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Veröffentlicht am 28.12.2019

Madeline Miller macht die griechischen Mythen wieder lebendig

Das Lied des Achill
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Nachdem ich von "Ich bin Circe" so begeistert war, musste ich natürlich auch ihren vorher erschienenen Roman über den Helden Achill lesen.

Patroklos ist ein junger griechischer Prinz. Im Alter von zehn ...

Nachdem ich von "Ich bin Circe" so begeistert war, musste ich natürlich auch ihren vorher erschienenen Roman über den Helden Achill lesen.

Patroklos ist ein junger griechischer Prinz. Im Alter von zehn Jahren wird er von seinem Vater verstoßen und nach Phthia verbannt - ein kleines Land im Norden zwischen Meeresküste und Othrys-Gebirge.
Patroklos erzählt davon, wie er dort den gleichaltrigen Prinz Achill kennenlernt. Achill wurde vorhergesagt, dass er einst ein großer Held werden würde.
Achill wählt den Verstoßenen als seinen Gefährten aus, doch Achills Mutter Thetis - eine furchterregende Nymphe - versucht die beiden mit aller Macht zu trennen.
Als Achill ins Gebirge geht, um sich dort vom Zentauren Cheiron ausbilden zu lassen, folgt Patroklos ihm heimlich.

Wer die griechische Mythologie kennt, weiß, dass Helena nach Troja entführt werden wird und König Agamemnon daraufhin mit einem gigantischen Heer loszieht, um sie zurückzuholen. Die Stadt mit den riesigen, unbezwingbaren Mauern wird jahrelang belagert werden.

»Wenn du nach Troja gehst, wirst du nicht zurückkehren, sondern als junger Mann dort sterben.«
Achill erbleichte. »Ist das gewiss?«

Madeline Miller hat Altphilologie studiert und kennt sich daher mit der Antike aus.
Wie ich es aus "Ich bin Circe" kenne, macht die Autorin mit ihrer zauberhaften Sprache, die damaligen Göttinnen und Helden wieder lebendig. Man riecht förmlich den herben Duft der Zypressen und spürt die Sonne auf der Haut.

In einigen Überlieferungen werden Achill und Patroklos als Freunde bezeichnet. Aischylos dagegen beschreibt sie als Liebespaar. Auf letzteren stützt sich Miller scheinbar, als sie schildert, wie die beiden jungen Männer ihre Liebe zueinander entdecken.

Die erste Hälfte des Buches hat mir sehr gut gefallen. Die beiden Hauptfiguren sind sympathisch. Achilles wird als selbstbewusst, friedliebend und gerecht dargestellt. Die Liebeszenen zwischen den beiden Männern sind äußerst sinnlich beschrieben.

Ein Problem waren für mich jedoch die überwiegend negativen Frauenfiguren: die grausame, kalte Mutter; eine berechnende Ehefrau; Frauen, die wie Eigentum behandelt werden.
In "Ich bin Circe" war Circe der Gegenpol zu der patriarchalischen, sexistischen Kultur der damaligen Zeit. Mit ihr konnte man mitfiebern, wenn sie sich gegen gewalttätige Männer zu Wehr setzte.
Bei "Das Lied des Achill" fehlt solch ein ausgleichender Charakter. Die negativen Emotionen blieben daher bei mir, statt aufgelöst und in Genugtuung verwandelt zu werden. Als Leserin habe ich mich hier weniger wohlgefühlt als beim Lesen von "Ich bin Circe".

In der zweiten Hälfte des Buches wird die Belagerung und der Kampf um Troja beschrieben. Achill trifft aus Zorn und Stolz eine falsche Entscheidung.

»Dann wird er sterben. Alle werden sterben. Erst wenn er mich auf Knien bittet, werde ich den Kampf wieder aufnehmen.«

Verständlich, dass die Autorin an den Ablauf des ursprünglichen Mythos gebunden war. Für mich war jedoch der Sinnesumschwung Achills nicht plausibel geschildert.
Die Entscheidung Patroklos als Erzähler zu wählen, die ich sehr geschickt fand, wirkte am Ende für einen Moment sehr merkwürdig. (Patroklos stirbt vor Achill). Dies sind jedoch nur kleine Kritikpunkte.

