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Veröffentlicht am 19.10.2021

Auch der elfte band wird nicht langweilig

Die Tote im Kaffeehaus
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Nun sind wir bereits beim elften Band um die Chefredakteurin Sarah Pauli, die diesmal rund um den Kaffeesiederball ermittelt.

Sarah möchte für eine Sonderausgabe des Wiener Boten die Grande Dame der Kaffehausdynastie ...

Nun sind wir bereits beim elften Band um die Chefredakteurin Sarah Pauli, die diesmal rund um den Kaffeesiederball ermittelt.

Sarah möchte für eine Sonderausgabe des Wiener Boten die Grande Dame der Kaffehausdynastie Böhm interviewen, um auf dieses Großereignis einzustimmen. Doch mitten im Gespräch sackt die Interviewpartnerin leblos zusammen. Kurz zuvor hat ihr Marianne Böhm noch eine rätselhafte Botschaft anvertraut. Handelt es sich hier wirklich um einen natürlichen Tod oder hat jemand nachgeholfen?

Die Wiener Kaffeehäuser sind eine Institution, die genauso zu Wien gehören, wie das Wiener Schnitzel und die Sachertorte. Nicht umsonst gibt es auch sehr viele verschiedene Kaffeesorten, die man nur in Wien finden kann. Als Coffeeholic liebe ich diese Vielfalt, auch wenn ich trotzdem meistens einen "Verlängerten" oder eine "Melange" trinke.
Sarah Pauli beginnt nach dem Tod der bekannten alten Dame zu recherchieren. Dabei findet sie doch so einige Dinge über das Umfeld der Familie Böhm heraus, die ihre Neugierde wecken. Der Verdacht verhärtet sich immer mehr, dass die Inhaberin des renommierten Kaffeehauses keines natürlichen Todes gestorben ist. Die 80jährige Grand Dame hatte ihre Café noch fest in der Hand und verweigerte dem Sohn jegliche Modernisierungen und Verantwortungen. Dann gibt es noch den Günstling der alten Dame, den sie sogar adoptieren wollte, weil der Enkel die Familientradition nicht fortzusetzen gedenkt. Auch sonst ist sie eher eine streitbare Frau, die sich nichts gefallen lässt und schon mal schnell aneckt. Dies macht es für Sarah Pauli nicht einfach, denn Verdächtige gibt es genug. Als eines der Kaffeehäuser der Kette, bei dem die Geschäfte nicht so gut laufen, in Flammen aufgeht, liegt Versicherungsbetrug nahe. Kurze Zeit später stirbt auch noch ihr guter Freund Doktor Sedlacek, der Marianne Böhm jeden Tag im Café besuchte. Bei Sarah Pauli läuten daraufhin alle Alarmglocken.

Das private Umfeld um Sarah tritt diesmal etwas mehr in den Hintergrund. Auch das Thema Aberglaube ist nicht so präsent, wie oftmals bei anderen Teilen der Reihe, auch wenn Marianne Böhm täglich aus ihrem Kaffeesud liest und sich bedroht fühlt.

Der Kreis der Verdächtigen ist groß und die Autorin führt den Leser doch einige Male gekonnt in die Irre. Obwohl es sich um einen eher ruhigeren Krimi handelt, habe ich wieder gerne mitgeraten. Beate Maxian hat wieder den Charme von Wien und den Flair der typischen Wiener Cafés gekonnt eingefangen. Mit ihr macht es besonders viel Spaß durch die Wiener Straßen zu flanieren und auch das eine oder andere Unbekannte zu entdecken.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Beate Maxian ist gewohnt flüssig und kurzweilig. Die bildhaften Beschreibungen vermitteln wieder viel Wiener Flair und Lokalkolorit. Die Charaktere sind authentisch und haben Ecken und Kanten. Die Kapitel sind kurz gehalten und datiert.

Fazit:
Ich mag die Krimis rund um Sarah Pauli und das ganz spezielle Flair von Wien, das Beate Maxian immer großartig einfängt. Eine unterhaltsame Reihe mit viel Lokalkolorit, die ich auch nach dem elften Band noch immer gerne lese.

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Veröffentlicht am 17.10.2021

Wo ist Lukas?

Narbenherz
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Nach "Leichenblume" folgt nun der zweite Band rund um die Investigativ Journalistin Heloise Kaldan und Kommissar Erik Schäfer.
Auch diesmal ist der Start in die Geschichte direkt. Im Prolog beobachtet ...

