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Veröffentlicht am 31.08.2019

Der Dynamit Teufel

Träume von Freiheit - Flammen am Meer
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"Flammen am Meer", so der Untertitel zum Debütroman von Silke Böschen und gleichzeitig der Auftakt einer Trilogie über wahre Schicksale von amerikanischen Frauen in Deutschland.

Dezember 1875 in Bremerhaven.
Die ...

"Flammen am Meer", so der Untertitel zum Debütroman von Silke Böschen und gleichzeitig der Auftakt einer Trilogie über wahre Schicksale von amerikanischen Frauen in Deutschland.

Dezember 1875 in Bremerhaven.
Die "Mosel", ein Auswandererschiff liegt bereit zum Auslaufen im Hafen, als ein lauter Knall ertönt. Die darauffolgende Druckwelle wirbelt Menschen, Tiere und sogar ganze Fuhrwerke durch die Luft. Wer nicht sofort tot ist, wird durch herumfliegene Teile erschlagen oder verletzt. Die Bilanz nach dem Unglück ist verheerend: Mehr als 200 tote oder verletzte Menschen.
Eine davon ist Johanne Clausen. Gemeinsam mit ihrem Mann, der kleinen Tochter und ihrer Familie war sie am Hafen, um ihren Bruder Gustav zu verabschieden, der sich an Bord der Mosel befand. Sie und ihre kleine Tochter Elsie sind die einzigen Überlebenden der gesamten Familie. Der Attentäter ist schnell gefunden. William King Thomas hat sich in seiner Kabine eine Kugel in den Kopf geschossen. Er verstirbt wenige Tage später und hinterlässt seine Frau Cecilia und ihre vier gemeinsamen Kinder. Als Ehefrau des "Dynamit-Teufels" hat sie in Deutschland keine Zukunft mehr und flüchtet unter falschen Namen mit den Kindern nach New York. Dort möchte sie einen Neuanfang wagen, doch die Vergangenheit holt sie auch tausende Kilometer weit entfernt ein....

Silke Böschen hat für ihren Roman die sogenannte "Thomas-Katastrophe" als Ausgangspunkt genommen. Es ist eine Geschichte, die auf einer wahren Begebenheit beruht. In akribischer Recherche hat die Autorin geschickt Fakten und Fiktion miteinander verwoben und einen wunderbaren historischen Roman geschaffen, den man kaum aus der Hand legen kann. Durch die Einbindung realer Personen wird die Geschichte noch authentischer.
Wir lesen abwechselnd aus der Sicht von Johanne und Cecilia. Orts- und Datumsangabe unter der Kapitelüberschrift sind dabei hilfreich. Die beiden Frauen sind sehr unterschiedlich und dennoch verbindet sie diese Katastrophe aus dem Dezember 1875. Während Johanne durch das Unglück einen Teil ihrer rechten Hand verliert und zusätzlich in ihrer Trauer gefangen ist, versucht Cecila sich und die Kinder durchzubringen. Dabei ist ihr ihr Status immer wichtig und sie gibt das Geld, wie sie es gewohnt war, mit vollen Händen aus. Richtig sympathisch ist mir Cecilia nicht geworden, jedoch sind beide sehr starke Frauen, die ihren Weg gehen...komme, was wolle.
Johanne findet lange nicht zurück ins Leben. Einzig ihre kleine Tochter hält sie aufrecht. Durch den Verlust der rechten Hand muss sie wieder schreiben lernen, um ihren Schwiegervater im Kontor zu helfen. Die Arbeit bringt sie auf andere Gedanken, denn die Menschen neiden ihr die finanzielle Unterstützung, die alle Opfer der Katastrophe erhalten. Doch ihre Lieben ersetzt es nicht...
Was im Klappentext angedeutet wird, passiert allerdings spät, denn die beiden Frauen treffen erst im letzten Viertel des Buches aufeinander. Das fand ich schade, denn hier hätte ich gerne eine längere Zeit verweilt.
Am Ende des Romans gibt es einen kleinen Zeitsprung. In einer Art Rückblick der gealterten Johanne erfährt der Leser, wie ihr und Cecilias Leben am Ende ihres Weges ausgesehen hat.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Silke Böschen lässt sich wunderbar lesen. Er ist flüssig und der Zeit angepasst, aber nicht sperrig. Man hat absolut nicht das Gefühl einen Debütroman zu lesen. Die Kapitel sind eher kurz gehalten. Die Charaktere sind ausdrucksstark und facettenreich.
Das wunderschöne Cover ist zusätzlich ein Eyecatcher.

