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Veröffentlicht am 06.08.2018

Lebe deinen Traum - Lebensbejahender Roman mit vielschichtigen Charakteren, dem es etwas an emotionaler Tiefe fehlt

Ein Song bleibt für immer
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Alice leidet an der Erbkrankheit Mukoviszidose. Nach der Geburt wurde ihren Eltern eine Lebenserwartung von zehn Jahren prophezeit, inzwischen ist sie auf 30 Jahre angestiegen. Alice ist nun 26 Jahre alt, ...

Alice leidet an der Erbkrankheit Mukoviszidose. Nach der Geburt wurde ihren Eltern eine Lebenserwartung von zehn Jahren prophezeit, inzwischen ist sie auf 30 Jahre angestiegen. Alice ist nun 26 Jahre alt, arbeitet als Model, träumt aber eigentlich davon, Sängerin zu werden. Der Endlichkeit ihres Lebens bewusst, beschließt sie, diesen Traum endlich zu leben und auch ihr behandelnder Arzt rät ihr nicht davon ab. Im Gegenteil - das Singen könnte ihre kranken Lungen sogar stärken.
Auch wenn ihre Lungenfunktion dann tatsächlich stetig abnimmt, sie auf eine Sauerstoffflasche angewiesen ist und nur eine Herz-Lungen-Leber-Transplantation ihr Lebe verlängern kann, kämpft sie für ihren Traum, schreibt Songs voller Herzblut und singt, um Spuren zu hinterlassen. Mit Hilfe eines Musikproduzenten kann Alice sogar ein Album beim großen Musiklabel SONY aufnehmen und träumt sodann von einem zweiten Album.

Nachdem Alice sich von ihrem Freund Phil getrennt hatte, verliebt sie sich in Tom, hat jedoch Bedenken, ob sie ihm eine Beziehung aufgrund ihrer Erkrankung zumuten darf. Tom liebt sie, ist aber nicht immer stark genug, sich mit dem Schicksal abzufinden und dem Druck, der auf ihm lastet, zeitweise nicht gewachsen.
Alice ist eine sehr starke Persönlichkeit, die mit der Krankheit lebt, sich arrangiert hat, da sie es nicht anders kennt. Ihr größter Wunsch ist es deshalb, der Welt etwas von sich zu hinterlassen, weshalb sie so sehr für ihre Gesangskarriere kämpft.

Der Roman zeigt sehr anschaulich den Krankheitsverlauf der unheilbaren Krankheit Mukoviszidose und mit welchen Einschränkungen die Patienten zu kämpfen haben. Als Leser erfährt man viel über die Krankheit ohne von medizinischen Fachbegriffen erschlagen zu werden. die sachlichen Informationen lässt die Autorin geschickt in die Geschichte einfließen. Der Roman ist einfach und schnell zu lesen, was auch die Einordnung als Jugendroman erklärt.

"Ein Song bleibt für immer" ist ein vielschichtiger Roman: Es geht um Alices Traum der Gesangskarriere, ihre Beziehung zu Tom, ihre Freundschaft zu ihrer "Anti-Selbsthilfegruppe", die Bindung an ihre Familie und letztlich der Krankheitsverlauf, der unausweichlich ist und alles ein wenig in den Schatten rückt.

Für mich ist das Buch damit kein klassischer Liebesroman. Ich vermisste die Emotionen zwischen Alice und Tom, weshalb mich die Liebesgeschichte nicht so richtig packen konnte. Mir fehlte die emotionale Tiefe, so dass ich von der Endlichkeit ihrer Liebe nicht so ergriffen war und mit den Protagonisten mitgelitten habe. Ich hatte stets das Gefühl, dass ich von einer Beziehung zwischen Teenagern lese, auch wenn beide schon Ende 20 waren und dass Alice der Traum einer Karriere und etwas der Welt von sich zu hinterlassen, wichtiger war, als die Beziehung zu Tom.

Auch wenn mich der Roman nicht so wie erhofft mitreißen konnte, hat er mich gut unterhalten und am Ende tatsächlich überrascht.
Der Roman enthält die Botschaft, dass man Träume zum Leben braucht, an sich selbst glauben und den Augenblick genießen muss. Das Leitmotiv "Lebe jeden Tag als wäre er der letzte deines Lebens" ist vielleicht im Alltag nicht so leicht umsetzbar, man sollte sich aber zumindest nicht von Nichtigkeiten unterkriegen lassen und versuchen, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen.