Nach "Leichenblume" folgt nun der zweite Band rund um die Investigativ Journalistin Heloise Kaldan und Kommissar Erik Schäfer.
Auch diesmal ist der Start in die Geschichte direkt. Im Prolog beobachtet ein Unbekannter, wie jemand einen leblosen Körper über ein Brückengeländer hebt und diesen in den Fluss fallen lässt. So ist man von den ersten Seiten an gefeselt und rätselt, was sich hier wohl ereignet hat.

Kurze Zeit später wird der 10jährige Lukas Bjerre vermisst. Heloise befindet sich gerade beim Arzt, als der Gynäkologe einen Anruf von der Polizei erhält, dass sein Sohn spurlos verschwunden ist. Heloises Interesse ist geweckt. Durch ihre Freundin Gerda Bendix, eine Militärpsychologin, kommt sie noch näher an den Fall heran, denn Gerdas Tochter Lulu ist eine Schulkameradin des verschwundenen Lukas. Vor der Schule trifft sie auch auf Erik Schäfer, der im Fall ermittelt....

Nach einem verhältnismäßig ruhigen Einstieg, gewinnt die Handlung im weiteren Verlauf zunehmend an Fahrt. Anne Mette Hancock führt außerdem zu Beginn jede Menge Figuren ein. Man lernt die Eltern des Jungen, einige Lehrer und Erzieher kennen, Eltern von Mitschüler und einem Verkäufer im Supermarkt...
Die Autorin legt gekonnt viele Fährten und gibt jede Menge Raum für Spekulationen. So wächst auch die Zahl der Verdächtigen. Der Polizei hingegen läuft die Zeit davon, denn die meisten Informationen können nur mühsam zusammengetragen werden oder führen ins Leere. Sie treten und bei den winterlichen Temperaturen in Dänemark scheint es unmöglich den Jungen noch lebend zu finden.

In diesem zweiten Band bekommt auch Heloises Privatleben etwas mehr Raum. Sie steht vor einer schweren Entscheidung und weiß nicht, was sie tun soll. Dabei hat sie nicht immer meine Sympathie gewonnen. Auch nach diesem zweiten Band bin ich unschlüssig, ob ich die Journalistin mag oder nicht.
Die Zusammenarbeit zwischen Heloise und Schäfer bleibt eher im Hintergrund, denn eigentlich hätte Schäfer zur Auflösung Heloise nicht wirklich gebraucht. Das Zusammenspiel der beiden hat mir etwas gefehlt, denn beide versuchen eher im Alleingang den Fall zu lösen.
Ein weiteres Thema sind traumatisierte Kriegsheimkehrer, die in Afghanistan stationiert waren.

Die Autorin hat auch in diesem Fall wieder eine nicht alltäglich "Besonderheit" herausgepickt. War es im ersten Band "Amorphophallus titanum", die Leichenblume, die einen sehr speziellen Geruch verströmt, ist es diesmal die "Pareidolie", ein Phänomen in Mustern Gesichter zu erkennen. Das gefällt mir wirklich gut, denn viele Thriller haben nicht mehr viel Neues zu bieten.
Alle Protagonisten wirken durchwegs authentisch. Der Thriller ist kurzweilig und vielschichtig. Die unterschwellige Spannung baut sich immer mehr auf. Das Ende schockiert, ist aber in sich stimmig. Nun bin ich schon auf den dritten Fall gespannt, der am 26. Januar erscheinen wird.


Fazit:
Auch der zweite Band um die Journalistin Heloise Kaldan und Kommissar Erik Schäfer hat mir wieder gut gefallen. Die Autorin setzt gekonnt falsche Fährten und hält damit die Spannung aufrecht. Ebenso hat sie sich auch diesmal wieder einem ungewöhnlichen Thema gewidmet. Ich bin nun schon sehr auf den dritten Band der Reihe gespannt.

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Veröffentlicht am 05.10.2021

Bis zum letzten Tanz

Bis zum letzten Tanz
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Sehr gespannt war ich auf diesen Roman von Katharina Schöndorfer, der in Wien ab 1938 spielt. Gleich zu Beginn erinnert sich im Jahre 2018 die hundertjährige Lotte an ihrem rundem Geburtstag zurück an ...