Am Ende des Romans befindet sich nach dem Nachwort ein Personenregister der handelnden Figuren. Dabei erhält man als Leser Einblicke in die historischen Personen und erfährt, was Fakt und was Fantasie ist. Es handelt sich dabei um fast gesamte Lebensläufe, die sich interessant lesen lassen.

Fazit:
Ein bewegender Schicksalsroman, der die Thomas-Katastrophe als Ausgangspunkt für diese komplexe Geschichte über zwei starke Frauencharaktere verwendet. Akribisch recherchiert und großartig umgesetzt. Diesen Debütroman kann ich aus vollem Herzen weiterempfehlen!

Veröffentlicht am 29.08.2019

Erebos ist wieder da

Erebos 2
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Was für eine Hype um dieses Buch! Aber ich muss zugeben, dass ich ihr ebenso verfallen bin, nachdem ich erst vor kurzem den ersten Band gelesen habe. Den fand ich nämlich wirklich richtig gut! Und so habe ...

Was für eine Hype um dieses Buch! Aber ich muss zugeben, dass ich ihr ebenso verfallen bin, nachdem ich erst vor kurzem den ersten Band gelesen habe. Den fand ich nämlich wirklich richtig gut! Und so habe ich auch den Inhalt noch sehr gut in Erinnerung, was wirklich ein Pluspunkt ist. Man sollte auch bei anderen Fortsetzungen die Bücher schnell hintereinander lesen...leider ist das oft nicht möglich bzw. man weiß manchmal gar nicht, dass es noch Nachfolgebände geben wird, wenn man Teil 1 gerade gelesen hat. Und wer hätte gedacht, dass sich Ursula Poznanski nach fast 10 Jahren entscheidet einen zweiten Band zu EREBOS zu schreiben?? Wohl niemand...

Wie schon bei EREBOS wird man auch im zweiten Teil direkt in die Handlung geworfen. Schon bald war ich, wie bereits im ersten Teil, von der Story sofort gefangen. Mittlerweile sind jedoch zehn Jahre vergangen. Nick studiert und hält sich mit seinem Nebenjob als Hochzeits- oder Portraitfotograf über Wasser. Als eines Tages das altbekannte rote E auf seinem Smartphone auftaucht, glaubt er, dass sich jemand einen Scherz mit ihm erlaubt hat. Doch schon bald bemerkt er, dass es die Realität ist und er keine Wahl hat sich dem Spiel zu entziehen. Im Gegensatz zum ersten Teil ist dies nämlich nicht mehr möglich und bringt Nick zeitweise an den Rand der Verzweiflung, weil Erebos bestimmt, wann er zu spielen hat.

Auch der 16jährige Derek findet plötzlich eine neue App auf seinem Handy. Als er das rote E anklickt, erfährt er, dass er ausgewählt wurde in die Welt von Erebos einzutreten. Zu groß ist die Neugierde, um dieser Aussage zu widerstehen und zu sehen, was sich dahinter verbirgt. Derek ist schnell fasziniert vom Rollenspiel und gemeinsam mit ihm tauchen wir wieder in die Welt von Erebos ein.

Diese ist auf dem ersten Blick nur unwesentlich verändert. Doch schon bald bemerkt der Leser, als auch Nick, dass es gravierende Änderungen gibt. Diesmal sieht und hört Erebos alles, kann Stimmen imitieren und andere elektronische Geräte beeinflussen. Wenn die Spieler nicht "spuren", wird schnell zu drastischen Mitteln gegriffen.
Die Spielewelt tritt diesmal etwas mehr in den Hintergrund und lässt der realen Welt mehr Spielraum, in der Nick und Derek wieder Aufgaben lösen müssen. Trotzdem bleibt die Atmosphäre beklemmend und man zerbricht sich wieder genauso den Kopf, was oder wer hinter all dem stecken könnte. Auch einige alte Bekannte werden wir sowohl in der Spiele-, als auch in der realen Welt wiedersehen.

