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Veröffentlicht am 22.03.2022

Kleine Familie

DIE LÜGEN
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Lizzie ist glücklich. Seit sie zu Ross gezogen ist, läuft es einfach. Dass Ross Arzt ist, schadet auch nicht. Aber auch so hat Lizzie ihre Epilepsie ganz gut im Griff seit sie erwachsen ist. In ihrer Kindheit ...

Lizzie ist glücklich. Seit sie zu Ross gezogen ist, läuft es einfach. Dass Ross Arzt ist, schadet auch nicht. Aber auch so hat Lizzie ihre Epilepsie ganz gut im Griff seit sie erwachsen ist. In ihrer Kindheit war das anders. Damals hatte sie große Anfälle, nach denen sie sich an nichts erinnerte. Lizzies beste Freundin Alice starb während Lizzie einen Anfall hatte. Ein schreckliches Unglück, welches Lizzie immer noch in ihre Träume verfolgt. Es ist einer der wenigen Schatten, die ihre Gegenwart trüben. Wie muss es dann erst für die Familie von Alice sein, die ihre Tochter und Schwester für immer verloren hat?

So leicht hat Lizzie es eigentlich nicht. Sie muss mit ihrer Erkrankung leben und auch mit dem tragischen Ereignis aus ihrer Vergangenheit. Trotzdem geht es ihr recht gut, sie erwägt sogar, eine Arbeit oder ein Studium aufzunehmen. Dabei freut sie sich über die Unterstützung von Ross. Allerdings gibt es in letzter Zeit so seltsame Anrufe, die die Erinnerung an die Kindheit wieder hervorrufen. Und bisher hat Lizzie Ross nichts von Alice erzählt. In ihrer Beziehung sollte es aber keine Geheimnisse geben. Mit der Zeit muss Lizzie jedoch feststellen, dass es in ihrer Umgebung und ihrer Vergangenheit noch mehr Geheimnisse gibt als sie sich je vorstellen konnte.

Wie der Titel schon andeutet, ist in diesem Roman viel gelogen worden und es wird immer noch gelogen. Zunächst kann man sich nicht unbedingt vorstellen, wie aus einem Lügengeflecht eine spannende Geschichte entstehen soll. Doch der Autorin gelingt es sehr gut bis zum Schluss mit Überraschungen aufzuwarten, auch wenn zumindest eine Information vielleicht etwas zu früh offenbart wird. Zwei Familien sind schicksalhaft verbunden durch die Freundschaft ihrer Töchter. Eine Freundschaft die tragisch endete und die bis in die Gegenwart nachwirkt. Man kann sich gut in Lizzies Gefühlswelt hineinversetzen und durch die Art der Darstellung ist man immer ganz dicht bei ihr. So bleibt man bei der Lektüre gefesselt und hofft, dass Lizzie es schafft, dass Knäuel der Lügen zu entwirren.

Veröffentlicht am 20.03.2022

Agatha verschwunden

Mrs Agatha Christie
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Im Dezember 1926 verschwindet die schon bekannte Schriftstellerin Agatha Christie völlig unerwartet. Ihr Mann, der zum Golfen bei Bekannten weilte, fährt zum Familiensitz. Immerhin will er die kleine Rosalind, ...

Im Dezember 1926 verschwindet die schon bekannte Schriftstellerin Agatha Christie völlig unerwartet. Ihr Mann, der zum Golfen bei Bekannten weilte, fährt zum Familiensitz. Immerhin will er die kleine Rosalind, die gemeinsame Tochter der Christies, beruhigen und trösten. Doch wo kann Agatha nur sein und wieso ist sie verschwunden? Die polizeilichen Ermittler tun, was sie können. Mehr als Mrs Christies verlassenes Auto finden sie allerdings zunächst nicht. Und das verlassene Fahrzeug gibt Rätsel auf. Könnte Agatha Christie ihren Wagen absichtlich von der Straße gelenkt haben, hatte sie einen Unfall oder ist sie möglicherweise sogar einem Verbrechen zum Opfer gefallen?

Von einem wahren Ereignis ausgehend hat sich die Autorin Marie Benedict der Persönlichkeit von Mrs Agatha Christie gewidmet. Ihren Mann, den Airforce Piloten Archibald Christie, lernte Agatha noch vor dem ersten Weltkrieg kennen und 1914 nach Kriegsausbruch heirateten sie, obwohl Agatha eigentlich einem anderen versprochen war. Schon bald merkt die junge Agatha, dass die Ehe anders verläuft als sie sich gewünscht hat. Archie ist aus gesundheitlichen Gründen mit einem Flugverbot belegt worden und seitdem fehlt die Leichtigkeit zwischen ihnen. Agatha versucht trotzdem, einen vorbildliche Ehefrau zu sein. Sogar ihre Tochter muss an zweiter Stelle stehen. Und etwas führt schließlich zu Agathas rätselhaftem Verschwinden.

