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Veröffentlicht am 15.12.2017

Über einen amerikanischen Traum

Rocket Boys. Roman einer Jugend.
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Eine Autobiografie, die jeden, ob jung oder alt, männlich oder weiblich, physikbegeistert oder nicht, faszinieren wird und, um es mit Elke Heidenreichs Worten auf dem Cover zu sagen, die Lesefreude in ...

Eine Autobiografie, die jeden, ob jung oder alt, männlich oder weiblich, physikbegeistert oder nicht, faszinieren wird und, um es mit Elke Heidenreichs Worten auf dem Cover zu sagen, die Lesefreude in den Himmel schießt.
Der Autor und Ich-Erzähler Homer (genannt Sonny) wächst in der Bergarbeiterstadt Coal Wood/West Virginia auf. Sein Vater ist Zechenleiter und Bergmann durch und durch, seine Mutter hasst den Bergbau. Sonny ist 14 Jahre alt, als die Russen 1957 den ersten Weltraumsatelliten Sputnik über die Stadt fliegen lassen, was sein ganzes künftiges Leben bestimmen wird. Orientiert an dem ihm zum Vorbild werdenden Raketeningenieur Wernher von Braun setzt Sonny seinen ganzen Ehrgeiz ein, um in Theorie und Praxis zu lernen, wie er und einige Freunde, die einen Raketenclub gründen, eine Rakete bauen können. Während seine Mutter ihn anspornt, damit er seinem Vater, der auch die Zukunft seines Sohnes auf der Zeche sieht, beweist, dass er jenseits des Bergbaus etwas kann, hat sein Vater kein Interesse oder gar Lob für ihn übrig. Während die erste selbst gebaute Rakete noch den Gartenzaun der Familie Hickam in die Luft sprengt, perfektionieren die Jungs nach und nach ihre Raketen, bis ihre 31. nach drei Jahren schließlich einige tausend Meter hoch fliegt.
Die Geschichte gibt einige Jugendjahre des Autors wider. Es ist aber nicht nur seine Geschichte, und es geht auch nicht nur um Raketen. Es geht um mannigfaltige Beziehungen – die zu Freunden, zu Lehrern, zu Brüdern, Eltern, Nachbarn. Auch die vom Niedergang betroffene Bergarbeiterstadt nimmt eine wichtige Rolle ein. So viel Interessantes über den amerikanischen Steinkohleabbau ist zu erfahren. Die Romanfiguren sind recht vielschichtig – die ehrgeizigen Raketenjungen, harte Footballspieler, Familien mit Problemen, profitorientierte Bergwerksgesellschafter, ganz gewöhnliche Bürger. Über Sonnys Raketenbau finden sie zusammen. Beeindruckt hat mich am meisten, wie sich die Jungs zu einer Zeit, als „googeln“ noch nicht möglich war, alles notwendige technische Wissen selbst beigebracht und sie es mit einfachen Mitteln in die Tat umgesetzt haben. Der Epilog gibt einen kurzen, schönen Ausblick auf Homers weitere Lebensjahrzehnte. Mein Fazit des Buches ist, dass sich für Jugendliche mit Ehrgeiz, harter Arbeit und Träumen ein Leben jenseits der an sich für sie vorgesehenen Pfade verwirklichen lässt.

Veröffentlicht am 26.11.2017

Über den Zweiten Weltkrieg und Konzentrationslager in Polen

Karolinas Töchter
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Verliert die Holocaust-Überlebende Lena ein zweites Mal ihre Freiheit? Wenn es nach ihrem Sohn geht, ja. Denn er will seine Mutter entmündigen und in einem Heim unterbringen lassen, nachdem sie sich von ...

