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Veröffentlicht am 17.06.2023

Ein Leben als Fan

Idol in Flammen
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Das ist die Geschichte von Akari, einer japanischen Schülerin im Teenageralter. Die Autorin beschreibt die obsessiven Ausmaße, die das Fan-Sein bei ihr annimmt. Sie hat ganz offensichtlich schwere psychische ...

Das ist die Geschichte von Akari, einer japanischen Schülerin im Teenageralter. Die Autorin beschreibt die obsessiven Ausmaße, die das Fan-Sein bei ihr annimmt. Sie hat ganz offensichtlich schwere psychische Probleme, leidet unter Depression und Magersucht. Sie hat enorme Minderwertigkeitsgefühle, fühlt sich als unfähiges, dummes Trampel und wächst in einer dysfunktionalen Familie auf. Von ihrer Mutter und Schwester erfährt sie keinerlei Unterstützung, nur Vorwürfe und Genörgel. Die Beschäftigung mit ihrem Idol ist ihre Fluchtstrategie. Das geht so weit, dass ihr ihr Schicksal vollkommen gleichgültig ist und sie die Schule abbrechen will.
Es ist interessant, etwas über die asiatische Idol-Kultur zu erfahren, die es in diesen Ausmaßen bei uns nicht gibt. Letztendlich steckt eine gnadenlose Ausbeutung sowohl der Fans, als auch der sogenannten Idol-Groups dahinter. Die Autorin beschreibt das alles eindrücklich und gut, aber ich muss sagen, ich finde das Ganze ziemlich erschreckend.
Mich hat dieses schmale Bändchen traurig, aber auch aggressiv gemacht. Mir wäre ein etwas dickeres Buch mit mehr Hintergrundinformation lieber gewesen; man merkt, dass Akari schwer gestört ist, man ahnt, dass die familiären Umstände schuld daran sein könnten, aber ich hätte doch lieber mehr "Butter bei die Fische" gehabt. Es ist definitiv eine Kunst, so minimalistisch zu schreiben, aber mein Geschmack ist es nicht. Ich fand die Beschreibung dieses trostlosen Lebens, die Selbstzweifel dieser jungen Frau, ihre Art mit den Problemen umzugehen, erschütternd: das Buch lässt mich bedrückt und ratlos zurück.

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Veröffentlicht am 10.01.2023

Der Klappentext hat falsche Erwartungen geweckt!

Mord im Kurhotel
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Ein Hygge Krimi, also wohl so etwas wie ein dänischer Cosy – das klang erst einmal verlockend!

Die Heldin, Anne–Maj Mortensen, eine Rentnerin in ihren frühen Siebzigern (auch schon Protagonistin eines ...

Ein Hygge Krimi, also wohl so etwas wie ein dänischer Cosy – das klang erst einmal verlockend!

Die Heldin, Anne–Maj Mortensen, eine Rentnerin in ihren frühen Siebzigern (auch schon Protagonistin eines ersten Bandes, den ich nicht gelesen habe) beschließt nach einer Knie-OP in ein Kurhotel zu gehen, weil sie mit dem operierten Knie in Ihrem Haus noch nicht allein klarkommen würde. Das Hotel ist nicht allzu weit entfernt von ihrem Heimatort, so dass sie dort auch mit Besuch von ihrer Tochter und ihrer Enkelin rechnen kann., Bald kommt es zu einem Mord in einem Schlammbad! Und die zweite Leiche lässt dann auch nicht mehr lange auf sich warten. Anne-Maj, die sich schon einmal als Schnüfflerin betätigt hat, tut sich mit einigen anderen Langzeitgästen zusammen, um selbst zu ermitteln.