Es ist ein lebensbejahender Roman, der zeigt, wie wichtig es ist, im Hier und Jetzt zu leben. seine Chancen zu ergreifen, Risiken einzugehen und sich nicht mit Mittelmaß zufrieden zu geben.

Der Roman ist angelehnt an das Leben von Alice Martineau, einer englischen Singer/ Songwriter, die an Mukoviszidose erkrankt war. Sie hat im November 2002 ihr Album "Daydreams" veröffentlicht und starb im März 2003 an den Folgen der Krankheit.
Berührt durch das wahre Schicksal, dass hinter dem Roman steckt, hoffe ich, dass sich jeder Leser Gedanken über seine Bereitschaft zur Organspende machen wird.

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  • Charaktere
  • Gefühl
  • Thema
Veröffentlicht am 25.07.2018

Herzerwärmender Roman über Liebe, Freundschaft und die Kraft, zu vergeben - unterhaltsame, romantische Komödie

Die Liebe schreibt die schönsten Geschichten
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Der Autorin Grace Waterhouse wird von ihrem Agenten Neil eine Auszeit verordnet, nachdem sie zu blockiert ist, um an den Erfolg ihrer unbeschwerten Liebesgeschichten anzuknüpfen. Ihr Exmann Aiden hat kürzlich ...

Der Autorin Grace Waterhouse wird von ihrem Agenten Neil eine Auszeit verordnet, nachdem sie zu blockiert ist, um an den Erfolg ihrer unbeschwerten Liebesgeschichten anzuknüpfen. Ihr Exmann Aiden hat kürzlich ein Baby mit seiner neunen Partnerin bekommen, weshalb Grace den Kopf nicht frei hat, für ihre Figuren ein Happy End zu erschaffen.

Als ihre Putzfrau Rose für einen längeren Auslandsaufenthalt pausieren muss, springt Grace für sie ein. Sie übernimmt die Reinigung des Haushalts von Rechtsanwalt James, der auf Grace einen arroganten Eindruck macht und auch noch seine Freundin zu betrügen scheint. Mit dieser versteht sich Grace dagegen gut und auch mit James Nachbarin, der älteren Dame Percy, freundet sich Grace an. Sie mag ihren neuen Job, schreibt nur noch in ihrer Freizeit eine Art Tagebuch und kann sogar zu Aiden einen freundschaftlichen Kontakt aufbauen, der allerdings doch mehr für sie zu empfinden scheint, als nur Freundschaft. Aber auch James scheint bei näherer Betrachtung doch nicht so ein fieser Kerl zu sein, wie zunächst angenommen...

Grace ist eine etwas chaotische junge Frau, die sich durch ihr oftmals unüberlegtes Geplapper in so manche peinliche Situation bringt, dabei aber auch ein herzensguter Mensch ist, was von ihren Freunden sehr geschätzt wird. Grace wurde in der Vergangenheit von ihrem Mann verletzt und wurde durch die Geburt seines Sohnes erneut erschütter, so dass ihr neuer Liebesroman ein Desaster geworden ist.
Durch ihren neunen Job lernt sie ganz andere Menschen kennen, was sie bald auf andere Gedanken bringt. Durch die Fettnäpfchen, in die sie immer wieder bei James tritt, ist von ihrem Ärger über Aiden abgelenkt und kann letztlich mit der Vergangenheit abschießen, ist dabei aber blind für ihre Gefühle für James und schafft es immer wieder unabsichtlich, ihn auf Distanz zu halten. Ihre Freunde können dabei nicht länger zugucken, denn in ihren Augen hat die hilfsbereite, liebenswürdige Grace endlich selbst ein Happy End verdient.

Von Jo Platt habe ich bereits "Herz über Kopf" gelesen und auch mit "Die Liebe schreibt die schönsten Geschichten" bleibt sie ihrem warmherzigen und gleichzeitig spritzig-dynamischen Schreibstil treu. Die Geschichte um Schriftstellerin Grace ist leicht zu lesen, ein witziges, romantisches Stück Chiclit. Auch wenn das Ende bei dieser Art von Büchern vorprogrammiert ist, ist dieser Roman durch die liebevoll gestalteten, einzigartigen Charaktere, die liebenswerte Protagonistin Grace und durch so manchen Überraschungsmoment sehr unterhaltsam zu lesen.

