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Veröffentlicht am 26.12.2018

Solo für Heller

Roter Rabe
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Dresden 1951: Zwei Gefangene sind in ihren Zellen fast gleichzeitig gestorben. Das kann einfach kein Zufall sein. Kommissar Max Heller, dessen Frau Karin die Erlaubnis erhalten hat, den in Köln lebenden ...

Dresden 1951: Zwei Gefangene sind in ihren Zellen fast gleichzeitig gestorben. Das kann einfach kein Zufall sein. Kommissar Max Heller, dessen Frau Karin die Erlaubnis erhalten hat, den in Köln lebenden Sohn zu besuchen, beginnt mit seinen Nachforschungen. Er hat noch nicht einmal richtig angefangen, da wird von seinen Vorgesetzten angedeutet, es sei am Besten, er ermittle etwas, finde aber nichts weiter heraus. Das lässt sich Heller natürlich nicht zweimal sagen. Natürlich führt er seine Untersuchung ordentlich durch. Schon bald allerdings gibt es weitere Tote und die Lage wird immer verworrener.

In den frühen Jahren der DDR ist das System noch sehr von der Sowjetunion gelenkt, doch so langsam bilden sich eigene Strukturen heraus. Immer gegenwärtig ist die drohende Gefahr von westlichen Geheimdiensten, derer man meint, sich erwehren zu müssen. Es installiert sich ein Kontrollsystem, das letztlich die eigenen Leute bei der Stange halten soll, auch wenn dazu Mittel von Kontrolle und Bespitzelung verwendet werden. Heller, der bisher keiner Partei zugehörig ist, ist nun in Gefahr, in diese Maschinerie hineinzugeraten. Hinzu kommt noch, dass seine Karin sich nicht meldet und zumindest die Nachbarn schon vermuten, sie werde im Westen bleiben. Doch Nichts kann Heller davon abhalten, den Todesfällen auf den Grund zu gehen.

Inlandsgeheimdienst, russischer Geheimdienst, der Chef - es kommt schon ganz schön dicke für Kommissar Max Heller und seine Kollegen Oldenbusch und Salbach. Sie wollen doch nur aufklären, wie und wieso die beiden Gefangenen zu Tode gekommen sind und stechen dabei in ein Wespennest aus verschiedenen Diensten. Es scheint beinahe so als müssten die Beamten bei ihren Untersuchungen immer auf der Hut sein, um niemanden in die Quere zu kommen. Etwas, das nicht machbar ist. Doch wenn man Max Heller kennt, weiß man, er wird jeder Spur nachgehen, er wird sich nicht ablenken lassen und er wird seine Ziehtochter Anni auch ohne seine Frau gut versorgen. Eigentlich eine Quadratur des Kreises, doch machbar.

Die Stimmung in den frühen Jahren der DDR ist hier anschaulich und authentisch geschildert. Beim Lesen denkt man, genauso könnte es gewesen sein. Vielleicht dient es sogar der Authentizität bei der Lösung eines Kriminalfalls, dass nicht jede Frage beantwortet wird. Es fängt relativ harmlos an und wächst sich zu etwas Größerem aus. Ein packender Krimi, gleichzeitig eine lebendige Geschichtsstunde.

Veröffentlicht am 23.12.2018

Mississippi

Crooked Letter, Crooked Letter
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Als Jugendlicher war Larry Ott mit dem fast gleichaltrigen schwarzen Silas Jones befreundet. Nachdem er Silas seine Waffe geliehen hatte, sein Vater Carl dahinterkam und ihn zwang, sie zurückzuerobern, ...

Als Jugendlicher war Larry Ott mit dem fast gleichaltrigen schwarzen Silas Jones befreundet. Nachdem er Silas seine Waffe geliehen hatte, sein Vater Carl dahinterkam und ihn zwang, sie zurückzuerobern, war es mit der Freundschaft vorbei. Dann verschwand eine 16jährige aus der Nachbarschaft und Larry war der Letzte, der mit ihr unterwegs war. Den Verdacht, dass er etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hatte, wurde er nie los. Noch 25 Jahre später ist Scary Larry ein Außenseiter, während Silas eine angesehene Position bei der örtlichen Polizei innehat. Und wieder verschwindet eine junge Frau und wieder gerät Larry in Verdacht.

Zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart pendelt die Handlung hin und her. Wie so häufig kann man die Gegenwart nur verstehen, wenn man die Vergangenheit kennt. So mutet es schon seltsam an, dass Larrys Vater den jungen Silas und seine Mutter im Auto mitnimmt. Ende der 1970er Anfang der 1980er war das in Mississippi alles andere als selbstverständlich. Auch für Larry war es nicht nachvollziehbar und seine Mutter sorgte auch bald dafür, dass es sich nicht wiederholte. Und dennoch kommt Silas besser zurecht, er ist sportlich und spielt in der Mannschaft mit. Larry dagegen ist ein Bücherwurm mit schwächlicher Gesundheit und zeitweiligem Stottern. Wie schnell wird man da zum Außenseiter und bleibt es auch.

Ungewöhnlich wie hier die Rollen verteilt sind, Larry wehrt sich während der ganzen Jahre nicht. Er akzeptiert einfach, dass keiner etwas mit ihm zu tun haben will. Silas dagegen steht mit beiden Beinen im Leben, als Polizist will er weiterkommen und er schafft es auch. Diese beiden gegenläufigen Charaktere bilden einen fesselnden Hintergrund für eine Handlung die zum Teil ein Krimi ist zum Teil aber auch eine Entdeckungsreise, während der die Vergangenheit zum Schlüssel für die Gegenwart wird. Nur aus der Vergangenheit versteht man die Handlungen von Silas und Larry in der heutigen Zeit. Mit jedem Einzelteilchen erhöht sich die Einsicht, dass Vieles nicht so ist wie es scheint. Dass dabei einige Ansätze im Ungewissen bleiben mindert den Reiz der Geschichte nicht. Diesen Entwicklungsroman mit Krimianteilen liest man gebannt und mit großer Neugier.

Veröffentlicht am 22.12.2018

Sunday

Eden
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Nach ihrem letzten Fall arbeiten Eden und Frank Bennett eigentlich nicht so gut zusammen, vor allem weil Frank den Tod seiner Freundin noch längst nicht überwunden hat. Die Stunden bei der Psychologin ...

Nach ihrem letzten Fall arbeiten Eden und Frank Bennett eigentlich nicht so gut zusammen, vor allem weil Frank den Tod seiner Freundin noch längst nicht überwunden hat. Die Stunden bei der Psychologin Dr. Stone ignoriert Frank regelmäßig. In der Stadt sind drei junge Frauen verschwunden. Bisher hat die Polizei keine heiße Spur und Eden wird als verdeckte Ermittlerin bei einer Gruppe Verdächtiger eingeschleust. Gemeinsam mit dem jungen Kollegin Juno soll Frank ihren Einsatz absichern. Dazu reicht seine Zeit jedoch kaum, denn auch Hades hat einen Auftrag für ihn. Hades wird bedroht und daran wird sich nur etwas ändern, wenn er herausfindet, was mit seiner Jugendfreundin Sunday geschehen ist.

In diesem zweiten Teil der Reihe um Eden und Frank geht es viel um die Vergangenheit von Hades, der Eden großgezogen hat. Frank macht sich auf die Suche nach Sunday, eine Suche, die er eher inoffiziell gestalten muss, fast wie ein Privatdetektiv. Deshalb ist er auch nicht immer vor Ort, um Edens Einsatz zu überwachen. Juno dagegen gerät schnell in Edens Bann, wobei natürlich fraglich ist, ob das unter Kollegen so gut ist. Wer Eden kennt so wie Frank zum Beispiel wird Juno davon abraten, sich zu sehr mit Eden zu beschäftigen. Aber Juno ist jung und wer lässt sich in dem Alter schon was sagen.

In diesem zweiten Teil geht es über etliche Strecken recht ruhig zu. Eden scheint sich in ihrer Rolle als verdeckte Ermittlerin fast wohl zu fühlen. Franks Widerstand gegen die Hilfe der Psychologin wird fast slapstickhaft. Und Hades Geschichte fast zu grausam, dass der bedroht wird fast normal, auch wenn er das nicht gewohnt ist. Wenn der Autorin nicht ein geradezu furioses Finale gelungen wäre, würde man diesen Mittelband für einen eher mäßigen Übergang vom Beginn zum Abschluss halten. So habe bleibt man starr vor Spannung und kann es kaum erwarten zu erfahren, ob es für alle Beteiligten eine Art gutes Ende geben kann.

Veröffentlicht am 20.12.2018

Das Leck

Niemand kennt deinen Namen
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Sie waren beste Freunde. Die Geheimagenten des MI6 Solomon Vine und Gabriel Wilde. Bis Wilde sich vor Jahren an Vines Freundin herangemacht hat. Nun sollen sie eine Operation in Istanbul führen. Das Verhör ...

Sie waren beste Freunde. Die Geheimagenten des MI6 Solomon Vine und Gabriel Wilde. Bis Wilde sich vor Jahren an Vines Freundin herangemacht hat. Nun sollen sie eine Operation in Istanbul führen. Das Verhör eines Überläufers geht fürchterlich schief und der zu Verhörende bleibt schwer verletzt zurück. Alle Indizien sprechen gegen Vine, der vom Dienst suspendiert wird. Allerdings bittet ihn sein alter Mentor Newton um Hilfe. Vine soll herausfinden, ob an dem Gerücht, dass es ein Leck im Geheimdienst ihrer Majestät gibt, etwas dran sein könnte. Obwohl noch immer suspendiert, beginnt Vine mit eigenen Nachforschungen.

Wie muss man sich fühlen, wenn einem eine Tat untergeschoben wird, die man nicht begangen hat. Wenn aber die Beweise eine so deutliche Sprache gegen einen sprechen, dass es kaum eine andere Erklärung geben kann. Die bei einer derart offensichtlichen Sachlage auch keiner sucht. Schon aus dieser Lage heraus gibt es kaum eine andere Chance als selbst nach der Wahrheit zu suchen. Auf wen kann da nur der Verdacht fallen? Wenn nur eine andere Person an der Operation beteiligt war? Eine glückliche Ablenkung bietet der Auftrag von Newton, der noch einen viel größeren Verdacht hegt. Wenigstens einer, der noch Vertrauen hat.

Rasant beginnt dieser Roman, um dann erstmal in ruhigere Fahrwasser zu gleiten. Doch gerade die unaufgeregte Art Vines, seine zielstrebige Suche nach der Wahrheit, um sich selbst reinzuwaschen, aber auch um den Umtrieben im Geheimdienst auf die Spur zu kommen, führt dazu, dass man immer gebannter liest. Vine als studierter Mathematiker geht mit bestechender Logik voran. Auch wenn ihm die Hinweise und Andeutungen nicht gefallen, er macht weiter. Hinter jeder Ecke kann einer lauern, dem er nicht trauen kann. Wie unheimlich, wenn es sich dabei um Arbeitskollegen handeln kann. Ein Plan, der sich nach und nach entfaltet und der am Glauben an das eigene Weltbild zweifeln lässt. In Vines Haut möchte man nicht stecken, doch verfolgt man gefesselt jedem seiner Schritte, immer in der Furcht, dass er eine noch aufrüttelndere Entdeckung macht.

Veröffentlicht am 19.12.2018

Bootsfahrt

Flavia de Luce 9 - Der Tod sitzt mit im Boot
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Nun ist Flavia de Luces Vater schon ein halbes Jahr tot und unter den Schwestern geht es drunter und drüber. Alle drei sind noch sehr jung, viel zu jung, um Waisen zu sein. Wirklich helfen kann da auch ...

Nun ist Flavia de Luces Vater schon ein halbes Jahr tot und unter den Schwestern geht es drunter und drüber. Alle drei sind noch sehr jung, viel zu jung, um Waisen zu sein. Wirklich helfen kann da auch der treue Dogger nicht. In der Hoffnung, dass sich die Wogen etwas glätten, unternimmt er mit den Mädchen eine Bootsfahrt. Doch wenn man Flavia kennt, ahnt man schon, dass sie nicht einfach eine Hand durchs Wasser gleiten lassen kann. Was wohl bei allen anderen gut ginge, führt bei Flavia dazu, dass ihre Hand an einem Hindernis hängen bleibt, genau genommen an dem offenen Mund einer Leiche.

Man mag es sich nicht vorstellen, schließlich würde man ja an fremden Zähnen hängen bleiben, brrr. Flavia ist glücklicherweise abgebrühter und gemeinsam mit Dogger bringt sie die Leiche ans Ufer. Die günstige Gelegenheit muss genutzt werden, solange die Polizei noch nicht vor Ort ist, untersucht Flavia die Leiche. Und sofort fallen ihr einige Ungereimtheiten auf, die später genauer untersucht werden müssen. Für ein paar Tage müssen die de Luces und Dogger am Ort bleiben, bis der Todesfall genauer geklärt ist. Für Flavia ist es eine willkommene Ablenkung von ihrer Trauer, eigentlich wollte sie sterben, doch mit dem rätselhaften Todesfall kommt wieder Leben in ihr Herz.

Der Mensch ist doch ein sehr anpassungsfähiges Wesen, auch wenn er meint, nach einer Katastrophe kann es nicht mehr weitergehen, wird er doch erfahren, dass nach einer gewissen Zeit der Trauer und des Stillstands ein Licht am Horizont auftaucht, durch welches die alten Lebensgeister wieder erweckt werden. Das in Flavias Fall das Licht in Form einer Leiche daherkommt, ist schon etwas speziell, typisch Flavia eben. Man ist richtig froh für Flavia, wie sie ihre chemischen Untersuchungen durchführt und mit den Ergebnissen ein paar Denkübungen macht, wodurch sich tatsächlich ein anderer Ansatz für den Leichenfund offenbart als der Unfall, zu dem er durch die Polizei gemacht werden soll. Dogger ist dabei eine große Hilfe, seine denkerischen Fähigkeiten stehen Flavias in nichts nach und sogar ihre Schwestern erweisen sich als hilfreich. Flavia müht sich mit dem schmerzlichen Verlust und mit dem Erwachsen werden, doch wie auch schon in ihren vorherigen Auftritten müht sie sich leichtfüßig und sympathisch.

Flavia de Luce, 12 Jahre, eine außergewöhnliche Ermittlerin, der man gerne bei der Entwicklung vom naseweisen Kind zur integren Jugendlichen zuschaut.