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Veröffentlicht am 19.02.2018

Bürgerkrieg mit Kinderaugen sehen

Ich bin das Mädchen aus Aleppo
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Das autobiografische Jugendbuch „Ich bin das Mädchen aus Aleppo“ von Bana Alabed ist 2018 im Bastei Lübbe Verlag erschienen und beschäftigt sich mit dem Mädchen Bana und ihrer Familie im Bürgerkriegsland ...

Das autobiografische Jugendbuch „Ich bin das Mädchen aus Aleppo“ von Bana Alabed ist 2018 im Bastei Lübbe Verlag erschienen und beschäftigt sich mit dem Mädchen Bana und ihrer Familie im Bürgerkriegsland Syrien.
Aus dir Sicht eines Kindes erfahren die LeserInnen von den Grausamkeiten des Krieges in Syrien, der seit fast sieben Jahren Menschenleben fordert und Kindheiten zerstört. Aus einer einst friedlichen Demonstration gegen das Assad Regime, ist ein grausamer Bürgerkrieg entstanden, von dem wir „im Westen“ meist erst im Zuge der „Flüchtlingskrise“ 2015 erfahren haben. Bana ist selbst als Flüchtling 2016 von Syrien in die Türkei gekommen, doch im Buch erzählt sie größtenteils von den Bombenangriffen, von dem Verlust des eigenen Hauses, von der Wasserbeschaffung und vom Tod ihrer besten Freundin.
Als Mutter haben mich vor allem die Abschnitte aus der Sicht von Banas Mutter zutiefst berührt, die liebevolle Briefe an ihre Tochter verfasst hat. Wie muss es sich anfühlen, seine Familie nicht beschützen zu können? Wie muss es sich anfühlen, wenn den eigenen Kindern die Unbeschwertheit der Kindheit gestohlen wird? Wie muss es sich anfühlen, nicht zu wissen, ob man seine Kinder ernähren kann und ob die eigene Familie den Luftangriff überlebt? Bana hat aus dem Kriegsgebiet mit Hilfe ihrer Mutter und ihres IPads Twitter-Nachrichten mit der Welt geteilt. Erinnerungsrufe an die Welt, Syrien nicht zu vergessen.
"Ich bin das Mädchen aus Aleppo" hat mir aber auch gezeigt, wie unterschiedlich unsere Kulturen sind. So nennt Banas Mutter beispielsweise den Koran in ihrer Handtasche, ihren größten Schatz, den sie beim Bombenangriff aus der Wohnung rettet. In meiner Handtasche würde sich niemals eine Bibel finden. Schockiert hat mich auch, dass Banas Eltern eine arrangierte Ehe führen, obwohl beide Elternteile studieren und zur gebildeteten Schicht gehören.
Mich hat Banas Geschichte, allen Lügenvorwürfen zum Trotz, zutiefst berührt. Denn Bana gibt den vielen Kindern in Aleppo, in Syrien, ja in jedem Kriegsgebiet der Welt eine Stimme und ein Gesicht. Lasst uns diese Kinder nicht vergessen!

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Veröffentlicht am 18.02.2018

Leidenschaft und Kunst

Das Geheimnis der Muse
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Der Roman „Das Geheimnis der Muse“ von Jessie Burton wird 2018 im Insel Verlag erscheinen.
Im London der Swinging Sixties, genauer gesagt im Jahr 1967, ergattert die angehende Schriftstellerin Odelle einen ...