So weit, so gut. Der Krimiplot ist eigentlich ganz gut durchdacht, eine Geschichte mit unerwarteten Wendungen, aber die Umsetzung konnte mich nicht überzeugen. Vor allem, weil die Protagonistin so gar nicht sympathisch ist: Sie ist sehr egozentrisch, zeitweise verantwortungslos, unbedacht, tablettenabhängig, leichtsinnig und auch ziemlich unreif, ihre inneren Monologe sind manchmal zum Fremdschämen. Die Autorin scheint diese Macken ja als harmlos und amüsant anzusehen, ich konnte jedoch in ihren Beschreibungen kaum Humor entdecken. Ja, der Humor kam mir zu kurz, und besonders hygge/cosy fand ich es auch nicht, dazu war es zu krankheitszentriert. Dass das Thema Corona thematisiert wird, finde ich allerdings ganz okay, schließlich gehörte das nun mal in den letzten 3 Jahren zu unserem Alltag, Zeitgeschichte sozusagen!

Mir fehlte auch die Spannung, von der erst gegen Ende ein wenig aufkam, die Lektüre zog sich fade dahin. Ich habe mich regelrecht durch diese rund 450 Seiten gequält. Es ist zwar erfreulich, dass nun auch aus Skandinavien nicht mehr nur so ganz düstere und gewalttätige Krimis kommen, doch diesen Versuch finde ich misslungen und werde der Autorin keine weitere Chance mehr geben. Da hat mich der schwedische "Der Tod macht Urlaub in Schweden" (auch ein skandinavischer Cosy) erheblich besser unterhalten.

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Veröffentlicht am 06.12.2022

Der Teufel verführt ein ganzes Dorf

Teufelskreuz
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Ein neuer Pfarrer kommt in das 69-Seelen Dorf Ursprung, bezeichnenderweise lautet sein Nachname Urian. Er ist unkonventionell, tritt den Dorfbewohnern kumpelhaft gegenüber und wird von ihnen nach anfänglicher ...

Ein neuer Pfarrer kommt in das 69-Seelen Dorf Ursprung, bezeichnenderweise lautet sein Nachname Urian. Er ist unkonventionell, tritt den Dorfbewohnern kumpelhaft gegenüber und wird von ihnen nach anfänglicher Skepsis geliebt. Er schlägt ein seltsames Kreuz (Teufelskreuz, wie die alte Hildegard sagt, die einzige, die nicht von ihm geblendet ist). Er ist also wohl der Teufel in Person und seine Art zu gehen (Schritt, Tack, Schritt, Tack) weist vermutlich daraufhin, dass er einen Pferdefuss hat! Er fördert bei zahlreichen Dorfbewohnern das Schlechteste zu Tage. Es gibt zahllose Leichen, aber als Leser weiß man immer, wer es war, also entsteht keine Spannung daraus - es ist kein Krimi! Eher eine Schilderung der gesellschaftlichen Gemengelage im Dorf. Der versprochene schwarze Humor hat mir auch gefehlt. Der in derbe Sprache verpackte "Humor" wirkt auf mich eher bösartig und menschenverachtend, schmunzeln musste ich nur selten. Die Geschichte ist wahrscheinlich vom Autor als Gesellschaftskritik gemeint, auch die Kirche kriegt ihr Fett weg. Das Ende ist eher antiklimaktisch, es gibt keinen Show Down, keine wirkliche Auflösung.

Ich hatte mich auf einen schwarzhumorigen Krimi gefreut, doch das Buch hat meine (durch den Klappentext geschürten) Erwartungen enttäuscht. Und auch nachdem mir klar geworden war, dass ich die falschen Erwartungen gehabt habe, konnte mich die Geschichte und der Stil leider nicht begeistern. Und ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass ich keine Österreicherin bin, denn andere Krimis aus unserem Nachbarland (z.B. von Stefan Slupetzky oder Heinrich Steinfest) gefallen mir sehr gut.

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Veröffentlicht am 23.08.2022

Eine brisante Thematik in einem Roman, mit dem ich nicht warm werden konnte

Die Arena
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Der Klappentext zu diesem Buch hatte mich sehr angesprochen und neugierig gemacht. Die Geschichte um einige Menschen aus der Banlieue klang sehr vielversprechend und interessant: Der Europachef eines Streamingunternehmens ...