Madeline Miller schreibt mitreißend, lebendig und spannend. Ein sehr guter, lesenswerter Roman, der mir die Geschichte Achills und das Leben in der damaligen Zeit nähergebracht hat.

Veröffentlicht am 28.12.2019

Madeline Miller macht die griechischen Mythen wieder lebendig

Das Lied des Achill
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Nachdem ich von "Ich bin Circe" so begeistert war, musste ich natürlich auch ihren vorher erschienenen Roman über den Helden Achill lesen.

Patroklos ist ein junger griechischer Prinz. Im Alter von zehn ...

Nachdem ich von "Ich bin Circe" so begeistert war, musste ich natürlich auch ihren vorher erschienenen Roman über den Helden Achill lesen.

Patroklos ist ein junger griechischer Prinz. Im Alter von zehn Jahren wird er von seinem Vater verstoßen und nach Phthia verbannt - ein kleines Land im Norden zwischen Meeresküste und Othrys-Gebirge.
Patroklos erzählt davon, wie er dort den gleichaltrigen Prinz Achill kennenlernt. Achill wurde vorhergesagt, dass er einst ein großer Held werden würde.
Achill wählt den Verstoßenen als seinen Gefährten aus, doch Achills Mutter Thetis - eine furchterregende Nymphe - versucht die beiden mit aller Macht zu trennen.
Als Achill ins Gebirge geht, um sich dort vom Zentauren Cheiron ausbilden zu lassen, folgt Patroklos ihm heimlich.

Wer die griechische Mythologie kennt, weiß, dass Helena nach Troja entführt werden wird und König Agamemnon daraufhin mit einem gigantischen Heer loszieht, um sie zurückzuholen. Die Stadt mit den riesigen, unbezwingbaren Mauern wird jahrelang belagert werden.

»Wenn du nach Troja gehst, wirst du nicht zurückkehren, sondern als junger Mann dort sterben.«
Achill erbleichte. »Ist das gewiss?«

Madeline Miller hat Altphilologie studiert und kennt sich daher mit der Antike aus.
Wie ich es aus "Ich bin Circe" kenne, macht die Autorin mit ihrer zauberhaften Sprache, die damaligen Göttinnen und Helden wieder lebendig. Man riecht förmlich den herben Duft der Zypressen und spürt die Sonne auf der Haut.

In einigen Überlieferungen werden Achill und Patroklos als Freunde bezeichnet. Aischylos dagegen beschreibt sie als Liebespaar. Auf letzteren stützt sich Miller scheinbar, als sie schildert, wie die beiden jungen Männer ihre Liebe zueinander entdecken.

Die erste Hälfte des Buches hat mir sehr gut gefallen. Die beiden Hauptfiguren sind sympathisch. Achilles wird als selbstbewusst, friedliebend und gerecht dargestellt. Die Liebeszenen zwischen den beiden Männern sind äußerst sinnlich beschrieben.

Ein Problem waren für mich jedoch die überwiegend negativen Frauenfiguren: die grausame, kalte Mutter; eine berechnende Ehefrau; Frauen, die wie Eigentum behandelt werden.
In "Ich bin Circe" war Circe der Gegenpol zu der patriarchalischen, sexistischen Kultur der damaligen Zeit. Mit ihr konnte man mitfiebern, wenn sie sich gegen gewalttätige Männer zu Wehr setzte.
Bei "Das Lied des Achill" fehlt solch ein ausgleichender Charakter. Die negativen Emotionen blieben daher bei mir, statt aufgelöst und in Genugtuung verwandelt zu werden. Als Leserin habe ich mich hier weniger wohlgefühlt als beim Lesen von "Ich bin Circe".

In der zweiten Hälfte des Buches wird die Belagerung und der Kampf um Troja beschrieben. Achill trifft aus Zorn und Stolz eine falsche Entscheidung.

»Dann wird er sterben. Alle werden sterben. Erst wenn er mich auf Knien bittet, werde ich den Kampf wieder aufnehmen.«

Verständlich, dass die Autorin an den Ablauf des ursprünglichen Mythos gebunden war. Für mich war jedoch der Sinnesumschwung Achills nicht plausibel geschildert.
Die Entscheidung Patroklos als Erzähler zu wählen, die ich sehr geschickt fand, wirkte am Ende für einen Moment sehr merkwürdig. (Patroklos stirbt vor Achill). Dies sind jedoch nur kleine Kritikpunkte.

