehr viel im Hinblick auf die komplizierte Familienkonstellation. Giovannas Wunsch nach dem Erwachsenwerden - in der Form ihre Unschuld zu verlieren - rückt unangenehm in den Mittelpunkt und lässt Giovanna damit nicht hässlich, aber wenig sympathisch aussehen. Mich konnte die Geschichte damit im weiteren Verlauf immer weniger für sich einnehmen.
Das Buch bietet einen authentischen Blick in die Welt eines Teenagers, die auseinanderbricht, kann dabei jedoch nicht fesseln und polarisiert mit einer derben Sprache und einer unschönen Beschreibung sexueller Handlungen, mit denen die unerfahrene Giovanna überfordert erscheint. Ab der Hälfte des Romans hat man jedoch das Gefühl, dass der Autorin die Ideen ausgegangen sind. Die Geschichte wird zäh und immer belangloser.

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Veröffentlicht am 05.01.2023

Dreiecksgeschichte, die sich auf Scham und Wehklagen der Betrügerin beschränkt - ein aufgesetztes Drama ohne interessante Wendungen.

Erst der Regen verzaubert das Licht
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Am Tag der Beerdigung ihres Mannes Pius, als Lilith zum ersten Mal seit drei Jahren ihren nach Australien ausgewanderten Sohn Theo und ihren Enkel Aaron wieder sieht, hält sie ihr schlechtes Gewissen nicht ...

Am Tag der Beerdigung ihres Mannes Pius, als Lilith zum ersten Mal seit drei Jahren ihren nach Australien ausgewanderten Sohn Theo und ihren Enkel Aaron wieder sieht, hält sie ihr schlechtes Gewissen nicht mehr aus und beschließt ihren Söhnen reinen Wein einzuschenken.
So dann erfolgt ein Rückblick in den Sommer 1989, den Lilith mit ihrer besten Freundin als Junggesellinnenabschied vor ihrer Hochzeit mit Pius verbrachte. Dort lernt sie den Künstler Alexander Favre kennen und verbringt eine Nacht mit ihm. Sie ist durcheinander und weiß nicht, für welchen Mann ihr Herz schlägt und lässt letztlich das Schicksal entscheiden. Sie bleibt bei Pius, gründet eine Familie und sieht zehn Jahre später Alexander wieder - an der Seite von Bine. Erinnerungen und Sehnsucht kommen auf und dann muss Lilith auch noch mit Alex zusammenarbeiten und kommt ihm dabei unweigerlich näher.

Über 350 Seiten Scham und Schuldgefühl und ein Wehklagen darüber zwischen zwei Männer bzw. einem Mann und einer Familie zu stehen. Während der Beginn in Nizza noch ganz einnehmend mit einem Gefühl von Sommer, Leidenschaft und einer Verliebtheit unter gleichgesinnten Kunstinteressierten ist, hat mich das elende Hin und Her und die immer gleichen Entscheidungen, mit denen Lilith am Ende hadert und sich selbst bemitleidet nur noch genervt.
"Erst der Regen verzaubert das Licht" ist mit seinem gefühligen Titel und seinem rosa Cover keine romantische Liebesgeschichte zum Wohlfühlen und der Hoffnung auf ein Happy End von Seelenverwandten. Das Verhältnis zwischen Lilith und Alex wird rein auf eine körperliche Anziehung (hellblaue Augen, sehnige Arme, Muskeln einer Bernini-Skulptur,...) beschränkt, während die Beziehung zwischen Lilith und Pius mehr einer platonischen Partnerschaft gleicht. Auf keiner Ebene konnte ich eine Liebe und tiefe Verbundenheit verspüren, auch wenn schon nach wenigen Stunden Kontakt von der großen, einzigen, ewigen Liebe gesprochen wird.
Mir war das Drama zu aufgesetzt, zu retardierend und Lilith wahrlich keine Figur, mit der ich mich identifizieren konnte. Ihre Opferhaltung trotz mehrfachen Betrugs und selbst gewählter Entscheidungen für eine Alternative, die sie dann doch nur wieder in Frage stellte und ihr daraus resultierendes Selbstmitleid, fand ich anstrengend. Die Geschichte dreht sich im Kreis, Lilith entwickelt sich in dreißig Jahren kein Stück weiter. Alle anderen Protagonisten sind Statisten, die Lilith verzeihen.
Aufgrund des Klappentextes kann man sich die gesamte Geschichte bereits erschließen, sie bietet keine Überraschungen oder interessante Wendungen.