Sehr gespannt war ich auf diesen Roman von Katharina Schöndorfer, der in Wien ab 1938 spielt. Gleich zu Beginn erinnert sich im Jahre 2018 die hundertjährige Lotte an ihrem rundem Geburtstag zurück an ihre Zeit als junge Frau.
Als Zwanzigjährige Waise kommt Lotte nach Wien, nachdem sie ihr Elternhaus in Oberösterreich verlassen musste. Nach dem Tod der Eltern muss sie Geld verdienen und folgt ihrer Freundin und Nachbarin Gisi in die Bundeshauptstadt. Der Hunger ist ihr ständiger Begleiter. Dank des Apfelstrudel Geheimrezeptes ihrer Mutter findet sie schlussendlich im Café Schwarz eine Anstellung. Im Café bekommt sie neben ihrem Lohn auch etwas zu Essen. Doch die Arbeit ist hart und die Chefin schikaniert sie, wo sie nur kann. Lotte verliebt sich unwissentlich in ihren Sohn Erich und die Beiden kommen sich näher. Doch die junge Liebe dauert nur kurz, denn Erich wird eingezogen. Fast zeitgleich verschwindet auch ihre beste Freundin Gisi. Während die Jahre vergehen, gibt es weder ein Lebenszeichen von Erich, noch von Gisi. Die Lebensmittel werden in der Stadt immer weniger und so entschließt sich Lotte nach Hause nach Oberösterreich zu fahren und bei den Nachbarn und Bauern Lebensmittel einzukaufen oder zu tauschen. Dabei lernt sie den GI Richard kennen, der ihr neuen Lebensmut schenkt. Die Beiden verlieben sich ineinander....

Lotte kam mir zu Beginn wirklich sehr naiv vor. Sicherlich war es damals etwas komplett anderes, plötzlich vom Land in die Hauptstadt Österreichs zu ziehen -noch dazu mutterseelenallein. Doch gerade in der Stadt merkt man doch viel schneller, wie sich politisch alles entwickelt und die Veränderungen vonstatten gehen. So richtig konnte ich keine Beziehung zu Lotte aufbauen, obwohl sie von der Autorin sehr gut gezeichnet wurde. Erst im letzten Drittel, als sie durch die schlimmen Nachkriegsjahre zu einer bewundersnwerten Stärke fand, bekam ich besseren Zugang zu ihr. Lottes Zerissenheit, ihre Einsam- und Traurigkeit konnte ich sehr gut nachvollziehen.

Die einzelnen Figuren, vorallem die Nebencharaktere, sind sehr lebendig dargestellt. Frau Schwarz, die Rosenblums, die Besucher des Cafés und Evi habe ich alle bildhaft vor mir gesehen. Auch unsere Bundeshauptstadt hatte ich immer vor Augen und begleitete Lotte durch den 1. Bezirk.

Hungrig sollte man bei dieser Lektüre ebenfalls nicht sein. Nicht, weil man dauernd vom Essen liest...dass auch, aber vorallem weil man ständig vorgesetzt bekommt, wie der Hunger an Lotte nagt. Man durchlebt mit ihr die Kriegsjahre, die tiefe Spuren an den Menschen hinterlassen. Der tägliche Überlebenskamp der Frauen während des Krieges wird sehr lebendig dargestellt. Viel öfter liest man von den Männern und was sie alles furchtbares an der Front erlebt haben, aber wie die Frauen während der Bombennächte und den schrecklichen Hungerwintern überleben mussten, davon liest man viel zu wenig. Katharina Schöndorfer hat die Folgen, die der Krieg und die Gefangenschaft mit sich gebracht haben, ebenfalls thematisiert und sehr ausdrucksstark dargestellt. Deshalb verstand ich umso weniger, dass sich Lotte so überhaupt nicht für die Politik interessierte bzw. sich nicht informierte.

Was ich sehr spannend fand war, dass man endlich auch einmal zu lesen bekommt, wie diejeningen in Österreich, die der russischen Besatzungszone unterstellt waren, zu leiden hatten. Ich habe noch heute die Worte meiner Großmutter im Ohr, die immer wieder betonte, wie grausam die Russen waren...nur zu den Kindern waren sie freundlich und nett. Katharina Schöndorfer greift dieses Thema auf und erzählt wie schutzlos, vorallem die Frauen, vor ihnen waren.
Das Ende hat die Autorin gut gewählt. Es lässt mich allerdings auch nachdenklich zurück. Unwillkürlich stellt man sich die Frage, ob die Entscheidungen, die man trifft, immer die Richtigen waren und was gewesen wäre, hätte man eine andere getroffen....

Am Ende gibt es wieder den Zeitsprung ins Jahr 2018. Ich habe mir danach den Prolog nochmals durchgelesen, um ein vollständiges Bild zu bekommen.

