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Veröffentlicht am 25.06.2018

Dramatische Geschichte von zwei Frauen, ein Trauma und die Frage von Schuld und Sühne - sensibler Roman über Opfer und Täter

Das Finkenmädchen
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Felicity, genannt Birdy, wird wegen Körperverletzung verurteilt, verbüßt ihre Haftstrafe aber nicht in einem Gefängnis, sondern in einer Vollzugsanstalt mit geringeren Sicherheitsvorkehrungen, wo die Frauen ...

Felicity, genannt Birdy, wird wegen Körperverletzung verurteilt, verbüßt ihre Haftstrafe aber nicht in einem Gefängnis, sondern in einer Vollzugsanstalt mit geringeren Sicherheitsvorkehrungen, wo die Frauen auf einem großen Farmgelände in kleineren Wohngemeinschaften untergebracht sind und landwirtschaftliche Arbeiten verrichten. Birdy kümmert sich liebevoll um die Finken, wie sie es als Kind bei ihrem Nachbarn Mr. Winslow gelernt hat. Birdy war schon immer langsamer als Gleichaltrige, weshalb sie verspottet wurde. Ihre Mutter, frustriert von ihrem Ehemann verlassen worden zu sein, konnte das Mädchen nicht fördern und war froh, sie in die Obhut ihrer Nachbarn geben zu können.

Auf der Farm begegnet Birdy nach all den Jahren Mrs Winslow wieder, die eines schweren Verbrechens beschuldigt wird, bei dem das Berufungsverfahren anhängig ist. Im Gegensatz zu Birdy erkennt Rose Felicity nicht wieder und weiß deshalb nicht, welche Rachegedanken die junge Frau ihr gegenüber hegt.

Abwechselnd ist der Roman aus der Sicht von Birdy bzw. Rose geschrieben, die beide inhaftiert sind und gedanklich die vergangenen Geschehnisse aufarbeiten. Birdy denkt dabei an ihre Kindheit und das Trauma, das sie erleben musste. Dabei gibt es Überschneidungen zu Roses Leben, bei der man zunächst nur zwischen den Zeilen lesen kann, weshalb sie verurteilt wurde. Sie hadert weniger mit ihrer Tat als vielmehr mit ihrer Untätigkeit in der Vergangenheit. Schon mit 16 Jahren hat sie den charismatischen Schauspieler Simon Winslow geheiratet und sich damit von der Abhängigkeit von ihren Eltern in eine Abhängigkeit von ihrem Ehemann begeben. Dieser wird in der Presse als Pädophiler denunziert und Rose fragt sich jetzt, ob sie Simon jemals wirklich kannte.

"Das Finkenmädchen" erzählt die dramatische Geschichte von zwei Frauen. Zunächst wird das Missbrauchsopfer, das die Tat aus Angst und Scham nie anzeigte, in den Fokus gerückt, bis auch die Rolle der Frau des Täters zur Sprache kommt. Während Birdy in Rose selbst eine Schuldige sieht, fällt auch ihr und ihren Töchtern eine Opferrolle zu.

Da die beiden Frauen das Thema Missbrauch zu Beginn des Romans nicht offen zur Sprache bringen, kann man als Leser nur erahnen, was in der Vergangenheit geschehen ist, was Rose womöglich getan hat und was Birdy plant. Gerade weil Rose in der erwachsenen Birdy lange nicht kleine Felicity nicht wiedererkennt, erwartet man gespannt die Reaktion Birdys.

Kindesmissbrauch ist ein schwieriges und erschütterndes und in Zeiten von #metoo leider ein immer noch aktuelles Thema, das die Autorin sehr einfühlsam verarbeitet. Dabei jedoch nicht aus, dass einzelne Szenen sensible Leser schockieren können. Passend Zum Titel "Das Finkenmädchen" ist es eine schöne Metapher, wie Birdy die Finken hegt und pflegt und vor Gefahren schützt - all die Fürsorge, die sie in ihrer Kindheit, gerade als Mädchen mit einer verzögerten Auffassungsgabe, die besonders eine liebevolle Obhut gebraucht hätte, schmerzlich vermisst hat.