Abwechselnd begleiten wir einmal Nick und einmal Derek, was die Spannung zusätzlich erhöht. Im Strang rund um Derek haben wir ein ähnliches Muster, wie wir es bereits aus dem ersten Band kennen, doch der Fokus ist diesmal ein anderer.
Das Thema hinter dem Spiel fand ich sehr gut gewählt. Die Autorin hat am Ende alle offenen Handlungsstränge zusammengeführt und sogar einige Fragen aus dem ersten Teil beantwortet. Das Motiv für die Aktivierung von Erebos fand ich hingegen nicht ganz überzeugend. Das ist aber diesmal der einzige Kritikpunkt, den ich habe.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Ursula Poznanksi ist auch hier wieder fesselnd. Man wird in die Geschichte genauso hineingesogen, wie bereits beim Vorgänger und kann das Buch nicht aus der Hand legen. Ich bin immer wieder überrascht, wie unterschiedlich Poznanskis Bücher sind, doch bei Erebos hat sie zwei Volltreffer gelandet.

Fazit:
Nicht nur ich war gespannt auf den zweiten Teil, der es folglich schwer hatte an den herausragenden ersten Band anzuschließen. Ursula Poznanski hat jedoch ihre Sache gut gemacht und mit der Fortsetzung wieder ein rasantes und spannendes Jugendbuch vorgelegt, welches überzeugt, auch wenn es nicht ganz an den Vorgänger heranreicht. Das ist aber bereits meckern auf hohem Niveau! Von mir gibt es auch zur Fortsetzung eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 27.08.2019

Glanz und Armut in Berlin der 1920iger

Die schwarze Fee
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Ich liebe historische Krimis, die in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg angesiedelt sind. Alex Beer mit ihren Wien-Krimis ist dabei meine absolute Favoritin. Sicherlich fühle ich mich als Österreicherin ...

Ich liebe historische Krimis, die in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg angesiedelt sind. Alex Beer mit ihren Wien-Krimis ist dabei meine absolute Favoritin. Sicherlich fühle ich mich als Österreicherin auch in Wien mehr zuhause, als in Berlin. Kerstin Ehmer ist ihr Berliner Pendant, auch wenn sich ihre Schreibstile nicht wirklich ähneln, vermitteln beide Autorinnen diese wunderbare düstere Atmosphäre der Nachkriegsjahre. Man hat einfach das Gefühl mittendrin zu sein...

Allerdings hat es auch beim zweiten Band um Kommissar Ariel Spiro wieder einige Zeit gedauert, bis ich in die Handlung gekommen bin und mich an den wundervollen poetischen Schreibstil der Autorin gewöhnt hatte. Doch sobald man sich in der Geschichte verliert, kann man schwer wieder aufhören zu lesen. Zusätzlich hat Kerstin Ehmer viele verschiedene Figuren zu Wort kommen lassen, die abwechselnd aus ihrer Sicht erzählen. Dabei ist Ariel nicht unbedingt der Mittelpunkt. Trotz der erfolgreichen Aufklärung seines letzten Falles zeigen ihm seine Kollegen nach wie vor die kalte Schultern. Neid und Eifersucht schlagen ihm entgegen.
Als zwei tote Männer gefunden werden, ist es an Ariel ihre Identität festzustellen. Doch das gestaltet sich nicht so einfach, denn keiner kennt sie und niemand scheint sie zu vermissen. Bis Ariel auf eine Spur stößt, die ihm endlich etwas weiterhilft, ist es fast zu spät....

Auch Nike spielt im zweiten Teil wieder eine Rolle. Sie studiert Medizin an der berühmten Berliner Charité und widmet sich gemeinsam mit Anton, einen jungen Sozialdemokraten, den Kranken in den Armenvierteln. Doch eines Tages ist Anton verschwunden und Nike meldet Anton bei Ariel als vermisst. Das Wiedersehen der Beiden ist ziemlich verkampft. Die beiden können nicht mehr wirklich miteinander, aber anscheinend auch nicht ohne...

Kerstin Ehmer hat die Stimmung und Atmosphäre des Berlins in den Zwanziger Jahren wieder grandios eingefangen. Die Stadt ist ein Schmelztiegel unterschiedlicher Nationalitäten. Während sich die einen im Tanzklub amüsieren, dem Absynth zusprechen und der Champagner fließt, lebt der Großteil in beengten Hinterhäusern, hungern und sterben wie die Fliegen. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer mehr auseinander. Kerstin Ehmer gelingt es wieder ein äußerst authentisches Bild dieser Zeit zu vermitteln.
Dazu kommt noch die gespaltene Gemeinde der Exilrussen. Während die einen darauf hoffen in ihre alte Heimat zurückzukehren und alles wieder beim Alten sein wird, zerfleischen sich die Gegner des ehemaligen Adels in verschiedenen Widerstandsgruppen.