Fazit:
Ein Roman, der den täglichen Überlebenskamp der Frauen während des Krieges und in der Nachkriegszeit widerspiegelt, eingebettet in die Kulisse Wiens. Eine Geschichte, die nachdenklich macht und mich trotzdem gut unterhalten hat.

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Veröffentlicht am 29.09.2021

Warmherzige Kurzgeschichte mit exotischem Setting

Das Parfum der Liebe
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Hanna Caspian's Reihe um "Gut Greifenau" hat mich und viele andere Leser begeistert und gehört zu meinen absoluten Lieblingsreihen überhaupt. Die Autorin ist eine von sechs, die im Rahmen der Reihe "Sehnsuchtsmomente" ...

Hanna Caspian's Reihe um "Gut Greifenau" hat mich und viele andere Leser begeistert und gehört zu meinen absoluten Lieblingsreihen überhaupt. Die Autorin ist eine von sechs, die im Rahmen der Reihe "Sehnsuchtsmomente" im Knaur Verlag eine Kurzgeschichte veröffentlich haben.

In diesem schmalen Büchlein reisen wir im Jahr 1904 nach Ecuador. Viola ist nach ihrer geplatzen Verlobung gemeinsam mit ihrem Onkel Nepomuk nach Südamerika "geflüchtet". Sie ist die perfekte Begleitung für seine naturwissenschaftlichen Erkundigungen, die ihn als Apotheker nach Ecuador geführt haben. Viola spricht drei Fremdsprachen, interessiert sich für die Pflanzenheilkunde und zeichnet außerdem sehr gut. Sie soll seine Funde zeichnerisch festhalten. In der Hacienda, wo sie abgestiegen sind, lernt sie den Parfumhersteller Adrian de Vries kennen. Durch ein Missgeschick zerstört Viola eine seiner kostbaren Phiolen und die beiden geraten in einen schlimmen Streit. Doch bei der ersten gemeinsamen Expedition im Dschungel ist Adrian mehr als überrascht von der toughen jungen Frau. Die beiden nähern sich immer mehr an, doch Adrian hütet ein Geheimnis...

Der Schreibstil von Hanna Caspian ist wie immer bildhaft und lebendig. Sie hat die Atmosphäre der damaligen Zeit wunderbar eingefangen. Die exotische und von der Autorin bildhaft beschriebene Landschaft hat mich sehr schnell verzaubert. Ich hatte die vielen bunten Blüten und Blumen vor Augen und hatte ein Potpourri von Düften in der Nase. Auch die Figuren sind sehr lebendig gezeichnet. Viola ist eine blitzgescheite junge Frau, die im Laufe ihres Aufenthaltes feststellt, dass sie unabhängig sein und gerne studieren möchte. Ihr Onkel ist ein sehr sympathischer und weiser Mann mit einem großen Herzen. Adrian war mir anfangs nicht so sympathisch, aber mit der Zeit lernt man ihn besser kennen und blickt auch in sein Herz. Seine Zerissenheit wird gut dargestellt. Florence ist eine eingebildete junge Frau, die sich für den Nabel der Welt hält. Sie ist grausam ihrer Bediensteten gegenüber und scheint auch sonst ein Herz aus Stein zu haben. So sind einige der Figuren etwas sehr schwarz-weiß dargestellt, jedoch tut dies der Geschichte keinen Abbruch.

Dass Kurzgeschichten leider nicht so sehr in die Tiefe gehen können ist hingegen ein Grund, warum ich diese sehr selten lese. Dass ich diesen Monat gleich zwei davon gelesen habe, ist daher sehr ungewöhnlich. Mir hat "Das Parfum der Liebe" schöne Lesestunden beschert und neben all den Wälzern, die ich zur Zeit lese ist ein dünnes Büchlein allmal eine nette Abwechlung.

Fazit:
Eine warmherzige und duftige Kurzgeschichte mit exotischem Setting, die mir schöne Lesestunden beschert hat. Hanna Caspian kann auch Novellen, auch wenn ich ihre dickeren Bücher bevorzuge.

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Veröffentlicht am 19.09.2021

Schatten der Vergangenheit

Wenn die Schatten sterben
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"Wenn die Schatten sterben" von Christof Gasser hat mit seinen üblichen Krimis nur unwesentlich zu tun. Umso mehr habe ich mich gefreut einen "alten Bekannten" anzutreffen und zwar Dominik Dornach, der ...