In dem Roman geht es um Fragen von Schuld und Sühne und um die Rolle von Opfern und Tätern, deren Übergang fließend sein kann. Er zeigt auch, wie lange das Leid der Opfer die Zukunft beeinflusst und ihr Leben nachhaltig prägen kann und wie leichtfertig man sich durch Wegschauen der Verantwortung entziehen kann. Gleichzeitig wird die Frage aufgeworfen, ob man einen Menschen, mit dem man Jahre lang zusammenlebt, jemals wirklich kennt.

Veröffentlicht am 18.06.2018

Tiefgründiger Roman, der trotz aller Komplexität der Gehirnforschung durch die tragikomischen Momente unterhält und bewegt

Der Mann ohne Schatten
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Elihu Hoopes erkrankt im Sommer 1964 an einer Herpesinfektion, die zu einer Entzündung seines Gehirns führt. Teile seines Gehirns sind danach so geschädigt, dass er einen Gedächtnisverlust erleidet und ...

Elihu Hoopes erkrankt im Sommer 1964 an einer Herpesinfektion, die zu einer Entzündung seines Gehirns führt. Teile seines Gehirns sind danach so geschädigt, dass er einen Gedächtnisverlust erleidet und sich Dinge nicht mehr länger als 70 Sekunden merken kann. Eine Chance auf Heilung besteht nicht.

Für die Wissenschaft wird Elihu Hoopes aufgrund seiner partiellen retrograden und seiner totalen anterograden Amnesie zu einem interessanten Forschungsobjekt. 31 Jahre lang untersuchen und testen ihn Wissenschaftler im Rahmen des Projekts, dass zu Beginn von Milton Ferris geleitet wird. Seine Doktorandin Margot Sharpe beschäftigt sich als Neurowissenschaftlerin eingehend mit Eli. Im Rahmen der täglichen Arbeit im Gedächtnislabor entwickelt sie Gefühle für den 14 Jahre älteren, charismatischen Mann, der für sich ein Leben lang 37 Jahre alt sein wird. Er wird sich allerdings nie an sie erinnern können. Jeden Tag aufs Neue stellt sie sich ihm als seine Neuropsychologin vor und kann nur im Heimlichen die Beziehung zwischen den beiden losgelöst von den Testreihen intensivieren.


Rätselhaft sind dabei die Erinnerungen Elis aus seiner Kindheit, an ein ertrunkenes Mädchen, die er in Zeichnungen artikuliert.

Margot Sharpe lebt für die Forschung und übernimmt im Laufe der Jahre die Leitung des Forschungsobjekts, nachdem sich Milton Ferris in Veröffentlichungen ohnehin ihre Studien zu eigen gemacht hatte und ihr Abhängigkeitsverhältnis als junge Doktorandin mit einer Affäre ausnutzte. Sie erntet allerdings öffentlich Kritik an ihrer Arbeit, wird beschuldigt, den Mensch Elihu Hoopes in seiner Hilflosigkeit als Projekt der Gedächtnisforschung auszubeuten.

Das Buch ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Langzeitstudie und Roman über eine Liebe, die nicht sein kann und darf. Denn Elihu Hoopes ist "in ewiger Gegenwart gefangen [...]. Wie jemand, der im Halbdunkel der Wälder im Kreis herumläuft - ein Mann ohne Schatten."

Mit vielen medizinischen Fachbegriffen, aber dennoch feinfühlig, beschreibt die Autorin wie sich aus der anfangs sachlichen, wissenschaftlichen Arbeit eine fragwürdige und für Margot selbstzerstörerische Beziehung zwischen Wissenschaftlerin und Versuchsperson entwickelt. Dabei erscheint nur logisch, dass Margot aufgrund der mangelnden Distanz ihre Objektivität verliert und damit das Projekt in Gefahr bringt.

Auch die Ausweglosigkeit Elihu Hoopes ist anrührend dargestellt, der (zum Glück) nicht begreift, dass sein Leben nur noch der Forschung dienlich zu sein scheint, nachdem sich Freunde und Verwandte bis auf eine Tante aufgrund seiner Wesensveränderung von ihm abgewandt haben. Jahre später wird er nicht einmal mehr die Gesichter seiner Geschwister erkennen können.