Madeline Miller schreibt mitreißend, lebendig und spannend. Ein sehr guter, lesenswerter Roman, der mir die Geschichte Achills und das Leben in der damaligen Zeit nähergebracht hat.

Veröffentlicht am 28.12.2019

Madeline Miller macht die griechischen Mythen wieder lebendig

Das Lied des Achill
0

Nachdem ich von "Ich bin Circe" so begeistert war, musste ich natürlich auch ihren vorher erschienenen Roman über den Helden Achill lesen.

Patroklos ist ein junger griechischer Prinz. Im Alter von zehn ...

Nachdem ich von "Ich bin Circe" so begeistert war, musste ich natürlich auch ihren vorher erschienenen Roman über den Helden Achill lesen.

Patroklos ist ein junger griechischer Prinz. Im Alter von zehn Jahren wird er von seinem Vater verstoßen und nach Phthia verbannt - ein kleines Land im Norden zwischen Meeresküste und Othrys-Gebirge.
Patroklos erzählt davon, wie er dort den gleichaltrigen Prinz Achill kennenlernt. Achill wurde vorhergesagt, dass er einst ein großer Held werden würde.
Achill wählt den Verstoßenen als seinen Gefährten aus, doch Achills Mutter Thetis - eine furchterregende Nymphe - versucht die beiden mit aller Macht zu trennen.
Als Achill ins Gebirge geht, um sich dort vom Zentauren Cheiron ausbilden zu lassen, folgt Patroklos ihm heimlich.

Wer die griechische Mythologie kennt, weiß, dass Helena nach Troja entführt werden wird und König Agamemnon daraufhin mit einem gigantischen Heer loszieht, um sie zurückzuholen. Die Stadt mit den riesigen, unbezwingbaren Mauern wird jahrelang belagert werden.

»Wenn du nach Troja gehst, wirst du nicht zurückkehren, sondern als junger Mann dort sterben.«
Achill erbleichte. »Ist das gewiss?«

Madeline Miller hat Altphilologie studiert und kennt sich daher mit der Antike aus.
Wie ich es aus "Ich bin Circe" kenne, macht die Autorin mit ihrer zauberhaften Sprache, die damaligen Göttinnen und Helden wieder lebendig. Man riecht förmlich den herben Duft der Zypressen und spürt die Sonne auf der Haut.

In einigen Überlieferungen werden Achill und Patroklos als Freunde bezeichnet. Aischylos dagegen beschreibt sie als Liebespaar. Auf letzteren stützt sich Miller scheinbar, als sie schildert, wie die beiden jungen Männer ihre Liebe zueinander entdecken.

Die erste Hälfte des Buches hat mir sehr gut gefallen. Die beiden Hauptfiguren sind sympathisch. Achilles wird als selbstbewusst, friedliebend und gerecht dargestellt. Die Liebeszenen zwischen den beiden Männern sind äußerst sinnlich beschrieben.

Ein Problem waren für mich jedoch die überwiegend negativen Frauenfiguren: die grausame, kalte Mutter; eine berechnende Ehefrau; Frauen, die wie Eigentum behandelt werden.
In "Ich bin Circe" war Circe der Gegenpol zu der patriarchalischen, sexistischen Kultur der damaligen Zeit. Mit ihr konnte man mitfiebern, wenn sie sich gegen gewalttätige Männer zu Wehr setzte.
Bei "Das Lied des Achill" fehlt solch ein ausgleichender Charakter. Die negativen Emotionen blieben daher bei mir, statt aufgelöst und in Genugtuung verwandelt zu werden. Als Leserin habe ich mich hier weniger wohlgefühlt als beim Lesen von "Ich bin Circe".

In der zweiten Hälfte des Buches wird die Belagerung und der Kampf um Troja beschrieben. Achill trifft aus Zorn und Stolz eine falsche Entscheidung.

»Dann wird er sterben. Alle werden sterben. Erst wenn er mich auf Knien bittet, werde ich den Kampf wieder aufnehmen.«

Verständlich, dass die Autorin an den Ablauf des ursprünglichen Mythos gebunden war. Für mich war jedoch der Sinnesumschwung Achills nicht plausibel geschildert.
Die Entscheidung Patroklos als Erzähler zu wählen, die ich sehr geschickt fand, wirkte am Ende für einen Moment sehr merkwürdig. (Patroklos stirbt vor Achill). Dies sind jedoch nur kleine Kritikpunkte.