Es ist ein herzerwärmender Roman über Liebe, Freundschaft und die Kraft, zu vergeben mit Happy End-Garantie, der einfach zu lesen und perfekt zum Abschalten ist. Jo Platt hat einen Schreibstil mit hohem Wiedererkennungswert, so dass alle, die schon einen der beiden Vorgängerromane mochten, auch diesen Liebesroman mit großen Unterhaltungsfaktor genießen werden, sich allerdings nicht von einer geballten Ladung Gutmenschentum abschrecken lassen dürfen.

Veröffentlicht am 23.07.2018

Berührender Roman über die Abwägung der Rechte einer schwangeren komatösen Frau und der Rechte des ungeborenen Kindes

Ich versprach dir die Liebe
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Die ehemalige Astronautin Elle wird ohnmächtig und stürzt beim Fensterputzen unglücklich von der Leiter. Die Kopfverletzungen sind so drastisch, dass Elle keine Chance auf Heilung hat. Da sie als Jugendliche ...

Die ehemalige Astronautin Elle wird ohnmächtig und stürzt beim Fensterputzen unglücklich von der Leiter. Die Kopfverletzungen sind so drastisch, dass Elle keine Chance auf Heilung hat. Da sie als Jugendliche miterleben musste, wie ihre an Krebs erkrankte Mutter leiden musste und ihr Leben auf Wunsch ihres Ehemanns künstlich verlängert wurde, hat Elle damals eine Patientenverfügung verfasst, in welchem sie alle lebensverlängernden Maßnahmen ablehnt.

Ihr Ehemann Matthew ist selbst Neurochirurg und hätte unter anderen Umständen auch dem Wunsch seiner Frau entsprochen. Bei einem Routinetest stellt sich allerdings heraus, dass Elle schwanger ist. Das Ehepaar hat sich schon lange ein Kind gewünscht, Elle hatte jedoch aufgrund einer Autoimmunerkrankung mehrere Fehlgeburten erlitten. Da diese Erkrankung allerdings rein durch die Einnahme von "Baby-Aspirin" bekämpft werden kann, möchte Matt Elle so lange am Leben erhalten, bis das Kind lebensfähig ist und auf die Welt geholt werden kann.

Seine Mutter wurde in der Patientenverfügung allerdings als Vormund benannt und möchte unbedingt den Willen ihres Patenkindes und Schwiegertochter Elle durchsetzen. Auch Elles Bruder Christopher und ihr Exfreund Adam sind auf der Seite der Mutter. Es beginnt ein juristisches Tauziehen um die Abwägung der Rechte der schwangeren komatösen Frau und der Rechte des ungeborenen Kindes.

"Ich versprach dir die Liebe" ist wie der Titel bereits vermuten lässt, ein sehr emotionaler Roman. Der Leser lernt Elle nur noch in Rückblenden kennen, da der Roman direkt mit dem tragischen Unfall und der Benachrichtigung von Matt beginnt. Während zunächst Untersuchungen, Operation und die Streitigkeiten der Familienangehörigen um den Willen von Elle im Vordergrund stehen, erhält man anschließend Rückblicke in die Vergangenheit, wie Matt und Elle als Nachbarn aufgewachsen sind, sich als Teenager verlieben, sich nach dem Tod von Elles Mutter trennen und Jahre später wieder zusammengekommen. Seit vier Jahren sind die beiden wieder unzertrennlich und wünschten sich sehnlichst ein Baby.

Aufgrund des Hintergrunds von des Ehepaares ist man als Leser tendenziell auf der Seite von Matthew, vor allem da sich die Beweggründe seiner Mutter bei all der Tragik juristisch gegen ihren Sohn vorzugehen nicht wirklich erschließen. Auch bleiben die Argumente der Interessengruppen "Pro-Choice" und "Pro-Life", die zwar während des Gerichtsverfahrens am Rande auftauchen, eher schwach.

Der vielversprechende Plot hätte meiner Meinung nach mehr Potenzial gehabt. Die Charaktere lassen an Tiefgang vermissen und vor allem Matthew war mir in seiner Rolle als Arzt und Ehemann zu nüchtern und sachlich.

Dennoch lässt sich der Roman flüssig lesen und hält die Spannung über den Ausgang des Verfahrens bis zum Ende durch überraschende Wendungen und die sehr berührenden Tagebucheinträge und Briefe von Elle aufrecht.