Agatha Christie hat sich nie zu ihrem Verschwinden erklärt und so konnte Marie Benedict ihre Phantasie spielen lassen. Herausgekommen ist eine spannende Geschichte, die mit ihren unterschiedlichen Sichtweisen ein sehr authentisches Bild des möglichen Geschehens zeigt. Man spürt Agathas Besorgnis über den Zustand ihrer Ehe und Archies Desinteresse. Fast wie in einem ihrer Krimis entwickelt sich um Agathas Verschwinden eine verzwickte Story, die sich dem Leser erst zum Ende hin erschließt. Man kann den Ideen Benedicts gut folgen und bekommt das Gefühl, dass sie sich genau über Agatha Christie informiert hat und sich der großen Kriminalschriftstellerin in liebevoller Weise genähert hat. So möchte man Agatha Christie näher kommen und man fragt sich, ob die, die so weitsichtig war, Romane auf Vorrat zu schreiben, nicht doch noch ihrendwo etwas hinterlassen hat, das Licht ins Dunkel bringt.

Veröffentlicht am 15.03.2022

Die Zeugenvernehmung

Am roten Strand
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Ein Kind wurde gerettet und ein mutmaßlicher Täter verhaftet. Doch dieser schweigt zu seinen Taten und dem Netzwerk. Das Computernetzwerk wurde von einem anderen betrieben und modernisiert, der jünger ...

Ein Kind wurde gerettet und ein mutmaßlicher Täter verhaftet. Doch dieser schweigt zu seinen Taten und dem Netzwerk. Das Computernetzwerk wurde von einem anderen betrieben und modernisiert, der jünger ist. Doch auch er schweigt, angeblich weiß er von nicht. Allerdings gibt es Aufzeichnungen, die den Verdacht gegen ihn bestätigen. Er wird vor den Augen seiner Familie verhaftet. Schon am Anfang des ersten intensiven Verhörs stirbt der Verdächtige. Die Polizisten sind entsetzt und ratlos. Was ist passiert? Vieles deutet auf eine Vergiftung hin. Eine Vergiftung in Polizeigewahrsam ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.

Dieser zweite Fall von Ben Neven und Christian Sandner schließt direkt an den ersten an. Es gibt genügend Hinweise zum Geschehen, so dass es wohl nicht zwingend ist, den ersten Fall zu kennen. Es könnte aber durchaus hilfreich sein. Auch diese Ermittlung hat es in sich. Mit schwer traumatisierten Opfern müssen die Beamten behutsam umgehen, mit Tätern dafür umso energischer. Und auch ihr eigenes Inneres dürfen die Polizisten nicht außer Acht lassen. Auch da können ungeahnte Risiken lauern und so mancher muss ein Gefecht mit seinen inneren Dämonen ausführen.

Diesem Roman gibt die Art der Darstellung zwar eine gewisse Distanz, aber auch eine große Spannung. Das Thema ist allgegenwärtig in der Presse und alles andere als leicht zu ertragen. Es gibt einfach Dinge, von denen man lieber nicht wüßte, dass Menschen dazu fähig sind. Dennoch ist die Darstellung gelungen, da den Opfern mit viel Empathie und sehr behutsam begegnet wird. Die inneren Kämpfe einzelner Beamter kann man als wahrheitsgetreue Darstellung empfinden, denn wahrscheinlich stellen die bei der Polizei Tätigen einen Querschnitt der Gesellschaft dar. Ob einem dieser Ansatz gefällt, muss man halt entscheiden. Möglicherweise erscheint einem die Reihe des Autors um Kimma Joentaa etwas gelungener, aber dennoch hat man hier einen packenden Krimi mit einem folgerichtigen Finale.

Veröffentlicht am 09.03.2022

Die Story

Das Jahr der Gier
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Ein entfernter Bekannter von Melia Adan, der in London lebt, wird bei einem Aufenthalt in Düsseldorf überfallen und verletzt. Ihr Onkel bittet Melia, die eine Abteilung bei der Polizei leitet, sich der ...

Ein entfernter Bekannter von Melia Adan, der in London lebt, wird bei einem Aufenthalt in Düsseldorf überfallen und verletzt. Ihr Onkel bittet Melia, die eine Abteilung bei der Polizei leitet, sich der Sache anzunehmen. Obwohl es nicht zu erwarten war, findet Melia ein paar Ungereimtheiten. So sicher, dass es ein rassistischer Übergriff war, ist sie nicht. Sie bittet Vincent Veih sich auch noch mal um den Vorgang zu kümmern. Beinahe zur gleichen Zeit wird eine weibliche Leiche gefunden. Es handelte sich wie sich herausstellt um eine aufstrebende junge Frau.