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Veröffentlicht am 15.09.2022

Ich hatte ganz andere Erwartungen an den Roman. Es ist kein Buch über Freundschaft und Trauer, sondern handelt von wirren Erinnerungen an eine Kindheit auf dem Dorf. Ich habe keinen Bezug zur Handlung gefunden.

Die Jahre des Maulwurfs
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Die namenlose Ich-Erzählerin kommt nach dem Tod ihrer Freundin Tanja zurück in ihre Heimat, ein Dorf in Westfalen. Im Gepäck hat sie den präparierten Maulwurf Herrn Klotho, der Tanja seit sie denken kann, ...

Die namenlose Ich-Erzählerin kommt nach dem Tod ihrer Freundin Tanja zurück in ihre Heimat, ein Dorf in Westfalen. Im Gepäck hat sie den präparierten Maulwurf Herrn Klotho, der Tanja seit sie denken kann, begleitete. Sodann fühlt sich die Erzählerin zurückversetzt in die wilden Jahre mit ihrer ungestümen Freundin und erinnert sich an ihre abenteuerliche Kindheit Ende der 1980er-Jahre.

Ich empfand das Buch als sehr anstrengend zu lesen und stand immer wieder kurz davor, es abzubrechen. Ich hatte andere Erwartungen an den Roman und konnte mich mit der Geschichte nicht anfreunden, da ich weder einen Bezug zu den Charakteren noch zur eigentlichen Handlung herstellen konnte.

In dem Buch geht es nicht - wie von mir fälschlicherweise angenommen - um die Trauer um eine zu früh gestorbene Freundin und den Rückblick auf eine jahrzehntelange Frauenfreundschaft. Stattdessen wird man nach sechs Seiten Gegenwart dreißig Jahre zurück in ein Dorf in Westfalen versetzt, in dem eine Zweitklässlerin ein rothaariges Mädchen kennenlernt, das ihr Leben durcheinanderbringt. Während die ersten Monate mit Tanja ausschweifend erzählt werden, gleitet man im Schweinsgalopp durch die beiden (?) Folgejahre, ohne wirklich zu erfassen, dass die Mädchen älter werden.
Tanja ist ein gefühlt elternloses Kind, ein Wirbelwind mit einem toten Maulwurf als Anhang, der keine Grenzen kennt und ein wenig in seiner eigenen Welt lebt. Sie plappert munter drauflos, erzählt allerhand Unsinn, der für die junge Ich-Erzählerin mit schiefer Brille allerdings schlüssig und glaubhaft klingt.
Die Ich-Erzählerin schildert überfordernd sprunghaft Episoden aus ihrem Leben ab dem achten Lebensjahr, über die Verteufelung von Joghurtbechern, über einen Turnwettbewerb und die Beobachtung der Erwachsenen, die sich überwiegend in der Dorfkneipe aufzuhalten scheinen.
Durch die flatterhafte Erzählweise, in der Tanja entweder nur eine beobachtende Rolle hat oder eben munter drauflos plappert, fällt es schwer, am Ball zu bleiben und einen tieferen Sinn als die Schilderung einer Kindheit auf dem Dorf zu erkennen. Bewohnt mit Menschen mit absurden Vor- und Nachnamen wie Bäuerin Deiwel, Hausmeister Hackholz, Fleischer Stopf, Fußballtrainer Kimme, Doktor Fauseweh oder Kneipenwirt Winzé und fürchterlichem Dialekt fragt man sich manchmal, ob sie so gewählt wurden, um zumindest für irgendeine Art der Unterhaltung zu sorgen.

Das Buch ist abwechslungsreich, mit Wortwitz und voller liebenswürdig kluger Lebensweisheiten eines Kindes, "gehirnlogisch!" und auch die scharfe Beobachtungsgabe der Ich-Erzählerin, die einen spöttischen Blick auf das Leben im Dorf wirft, weiß zu überzeugen. Die Handlung ist jedoch ein einziges Durcheinander sprunghafter Erinnerungen und eine Aneinanderreihung an kindlichem Nonsens, der mich durchgängig gelangweilt hat. Die avisierte Geschichte über eine Freundschaft zweier ungleicher Mädchen kommt dabei genauso wenig zum Tragen wie der titelgebende Maulwurf.
Wer die Pippi Langstrumpf in sich sucht, wird den Roman unterhaltsam und amüsant finden, für mich waren die Einblicke in das Dorfleben zusammenhanglos und nur schwer nachvollziehbar.

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