Die Charaktere sind vielschichtig gezeichnet. Die Frauenfiguren sind starke Persönlichkeiten, wobei ich besonders Helene, Antons Mutter, die aus einem der Hinterhäuser im Wedding kommt, besonders hervorheben möchte. Sie tut wirklich alles für ihre Familie.
Nike hat sich im zweiten Teil vom reichen Töchterchen, dem die Herzen der Männer nur so zufliegen, zum Positiven verändert. Sie ist zwar noch immer DER Männerschwarm, jedoch findet sie im Medizinstudium endlich Erfüllung und setzt sich auch für die Armen ein. Ariels Kollegen fallen hingegen ziemlich negativ auf, vorallem der verantwortungslose Hartmuth Bludau. Und Ariel selbst hat sich nicht wirklich verändert...nur die Fettnäpfchen in die er tritt, werden langsam weniger...

Schreibstil:
Kerstin Ehmers Schreibstil ist wirklich etwas ganz Besonderes. Auch wenn ich wieder anfangs ein bisschen Probleme hatte reinzufinden, liest er sich mit der Zeit wunderbar poetisch und lyrisch-sarkastisch. Die Atmosphäre von Berlin in den Zwanziger Jahren wird grandios eingefangen.Und auch ein bisschen HUmor darf in der Düsternis nicht fehlen.

Fazit:
Nachdem ich doch ein bisschen Zeit benötigt habe, um wieder in den poetischen und atmosphärischen Schreibstil einzutauchen, ist man sehr bald wieder mitten im Geschehen und fasziniert von dem damaligen Schmelztiegel Berlin. Neben der Kriminalgeschichte hat Kerstin Ehmer eine grandiose Milieustudie dieser Zeit vorgelegt und einen atmosphärischen historischen Kriminalroman geschrieben, den ich gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 25.08.2019

Gelungen!

Mordshass
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Mein zweites Buch des Autorenduos Simone Dorra und Ingrid Zellner. Das letzte Mal habe ich den tollen Liebesroman "Kuckuckssohn" gelesen, diesmal ist es ein Krimi...eigentlich DAS Genre, welches die beiden ...

Mein zweites Buch des Autorenduos Simone Dorra und Ingrid Zellner. Das letzte Mal habe ich den tollen Liebesroman "Kuckuckssohn" gelesen, diesmal ist es ein Krimi...eigentlich DAS Genre, welches die beiden Autorinnen für sich beanspruchen. Von Simone Dorra habe ich noch keinen Krimi gelesen, aber Ingrid Zellners "Adlerschanze" hat von mir glatte 5 Sterne bekommen!

In diesem habe ich auch die Bekanntschaft des äußerst sympathischen indischstämmigen Kommissar Surendra Sinha gemacht. Zurzeit verbringt er seine Tage allerdings bei seinen Eltern in Waiblingen, da er wegen interner Ermittlungen in Friedrichshafen beurlaubt ist. Während Sinha praktisch die Zeit totschlägt, finden seine Kollegen der hiesigen Polizei die Leiche einer jungen indischen Studentin am Flussufer. Sie wurde missbraucht und anschließend getötet. Nur kurze Zeit später wird ein weiterer Tote gefunden und diesen findet ausgerechnet Surendra bei seinem Morgenspaziergang. Laut DNA ist es der Mörder der jungen Frau und ein Altbekannter von Sinha: Pierre Meyer. Dieser ist erst vor kurzem aus dem Gefängnis entlassen worden, wo er wegen diverser Verwaltigungsdelikte eingessen hat. Sinha war maßgeblich daran beteiligt, dass er verhaftet wurde und Meyer hat ihm daraufhin Rache geschworen. Nun ist er tot und Sinha wird zum Hauptverdächtigen, denn die tote Studentin lebte im Haus seiner Eltern. Für den Ermittler der Waiblinger Polizei, Malte Jacobsen, ist die Sache klar: Sinha ist der Täter....