Margot sucht die Nähe zu Eli und verliert sich schon fast in einer wahnhaften Vorstellung mit Eli eine Beziehung zu führen. Selbst Eli meint sich an Margot als seine Ehefrau zu erinnern, obwohl er selbst nie verheiratet gewesen ist. Ganz klar wird dabei nicht, ob es sich um eine reine Wunschvorstellung handelt, in der Hoffnung, tatsächlich eine Zukunft zu haben, oder ob er sie tatsächlich liebt.

Die Beziehung des "Paares" entwickelt sich nicht weiter, kann es auch gar nicht. Wie soll eine Liebe zu einem Mann, der in der Gegenwart gefangen ist, eine Zukunft haben? Mitgefühl entwickelt man als Leser für beide Protagonisten: Elihu Hoopes, dessen Biographie sich nicht weiterentwickeln kann und der nicht begreift, was mit ihm in dem Labor Tag für Tag passiert und Margot Sharpe, die für die Forschung und für ihre zum Scheitern verurteilte Liebe lebt und dabei eine krankhafte Obsession entwickelt. Beide Leben erscheinen erschreckend trostlos.

Der Roman dreht sich um die Frage, wie weit eine Forscherin gehen darf und wie viel Zwischenmenschlichkeit in der Wissenschaft erlaubt ist. Unabhängig von Margots Liebe zu ihrem Probanden wird Kritik an dem unmenschlichen Umgang der Forscher geübt, die Hoopes zu einem Forschungsobjekt degradieren.
Spannung wird dem Roman durch das Rätsel um das ertrunkene Mädchen verliehen, eine Erinnerung, die Elihu Hoopes vor seine Erkrankung verdrängt haben muss.

"Der Mann ohne Schatten" ist ein tiefgründiger Roman mit hohem Anspruch, der trotz aller Komplexität der Gehirnforschung durch die tragikomischen Momente unterhält und aufgrund der Ausweglosigkeit von Elihu Hoopes Schicksal bewegt.

Veröffentlicht am 11.06.2018

Wohlfühlbuch über eine Frau, die lernt ihren Weg zu gehen und sich ihren Ängsten zu stellen - Heimatidylle mit Happy End-Garantie

Barfuß im Sommerregen
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Romy ist alleinerziehende Mutter eines vierjährigen Sohnes, die seit der Geburt von Tommi mit Singlemama Teresa in einer WG in München zusammengewohnt hat. Als diese zu ihrem neuen Freund nach Wien zieht, ...

Romy ist alleinerziehende Mutter eines vierjährigen Sohnes, die seit der Geburt von Tommi mit Singlemama Teresa in einer WG in München zusammengewohnt hat. Als diese zu ihrem neuen Freund nach Wien zieht, begibt sich die arbeitslose Romy auf die Suche nach einem Teilzeitjob und einer bezahlbaren Wohnung. In einem Supermarkt stößt sie zufällig auf einen Aushang, mit welchem eine Haushaltshilfe für "Onkel Alfred" auf einem Bauernhof bei Passau gesucht wird. Seine Nichte Helga macht sich Sorgen um den knapp 70-Jährigen, der Zeit seines Lebens den Hof allein bewirtschaftet hat. Nach anfänglichem Widerstreben lässt sich Alfred auf die Hilfe von Romy ein, die selbst schnell Anschluss im Dorf findet und sich mit Tommi auf dem Bauernhof wohlfühlt.
Selbst für eine neue Liebe scheint sich Romy langsam öffnen zu können, bis sie plötzlich von ihrer Vergangenheit eingeholt wird und ihre Ängste, die sie von Bindungen abgehalten haben, wieder gegenwärtig sind und ihrem Glück im Wege stehen.

"Barfuß im Sommerregen ist ein typisches Wohlfühlbuch. Auf dem Land in Niederbayern ist die Welt noch in Ordnung. Hier bekommt das Kind noch ein Scheibchen Gelbwurst beim örtlichen Metzger geschenkt, man kennt sich untereinander seit Geburt und hilft sich nachbarschaftlich in der Gemeinschaft auch spontan aus, wenn ein Einzelner in Not gerät.

