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Veröffentlicht am 06.02.2023

Schwerer als Luft

Der Sonne so nah
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Schon als Kind hat sich Otto Lilienthal dem Fliegen verschrieben. Gemeinsam mit seinem Bruder Gustav konstruiert er erste Flugapparate. Trotz ihrer als Witwe angespannten finanziellen Lage unterstützt ...

Schon als Kind hat sich Otto Lilienthal dem Fliegen verschrieben. Gemeinsam mit seinem Bruder Gustav konstruiert er erste Flugapparate. Trotz ihrer als Witwe angespannten finanziellen Lage unterstützt Caroline Lilienthal ihre Kinder. Graf Ferdinand von Zeppelin ist in eine behütete Kindheit hineingeboren. Doch seit er von den Ballonfahrern gehört hat, ist er Feuer und Flamme. Irgendwann wird das Fliegen selbstverständlich sein. Zunächst jedoch soll er eine militärische Laufbahn anstreben und im amerikanischen Bürgerkrieg die strategischen Pläne der Nordstaaten unterstützen. Otto Lilienthal hat trotz des ewigen Geldmangels die Möglichkeit ein Ingenieurstudium in Berlin aufzunehmen. Die beste Grundlage für seine künftigen Bestrebungen.

In den Anfängen der Luftfahrt war man sich nicht einig, welche Methode zum Erfolg führen würde. Die einen wie Otto Lilienthal meinten, das Fluggerät müsse schwerer sein als Luft wie ein Vogel. Die anderen bevorzugten die Lösung leichter als Luft wie die Zeppeline. Obwohl Zeitgenossen, ist nicht überliefert, dass Otto Lilienthal und Graf Zeppelin sich je begegnet sind. Als Anhänger konträrer Schulen hätten sie möglicherweise angeregte Diskussionen auszufechten gehabt. Doch welche Schule setzt sich durch? Beide haben wohl einen entscheidenden Einfluss auf die heutige Fliegerei gehabt. Auch das Privatleben von Lilienthal und Zeppelin weist einige Turbulenzen auf, wobei beide einander nicht unähnlich versuchen, sich treu zu bleiben.

Die Anfänge der Fliegerei, wer sich dafür interessiert, bekommt hier einen spannenden und informativen Roman mit sehr lebendigen Schilderungen. Die Persönlichkeiten Lilienthals und Zeppelins werden einem nahegebracht. Zusätzlich erfährt man einiges über die ersten Flugapparate und die Schwierigkeiten sie wirklich in die Luft zu bringen. Dass die Ballonfahrt in ihrer Abhängigkeit vom Wind nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann, ist wohl klar. Und dass eine Art Wettstreit aus der Ferne die Entwicklung beschleunigen kann, ist auch eine Möglichkeit. Die verschiedenen Ansätze und auch die Schicksale der Protagonisten werden so dargestellt, dass man sich mittendrin fühlt und nach Beendigung der Lektüre auch etwas schlauer.

So einen informativen historischen Roman mit realem Hintergrund liest man wirklich gerne.

Veröffentlicht am 05.02.2023

Samson und Delilah

Mord mit Heimtücke
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Als die alte Dame Alice Shepherd dem Privatdetektiv Samson O’Brian berichtet, in ihrer Seniorenresidenz gehe etwas nicht mit rechten Dingen zu, wirkt sie fahrig und verwirrt. Samson versucht, die alte ...

Als die alte Dame Alice Shepherd dem Privatdetektiv Samson O’Brian berichtet, in ihrer Seniorenresidenz gehe etwas nicht mit rechten Dingen zu, wirkt sie fahrig und verwirrt. Samson versucht, die alte Dame zu beruhigen, doch so richtig glaubt er ihr nicht. Da Samson mit seiner Detektei auch Geld verdienen muss, nimmt er den Auftrag an, nach einem verschwundenen preisgekrönten Schafbock zu suchen. Mit treffenden Sprüchen steht ihm seine Vermieterin Delilah zur Seite und manchmal auch mit Rat und Tat. Wie schon ein paar Monate zuvor bilden Samson und Delilah ein Team, welches ohne Delilahs Weimaraner Tolpuddle nicht vollständig wäre.

Bei ihrem zweiten Auftritt bekommt es die Dales Detective Agentur in Yorkshire gleich mit mehr als einem Rätsel zu tun. Wer könnte etwas gegen die alten Leutchen haben? Oder wollen sie vielleicht eher Aufmerksamkeit? Dass da tatsächlich etwas vorgeht, hätten Samson und Delilah lieber nicht erfahren. Nun müssen sie sich die Seniorenwohnanlage doch genauer ansehen. Hat vielleicht die Leiterin etwas zu verbergen? Und wo ist dieser Schafbock hin? Überhaupt, wer stiehlt denn ein Schaf? Die Spurenlage ist unklar. Nicht nur das, Samson hat auch selbst ein paar Geheimnisse und auch Delilah hat nicht alles erzählt, was seit Sams Flucht aus dem Dorf vor vierzehn Jahren geschehen ist.