"Wenn die Schatten sterben" von Christof Gasser hat mit seinen üblichen Krimis nur unwesentlich zu tun. Umso mehr habe ich mich gefreut einen "alten Bekannten" anzutreffen und zwar Dominik Dornach, der Kommissar aus seinen Solothurn Krimis. "Wenn die Schatten sterben" spielt ungefähr 10 Jahre vor dem Start der Dominik Dornach Reihe und wird außerdem auf zwei Zeitebenen erzählt. Dazu gibt es einen ganz speziellen Blick auf die Schweiz in der Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges. Dabei erfährt der Leser, dass sich die neutrale Schweiz alles andere als neutral verhalten und mit Hitler Deutschland paktiert hat.

Der Krimi beginnt aber in der Gegenwart. Rebecca Kolberg reist mit ihrem zehnjährigen Sohn Adrian von Kiel nach Solothurn, wo sich der herrschaftliche Familiensitz der "von Colbergs" befindet. Rebecca hat nach dem Unfalltod ihres Mannes Jan vor in der Schweiz zu bleiben und das Anwesen zu restaurieren. Bei den Renovierungsarbeiten wird im Keller eine eingemauerte weibliche Leiche gefunden. Die Frau wurde Anfang der 40iger Jahren erschossen. Rebecca möchte unbedingt wissen, wer im Keller ermordet wurde. Ihr neuer Nachbar, Dominik Dornbach, der bei der Solothurner Polizei arbeitet, erklärt ihr jedoch, dass in der Schweiz Mord nach 30 Jahren verjährt und es keine polizeiliche Untersuchtung geben wird. Becky will jedoch unbedingt wissen, was damals passiert ist, und sticht damit in ein Wespennest, denn auch noch heute gibt es Menschen, die nicht mit der (Nazi-)Vergangenheit ihrer Familie konfrontiert werden möchten und alles dafür tun...

In der Vergangenheit lernen wir die sympathische und temperamentvolle Emma Kummer kennen. Sie interessiert sich - im Gegensatz zu den meisten anderen jungen Frauen - für Politik. Dabei hält sie sich mit ihrer Meinung auch nicht wirklich zurück, was zu dieser Zeit nicht gerne gesehen wird. Emma arbeitet in der Waffenfabrik von Beckys Großvater, Freiherr von Colberg, einem gebürtigen Deutschen. Durch Toni Wyler, in den sie heimlich verliebt ist, erfährt sie mehr über eine angebliche Verbindung von Schweizern zu den Nationalsozialisten. Gemeinsam mit ihm und seinen Freunden beginnt sie sich für die Schweizer Heimat eninzusetzen und sieht sich einem Netz von Verrat, Hetze und Antisemitismus gegenüber, dem es zu bekämpfen gilt. Doch dann verschwindet ihre beste Freundin Rosemarie plötzlich....

Die Charaktere hat Christof Gasser wieder vielschichtig angelegt und glaubwürdig gezeichnet. Sie sind authentisch und facettenreich. Man kann sich als Leser in die Figuren hineinversetzen und ich lernte auch so einige interessante neue Seiten eines jüngeren Dominik Dornach kennen. Einzig mit Becky wurde ich nicht ganz warm.

Was ich bei historischen Romanen auf zwei Zeitebenen immer wieder feststelle ist, dass mir der Vergangheitsstramg fast immer viel besser gefällt, als der aus der Gegenwart. Auch hier ist das so.
Die Geschichte um Emma fand ich spannend und vorallem sehr aufschlussreich. Die tiefe Verstrickung der Schweiz in die nationalsozialistischen Machenchaften waren mir kaum bekannt. Ich weiß zwar, dass viel Nazigeld und Kunstgegebstände, die sich in ehemals jüdischem Besitz befanden in die Schweiz wanderten, aber dass es auch viele Hitler Anhänger gab, war mir nicht wirklich bekannt.

Der Gegenwartsstrang konnte mich allerdings nicht gänzlich überzeugen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich Becky nicht wirklich sympathisch fand. Manche ihrer Handlungen konnte ich ebenfalls nicht nachvollziehen.

Der Spannungsaufbau ist top und der Twist am Ende absolut gelungen. Die Auflösung des Krimis ist logisch und hat mich überzeugt, wie es der Autor in jedem seiner Krimis, die ich bisher von ihm gelesen habe, geschafft hat.

Fazit:
Ein atmosphärischer und sehr gelungener Krimi auf zwei Zeitebenen, der mich nicht nur mit den historischen Begebenheiten überraschte, sondern auch mit dem unerwarteten Ende. Ein Lesevergnügen!

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