Spannung mit einigen Schwächen
Das Haupt der Anna„Das Haupt der Anna“ begleitet den jungen Steinmetz Leonhard, der die gleichnamige Reliquie stielt, um sich vor dem Vater seiner Angebeteten zu beweisen. Dabei ist ihm nicht klar, welch weitreichende Konsequenzen ...
„Das Haupt der Anna“ begleitet den jungen Steinmetz Leonhard, der die gleichnamige Reliquie stielt, um sich vor dem Vater seiner Angebeteten zu beweisen. Dabei ist ihm nicht klar, welch weitreichende Konsequenzen diese Entscheidung mit sich zieht.
Als ich mich im Vorfeld über das Buch informiert habe, ist mir entgangen, dass dieses Buch lediglich 200 Seiten fasst – entsprechend groß war meine Überraschung beim Auspacken. Von historischen Romanen bin ich normalerweise ganz andere Dimensionen gewohnt. Außerdem erachte ich den Diebstahl einer Reliquie als ein großes Thema, das sicherlich viel Stoff zum Verarbeiten bereithält.
Die geringe Seitenanzahl hat sich auch auf mein Lesevergnügen ausgewirkt. Zwar gibt es eine durchaus spannende Geschichte, die alle wichtigen Fakten enthält und in sich schlüssig ist, aber das Tempo ist für meinen Geschmack etwas zu flott. So ist für mich die Vielschichtigkeit der Figuren auf der Strecke geblieben, so ziemlich alle von ihnen haben nur einen prägnanten Charakterzug, welcher der Handlung dienlich ist. Ich habe zu keinem von ihnen eine engere Bindung aufbauen können, insgesamt erinnert mich der Aufbau wenig an einen Roman.
Außerdem finde ich Leonards Gedankengang, eine heilige Reliquie zu stehlen, was ja nun wirklich kein Kavaliersdelikt ist, um die Hand seiner Angebeteten zu gewinnen, wirklich ziemlich abwegig. Wäre der „Schwiegervater“ als Christ nicht eher erschrocken über diese Tat? Insgesamt ereignet sich das Ganze einfach etwas zu glimpflich und reibungslos für Leonard, wenn man bedenkt, dass er einen Knochen der Großmutter Jesu entwendet hat. Ich kenne mich mit der Thematik nicht aus und kann nicht einschätzen wie viel von dieser Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht, aber ich bezweifle stark, dass sich das alles so ereignet hat.
Aber natürlich ist nicht alles schlecht an diesem Roman, der Schreibstil an sich gefällt mir sehr gut, er vermag es die Stimmung einer Szene glaubhaft zu transportieren. Auch gibt es einige Schlüsselmomente, insbesondere am Ende, die in mir durchaus Gefühlsregungen ausgelöst haben.
Was lässt sich abschließend sagen? Ich finde die Geschichte im Grunde gut, sie hätte jedoch locker das Doppelte an Seiten vertragen können. Dies hätten den Figuren Raum zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit gegeben, was wiederum die Handlung beeinflusst und womöglich ins positive verändert hätte. Ich sehe also deutlich Luft nach oben! Wer jedoch auf der Suche nach einem kurzweiliges Lesevergnügen ohne besondere Tiefe für einen freien Nachmittag ist, der wird hier auf seine Kosten kommen.