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Veröffentlicht am 14.11.2022

Lebendige und warmherzige Geschichte mit viel Lokalkolorit um eine Bergarbeiterfamilie im Erzgebirge

Die Sehnsucht nach Licht
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Luisa Steiner führt am Wochenende Besuchergruppen durch das Bergwerk im Schlematal im Erzgebirge, wo schon Generationen ihrer Familie arbeiteten. Regelmäßig besucht sie ihre Großtante Irma im Seniorenheim, ...

Luisa Steiner führt am Wochenende Besuchergruppen durch das Bergwerk im Schlematal im Erzgebirge, wo schon Generationen ihrer Familie arbeiteten. Regelmäßig besucht sie ihre Großtante Irma im Seniorenheim, deren Mutter an den Folgen der Strahlungen von Radon und Uran gestorben ist und deren Bruder Rudolf nicht mehr von seinem Arbeitsplatz nach Hause zurückkehrte. Die Ungewissheit, ob Rudolf wie so viele Bergarbeiter durch ein tragisches Unglück gestorben ist oder ob er möglicherweise als Republikflüchtling in den Westen ging oder gar als Denunziant in ein Gulag verschleppt wurde, macht Irma bis heute zu schaffen. Luisa beschließt, den Verbleib ihres Großonkels zu klären, ahnt jedoch zu Beginn nicht, worauf sie sich einlässt. Ihre Recherchen deuten darauf hin, dass Rudolf in die Sowjetunion deportiert wurde. Ihre Großtante im Schlepptau, begibt sich Luisa nach Moskau, um den Behörden auf den Zahn zu fühlen. Dabei werden ihr Details aus der Familiengeschichte offenbart, die ihr bisher noch nicht bekannt waren.

"Die Sehnsucht nach Licht" erzählt die Geschichte der fiktiven Familie Steiner von 1908 bis 2019 und bringt der/ dem Leser*in die Geschichte des Bergbaus im Erzgebirge näher.

In wechselnden Erzählsträngen zwischen Vergangenheit und Gegenwart lernt man die verschiedenen Charaktere kennen, wobei ein Stammbaum auf den ersten Buchseiten als Orientierung hilfreich ist.
Die Figuren sind sympathisch und wirken lebensecht. Trotz aller tragischer Ereignisse und Beschwerlichkeiten verlieren sie nie ihren Sinn für Humor, der immer wieder trocken durchblitzt. Man taucht in den Alltag und Lebenswirklichkeit einer Bergarbeiterfamilie über Generationen hinweg ein und erhält ein Gefühl für die Traditionen und die Mentalität eines Kumpels.
Sehr anschaulich wird man in die Region im Erzgebirge versetzt und erfährt am Rande der Familiengeschichte viel über die Geschichte des Bergbaus, über seltene Erden, die harte körperliche Arbeit, die Sorgen, ob der Geliebte am Abend wieder nach Hause kommt und wie sich der Ort über die Jahre und durch unterschiedliche politische Konstellationen vom provinziellen Bergbaudorf zu einem Heilbad mit internationalem Publikum veränderte.

Auf beiden Erzählebenen, die im Verlauf der Geschichte immer enger mit einander verknüpft werden, ist die Schilderung lebendig und erzeugt durch die kleinen Geheimnisse und Verbindungen im Familienkonstrukt, die sich nach und nach offenbaren, eine Sogwirkung. Dabei liegt später weniger die Frage nach dem Verbleib Rudolfs im Fokus, sondern vielmehr wie die Figuren in der Gegenwart zu dem wurden, was sie sind.
Die Redewendung von Luisas Ururgroßmutter "Ein neuer Tag bringt neue Hoffnung" zieht sich so wie die Sehnsucht nach Licht als Sinnbild für ein Gefühl von Geborgenheit und die Gemeinschaft der Familie wie ein roter Faden durch den Roman.
Trotz Unfällen, Krankheiten, Tod und Trauer ist "Die Sehnsucht nach Licht" durch die Familienbande und den engen Zusammenhalt untereinander ein warmherziger Roman, der von Heimatverbundenheit zeugt und versöhnlich, aber kitschfrei endet.

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Veröffentlicht am 24.10.2022

Spannender Roman über Liebe, Freundschaft, Familie, Eifersucht, Manipulation und Verrat

Das Jahr der Schatten
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Nach einem schrecklichen Verlust fällt Lila in eine Depression, aus der ihr auch ihr verständnisvoller Ehemann Tom nicht heraushelfen kann. Überraschend erbt sie fast zeitgleich ein altes Cottage in einer ...