Verliert die Holocaust-Überlebende Lena ein zweites Mal ihre Freiheit? Wenn es nach ihrem Sohn geht, ja. Denn er will seine Mutter entmündigen und in einem Heim unterbringen lassen, nachdem sie sich von Chicago aus 70 Jahre nach Ende des Holocausts mit Hilfe einer Rechtsanwältin und eines Privatermittlers auf die Suche nach zwei Babys macht, die sie 1943 in Polen auf dem Weg in ein Konzentrationslager aus dem fahrenden Zug geworfen hat, um sie vor dem sicheren Tod zu retten. Es gibt Anzeichen, dass Lena diesbezüglich unter Wahnvorstellungen leidet. Während in einem Handlungsstrang Lena ihrer an sie glaubenden Rechtsanwältin in aufeinanderfolgenden Gesprächssitzungen ihre Lebens- und Leidensgeschichte als Jüdin in Polen unter den Nazis erzählt und der Privatermittler Beweise aufspürt, die ihre Version stützen, liegt in einem zweiten Handlungsstrang der Fokus auf dem gerichtlichen Verfahren der Entmündigung Lenas.
Wer historische, im Dritten Reich angesiedelte Romane mag, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen. Gut recherchiert und sehr realistisch stellt der Autor die Geschichte des Zweiten Weltkriegs in Polen, in der Stadt Chrzanów und in den Konzentrationslagern Groß-Rosen und Auschwitz dar, und zwar anhand der fiktiven Protagonistin Jüdin Lena. Ergebnis ist eine sehr berührende Lebensgeschichte einer den Holocaust Überlebenden, die alle Schrecken der damaligen Zeit durchlebt hat. Zu Recht stellt sich Lena wiederholt die Frage, wie Gott so etwas zulassen konnte. Die Geschichte geht so zu Herzen, dass ich das Buch entgegen meiner sonstigen Gepflogenheiten nur mit längeren Pausen lesen konnte. Erbauend war dabei zu lesen, wie viel Hilfe bei ihrem Überlebenskampf Lena von Dritten zu Teil wurde. Das Buch ist ein guter Beitrag, um die Erinnerung an das furchtbarste Kapitel deutscher Geschichte wachzuhalten. Interessant ist auch der juristische Nebenschauplatz, dem anzumerken ist, dass der Autor von Haus aus Rechtsanwalt ist. Gelungen ist der Einbau einer Überraschung betreffend die im Buchtitel erwähnten Töchter.
Von mir erhält das Buch eine absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 26.11.2017

Schnelle Rezepte für Kuchen, Torten, Kekse u.ä.

Einfach backen
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Das Buch hält, was sein Titel verspricht. Auf 203 Seiten verrät uns die Autorin, Konditormeisterin, ihre besten Rezepte und Backgeheimnisse. Das Buch ist übersichtlich gegliedert in eine kurze Einleitung ...

Das Buch hält, was sein Titel verspricht. Auf 203 Seiten verrät uns die Autorin, Konditormeisterin, ihre besten Rezepte und Backgeheimnisse. Das Buch ist übersichtlich gegliedert in eine kurze Einleitung zur Person der Autorin, Tipps und Tricks beim Backen, Beschreibung von Backzubehör, Rezeptteil, Register und ein kleines Glossar, für das ich als aus Deutschland kommende Leserin besonders dankbar bin, weil ich ansonsten nicht gewusst hätte, das etwa Staubzucker Puderzucker und Topfen Quark ist. Der eigentliche Rezeptteil ist geordnet in Sonntagskuchen, Kaffeeklatsch-Gebäck, Cupcakes & Muffins, Backspass für Kinder, Backen wie früher, Montagskuchen und Backen quer durchs Jahr. Da die Autorin Österreicherin ist, sind natürlich auch landestypische Klassiker wie Sachertorte, Herrenkuchen oder Marillenschnitten vertreten. Man muss das Buch einfach einmal durchblättern und sich von den großformatigen Fotos inspirieren lassen. Finden lässt sich ganz sicher ein Rezept zum Nachbacken(und vielleicht zum leichten Variieren). Keinesfalls darf man anschließend niedergeschlagen sein, wenn das eigene Werk nicht den sehr perfekten bildnerischen Darstellungen entspricht. Sie machen eben deutlich, dass wie es in der Einleitung heißt, die Autorin es am meisten liebt, Torten in kleine Kunstwerke zu verwandeln. Die Rezepte sind wie allgemein üblich in eine Zutatenliste und eine genaue Zubereitungsanleitung unterteilt, ergänzt durch nützliche Meistertipps. Angaben zur Zubereitungsdauer fehlen allerdings. Einige Rezepte habe ich bereits nachgebacken und war zufrieden mit dem Resultat. Die optische Gestaltung des Buches ist liebevoll und gelungen. Der robuste, feste Einband ohne Schutzumschlag ist küchengeeignet.
Ein schönes Buch für kleine und große Bäcker.

Veröffentlicht am 02.11.2017

Nicht nur für Eishockey-Fans lesenswert

Kleine Stadt der großen Träume
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Schon mit dem ersten Satz ist der Grundstein für eine spannende Geschichte gelegt. Sie beginnt damit, dass ein Teenager mit einer Schrotflinte in den Wald geht, sie gegen einen anderen Menschen richtet ...