Simone Dorra und Ingrid Zellner haben in ihrem ersten gemeinsamen Krimi ihre jeweiligen Ermittler zusammengeführt. Eigentlich wäre es logisch, dass Sinha und Malte zusammenarbeiten und gegenseitig Informationen austauschen, um den Täter schneller zu finden. Jedoch sind sich die beiden Männer von Anfang an nicht wirklich sympathisch. Malte beginnt sich regelrecht in den Fall zu verbeißen und sieht einzig Sinha als Verdächtigen. Für ihn passen die Fakten einfach zusammen. Seine Kollegin Melanie Brendel sieht das ganz anders und versteht ihren Kollegen überhaupt nicht mehr. Dadurch gestalten sich die Ermittlungen schwierig. Durch Maltes Eifersucht und unkollegiale Art behindert er zusätzlich die Nachforschungen. Deswegen begibt sich Melanie alleine auf die Spur der ehemaligen Opfer von Meyer, die er vergewaltigt hat und die überlebt haben. Die Zahl der Frauen ist alles andere als klein und so verspürt man als Leser auch keinerlei Mitleid mit dem Toten - im Gegenteil! Melanie erkennt, dass nach all den Jahren die Opfer noch immer sehr darunter leiden und oftmals verantwortlich für die Tat gemacht wurden. Dies hat tiefe Spuren hinterlassen.
Mit viel Sensibilität sprechen die beiden Autorinnen das Thema Vergewaltigung an. Sie zeigen dabei auch auf, dass auch noch heute oft die Meinung herrscht, Frauen seien mit ihrer "aufreizenden Kleidung" oder durch ausgehen am Abend selbst Schuld daran. Aussagen, die einem sprachlos machen, aber leider die Realität sind.

Dem Privatleben der Ermittler wird viel Raum gegeben, wobei die Krimihandlung aber nicht zu kurz kommt. Trotzdem nahm sie mir teilweise ein bisschen zu viel Platz ein.
Das Ende punktet mit einem klassischen Showdown, dessen Auflösung mich überraschen konnte.

Schreibstil:
Die lebendige und fesselnde Erzählweise der beiden Autorinnen ließ mich auch diesen Krimi wieder in einem Rutsch durchlesen. Die Figuren sind lebendig, vielschichtig und jenseits jeder schwarz-weiß Malerei.
Die Emotionen der drei Kommissare wurden sehr bildhaft beschrieben und ich habe mit jeden von ihnen richtig mitgefühlt. Eigentlich lebt der Krimi neben der Spannung und einigen überraschenden Wendungen vorallem von seinen großartig gezeichneten Protaginisten.

Die wunderbaren Beschreibungen der indischen Köstlichkeiten mit denen Sinhas Mutter ihren Sohn und auch Melanie verwöhnt, ließen mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. So kommt neben dem vorhandenden Lokalkolorit auch ein Hauch von Exotik dazu.
Am Ende des Buches befindet sich ein Glossar mit den Übersetzungen zu den benutzen französischen, schwäbischen und bayrischen Wörtern und Sätzen.

Fazit:
Auch "Mordshass" hat mich wieder überzeugt und ich finde die Idee der beiden Autorinnen ihre jeweiligen Kommissare gemeinsam ermitteln zu lassen richtig gut. Gerne würde ich noch weitere Krimis in diesem Format lesen. Sowohl Ingrid Zellner, als auch Simone Dorra stehen von nun an auf meiner MUST READ Leseliste, wenn es um Krimis geht!

Veröffentlicht am 19.08.2019

Wer die Vergangenheit nicht kennt, versteht auch die Gegenwart nicht

Das Geheimnis der Fjordinsel
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n ihrem neuen Norwegen Roman erzählt Christine Kabus wieder in zwei verschiedenen Handlungssträngen über zwei bzw. drei Frauenschicksale. Diesmal bewegen wir uns aber innerhalb einer Familie, die wir von ...

n ihrem neuen Norwegen Roman erzählt Christine Kabus wieder in zwei verschiedenen Handlungssträngen über zwei bzw. drei Frauenschicksale. Diesmal bewegen wir uns aber innerhalb einer Familie, die wir von den 1920-igern bis in die 1980-iger begleiten.

Zuerst lernen wir in den Achziger Jahren des letzten Jahrhunderts Rike kennen, die als Frau einen Männerberuf ausübt. Sie ist Schlepperkapitän und liebt ihre Tätigkeit in ihrer Heimat Ostfriesland. Ihr Großvater Fiete, bei dem sie aufgewachsen ist, hat sie darin immer unterstützt, denn auch 1980 war es nicht einfach in einer reinen Männerdomäne zu arbeiten. Ihre Mutter Beate hat sich nie um Rike gekümmert und reist in der Weltgeschichte herum. Als Opa Fiete stirbt, hinterlässt er seiner Enkelin das Haus, wo Rike ungeöffenete Briefe von ihrer Großmutter an ihre Mutter findet. Dabei entdeckt sie, dass diese nicht gestorben ist, wie ihr immer erzählt wurde, sondern Ostfriesland verlassen hat und nach Norwegen zurückgekehrt ist. Der letzte Brief ist erst fünf Jahre alt und Rike hat die Hoffnung, dass ihre Großmutter noch lebt. Da ihre Mutter Beate den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen hat, nimmt sich Rike Urlaub und macht sich auf nach Norwegen...