Diesen heimeligen Krimi sollte man aus dem Buchladen befreien. Er ist eine Bereicherung für das heimische Regal. Gerade in heutigen schwierigen Zeiten ist es schön, ins verregnete Yorkshire abzutauchen und einfach mal etwas anderes zu lesen. Wenn man vielleicht die Übersetzung des Akzents nicht ganz nachvollziehen kann, so ist der bei weitem überwiegende Rest einfach angenehm zu lesen. Man möchte die alten Menschen beschützen, den Bock finden und klären, was es mit Tolpuddles Namen auf sich hat. Vielleicht gibt es zu Letzterem im ersten Band eine Erläuterung, die über die Informationen im Internet hinausgeht. Samson und Delilah sind ein klasse Team, die sympathisch rüberkommen. Gerne mehr davon.

Veröffentlicht am 03.02.2023

Die Gartencombo

Aufblattelt
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Die Frauen vom Gartenklub haben etwas zu erzählen. Isabella, eine der ihren, heiratet den Stiefsohn des Grafen. Gerade der Isabella wünschen sie alles Gute. Doch ganz so einfach ist es mit der Grafen-Familie ...

Die Frauen vom Gartenklub haben etwas zu erzählen. Isabella, eine der ihren, heiratet den Stiefsohn des Grafen. Gerade der Isabella wünschen sie alles Gute. Doch ganz so einfach ist es mit der Grafen-Familie nicht. Isabella kommt aus einfachen Verhältnissen und das gezierte Verhalten der Adligen hat sie nicht so drauf. Aber ihr Ferdinand ist ein Schatz. Der alte Graf hat auch seine Probleme. Er ärgert sich, dass irgendein frecher Wilderer im gräflichen Wald die besten Trophäen tötet und der Biber seinen Schaden anrichtet. Auch die Grafen müssen Geld verdienen.

Dies ist bereits der dritte Gartenkrimi um die Lokal-Reporterin Vera, die Kriminalbeamtin Marlies, die Gartenkennerin Johanna und einige mehr. Regelmäßig treffen sie sich und sprechen nicht nur über Gartenthemen, sondern auch über Privates und Berufliches. So geht manchmal auch um die Oma von Isabella, die einen besonderen Ruf hat und natürlich auch um Ferdi und Isabellas Zukunft, der sie mit Freude entgegen blickt. Sorgen macht sich Vera um ihre Tochter Letta. Die Jugendliche ist in letzter Zeit wirklich nicht gut drauf. Vielleicht hilft ihr die Bekanntschaft zu Delphina. Sie ist die Tochter eines brasilianischen Geschäftsfreundes des alten Grafen. Und nach der Hochzeit muss auch Marlies tätig werden, da geht es dann um mehr als den Gartenklub.

Der Titel des Buches regt den Norddeutschen Leser zum googeln an, um dann zu denken, passend ist das schon. Etwas beschaulich geht es los, wobei bei einem dritten Teil nicht viel erklärt wird. Das ist zum Verständnis des Buches auch nicht notwendig. Die Beziehungen und Strömungen zwischen den Mitgliedern der Grafen-Familie werden gut gezeichnet. Schnell empfindet man mit Isabella, die manchmal sehr von oben herab behandelt wird. Gerade von Ferdis Mutter, die manchmal daran denken sollte, wo sie selbst herkommt. Und auch der ältere Sohn des Grafen ist keiner, den man in seinem Bekanntenkreis braucht. Dagegen sind die Mitglieder des Gartenklubs sehr sympathisch und bodenständig. So einen Klub kann man sich auch im echten Leben gut vorstellen. Neben den Beschreibungen von Flora und Fauna kommt der Krimi manchmal etwas kurz. Gerade zum Schluss wird es aber richtig spannend und man ist sehr überrascht, wenn man die letzte Seite umgeschlagen hat.

Veröffentlicht am 02.02.2023

Zwei Kindheiten

Sibir
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Der zehnjährige Josef und seine Familie werden nach dem zweiten Weltkrieg in den Osten verschleppt. Sibirien - so nennen sie die ferne Weite, die dem kleinen Jungen als erstes die Mutter nimmt. Es ist ...

Der zehnjährige Josef und seine Familie werden nach dem zweiten Weltkrieg in den Osten verschleppt. Sibirien - so nennen sie die ferne Weite, die dem kleinen Jungen als erstes die Mutter nimmt. Es ist ein Ort in Kasachstan, in dem sie landen und sich mit den Einheimischen arrangieren, die keinesfalls auf sie gewartet haben. Ein karges Leben mit einer Sprache, die sich Josef Wort für Wort erobert. Erst nach zehn Jahren dürfen sie in die damalige BRD ausreisen. Im Jahr 1990 kommen die neuen Aussiedler in Deutschland an. Auch in dem kleinen Heideort, in dem Josef und seine Familie eine Heimat gefunden haben.