Nach einem schrecklichen Verlust fällt Lila in eine Depression, aus der ihr auch ihr verständnisvoller Ehemann Tom nicht heraushelfen kann. Überraschend erbt sie fast zeitgleich ein altes Cottage in einer einsamen Gegend im Peak District und beschließt, sich eine Auszeit von London zu nehmen, um das Cottage herzurichten. In der Einsamkeit hat sie Albträume und fühlt sich beobachtet. Sie fragt sich, wer zuletzt in dem heruntergekommenen Häuschen gewohnt hat und warum es letztlich verlassen wurde.

Dreißig Jahre zuvor haben sich fünf Studenten vor dem Hintergrund von Arbeitslosigkeit und Rezession entschieden, auszusteigen und ein Jahr in einem verlassenen Cottage zu verbringen. Ganz auf sich allein gestellt, wollten Simon, Kat, das Pärchen Carla und Ben sowie Mac sich abseits der Zivilisation selbst versorgen und zu sich selbst finden. Was in den Sommermonaten noch wie ein Urlaub in der freien Natur anmutete, wird im Winter deutlich anstrengender und unbequemer. Hunger und Krankheiten drücken die Stimmung und das plötzliche Erscheinen von Kats Schwester schürt die Eifersucht und sorgt zunehmend für eine gereizte Stimmung.

Das Buch handelt auf zwei Zeitebenen und erzählt zwei zunächst von einander unabhängige Geschichten, die jedoch beide an demselben Ort stattfinden, dem Cottage in Peak District, von dem niemand weiß, wer der Eigentümer ist.

Beide Erzählstränge sind spannend und atmosphärisch geschildert. Die Studenten bemühen sich um ein autarkes Leben back to the roots, sammeln Obst und Nüsse, jagen Wild und Fischen und richten sich in dem Haus so gemütlich wie möglich ein. Was anfangs im Juli und in bierseliger Laune ein großer Spaß ist, wird in den Wintermonaten deutlich ernster. Die Freunde sind hungrig, streiten sich immer häufiger und sind von ihrem selbst ernannten Anführer Simon genervt. Kat, die ihn schon seit Jahren heimlich anhimmelt und gehofft hat, durch diese Auszeit ihm endlich näher zu kommen, ist eifersüchtig auf ihre Schwester Freya, die plötzlich vor der Tür steht und sich dazugesellt. Die Gruppendynamik verändert sich, gegenseitiges Misstrauen macht sich breit und es ist zu ahnen, dass der Aufenthalt aufgrund der Spannungen untereinander in einer Katastrophe enden wird.

Dreißig Jahre später versucht Lila in dem Cottage einen Schicksalsschlag zu verarbeiten und verliebt sich schon bald in den Charme des einsamen Cottages. Dabei entfremdet sie sich weiter von ihrem Ehemann und quält sich in ihren Träumen mit Erinnerungen, die sie nicht einordnen kann.

"Das Jahr der Schatten" ist ein Roman über Liebe, Freundschaft, Familie, Eifersucht, Manipulation und Verrat, der durch die beiden Erzählebenen spannend aufgebaut ist. Es bleibt lange unklar, wie die beiden unabhängig von einander erzählten Geschichten zusammenhängen und was Lila mit dem Cottage verbindet. Sowohl Vergangenheit als auch Gegenwart fesseln gleichermaßen, da beide Erzählstrenge Rätsel aufgeben, wobei die Erzählung, die 1980/1981 handelt wendungsreicher ist. Was wird mit den Studenten passieren und wer hat Lila das Haus vermacht und macht so ein Geheimnis daraus? Mit fortschreitender Handlung bekommt man eine Ahnung und wartet gebannt darauf zu erfahren, wie sich beide Handlungsebenen mit einander verbinden werden und das Mysterium um das verlassene Cottage lösen.

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Veröffentlicht am 13.06.2022

Dramatische Geschichte über drei Freundinnen, die im Jahr 1960 vor der Zementierung der deutschen Teilung vor lebensverändernde Entscheidungen gestellt werden - empathische und lebendige Erzählung.

Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 1)
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Als Dreizehnjährige schließen Clara, Betty und Martha nach einem Badeunfall am Müggelsee, bei der sie einem Mann gemeinsam das Leben retteten, Freundschaft. Die drei Mädchen sind in unterschiedlichen sozialen ...