Der Roman „Das Geheimnis der Muse“ von Jessie Burton wird 2018 im Insel Verlag erscheinen.
Im London der Swinging Sixties, genauer gesagt im Jahr 1967, ergattert die angehende Schriftstellerin Odelle einen Job in der renommierten Kunstgalerie Skelton. Ein geheimnisvolles Gemälde, das seit dem Spanischen Bürgerkrieg als verschwunden galt, verbindet Odelle mit der jungen Malerin Olive, die im Jahr 1936 auf den Künstler des Gemäldes, Isaac Robles, traf.
Jessie Burton hat es mit einem fabelhaften Schreibstil geschafft, das schillernde London der Sechziger und das schwülheiße Andalusien der Dreißiger zu verbinden. Beim Lesen konnte ich mich in die swingenden Sixties träumen und habe mir fast den Schweiß von der Stirn gewischt, als ich von der Hitze der Revolution in Spanien gelesen habe. Mit welcher Figur ich mich besser identifizieren konnte, ist schwer zu entscheiden. Ich glaube aber, dass Olive mir mehr zugesagt hat, ich mich jedoch für das schillernde London der 60er Jahre entscheiden würde: die Carnaby Street, kurze Röcke und die Beatles.
Ein tolles Leseerlebnis, das Leidenschaft und Kunst perfekt verbindet und mit der malerischen Sprache und der fesselnden Atmosphäre eine wirklich kurzweilige Lektüre darstellt: Mit „Das Geheimnis der Muse“ kann der nächste Sommer kommen und wer weiß, vielleicht fühlt man sich beim Lesen im Sommer noch mehr in das schwülheiße Andalusien versetzt, in dem Schweißtropfen auf spanische Fliesen tropfen und ein Hauch von Revolution in der Luft liegt.

Veröffentlicht am 09.02.2018

Die Suche nach dem eigenen Ich

Eine Insel zwischen Himmel und Meer
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Das Buch „Eine Insel zwischen Himmel und Meer“ von Lauren Wolk hat mich sehr berührt, da es aufzeigt, dass Familie dort ist, wo das Herz ist.
Crow wurde als Baby in einem kleinen Boot an den Strand gespült ...

Das Buch „Eine Insel zwischen Himmel und Meer“ von Lauren Wolk hat mich sehr berührt, da es aufzeigt, dass Familie dort ist, wo das Herz ist.
Crow wurde als Baby in einem kleinen Boot an den Strand gespült und bisher ihr ganzes Leben auf einer winzigen Insel verbracht. Der einzige Bewohner der Elisabeth-Insel vor der Küste Massachusetts, Osh, hat sie damals gerettet. An der Erziehung hat sich nur Miss Maggie beteiligt, da alle anderen Menschen sich von Crow fernhalten. Natürlich möchte Crow wissen, woher sie kommt und warum man sie damals in einem lecken Boot ausgesetzt hat. Eines Nachts brennt es auf einer vermeintlich unbewohnten Insel und Crow scheint nach und nach auf das Rätsel ihrer Herkunft zu stoßen.
Eigentlich ein Roman für Jugendliche, hat „Eine Insel zwischen Himmel und Meer“ auch mich als Erwachsene begeistert. Da Crows Identitäts-Suche so authentisch ist, dass sie beim Lesen einfach mitreißt. Lauren Wolk hat manche Fragen gekonnt unbeantwortet gelassen und doch Stück für Stück mehr über Crows Vergangenheit enthüllt. Ich hätte mir nur gewünscht, dass auch Osh und Miss Maggie noch eine Vergangenheit erzählt hätten, da sie mir im Laufe des Buches sehr ans Herz gewachsen sind.

Veröffentlicht am 06.02.2018

Eiskalte Nordsee-Spannung

Eisige Flut
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Der Nordsee-Krimi „Eisige Flut“ von Nina Ohlandt ist 2018 im Verlag Bastei Lübbe erschienen und ein weiterer Fall rund um Kommissar John Benthien.
In Nordfriesland geht ein Serienmörder um, der seine ...