Madeline Miller schreibt mitreißend, lebendig und spannend. Ein sehr guter, lesenswerter Roman, der mir die Geschichte Achills und das Leben in der damaligen Zeit nähergebracht hat.

Veröffentlicht am 23.12.2019

Die Träume der Frauen

Die Zeit der Erbin
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England, 1935. Als Cassia Tallow eine sehr große Summe Geld erbt, beginnt es in ihrer Ehe zu brodeln. Es bricht alles hervor, was lange Zeit unterdrückt wurde.
Cassia schloss ihr Medizinstudium mit einer ...

England, 1935. Als Cassia Tallow eine sehr große Summe Geld erbt, beginnt es in ihrer Ehe zu brodeln. Es bricht alles hervor, was lange Zeit unterdrückt wurde.
Cassia schloss ihr Medizinstudium mit einer hervorragenden Note ab. Doch als sie schwanger wurde, heiratete sie den langweiligen Edward.
Durch den unverhofften Geldsegen kann Cassia sich Freiheiten gönnen und sich wieder ihren Träumen zuwenden, die sie für die Ehe zurückgestellt hat. Edward dagegen fühlt sich in seiner Rolle als Haushaltsvorstand bedroht und beginnt Cassia unterschwellig zu sabotieren, bis sogar ihre Kinder unter der Situation leiden müssen.

Neben Cassia folgen wir weiteren Paaren, deren Ehe wenig Erfüllung bietet. Die Autorin Penny Vincenzi spricht Themen wie Homosexualität, Eifersucht, Macht und Geschlechterrollen an. In ihrer Tätigkeit als Ärztin in einer Klinik für Familienplanung wird Cassia mit den Schwierigkeiten von Frauen konfrontiert, die keinen Zugang zu Verhütungsmitteln haben.

Vincenzi schreibt sehr ausführlich. Die Handlung fließt dahin und man kann sich gemütlich hineinsinken lassen wie in ein warmes Bad. Die Protagonisten leben in großen Häusern, speisen vorzüglich und nippen an Champagner. Es gibt Affären und erotische Szenen. Gelegentlich hat die Autorin Zeitgeschichtliches in die Handlung eingefügt wie die Affäre von Prinz Edward mit Wallis Simpson oder eine Ansprache der Königin.

Der über 800 Seiten dicke Schmöker erinnert mich wegen des Arztumfeldes leicht an “Call the Midwife”. Es spielt jedoch früher und in einer eleganteren Umgebung und konzentriert sich auf drei Ehepaare.
Zu Beginn hatte ich etwas Schwierigkeiten, mich auf dem Roman einzulassen. Cassia erschien mir nicht sonderlich interessant, da sie sehr angepasst war. Und ihr Mann Edward war mir extrem unsympathisch. Er übt emotionale Druck auf Cassia aus, indem er sich als hilflos darstellt und behauptet, dass er seinen Beruf als Landarzt ohne ihre emotionale Unterstützung nicht ausüben könne. Cassia achtet daher immer darauf, sein schwaches männliches Selbstbewusstsein zu schützen und verzichtet darauf als Ärztin tätig zu sein.

»Ohne dich würde ich das nicht schaffen«, sagte er, beugte sich vor und küsste sie. »Wirklich nicht, ich liebe dich so sehr.«
Sie brachte es einfach nicht über sich, ihm das Weihnachsfest zu verderben.

Allmählich macht sich Cassia jedoch frei, trifft ihre eigenen Entscheidungen und konfrontiert ihren Mann offen mit ihren Gedanken und Erwartungen. Da sie sich über die Herkunft des großen Erbes wundert, stellt sie Nachforschungen an, die sie bis nach Paris und Marokko führen. Und dann sind da noch zwei Verehrer, die Cassia schon seit ihrer Jugend kennt...
Die Autorin schildert die Charaktere mit großer psychologischer Kenntnis. Leserinnen werden sich sicherlich in einigen Situationen wiedererkennen, die die Protagonistinnen erleben. Durch das große Erbe verschiebt sich die Macht in der Ehe von Cassia und Edward und ermöglicht der Autorin zu zeigen, nach welchen Mechanismen manche Partnerschaften funktionieren.
Ich würde sehr gern weitere Bücher der Autorin lesen.