Schon mit dem ersten Satz ist der Grundstein für eine spannende Geschichte gelegt. Sie beginnt damit, dass ein Teenager mit einer Schrotflinte in den Wald geht, sie gegen einen anderen Menschen richtet und abdrückt. Wie ist es dazu gekommen? Zunächst allerdings geht es über die ersten zwei Fünftel um die fast schon fanatische Eishockeyleidenschaft, die die Bewohner der kleinen, hinter dunklen Wäldern gelegenen schwedischen Stadt Björnstadt, die keine wirtschaftliche Zukunft hat und wo jeder jeden kennt, regiert. Alles rund um den Sport wird so lebendig beschrieben, dass sich der Leser gleichsam selber als Teil eines Spiels sieht. Alle Hoffnungen werden auf die Junioreneishockeymannschaft mit ihrem Starspieler gesetzt, deren Sieg in einem wichtigen Spiel die Stadt wieder aufwärtsbringen soll. Dann aber ändert eine Nacht alles. Ein Vorfall bewegt die Menschen, die immer zusammengehalten haben, dazu, Farbe zu bekennen und Position zu beziehen. Plötzlich sind die Björnstädter nicht mehr sicher - sollen Eishockey und die Spieler zuerst kommen? Von da an stehen dann auch die Menschen aus dem Ort im Vordergrund. Es werden kontinuierlich neue Figuren eingeführt. Jeder ist in irgendeiner Wise mit den anderen verwoben - die jungen und ehemals aktiven Hockeyspieler, die jetzigen und früheren Trainer, ihre Eltern, die Sponsoren und Kommunalpolitiker. Jeder von ihnen trägt eine Last mit sich und kämpft gegen Dämone. Backman ist es gelungen, eine komplexe, zum Nachdenken anregende Geschichte über Verantwortung, Freundschaft und die Last der Elternschaft zu schreiben. Das Buch liest sich nicht unbedingt leicht.

Veröffentlicht am 25.10.2017

Menschen und Bäume entwurzelt man nicht

Betrunkene Bäume
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Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel neues Sachwissen sich aus einem Unterhaltungsroman ziehen lässt. So auch bei dem vorliegenden Buch, dessen ungewöhnlicher Titel Bezug nimmt auf ein mir bis dato ...

Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel neues Sachwissen sich aus einem Unterhaltungsroman ziehen lässt. So auch bei dem vorliegenden Buch, dessen ungewöhnlicher Titel Bezug nimmt auf ein mir bis dato unbekanntes Naturphänomen, dessen Erforschung sich der inzwischen über achtzigjährige Protagonist Erich zeitlebens verschrieben hat. Als junger Wissenschaftler reist er aus der DDR für Forschungszwecke in die sibirische Taiga, wo er in seinem russischen Assistenten Wolodja einen Freund und in Dascha die Liebe seines Lebens findet. Dascha folgt Erich später in dessen Heimat und wird seine Frau. Im Alter steht er dennoch alleine da, obwohl Dascha nicht vorverstorben ist, und kämpft zusehends gegen seine Altersgebrechen. Geblieben ist ihm seine Liebe zu Bäumen, die er in seiner Plattenbauwohnung züchtet. Als er die Ausreißerin Katharina kennenlernt, deren Vater die Familie verlassen hat, um in Sibirien zu arbeiten, sieht er eine Chance, frühere Fehler wieder gutzumachen.
Das Buch zu lesen lohnt sich wirklich. Anders als man aufgrund des vorderen Klappentextes meinen könnte, ist es nicht vorrangig ein Buch über eine Freundschaft zwischen Alt und Jung (Erich und Katharina). Sie verbindet eher eine Zweckgemeinschaft. Vielmehr dominiert das Thema Liebe, und zwar zur Natur in Gestalt von Erichs Bäumen und zu anderen Menschen (Dascha). Viel Raum nimmt auch die Darstellung des Prozesses der Alterung ein, ohne allerdings traurig zu stimmen, stemmt sich Erich doch auf durchaus humorvolle Weise dagegen, z.B. indem er sich listig seiner Pflegekräfte entledigt. Auflockernd wirkt der Erzählfluss, indem im Wechsel Geschehnisse in Sibirien Jahrzehnte zuvor und in der Gegenwart geschildert werden. Wolodjas Vergangenheit, seine Verbindung zu Erich, der Gang ihrer Beziehung zur selben Frau – alles kommt zunächst bruchstückhaft zu Tage und fügt sich erst später zu einem Ganzen. Die Sprache ist recht poetisch und bildhaft. Das unwirtliche Sibirien hat man gut vor Augen und erhält einen lehrreichen Eindruck über die dortige Natur und ihre Menschen, die in Jurten oder gar wie zeitweise Wolodja in den berüchtigten Arbeitslagern hausen.