Der Nordsee-Krimi „Eisige Flut“ von Nina Ohlandt ist 2018 im Verlag Bastei Lübbe erschienen und ein weiterer Fall rund um Kommissar John Benthien.
In Nordfriesland geht ein Serienmörder um, der seine Opfer als „Eisstatuen“ inszeniert. Kommissar John Benthien hat alle Hände voll zu tun, dem Mörder auf die Schliche zu kommen und das groteske Rätsel des Eismörders zu lösen, das auch eine Verbindung zu seiner eigenen Vergangenheit beinhaltet.
Nina Ohlandt wird nicht umsonst als SPIEGEL Bestsellerautorin gefeiert, denn auf sehr eindrucksvolle Art und Weise schafft sie es die LeserInnen mit ihrem Schreibstil zu fesseln. Ich kannte die Vorgängerbände nicht, habe gut in das Buch gefunden und mich mit dem Ermittlerteam (zumindest größtenteils) angefreundet. Vor allem das erste Opfer hat mir die Nackenhaare aufstehen lassen. Ich bin selbst Mutter und kann mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlen muss, das eigene Kind zu Eis erstarrt, tot vor der Haustür zu finden. Hier beweist Ohlandt wirklich einen wahrhaftigen Geist einer guten Krimiautorin und ich freue mich schon darauf, mehr Fälle rund um John Benthien zu lesen.

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Veröffentlicht am 24.07.2017

Vom Verdrängen und Erinnern

Sommerkind
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Der Roman „Sommerkind“ von Monika Held ist 2017 im Eichborn Verlag in der Bastei Lübbe AG erschienen. Der Roman thematisiert ein fast tabuisiertes Thema: Wachkoma.

Malu ist ein Sommerkind, Sommerkinder ...

Der Roman „Sommerkind“ von Monika Held ist 2017 im Eichborn Verlag in der Bastei Lübbe AG erschienen. Der Roman thematisiert ein fast tabuisiertes Thema: Wachkoma.

Malu ist ein Sommerkind, Sommerkinder haben im Sommer einen Schwimmunfall, Winterkinder im Gegensatz brechen im Winter durch das Eis in ein Gewässer ein. Malu, das Sommerkind, ist im Schwimmbad halb ertrunken und liegt nun im Krankenbett. Kolja, Malus Bruder, leidet seit dem Unfall an Schuldgefühlen. Ragna hat Malu „gerettet“ und macht sich nach Jahren auf die Suche nach Kolja.

Das Buch behandelt keine leichte Kost. Durch das ernste Thema kann man „Sommerkind“ nicht nebenbei lesen. Die Thematik muss erst verdaut werden und die Geschichte hallt lange nach und bleibt so im Gedächtnis. Meiner Meinung nach ist aber nicht Malu, die im Wachkoma liegt, die tragische Person der Geschichte, sondern ihr Bruder Kolja, denn seine Eltern, vor allem seine Mutter, scheinen ihm die Mitschuld an Malus Zustand zu geben.

Durch das Verbinden zweier Sichtweisen, die Geschichte wird aus der Sicht Koljas und aus der Sicht Ragnas erzählt, wirkt die Handlung am Anfang etwas unüberschaubar. Monika Held gelingt es aber diese beiden Handlungsstränge, die Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft, stimmig miteinander zu verbinden.

Kolja besucht seine Schwester regelmäßig im Krankenhaus und man lernt beim Lesen nicht nur Malus Diagnose und die Behandlungsmöglichkeiten kennen, sondern erfährt ganz nebenbei auch die Schicksale der anderen betroffenen Kinder. Monika Held ist es durch ihre Geschichte gelungen das Thema Wachkoma ins Bewusstsein des Lesers zu holen und ich hoffe, dass „Sommerkind“ viele Menschen erreichen wird. Die Autorin vermittelt in ihrem Buch sogar Verhaltensregeln im Umgang mit den betroffenen Patienten. Schon allein deswegen zählt das Buch zu meinen Lesehighlights 2017. Ich habe in meiner Ausbildung zur Krankenschwester ein Praktikum auf einer Wachkoma-Station gemacht und kann aus Erfahrung sagen, dass Monika Held diese Situation wirklich realitätsnah geschildert hat. Die ganze Dramatik der Diagnose und der Grat zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit der Angehörigen wird in „Sommerkind“ greifbar. Danke für dieses wichtige Buch!

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