Mich hat dieser unbeschwerte Roman mit Happy End-Garantie, der dank des eingängigen Schreibstils der Autorin federleicht zu lesen ist, gut unterhalten. Es ist ein Roman, der sich wie ein Kurzurlaub auf dem Land liest, ein Stück heile Welt, das einem vermittelt wird. Denn trotz auftretender Probleme für die zentralen Protagonisten Romy und Alfred, die sich beide noch den Geistern der Vergangenheit stellen müssen, um ihr persönliches Glück zu finden, weiß man, dass am Ende alles gut werden wird. So lernt die sympathische Romy in diesem Sommer ihre Ängste zu überwinden und positive Veränderungen zuzulassen, ohne einen nächsten Schicksalsschlag zu befürchten. Und auch der anfänglich mürrisch wirkende Alfred kann am Ende ein jahrzehntealtes Missverständnis aus dem Weg räumen.

Der Roman liest sich flüssig, beschreibt aber auch jeden einzelnen beiläufigen Handlungsschritt der Protagonisten vom Gemüseschnippeln bis zum Toilettengang des Kindes ins kleinste Detail. Diesen ausführlichen Stil muss man mögen, genauso wie die ländliche Idylle, die manchmal etwas klischeehaft und bieder wirkt.

Veröffentlicht am 08.06.2018

Melancholischer Roman über eine verletzte Seele und ihre Vergangenheitsbewältigung durch die Kraft der Poesie

Ich treffe dich zwischen den Zeilen
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Loveday ist Mitte 20 und arbeitet seit einigen Jahren in einem Antiquariat bei Archie, einem älteren Herren, der die in sich gekehrte Loveday so akzeptiert wie sie ist. Die junge Frau verkriecht sich hinter ...

Loveday ist Mitte 20 und arbeitet seit einigen Jahren in einem Antiquariat bei Archie, einem älteren Herren, der die in sich gekehrte Loveday so akzeptiert wie sie ist. Die junge Frau verkriecht sich hinter die Bücherregale und zieht sich auch lieber lesend in ihre kleine Wohnung zurück, als sich mit anderen Menschen abzugeben. Ihre letzte Beziehung zu Rob endete fast in einer Katastrophe und erst als sie Nathan kennenlernt, einen Zauberkünstler, der sie zu seinen organisierten Poetry Salms jeden Mittwoch einlädt, beginnt sich Loveday zu öffnen.
Fast zeitgleich zur Begegnung mit Nathan werden vor dem Antiquariat immer wieder Bücher abgestellt, die Loveday nicht nur an ihre Eltern erinnern, sondern vermutlich auch genau die Exemplare ihrer Mutter sind. Loveday wird von ihren Erinnerungen eingeholt und würde sich am liebsten wieder zurückziehen, aus Angst anderen zu vertrauen.

Loveday ist nicht nur aufgrund ihres außergewöhnlichen Namens, sondern auch aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbilds ein besonderer Mensch. Sie hat die Anfangszeilen von Büchern, die ihr etwas bedeuten, auf ihren Körper tätowiert. Ähnlich wie Nathan mit seinen Poetry Slams versucht Loveday damit etwas auszudrücken, dass sie selbst nicht in Worte fassen kann.
In Rückblenden in die Jahre 1999 und 2013 erfährt der Leser, was Loveday als knapp zehnjähriges Mädchen in ihrer Familie erlebt hat und was ihr in der kurzen Beziehung zu Rob widerfahren ist.
Aufgrund der Verletzungen der Vergangenheit wird offensichtlich, warum sich Loveday in ihre Bücherwelt zurückzieht und misstrauisch gegenüber anderen Menschen ist.

"Ich treffe dich zwischen den Zeilen" ist ein melancholischer Roman über eine verletzte Seele, die durch die Macht der Poesie und der Liebe beginnt, Vertrauen zu fassen und sich mutig ihren Erinnerungen stellt, um mit der Vergangenheit ihren Frieden zu schließen und befreiter und unbeschwerter in die Zukunft zu blicken.
Es ist eine eher ruhige Geschichte, in der in der Gegenwart nicht viel passiert, da Loveday noch in der Vergangenheit steckt. Mir hat das Setting in dem Antiquariat und die mühelose Einbeziehung der Lyrik und Poetry Slams deshalb fast besser gefallen, als die Vergangenheitsbewältigung der Protagonistin.