Ein unterhaltsamer, gesellschaftskritischer Roman in einem glamourösen Setting mit großem Identifikationspotential.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.12.2019

Die Träume der Frauen

Die Zeit der Erbin
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England, 1935. Als Cassia Tallow eine sehr große Summe Geld erbt, beginnt es in ihrer Ehe zu brodeln. Es bricht alles hervor, was lange Zeit unterdrückt wurde.
Cassia schloss ihr Medizinstudium mit einer ...

England, 1935. Als Cassia Tallow eine sehr große Summe Geld erbt, beginnt es in ihrer Ehe zu brodeln. Es bricht alles hervor, was lange Zeit unterdrückt wurde.
Cassia schloss ihr Medizinstudium mit einer hervorragenden Note ab. Doch als sie schwanger wurde, heiratete sie den langweiligen Edward.
Durch den unverhofften Geldsegen kann Cassia sich Freiheiten gönnen und sich wieder ihren Träumen zuwenden, die sie für die Ehe zurückgestellt hat. Edward dagegen fühlt sich in seiner Rolle als Haushaltsvorstand bedroht und beginnt Cassia unterschwellig zu sabotieren, bis sogar ihre Kinder unter der Situation leiden müssen.

Neben Cassia folgen wir weiteren Paaren, deren Ehe wenig Erfüllung bietet. Die Autorin Penny Vincenzi spricht Themen wie Homosexualität, Eifersucht, Macht und Geschlechterrollen an. In ihrer Tätigkeit als Ärztin in einer Klinik für Familienplanung wird Cassia mit den Schwierigkeiten von Frauen konfrontiert, die keinen Zugang zu Verhütungsmitteln haben.

Vincenzi schreibt sehr ausführlich. Die Handlung fließt dahin und man kann sich gemütlich hineinsinken lassen wie in ein warmes Bad. Die Protagonisten leben in großen Häusern, speisen vorzüglich und nippen an Champagner. Es gibt Affären und erotische Szenen. Gelegentlich hat die Autorin Zeitgeschichtliches in die Handlung eingefügt wie die Affäre von Prinz Edward mit Wallis Simpson oder eine Ansprache der Königin.

Der über 800 Seiten dicke Schmöker erinnert mich wegen des Arztumfeldes leicht an “Call the Midwife”. Es spielt jedoch früher und in einer eleganteren Umgebung und konzentriert sich auf drei Ehepaare.
Zu Beginn hatte ich etwas Schwierigkeiten, mich auf dem Roman einzulassen. Cassia erschien mir nicht sonderlich interessant, da sie sehr angepasst war. Und ihr Mann Edward war mir extrem unsympathisch. Er übt emotionale Druck auf Cassia aus, indem er sich als hilflos darstellt und behauptet, dass er seinen Beruf als Landarzt ohne ihre emotionale Unterstützung nicht ausüben könne. Cassia achtet daher immer darauf, sein schwaches männliches Selbstbewusstsein zu schützen und verzichtet darauf als Ärztin tätig zu sein.

»Ohne dich würde ich das nicht schaffen«, sagte er, beugte sich vor und küsste sie. »Wirklich nicht, ich liebe dich so sehr.«
Sie brachte es einfach nicht über sich, ihm das Weihnachsfest zu verderben.

Allmählich macht sich Cassia jedoch frei, trifft ihre eigenen Entscheidungen und konfrontiert ihren Mann offen mit ihren Gedanken und Erwartungen. Da sie sich über die Herkunft des großen Erbes wundert, stellt sie Nachforschungen an, die sie bis nach Paris und Marokko führen. Und dann sind da noch zwei Verehrer, die Cassia schon seit ihrer Jugend kennt...
Die Autorin schildert die Charaktere mit großer psychologischer Kenntnis. Leserinnen werden sich sicherlich in einigen Situationen wiedererkennen, die die Protagonistinnen erleben. Durch das große Erbe verschiebt sich die Macht in der Ehe von Cassia und Edward und ermöglicht der Autorin zu zeigen, nach welchen Mechanismen manche Partnerschaften funktionieren.
Ich würde sehr gern weitere Bücher der Autorin lesen.

Ein unterhaltsamer, gesellschaftskritischer Roman in einem glamourösen Setting mit großem Identifikationspotential.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere