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Veröffentlicht am 06.03.2021

Filmstar

Der Fall des Präsidenten
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Da könnte er Filmstar werden, denkt Steve in einem Moment, dabei möchte er nur seiner Arbeit im Loftbüro nachgehen und mit seiner Freundin glücklich sein. Auch Dana Marin liebt die Öffentlichkeit nicht ...

Da könnte er Filmstar werden, denkt Steve in einem Moment, dabei möchte er nur seiner Arbeit im Loftbüro nachgehen und mit seiner Freundin glücklich sein. Auch Dana Marin liebt die Öffentlichkeit nicht so sehr. Dennoch ist sie als Vertreterin des internationalen Gerichtshofs bei der Verhaftung des ehemaligen US-Präsidenten auf dem Flughafen von Athen dabei. Dass sie gefilmt wird, kann sie nicht verhindern und auch nicht den anschließenden Shitstorm. Einem Shitstorm ähnelt auch das, was die amerikanischen Offiziellen anstellen, um den ehemaligen Präsidenten wieder freizukriegen. Drohungen auf diplomatischem Feld, Strafzölle, Behinderungen des wirtschaftlichen Verkehrs, da muss ein unbedeutendes Land wie die EU doch einknicken.

Man würde nicht denken, dass Vertreter des real existierenden internationalen Gerichtshofs in Den Haag es wagen, einen ehemaligen US-Präsidenten eines Kriegsverbrechens zu bezichtigen. Und so bietet dieser Roman einen ausgesprochen interessanten Ansatz. Es wirkt so als würde die Juristin Dana Marin wie ein David gegen Goliath kämpfen. Der amerikanische Apparat wirft ihr wirklich seine geballte Macht entgegen. Und die gebeutelte griechische Justiz würde diesen Fall, der ihr ganzes System belastet, am liebsten auf dem schnellsten Weg loswerden. Doch es kommt auch Hilfe für Dana von dem jungen Griechen Alex, den sie möglicherweise zufällig trifft.

Vielleicht hätte es Kleinigkeiten gegeben, die diesen Roman noch etwas abgerundet hätten. Zum Beispiel wüsste man vielleicht gerne, wie es mit Dana und Alex weitergeht. Doch insgesamt wirkt dieser Thriller inspirierend und bringt das Gedankenkarussell zum Kreisen. Was wäre wenn es tatsächlich eine solche Anklage gäbe und nicht nur gegen Täter, über die kaum berichtet wird, sondern mal gegen einen prominenten Akteur. Wie würde ein Staat reagieren? Die Schilderung im Roman könnte einen realistischen Eindruck vermitteln. Welche Macht hat ein Staat und wie weit sind seine Vertreter bereit zu gehen, um einen der ihren herauszupauken? Und am Schluss wartet der Autor mit einer Pointe auf, die wahrhaft überrascht. Einen Roman wie diesen liest man gerne und es ist gut vorstellbar, dass eine Verfilmung irgendwann im TV auftaucht.

Veröffentlicht am 27.02.2021

Wolfsrituale

Homo Lupus
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Die Biologin Dr. Lena Bondroit hat sich von der Erforschung der Ameisen auf die Beobachtung von Wölfen verlegt. Mit ihrem Lebensgefährten Michael und ihrem kleinen Sohn Jean lebt sie in der Nähe von Berlin. ...

Die Biologin Dr. Lena Bondroit hat sich von der Erforschung der Ameisen auf die Beobachtung von Wölfen verlegt. Mit ihrem Lebensgefährten Michael und ihrem kleinen Sohn Jean lebt sie in der Nähe von Berlin. Von irgendwelchen Polizeioperationen will sie nichts mehr wissen. Dann allerdings kann sie doch nicht nein sagen. Kurz vor der Wahl gibt es Hinweise, dass in Berlin ein Anschlag geplant ist. Im Verdacht stehen Mitglieder eines Berliner Clans. Versuche, jemanden dort einzuschleusen, sind fehlgeschlagen und nun soll Lena mit ihrer Erfahrung einen entscheidenden Tip geben. Kann man einen Clan etwa mit einem Wolfsrudel vergleichen.

Bei Lena Bondroits zweitem Auftritt ist die politische Lage in Berlin kurz vor der Wahl unsicher. Neue Kräfte, die nur bedingt in der demokratischen Tradition stehen, streben nach der Macht. Und nun die Bedrohung durch diesen Hinweis auf einen möglichen Anschlag, der in einem abgehörten Telefonat aufgeschnappt wurde. Der Ermittler Stefan Ewald bittet Lena um Unterstützung, da seine Beamten einfach nicht mehr weiterkommen. Lena nimmt an einem Treffen mit den Ermittlern teil. Da sie schließlich nicht persönlich beteiligt werden soll, dürfte so eine Beratung keine Gefährdung bringen. Allerdings läuft die Sache anders als geplant und Lena Bondroit ist näher am Geschehen als geplant.

Auch wenn sich die Handlung zu Beginn etwas langsam entwickelt, wird dieser Thriller im weiteren Verlauf sehr spannend. In dem Moment, wo sich der Autor beginnt mit den möglichen Erwartungen der Lesen zu spielen, wird es interessant. Das politische Gefüge im Berlin nach der Corona-Krise wirkt latent bedrohlich, doch scheinen die Wähler diese Bedrohung nicht wahrzunehmen. Die Bedrohung durch die Clans erscheint dagegen offensichtlich. Gut dargestellt, wie Erwartungen nicht immer bedient werden und dass es durchaus eine positive Wirkung haben kann, wenn sich Menschen in gegenseitigem Interesse mal richtig unterhalten. Und wenn man ab einem Punkt als Leser beinahe nicht mehr glaubt, dass das noch gut ausgehen kann, mag man das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Veröffentlicht am 22.02.2021

Die Häkelmafia

Sylter Affären
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Undercover als Kari Bloom reist die Kommissarin Karolina Dahl nach Sylt. Sie soll dem ortsansässigen Bauunternehmer Jahnke auf die Schliche kommen. Dieser steht unter Geldwäsche- und Steuerbetrugsverdacht. ...

Undercover als Kari Bloom reist die Kommissarin Karolina Dahl nach Sylt. Sie soll dem ortsansässigen Bauunternehmer Jahnke auf die Schliche kommen. Dieser steht unter Geldwäsche- und Steuerbetrugsverdacht. Kari Bloom gibt sich als Schriftstellerin aus, damit es nicht auffällt, wenn sie viele neugierige Fragen stellt. Auf Sylt kommt Sie zur Eröffnung des neuen hippen Inselclubs an, den Jahnke errichten ließ. Allerdings nimmt sich Jahnke schon beim ersten Gespräch einige Freiheiten heraus, die nichts mit seiner Biografie zu tun haben. Und Kari sieht sich genötigt, ihm unmissverständlich klarzumachen, dass das so nicht geht. Dummerweise ist Jahnke am nächsten Morgen tot und Kari gerät unter Verdacht.

In ihrem ersten Fall arbeitet Kari Bloom als verdeckte Ermittlerin mit der Sylter Polizei zusammen, ohne dass die Sylter Polizei etwas davon weiß. Auch den Kollegen gegenüber muss Kari ihr Cover aufrecht erhalten. Dass ist nicht so einfach, weil ihr Kommissar Jonas Voss doch sehr sympathisch ist. Überhaupt gefällt es ausnehmend gut. Von ihrer Pensionswirtin, einer älteren Dame mit einem Häkelclub anderer älterer Damen, lässt sich Kari gerne mal etwas bemuttern, was sie sich im wahren Leben nicht so häufig gönnt. Kari Bloom ermittelt gewissenhaft, aber sie gerät auch in Versuchung, die Wahrheit zu sagen.

So ein Krimi gefällt. Zwar handelt es sich um eine eher leichte Lektüre. Diese ist aber sehr gelungen und unterhaltsam. Mit Kari Bloom und Jonas Voss hat man ein sympathische Ermittlerduo, wobei nur sie von der Zusammenarbeit weiß. Das führt zu amüsanten Verwicklungen. Und die Häkelmafia, bestehend aus den alten Damen, die Kari Bloom unter ihre Fittiche nehmen, ist ein echtes Highlight. Kein Wunder, dass sich Kari Bloom auf Sylt ausgesprochen wohl fühlt und der Leser gleich mit. Auch der Fall, in dem sie ihre Untersuchungen anstellt, ist interessant und gut durchdacht.

Veröffentlicht am 20.02.2021

Die innere Ruhe

Señor Herreras blühende Intuition
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Der Schriftsteller Leo Renz reist nach Andalusien, um in einem entlegenen Kloster zu entspannen. Seine Ärztin hat empfohlen, er solle seinen Ruhepuls senken. Deshalb hat Renz einen Ort gewählt, an dem ...

Der Schriftsteller Leo Renz reist nach Andalusien, um in einem entlegenen Kloster zu entspannen. Seine Ärztin hat empfohlen, er solle seinen Ruhepuls senken. Deshalb hat Renz einen Ort gewählt, an dem nichts passiert. Nur mit dem Essen des klösterlichen Kochs hat er Probleme. Herrera war zwar auf der Hotelschule, aber das Kochen hat er sich selbst beigebracht. Überrascht ist Leo Renz allerdings, als Herrera berichtet, mit der einen Nonne könne etwas nicht stimmen, sie lebe einfach zu freiheitlich in diesem Trappistinnen-Kloster. Vielleicht sei sie gar keine Nonne, sondern eine Frau, die sich vor irgendwelchen Verbrechern in Sicherheit gebracht habe.

Wer würde im Februar nicht gerne vom Sommer in Andalusien lesen. Und welcher Leser würde nicht gerne ein wenig in den Schaffensprozess hinein schnuppern. Leo Renz wirkt etwas kauzig und sein Bedürfnis nach Ruhe ist eigentlich schnell befriedigt. Jedenfalls helfen Yoga und Entspannung nicht bei der Normalisierung der Pulsfrequenz. Sein Interesse wird jedoch durch die Andeutungen des Kochs geweckt, die seltsame Ähnlichkeiten mit Leos neuem Romanprojekt aufweisen. Sollte sich diese junge Nonne tatsächlich im Kloster verstecken? Leo Renz muss dem Geheimnis einfach auf die Spur kommen. Sein Roman soll aber bestimmt kein Krimi werden.

Der Autor versteht es wahrlich besondere Werke hervorzubringen. Er stellt seine Protagonisten in fremde oder auch befremdliche Situationen und macht was draus. Der Autor, der auf die Äußerungen des Kochs anspringt und mit angeregter Phantasie nicht nur am Plot für seinen Roman feilt, sondern auch versucht die vermeintliche Nonne zu beschützen. Dazu das Zirpen der Zikaden. Man fühlt sich beim Lesen in Urlaubsstimmung versetzt, ist aber gleichzeitig angeregt, das Wechselspiel von Erfindung und Wahrheit mitzumachen, wobei sich immer wieder Neuigkeiten ergeben, die auch neue Schlüsse zulassen. Natürlich hält der Autor dabei so einige Überraschungen bereit. Ein sehr vergnügliches Buch, über eine Reise, die so stattgefunden haben könnte oder auch nicht.

Veröffentlicht am 14.02.2021

Das Werden

Bis ans Ende der Ewigkeit
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Hundert Tage müssen Marcus und Phoebe getrennt ausharren. Um Marcus’ wegen hat sich Phoebe zum Vampir wandeln lassen und nun gilt es diese Zeit zu überstehen. Während Phoebe die Wochen in Paris verbringt, ...

Hundert Tage müssen Marcus und Phoebe getrennt ausharren. Um Marcus’ wegen hat sich Phoebe zum Vampir wandeln lassen und nun gilt es diese Zeit zu überstehen. Während Phoebe die Wochen in Paris verbringt, ist Marcus bei Diana und Matthew. Hier stellt er sich der Geschichte seiner eigenen Wandlung. Im 18. Jahrhundert begannen große Umwälzungen in der Welt und Marcus war ein kleiner Teil davon, nachdem er schwierige Jahre in seinem menschlichen Elternhaus verbrachte. Im Unabhängigkeitskrieg findet er seine Tätigkeit in den Reihe der Mediziner. Trotz seiner einfachen Herkunft ist Marcus ein neugieriger Lernender, der seine Chancen nutzt.

Im vierten Band der „All Souls“ Reihe geht es hauptsächlich um Marcus de Clermonts Geschichte und das historische Umfeld, in das er hineinwächst. Aber auch Diana und Matthew müssen eine neue Situation meistern, ihre Zwillinge Becca und Philip zeigen schon früh, dass Übernatürliches in ihnen schlummert. Damit bekommen die Eltern Probleme, denn nicht jeder ist der Meinung, dass die Kinder sich einfach frei entfalten sollten. Auch Phoebes erste Tage und Wochen als Vampirin sind nicht so ganz einfach. Obwohl gut vorbereitet, hat sie gerade zu Beginn schon Mühe überhaupt etwas in die Hand zu nehmen, ohne es zu beschädigen.

Wenn man nach einer kleinen Pause mal wieder eine Gelegenheit hat, sich in die Welt der „All Souls“ zu begeben, nimmt man das doch gerne wahr. Zwar stehen Diana und Matthew nicht im Mittelpunkt, aber sie haben doch ihre Auftritte. Wichtiger jedoch ist die Erzählung von Marcus’ Jugend, der amerikanischen Unabhängigkeit und der französischen Revolution. Damit hat man einen historischen Roman, einen des Paranormalen und einen Familienroman. Eine quasi allumfassende Mischung, die der Story eine besondere Note gibt. Eine sich langsam entwickelnde Handlung und ein Wiederlesen mit lieb gewonnenen alten Bekannten, das ist eine gelungene Komposition, die anregende Lesestunden bietet.