Als Dreizehnjährige schließen Clara, Betty und Martha nach einem Badeunfall am Müggelsee, bei der sie einem Mann gemeinsam das Leben retteten, Freundschaft. Die drei Mädchen sind in unterschiedlichen sozialen Verhältnissen aufgewachsen und haben ganz unterschiedliche Vorstellungen vom Leben. Während Clara Vogel einem christlichen Elternhaus entstammt, dass sich dem sozialistischen System nicht unterwerfen möchte, wächst Martha Asseln bei parteitreuen Verfechtern des Kommunismus auf. Clara ist eine sehr gute Schülerin, die davon träumt, Kosmonautin zu werden, Martha soll nach dem Wunsch der Eltern in Moskau studieren und Lehrerein werden, Bettina Reinhart träumt von einer Karriere als Schauspielerin. Während sie gemeinsam heranwachsen und Erfahrungen mit der ersten Liebe sammeln, wird ihnen die Ungerechtigkeit des Systems bewusst. Clara wird in der DDR keine Chance haben studieren zu können und Martha beginnt an ihren Eltern zu zweifeln. Betty hingegen ergattert ihre erste Filmrolle und wird von einem regimetreuen Filmemacher hofiert. Das Schuljahr 1960/1961 ist ihr Abschlussjahr und wird am Ende die deutsche Teilung zementieren. Für die drei stellt dies nicht nur den Beginn eines neuen Lebensabschnitts dar, sondern wird sie gleichzeitig vor die Entscheidung stellen, ihrer Heimat treu zu bleiben oder ihre Träume zu leben.

"Die Freundinnen vom Strandbad" ist der erste Band der "Die Müggelsee-Saga".
Der Roman beginnt mit einem Prolog im Jahr 1956, bevor die Handlung vier Jahre später im Sommer 1960 fortsetzt und ein Jahr aus dem Leben der drei Freundinnen aus Ost-Berlin erzählt. Es ist ein Jahr voller Veränderungen, das die Mädchen zu jungen Frauen heranreifen lässt.

Der Roman schildert eindringlich das Leben in der jungen Deutschen Demokratischen Republik, in der nur diejenigen vorankommen, die sich dem System unterwerfen und Mitglied in der Einheitspartei sind. Aus diesem Grund haben es Martha und Betty vermeintlich einfacher, denn Marthas Eltern unterstützen das System aktiv und Bettys sind stumme Mitläufer, während Claras Eltern ihrem Gewissen treu bleiben. Jedes der Mädchen hat jedoch mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen.
Auch wenn eine enge Solidarität zwischen den dreien spürbar ist, steht die Verbindung und Freundschaft untereinander nicht im Fokus der Handlung, sondern das Schicksal jeder einzelnen. Aus wechselnden Perspektiven werden ihre ersten Erfahrungen mit der Liebe, ihre familiären Verhältnisse und Zukunftsträume geschildert. Jedes Schicksal berührt dabei auf seine Weise und ist eindrücklich und authentisch geschildert. Es sind sympathische Mädchen, die man gerne auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden und ihrem Wunsch nach Individualität und Freiheit begleitet. Wenn es hart auf hart kommt, stehen sich die Freundinnen allerdings solidarisch zur Seite und sind füreinander da.

Die Geschichte wird lebendig geschildert, zeigt die Einschränkungen unter der insbesondere Jugendliche in der DDR zu leiden hatten und hat durch das ein oder andere Familiengeheimnis und die Schwierigkeiten, die die Mädchen auf ihrem Lebensweg zu meistern haben, seine Spannungsmomente, so dass auf über 600 Seiten keine Langeweile aufkommt. Zudem ist es eindrücklich zu sehen, wie die Mädchen unter widrigen Umständen erwachsen werden und sich die Freundschaft in dem Jahr der Entscheidung festigt. Leider haben sich in die Geschichte ein paar Ungenauigkeiten eingeschlichen, die vom Lektorat leicht hätten ausgemerzt werden können.
Der Roman endet mit dem Mauerbau und der Verschärfung der Teilung Deutschlands, was nicht nahtlos an den jungen Frauen vorübergeht und zu Entscheidungen zwingt.
Auf die Fortsetzung muss man nicht lange warten, denn mit "Die Freundinnen vom Strandbad - Wogen der Freiheit" erscheint Band 2 bereits am 28. Juli 2022, den ich mir nicht entgehen lassen werde.