Veröffentlicht am 07.07.2018

Sommerliche Geschichte über drei fremde Frauen, die notgedrungen ein Haus renovieren und dabei zu Freundinnen werden

Ein Haus für einen Sommer
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Der Roman handelt von drei Frauen unterschiedlicher Lebenssituation, die von ein und demselben Anlagebetrüger, Malcolm Dyer, um ihr Vermögen gebracht worden sind. Was ihnen bleibt, ist "Bella Flora", eine ...

Der Roman handelt von drei Frauen unterschiedlicher Lebenssituation, die von ein und demselben Anlagebetrüger, Malcolm Dyer, um ihr Vermögen gebracht worden sind. Was ihnen bleibt, ist "Bella Flora", eine renovierungsbedürftige Strandvilla in Florida, die ihnen in gleichen Teilen von einem Zivilgericht als Entschädigung zugesprochen wurde.

Madeline ist die älteste der dreien, Hausfrau und Mutter zweier erwachsener Kinder, deren Ehemann die finanzielle Misere lange verschwiegen hatte und in Depressionen gefallen ist. Nun ist sie an der Reihe, die Familie vor dem Ruin zu retten und zieht vorübergehend nach Florida.

Nicole Grant ist Mitte 40 und Inhaberin einer Partnervermittlungsagentur. Sie hat bislang ihr glamouröses Leben in Los Angeles und New York genossen.

Avery Lawford ist die jüngste von ihnen und studierte Architektin sowie Moderatorin einer DIY-Handwerkersendung. "Hammer und Nagel" hat sie bis zuletzt mit ihrem Exmann Trent moderiert, wobei sie als seine Assistentin nur eine schmückende Rolle einnahm, bis sie letztlich entlassen wurde.
Keine von den dreien ist in der Lage, die Kosten für die Instandsetzung der Villa zu bezahlen, so dass sie sich dafür entscheiden, die Villa mit möglichst viel Eigenleistung zu renovieren und anschließend gewinnbringend zu veräußern. Ein Bekannter von Nicole übernimmt dabei die Bauleitung und geht für die anfallenden Kosten der Renovierung in Vorleistung.

Die Frauen stellen sich in diesem Sommer nicht nur den Herausforderungen der körperlich anstrengenden Renovierung, sondern auch ihren privaten Problemen und werden dabei zu Freundinnen.

"Ein Haus für einen Sommer" ist der Auftakt der "Florida Beach-Reihe" von Wendy Wax, von der es inzwischen schon sechs englischsprachige Bände gibt.
Drei Frauen, dies sich ohne Wirtschaftskrise und ohne Malcolm Dyer nie begegnet wären, sitzen in einem Boot und entscheiden sich bei der Sanierung/ Renovierung der Strandvilla an einem Strang zu ziehen. Drei Frauen, die notgedrungen in die Villa ziehen, auf Matratzen auf dem Boden schlafen, sich ein Badezimmer teilen und den täglichen Sundowner mit selbstgemachtem Daiquiri genießen. Trotz ihrer unterschiedlichen Lebensläufe, Charaktere und sozialer Hintergründe kommen sie sich näher und werden nicht nur zu Verbündeten in einem gemeinsamen Projekt, sondern zu Freundinnen. Was Madeline und Avery allerdings nicht ahnen, ist Nicoles Geheimnis, weswegen sich ein FBI-Agent auf das Anwesen eingeschlichen hat und das ihre junge Freundschaft gefährden könnte.

Aufgrund des sonnigen Settings in Florida bietet der Roman um Freundschaft, Zusammenhalt und die Herausforderung eines ambitionierten DIY-Projekts die perfekte Sommer-Unterhaltung. Die unterschiedlichen Frauen sind sympathische Charaktere, deren persönliche Weiterentwicklung man interessiert verfolgt. Alle drei wachsen an ihren Aufgaben und helfen sich gegenseitig aus der - nicht nur finanziellen - Krise.

Auch wenn man die einzelnen Schritte der Renovierung etwas knapper hätte fassen können, um den Fokus mehr auf die zwischenmenschlichen Verbindungen zu legen und der Plot um den Anlagebetrug und die sehr kreativen Ermittlungsmethoden des FBI etwas konstruiert wirkten, hat mir diese sommerliche, optimistische Geschichte, in der trotz körperlicher Arbeit auch noch Platz für romantische Gefühle ist, gut gefallen und neugierig auf Band 2 der Serie "Die alte Villa am Strand" gemacht.