Bei ihrem dritten Fall bekommen es Kriminalrätin Melia Adan und Kommissar Vincent Veih mit brisanten Fällen zu tun. So ist zunächst nicht klar, wieso sich Melias Bekannter aus Jugendtagen überhaupt in Düsseldorf aufgehalten hat. Auch der Tod der jungen Frau gibt Rätsel auf. Erst als sich eine vage Verbindung zwischen beiden Geschehen auftut, kommt Bewegung in die Ermittlung. Derweil bekommt der ehemalige Polizist Sebastian Pagel einen neuen Job, nachdem er überhaupt nicht gesucht hat. Er sieht es als Chance, sich seiner Fähigkeiten zu versichern, denn der Anlass für seinen Austritt aus dem Polizeidienst war ein Ereignis, das ihn immer noch sehr belastet. Diesmal soll alles besser laufen.

Möglicherweise haben es Bücher, die so relativ aktuelle Themen aufgreifen, momentan etwas schwerer als sonst. Irgendwie wird zur Zeit alles von der Tagespolitik rechts überholt. Dennoch kann man sich auf den Autor verlassen, der es wieder schafft, ein interessantes Thema hier aus der Wirtschaftskriminalität so aufzubereiten, dass man das Buch fast in einem Rutsch durchliest. Wie war das nochmal mit den verschwundenen Millionen? Wer hat da die Hand über wen gehalten? Hat die Polizei überhaupt eine Chance, das Geflecht zu entwirren? Die einzelnen Handlungsstränge greifen so ineinander, dass man immer gefesselt bleibt und wissen will, was es noch für Verwicklungen gibt. Man merkt, dass der Autor genau recherchiert hat, um ein authentisches, wenn auch fiktionales Bild, von einem der größten Fälle von Wirtschaftskriminalität der letzten Jahre zu geben. Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 27.02.2022

Ein letzter Sommertag

Dein falsches Herz
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Sumiko hat ihr Jurastudium fast beendet. Einen Arbeitsvertrag hat sie in der Tasche und ihr Großvater wird stolz auf sie sein. Wie schön wäre es, würde ihre Mutter das noch erleben. Doch wie ihr Großvater ...

Sumiko hat ihr Jurastudium fast beendet. Einen Arbeitsvertrag hat sie in der Tasche und ihr Großvater wird stolz auf sie sein. Wie schön wäre es, würde ihre Mutter das noch erleben. Doch wie ihr Großvater immer sagte, starb Rina bei einem Autounfall als Sumiko erst sieben Jahre alt war. Und dieser Anruf aus dem Gefängnis? Sumiko weiß nicht, wie sie ihn einordnen soll. Aber eines weiß sie, sie will Genaueres über den Tod ihrer geliebten Mutter in Erfahrung bringen. Sumiko macht eine Entdeckung, mit der sie nie gerechnet hätte. Auch ihren Großvater sieht sie in einem anderen Licht.

Die Autorin orientiert sich nach eigenen Worten in ihrem Debütroman an einer wahren Begebenheit. Dennoch ist ihr Buch fiktional. Allem Anschein nach ist es in Japan möglich, so eine Art Ehebrecher zu engagieren, also jemanden, der einen Ehepartner verführt und dann dem anderen Ehepartner die Beweise dafür liefert. Das soll dazu diesen bei Scheidungen zum einen das Sorgerecht für die Kinder zu regeln und anderen auch um Scheidungsvereinbarungen zugunsten des vermeintlich Unschuldigen zu treffen. Ein gemeinsames Sorgerecht für die Kinder gibt es nicht, was gerade einen Anreiz bietet, einen Ehegatten schuldig aussehen zu lassen.

Eine aus europäischer Sicht ungewöhnliche Lebensart wird hier beleuchtet. Das ist natürlich interessant, aber auch etwas schwierig nachzuvollziehen. Es erfordert aufmerksames Lesen, um die Problematik zu erfassen. Ein wenig unverständlich bleibt dabei das Motiv für eine Aktion. Insgesamt bietet dieser Roman einen fesselnden Einblick in die japanische Kultur und Lebensweise. Das Gefüge in den Familien, die Spannungen zwischen den Familienmitgliedern, die Entscheidungen, was gesagt wird und was nicht, wer soll geschützt werden, wer muss die Realität vertragen, wer ist missgünstig, wer ist der Liebende. Aus diesen eigentlich einfachen Themen und Fragen ergibt sich ein packendes Familiendrama, das auch das Leben der Tochter bzw. Enkelin einschneidend verändert.

Mit dem Cover ist die leicht melancholische Stimmung des Romans sehr gut eingefangen.