Der Klappentext zu diesem Buch hatte mich sehr angesprochen und neugierig gemacht. Die Geschichte um einige Menschen aus der Banlieue klang sehr vielversprechend und interessant: Der Europachef eines Streamingunternehmens à la Netflix, hat es geschafft, sein altes Viertel hinter sich zu lassen. Bei einem Besuch in der alten Gegend wird ihm sein Handy geklaut, er verfolgt den vermeintlichen Dieb, gerät in eine Rangelei mit dem Jungen und läuft schhließlich ohne sein Handy weg, auf dem sich Unmengen wichtige Daten befinden. Am nächsten Tag wird der Junge tot aufgefunden. Viele Personen sind mehr oder minder in diese Vorfälle verwickelt, z.B. die türkischstämmige junge Polizistin, die den Jungen findet und ihm einen Tritt versetzt, um ihn aufzuwecken. Dabei wird sie gefilmt von einer Jugendlichen, die daraus einen Film über Polizeigewalt zusammenbastelt. Und dabei immer das Gefühl, dass der Firnis, der die Gesellschaft noch zusammenhält, jederzeit aufplatzen kann.

Die Beschreibungen, wie es in Paris an allen Ecken und Enden brodelt, sind sehr eindrücklich und atmosphärisch, trotzdem konnte mich dieses Buch nicht wirklich fesseln, ich musste mich in kleinen Schritten durchkämpfen und habe ewig gebraucht, das Buch zu beenden. Zu viele Personen und vor allem zu viel hin und her, ständige Perspektivwechsel, Rückblenden etc. und zu wenig Zeit, um für die einzelnen Personen Empathie zu entwickeln, sich emotional auf jemanden einlassen zu können. Vielleicht liegt es daran, dass die Autorin wohl hauptsächlich Drehbücher schreibt …

Wenn es verfilmt werden sollte, werde ich mir den Film definitiv anschauen und vielleicht ergibt sich daraus dann ein Gesamtbild, das mir bei der Lektüre gefehlt hat.

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Veröffentlicht am 17.05.2022

Erinnerung an einen in Vergessenheit geratenen Mann

Der große Fehler
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Andrew Haswell Green gilt als „Vater des Großraums New York“ und ist verantwortlich für den Central Park, die New York Public Library, den Bronx Zoo, das American Museum of Natural History und das Metropolitan ...

Andrew Haswell Green gilt als „Vater des Großraums New York“ und ist verantwortlich für den Central Park, die New York Public Library, den Bronx Zoo, das American Museum of Natural History und das Metropolitan Museum of Art. Heute erinnert nur noch eine abgelegen Steinbank im Central Park an ihn. Er war ein sozialer Aufsteiger der sich seinen Weg nach oben hart erkämpft hat. Seine Lebensgeschichte liegt dem Roman von Jonathan Lee zugrunde. Und was für ein Leben das war!

Leider hat der Autor meinem Empfinden nach diese Chance zu einem lebendigen, prallen Roman völlig vertan. Der 1820 geborene Green musste seine Homosexualität unter allen Umständen verheimlichen, was naturgemäß sein gesamtes Leben sehr belastet hat. Im stolzen Alter von 83 Jahren wurde er vor seiner Haustür ermordet. Die Aufklärung dieses Mordes spielt eine kleine Nebenrolle in diesem Roman, der aber definitiv kein Krimi ist.

Den von anderen hochgelobten Schreibstil Lees fand ich ausgesprochen anstrengend. Und ich hätte mir eine eher lineare Erzählstruktur gewünscht, die ständigen Zeitsprünge hin und her haben mich irritiert und den Erzählfluss (soweit überhaupt vorhanden) gestört. Vieles wurde weggelassen, anderes zu ausführlich geschildert. Interessante Personen wie die Bordellbesitzerin Bessie Davies und Greens Haushälterin Mrs. Bray tauchen auf, verschwinden dann aber gleich wieder. Die Personen sind für mich nicht zum Leben erwacht, das Schicksal von Green hat mich nicht emotional involviert.

Ich will nicht sagen, dass dieser Roman total schlecht ist, das ist Geschmacksache, da scheiden sich die Geister. Aber für mich war die Lektüre zäh, eine Qual, hin und wieder unterbrochen von Momenten, die mir gefallen haben. Aber was hätte man daraus machen können!



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