Veröffentlicht am 25.06.2018

Dramatische Geschichte von zwei Frauen, ein Trauma und die Frage von Schuld und Sühne - sensibler Roman über Opfer und Täter

Das Finkenmädchen
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Felicity, genannt Birdy, wird wegen Körperverletzung verurteilt, verbüßt ihre Haftstrafe aber nicht in einem Gefängnis, sondern in einer Vollzugsanstalt mit geringeren Sicherheitsvorkehrungen, wo die Frauen ...

Felicity, genannt Birdy, wird wegen Körperverletzung verurteilt, verbüßt ihre Haftstrafe aber nicht in einem Gefängnis, sondern in einer Vollzugsanstalt mit geringeren Sicherheitsvorkehrungen, wo die Frauen auf einem großen Farmgelände in kleineren Wohngemeinschaften untergebracht sind und landwirtschaftliche Arbeiten verrichten. Birdy kümmert sich liebevoll um die Finken, wie sie es als Kind bei ihrem Nachbarn Mr. Winslow gelernt hat. Birdy war schon immer langsamer als Gleichaltrige, weshalb sie verspottet wurde. Ihre Mutter, frustriert von ihrem Ehemann verlassen worden zu sein, konnte das Mädchen nicht fördern und war froh, sie in die Obhut ihrer Nachbarn geben zu können.

Auf der Farm begegnet Birdy nach all den Jahren Mrs Winslow wieder, die eines schweren Verbrechens beschuldigt wird, bei dem das Berufungsverfahren anhängig ist. Im Gegensatz zu Birdy erkennt Rose Felicity nicht wieder und weiß deshalb nicht, welche Rachegedanken die junge Frau ihr gegenüber hegt.

Abwechselnd ist der Roman aus der Sicht von Birdy bzw. Rose geschrieben, die beide inhaftiert sind und gedanklich die vergangenen Geschehnisse aufarbeiten. Birdy denkt dabei an ihre Kindheit und das Trauma, das sie erleben musste. Dabei gibt es Überschneidungen zu Roses Leben, bei der man zunächst nur zwischen den Zeilen lesen kann, weshalb sie verurteilt wurde. Sie hadert weniger mit ihrer Tat als vielmehr mit ihrer Untätigkeit in der Vergangenheit. Schon mit 16 Jahren hat sie den charismatischen Schauspieler Simon Winslow geheiratet und sich damit von der Abhängigkeit von ihren Eltern in eine Abhängigkeit von ihrem Ehemann begeben. Dieser wird in der Presse als Pädophiler denunziert und Rose fragt sich jetzt, ob sie Simon jemals wirklich kannte.

"Das Finkenmädchen" erzählt die dramatische Geschichte von zwei Frauen. Zunächst wird das Missbrauchsopfer, das die Tat aus Angst und Scham nie anzeigte, in den Fokus gerückt, bis auch die Rolle der Frau des Täters zur Sprache kommt. Während Birdy in Rose selbst eine Schuldige sieht, fällt auch ihr und ihren Töchtern eine Opferrolle zu.

Da die beiden Frauen das Thema Missbrauch zu Beginn des Romans nicht offen zur Sprache bringen, kann man als Leser nur erahnen, was in der Vergangenheit geschehen ist, was Rose womöglich getan hat und was Birdy plant. Gerade weil Rose in der erwachsenen Birdy lange nicht kleine Felicity nicht wiedererkennt, erwartet man gespannt die Reaktion Birdys.

Kindesmissbrauch ist ein schwieriges und erschütterndes und in Zeiten von #metoo leider ein immer noch aktuelles Thema, das die Autorin sehr einfühlsam verarbeitet. Dabei jedoch nicht aus, dass einzelne Szenen sensible Leser schockieren können. Passend Zum Titel "Das Finkenmädchen" ist es eine schöne Metapher, wie Birdy die Finken hegt und pflegt und vor Gefahren schützt - all die Fürsorge, die sie in ihrer Kindheit, gerade als Mädchen mit einer verzögerten Auffassungsgabe, die besonders eine liebevolle Obhut gebraucht hätte, schmerzlich vermisst hat.

In dem Roman geht es um Fragen von Schuld und Sühne und um die Rolle von Opfern und Tätern, deren Übergang fließend sein kann. Er zeigt auch, wie lange das Leid der Opfer die Zukunft beeinflusst und ihr Leben nachhaltig prägen kann und wie leichtfertig man sich durch Wegschauen der Verantwortung entziehen kann. Gleichzeitig wird die Frage aufgeworfen, ob man einen Menschen, mit dem man Jahre lang zusammenlebt, jemals wirklich kennt.