Veröffentlicht am 02.06.2018

Emotionale Familiengeschichte über Vergangenheitsbewältigung, unterdrückte Konflikte und unausgesprochene Wahrheiten

Die Mittsommerlüge
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Kristian hatte seine Frau Karen und seine neunjährige Tochter von einem Tag auf den anderen verlassen. Er war Autor, weshalb Karen ihre Tochter Louise damit vertröstet hat, dass er sich zum Schreiben eines ...

Kristian hatte seine Frau Karen und seine neunjährige Tochter von einem Tag auf den anderen verlassen. Er war Autor, weshalb Karen ihre Tochter Louise damit vertröstet hat, dass er sich zum Schreiben eines Buches eine Auszeit nahm. Als Louise älter wurde, konnte sie immer weniger nachvollziehen, dass ihr Vater sie nie von ihr verabschiedet hatte und dass ihre Mutter Verständnis für sein Verhalten aufbrachte.
Nach 20 Jahren Abwesenheit kehrte Kristian zurück und wurde von Karen ohne Weiteres wieder mit offenen Armen empfangen. Louise blieb allerdings unversöhnlich und hat nur ihrer Tochter Ida zuliebe den Kontakt zu ihren Eltern nicht ganz abgebrochen.

Als Kristian an einem Gehirntumor stirbt, hinterlässt er das Sommerhaus "Lykkebo" am Limfjord. Karen möchte sich der Vergangenheit stellen und überredet Louise, eine Woche in dem Sommerhaus zu verbringen. Zusammen mit Louises Tochter Ida, ihrem Lebensgefährten Michael und Cockerspaniel Buller begeben sie sich auf Spurensuche.

Die Atmosphäre in dem Sommerhaus ist angespannt. Michael kümmert sich wenig um die Familiengeschichte, dafür umso mehr um einen Notfall bei seine Arbeit.
Ida trauert um ihren Großvater und kann nicht verstehen, warum ihre Mutter so abweisend zu ihrer Großmutter ist. Sie scheint es in dem Haus kaum auszuhalten und geht lieber nach draußen, wo sie die beiden Zwillingsbrüder Peder und William kennenlernt, die zurückgezogen in einem Haus am Waldrand leben.
Louise befindet sich in einem Gefühlschaos aus Trauer und Wut und ist darüber hinaus auch noch ungewollt schwanger.
Karen bemüht sich um gute Stimmung, möchte dass ihre Tochter Kristian verzeiht und selbst herausfinden, was Kristian in dem Sommerhaus all die Jahre gemacht hat. Blauäugig war sie davon ausgegangen, dass Kristian hier allein gewohnt und sich ganz seinen Gedichten gewidmet hat.

Die Geschichte wird aus der Sicht der drei Frauen erzählt, die nicht nur verschiedenen Generationen angehören, sondern auch ganz unterschiedliche Charaktere sind und einen ganz eigenen Blick auf die Vergangenheit haben.
Zunächst gibt es nicht viele Hinweise auf die Zeit, die Kristian hier verbracht hat. Mit Hilfe seiner Aufzeichnungen und durch den Kontakt zu den Zwillingsbrüdern werden nach und nach Geheimnisse offenbart, so das auch Karen gezwungen ist, sich den Geistern der Vergangenheit zu stellen, die sie erfolgreich verdrängt hatte. Erst wenn die ganze Wahrheit ans Licht kommt, kann es den Frauen möglich sein, zu trauern und letztlich auch wieder zueinander zu finden.

Es ist ein melancholischer Roman, in welchem sich die Charaktere schwer tun, sich zu öffnen und ihre Probleme lieber mit sich selbst ausmachen. Auch wenn man im Sommerhaus angekommen bald erahnen kann, wie Kristians Neuanfang ausgesehen hatte und was der Auslöser dafür gewesen ist, geht es darum, zu erfahren, wie die Frauen mit der Wahrheit umgehen werden.

"Die Mittsommerlüge" ist eine emotionale Familiengeschichte über Vergangenheitsbewältigung, unterdrückte Konflikte und unausgesprochene Wahrheiten, die nach dem Tod von Kristian zutage treten und bewältigt werden müssen, um einander offen und ehrlich zu begegnen und verzeihen zu können.