Im Vergangenheitsstrang, der den Großteil des Romans einnimmt und der mir wesentlich besser gefallen hat, treffen wir auf Johanne, die 1926 in der Kleinstadt Horten lebt. Ihr Vater besitzt einen Weinkontor, ihre Mutter ist eine depressive Frau, die sich großteils in ihrem verdunkelten Schlafzimmer aufhält, ihr kleiner Bruder befindet sich in einem Internat und ihre ältere Schwester Dagny zieht demnächst mit ihrem Mann in die Hauptstadt Oslo. Noch ist Johanne's Welt in Ordnung, denn sie bereitet sich auf ihre Hochzeit mit Rolf Falkenstein vor, als ihr Vater im Weinkontor tot aufgefunden wird. Als Gerüchte aufkommen, er hätte Selbstmord begangen und der Kontor werde verkauft, verlässt Rolf Johanne und die Hochzeit wird auf unbestimmte Zeit verschoben bzw. abgeblasen. Doch Johanne gibt nicht so schnell auf. Sie glaubt nicht an Selbstmord, denn sie hat kurz vor dem Tod ihres Vaters, einen Streit mit ihm und einem zwielichtigen Typen beobachtet, der kurze Zeit später an sie herantritt und den Weinkontor einfordert. Johanne versucht alles, um das Familiengeschäft zu retten....

„Wer die Vergangenheit nicht kennt, versteht auch die Gegenwart nicht und ist kaum in der Lage, die Zukunft zu gestalten.“

Abwechselnd wird die Geschichte von Johanne und Rieke erzählt, die sich anfangs durch den Tod eines geliebten Menschen ähneln. Beide Frauen nehmen ihr Leben in die Hand und versuchen Antworten zu finden. Vorallem Johanne hat mich begeistert, die einen gewitzten Ganoven die Stirn bietet und sogar vor Schmuggel zur Zeiten der Prohibitation nicht zurückschreckt. Vorallem diese Sequenzen sind sehr spannend beschrieben und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.
Christine Kabus hat mit viel geschichtlichen Wissen und historischen Eckdaten diese Zeit Norwegens bildhaft dargestellt, genauso wie die wunderschönen Beschreibungen der Natur, die mein Kopfkino richtig in Schwung gebracht haben. Norwegen war schon vor mehr als 20 Jahren ein Traumziel von mir, das ich leider noch immer nicht besucht habe. Umso lieber versinke ich in Bücher, die mir diese wunderbare Landschaft näher bringen. Manchmal verliert sich die Autorin aber noch immer etwas zu sehr in Nebenschauplätzen, die nicht unbedingt zur Handlung beitragen.

Beide Protagonistinnen sind sehr authentisch dargestellt. Man fiebert mit den Frauen mit, wobei mir allerdings im Handlungsstrang der Gegenwart das Ende etwas zu schnell ging. Hier hätte ich statt zwei Liebesgeschichten lieber mehr Informationen über das Zusammentreffen der beiden Frauen erfahren.

Im Großen und Ganzen hat mir aber der neue Norwegenroman der Autorin bis jetzt am Besten von ihren Büchern gefallen. In der Leserunde hat sie uns bereits verraten, dass ihr nächstes Buch eine neue Destination haben wird, die ich unsagbar interessant finde...nämlich Estland.

Schreibstil:
Christine Kabus schreibt teilweise sehr detailreich, aber auch wunderbar flüssig. Ganz besonders liebe ich aber ihre bildhaften Beschreibungen der Landschaft, wie auch die Einbettung politischer und historischer Begebenheiten zu dieser Zeit.
Über den jeweiligen Kapitel sind der Ort, das Datum und der Name der erzählenden Person vermerkt. So weiß man sofort, wo und bei wem man sich befindet.
Zu Beginn befindet sich eine Personenübersicht und eine Karte der Fjorde rund um Horten.

Fazit:
Für mich der bisher beste Roman der Autorin, die besonders mit ihren bildhaften Landschaftsbeschreibungen und dem historischen Anteil glänzt. Der Vergangenheitsstrang gefiel mir sehr gut, der aus der Gegenwart konnte mich nur am Anfang überzeugen. Er nimmt aber auch den kleineren Teil des Romans ein. Wieder ein gelunger Norwegen-Roman der Autorin, der mich sehr gut unterhalten hat.