In der Gegenwart verspürt Josefs Tochter Leila das Bedürfnis die Geschichten aus ihrer Kindheit ebenso zu bewahren wie die von ihrem Vater. Aber die Erinnerung ihres Vaters hat ihre Form verloren. Vielleicht kann Leila ihrem Vater helfen und gleichzeitig ihre gemeinsame Familiengeschichte durchdringen. Wie hat ihr Vater es empfunden, in dieser unwirtlichen Fremde, in der er doch auch Freundschaft fand. Und wie war es als in den 1990ern die Aussiedler in Deutschland ankamen, die für Josef seine Vergangenheit wieder lebendig werden ließ. Auch Leila, die neben ihrem alten Freund Arnold auch den neuen Freund Pascha fand, vertieft sich in die Vergangenheit.

Ein wehmütiger Roman über Menschen die auf unterschiedliche Arten von ihrem erzwungenen Aufenthalten in der ehemaligen Sowjetunion geprägt wurden. Nicht gewollt waren sie dort und fremd auch hier. Wie hat die Steppe sie verändert? Haben die, welche später ausreisen durften, mehr gelitten? Warum fühlt sich Josef schuldig? Warum ist er so speziell? Auch wenn man sich schließlich nicht komplett in die Menschen hinein fühlen kann, so wird immerhin Verständnis geweckt für das Leid, dass der Krieg über sie gebracht hat. Es wirkt über Generationen, sie gehen unterschiedlich damit um, sie können unterschiedlich viel Leid ertragen. Es gibt keine Erleuchtung, selbst wenn man Vorfahren hat, die fliehen mussten, deren Kinder auch diejenigen waren, die knapp nicht dazu gehörten. Dennoch berührt dieser Roman mit seinen Erzählungen und seiner Melancholie.

Veröffentlicht am 31.01.2023

Krimi-Küche

Schach mit toter Dame
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Seit sie bei ihrem letzten Fall die Schwestern Käthe und Cecilie kennengelernt hat, ist Loretta Luchs regelmäßiger Gast in der Seniorenresidenz. Und nun sind die beiden ganz aufgeregt. Ein Bewohner der ...

Seit sie bei ihrem letzten Fall die Schwestern Käthe und Cecilie kennengelernt hat, ist Loretta Luchs regelmäßiger Gast in der Seniorenresidenz. Und nun sind die beiden ganz aufgeregt. Ein Bewohner der Residenz ist verstorben und seine wertvollen Einrichtungsgegenstände sind verschwunden. Was, wenn es noch mehr Diebstähle gibt? Was, wenn der Bewohner keines natürlichen Todes gestorben ist? Loretta überzeugt die Beiden, dass sie erstmal herausfinden möchte, ob tatsächlich geklaut wird. Mal wieder spielt ihr der Zufall in die Hände und sie arbeitet undercover als Küchenhilfe.

Loretta Luchs ist schon eine, bei ihrem nunmehr dreizehnten Auftritt kann man sie wohl als erfahrene Ermittlern bezeichnen. Eigentlich müsste Kommissarin Küpper froh sein, dass Loretta ihr zu einer tollen Aufklärungsquote verhilft. Dabei fängt es diesmal ganz harmlos an. Eigentlich will Loretta nur herausfinden, was hinter den vermeintlichen Diebstählen steckt. Sie ist nicht sicher, ob es überhaupt ein Verbrechen gibt. Kann nicht auch ein Erbe die Sachen bekommen haben? Doch auch an Käthe und Cecilie sind echte Detektivinnen verloren gegangen. Sie haben schon akribische Nachforschungen angestellt und sich Gedanken gemacht. Und sie überzeugen Loretta die Aufgabe der Küchenhilfe zu übernehmen.

Locker und leicht beginnt dieser Kriminalroman und doch spannend. Käthe und Cecilie sind zwei coole alte Damen, die bestens in Lorettas Kreis passen. Neugierig und gleichzeitig intelligent und immer für ein Kaffeekränzchen gut. Die Seniorenresidenz für gut Betuchte scheint gar kein Platz für Verbrechen zu sein. Wie man sich doch täuschen kann. Für einen guten Krimi hätte es vielleicht keinen Todesfall gebraucht. Wie immer bei Loretta gibt es ihn aber doch. Doch viel lieber liest man von ihren Erfahrungen als Kaltmansell. Von Erwin, der wie ein väterlicher Ankerpunkt in ihrem Leben ist, Kumpel Frank das Hibbelchen und natürlich Baghira, der sein Fresschen braucht.
Ein unterhaltsamer Krimi, über den sich trefflich diskutieren lässt.