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Veröffentlicht am 24.05.2022

Begegnungen auf einem Campingplatz, die lebensverändernd sein können - einfühlsamer Roman über Trauer und Verlust, aber auch über Freundschaft, Liebe und die Hoffnung auf einen glücklicheren Neuanfang

Ein unendlich kurzer Sommer
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Lale verlässt ohne Ziel und Richtung ihr Zuhause und landet am Ende auf einem Campingplatz, der von einem mürrischen älteren Herrn geführt wird, der offenbar wenig Wert auf Touristen legt. Der Campingplatz ...

Lale verlässt ohne Ziel und Richtung ihr Zuhause und landet am Ende auf einem Campingplatz, der von einem mürrischen älteren Herrn geführt wird, der offenbar wenig Wert auf Touristen legt. Der Campingplatz am See in einem kleinen Dorf ist verwahrlost und Lale ist der einzige Gast. Gegen Kost und Logis macht sie sich nützlich, jätet Unkraut, repariert das Notwendigste, füttert die Kaninchen des Nachbarsjungen und kann sich damit von den eigenen Problemen ablenken. Lale muss niemandem erzählen, warum sie hier ist, denn auch Gustav gibt nichts von sich Preis.
Die Ruhe endet abrupt, als ein weiterer Gast zu ihnen stößt und zeitgleich ein vorgeblich steinzeitliches Hexengrab mit Beigaben an der Grenze zum Campingplatz entdeckt wird, so dass weitere Touristen regelrecht in den Ort pilgern. Im Gegensatz zu Lale ist Christophe nicht zufällig auf Gustavs Campingplatz gelandet. Nach dem Tod seiner Mutter hat er einen Brief von ihr gefunden, der ihn von La Réunion in das provinzielle Dorf nach Deutschland geführt hat.

Gustav, Lale und Christophe - alle drei haben ihre Geheimnisse, die sie zunächst vor den andern verbergen. Gustav möchte einfach nur in Ruhe gelassen werden, für Lale ist der Aufenthalt auf dem Campingplatz eine Zuflucht, wohingegen Christophe dort nach Antworten sucht. Während sich Lale und Chris immer stärker zueinander hingezogen fühlen, werden Freundschaften mit Nachbarn und Bekannten von Gustav geschlossen. Die drei Eigenbrötler schließen Vertrauen und öffnen sich allmählich und niemand möchte, dass dieser Sommer je endet.

"Ein unendlich kurzer Sommer" ist ein Roman über drei ganz unterschiedliche Personen, die vor lebensverändernden Entscheidungen stehen und auf der Suche nach einem Halt sind. Chris trauert um seine kürzlich verstorbene Mutter und möchte mehr über seine Herkunft wissen. Gustav ist nicht nur alt, sondern schwer krank. Lale hat den Verlust ihres Bruders nicht verwunden und weiß weder beruflich noch privat, wie es weitergehen soll.

Die Geschichte mutet grundsätzlich traurig und melancholisch an, ist aber voller Leichtigkeit und Empathie für die Charaktere geschrieben. Durch die wechselnden Perspektiven fällt es nicht schwer, sich in jede Hauptfigur hineinzuversetzen und mehr über ihre Geschichten und Beweggründe zu erfahren.

Der Campingplatz mit den sympathischen Nachbarn, die Gustav unterstützen, und den Touristen, darunter yogierende Hippies und Esoteriker, die zunehmend Einzug halten, sorgen für Abwechslung und Lebendigkeit und nehmen dem Roman seine Melancholie und Schwermut. Er ist ein wundervoller Ort für eine Auszeit im Sommer und auch Gustav fühlt sich plötzlich an einen glücklichen Sommer vor knapp vierzig Jahren erinnert, an dem er einen Fehler begangen hat, den er zutiefst bereut.

Es wird ein Sommer, in dem Lale, Chris und Gustav ihre Leben reflektieren, in dem sie bei sich ankommen, Vergangenes hinter sich lassen, versöhnen und Freundschaft und Liebe neu entdecken und gestärkt für einen Neuanfang hervorgehen.

Die Geschichte berührt mit den Schicksalsschlägen der Protagonisten und fesselt zudem durch die kleineren und größeren Geheimnisse, die sie bergen und die es zu entdecken gilt. Trotz Krankheiten, Trauer und Verlust ist der Roman durch die einnehmenden Charaktere, die quirlige Atmosphäre auf dem Campingplatz und den einfühlsamen Schreibstil Mut machend und hoffnungsvoll geschrieben und lässt die/ den Leser*in mit einem positiven Gefühl und einer "Herzumarmung" zurück, dass das Leben zwar voller Hürden ist, diese jedoch gemeinschaftlich gemeistert werden können.

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Veröffentlicht am 16.05.2022

Familiengeschichte über drei Generationen und ca 100 Jahre hinweg - alle Hoch- und Tiefpunkte des Lebens in schwierigen Zeiten in einem Dorf in Österreich. Ein Buch über die Vergänglichkeit des Glücks

Über Carl reden wir morgen
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Der Klappentext stellt zwar allein auf Carl Brugger ab, tatsächlich ist "Über Carl reden wir morgen" jedoch eine Familiengeschichte über drei Generationen, die bereits im Jahr 1828 beginnt und den Fokus ...

Der Klappentext stellt zwar allein auf Carl Brugger ab, tatsächlich ist "Über Carl reden wir morgen" jedoch eine Familiengeschichte über drei Generationen, die bereits im Jahr 1828 beginnt und den Fokus zunächst auf Carls Großvater Anton und Schwester Rosa legt. In Putzleinsdorf, einem kleinen Ort im österreichischen Mühlviertel, übernimmt Anton die Hofmühle seines Vaters, während es Rosa in die Stadt zieht. Dort wird sie als Hausangestellte ähnlich schlecht behandelt wie Mägde und Knechte auf dem Land und so kehrt sie nach einigen Jahren auf Bitten ihres Bruders wieder in die Heimat zurück und kümmert sich um Nichten und Neffen.
Antons Sohn Albert erweitert den Familienbetreib um ein Ladengeschäft und bekommt mit Anna, die er in Wien kennenlernte und die von den Dorfbewohnern argwöhnisch als Städterin mit zweifelhaftem Ruf betrachtet wird, vier Kinder, unter anderem Carl, der wie viele andere im Großen Krieg im österreichisch-italienischem Grenzgebiet kämpfen muss. Während sein Bruder Eugen rechtzeitig nach Amerika ausgewandert, stirbt Carls Zwillingsbruder als Arzt im Krieg. Carl kehrt 1918 unerwartet aus dem Krieg zurück, wo Eugen gerade auf Heimatbesuch ist.
Dem Roman liegt ein hilfreiches Lesezeichen mit dem Familienstammbaum der Bruggers/ Eders teil, denn schon bald sind so viele Personen in die Familiengeschichte involviert, dass es eine Herausforderung ist, den Überblick zu behalten.
Die Perspektiven wechseln häufig, zudem gibt es eine Reihe von Zeitsprüngen und Rückblenden in die Vergangenheit. Auf diese Weise werden so manche Ereignisse wiederholt und aus der Perspektive einer anderen Person vertieft, so dass Wissenslücken geschlossen werden und sich die einzelnen Puzzlestücke der Familiengeschichte für den schlüssig zusammensetzen.
Aufgrund des Zeitrahmens - drei Generationen in ungefähr 100 Jahren - wirkt der Roman zumal episodenartig, die Ereignisse, die eine Person bewegen, sind eher lose mit den der anderen verbunden.
Die Familiengeschichte gibt Einblicke in das harte Leben auf dem Land im 19. und frühen 20. Jahrhundert, schildert alle Höhen und Tiefen des Familienlebens mit Geburten und Todesfällen, Eifersucht und Liebe, Streitigkeiten, Enttäuschungen und der Sehnsucht nach mehr. Reale historische Ereignisse, wie der Untergang der Elbe 1895 und der Erste Weltkrieg, werden geschickt mit der Geschichte der Bruggers verbunden, die von der eigenen Familiengeschichte der Autorin inspiriert ist.
Durch die lange Zeitspanne und die vielen ganz unterschiedlichen Personen ist der Roman sehr abwechslungsreich. Er handelt nicht nur in dem Dorf im Mühlviertel, wo nichts lange geheimbleiben kann, sondern auch in Amerika, wo es gleich mehrere Aufenthaltsorte von Ost bis West gibt. Weiterhin bewegt er durch die zahlreichen tragischen Ereignisse, die vielen Ungerechtigkeiten, mit denen die Personen zu kämpfen haben und fesselt mit dem spannenden Ausblick darauf, was die Rückkehr Carls für die Familie Brugger bedeutet.
Es ist eine Familiengeschichte über die Vergänglichkeit des Glücks, die voraussichtlich in einem zweiten Band fortgesetzt wird.

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