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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.11.2016

Sehr zu empfehlen!

Stimmtraining
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Ob monoton, ausdrucksstark, piepsig, hohl, tief, schrill, weich, hart oder nasal - Stimmen können ganz unterschiedlich klingen und daher auch sehr verschiedene Empfindungen beim Zuhörer wecken. So können ...

Ob monoton, ausdrucksstark, piepsig, hohl, tief, schrill, weich, hart oder nasal - Stimmen können ganz unterschiedlich klingen und daher auch sehr verschiedene Empfindungen beim Zuhörer wecken. So können Stimmen an- oder unangenehm sein und uns daher besser oder schlechter ankommen lassen. Einer monotonen oder sehr schrillen Stimme bei einem längeren Vortrag zu folgen, fällt zudem schwerer: Bei einer Präsentation besteht die übermittelte Botschaft zu 38% aus der Stimme (Klang, Tonfall, Melodie, Art und Weise des Stimmgebrauchs), zu 55% aus Nonverbalem (Erscheinungsbild, Ausstrahlung, Gestik und Mimik) und nur zu 7% aus verbalen Hinweisen (dem Wortinhalt), weswegen die Stimme gerade für "Voice Worker" von großer Bedeutung ist. (S.95) Beruflich wie auch privat ist eine authentische, angenehme und ungezwungene Stimme also unerlässlich.
Eva Loschky hat Gesang studiert, Bühnenerfahrung gesammelt und ist ausgebildete Logopädin. Seit vielen Jahren bietet sie mit der Loschky-Methode® ein ganzkörperverbundenes Stimmtraining im Rahmen von Coachings und Workshops, dass eine belastbare und wohlklingende Stimme, welche zu überzeugen vermag, zum Ziel hat.

In ihrem Buch zeigt sie Schritt für Schritt in den Kapiteln "Einstimmung", "Die Stimme - das unbekannte Phänomen", "Der Einatem - Moment der Ruhe vor dem Klang", "Das Becken - Schale für den Klang", "Der Ausatem - Erzeuger des Klangs", "Die quere Bauchmuskel - der sichere Halt", "Kleiner Ausflug zu den Atemtypen", "Die Flanken - das Tor zur Welt", "Mund- und Rauchenraum - eine freie Klanghöle", "Atem, Stimme, Emotion", "Stimmlust pur", "Überblick", "Ausklang" und "10 Tipps für eine effektive Stimmpflege" sowie einigen weiteren Unterkapiteln, wie der gesamte Körper Auswirkungen auf die eigene Stimme hat. Außerdem erklärt sie von Grund auf, wie man seine Atmung,... verbessern kann. Dabei zeigen viele Fallbeispiele aus ihren Coachings und ähnlichen Veranstaltungen, wo Fehlerquellen lauern und welche Bemühungen es braucht, um diese zu umgehen.
Viele Übungen vermitteln darüber hinaus den achtsamen Umgang mit dem Körper und der Stimme, machen Spaß, sind gut erklärt, lassen sich daher problemlos ausführen und verhelfen schnell zu Erfolgen. Sehr schön sind meines Erachtens auch die Vorstellungen, welche man sich bei den Übungen machen soll - ganz gleich ob dies nun das Finden seiner "Buddha-Qualität" (S.80), der "Heißluftballon" (S.149) oder der "weiße Kranich" (S.151) ist.
Die Gestaltung des Buches ist außerdem sehr ansprechend, da viele Zeichnungen die gerade angesprochenen Körperregionen oder Ähnliches aufzeigen. Viele verdeutlichen auch die richtige Ausführung der Übung, dunkel unterlegte Boxen lassen die Übungen oder zusammenfassende Infoboxen sofort ins Auge stechen.
Eva Loschky stellt heraus, dass wir im Säuglingsalter über eine viel weitere Spannbreite von Tönen verfügen, welche wir dann jedoch im Verlaufe der Zeit verlernen; zum Teil weil wir beim Spracherwerb Nahstehende wie Verwandte imitieren. Sie möchte ermöglich, dass man seine persönliche und authentische Stimme wiederentdeckt und sie sich dauerhaft aneignet.

Mir konnte dieses Buch bereits sehr schnell zu einem bewussteren Atmen und Sprechen verhelfen. Da die Übungen so ausgewählt worden sind, dass man sich stets über Erfolgserlebnisse freuen kann, bleibt man auch dauerhaft motiviert und verliert den Spaß nicht. Und dass ist doch schließlich das A und O im Zusammenhang mit Körper und Stimme. Wer sich wohlfühlt wird auch eher eine wohlklingende Stimme haben. Generell gelte der Grundsatz, was dem Körper guttue, seie auch der Stimme förderlich.
Von mir gibt es für dieses Sprech-, Gesangs- und Atemübungen umfassende Buch 5 Sterne!

Veröffentlicht am 21.11.2016

Authentische Rezepte!

Vieatnam – Das vietnamesische Kochbuch
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Luke Nguyen reist nach Vietnam, welches seine Eltern als er ein kleines Kind war, verließen um dort sowohl etwas über seine Wurzeln als auch über traditionelle vietnamesische Küche zu erfahren. Seine Reise ...

Luke Nguyen reist nach Vietnam, welches seine Eltern als er ein kleines Kind war, verließen um dort sowohl etwas über seine Wurzeln als auch über traditionelle vietnamesische Küche zu erfahren. Seine Reise beginnt im nördlich gelegenen Hochland von Sa Pa, führt ihn weiter in den Süden, in die Hauptstadt Hanoi und die zentral gelegenen Gegenden von Hue, Hoi An und zur Küstenregion Quy Nhon. Danach geht es weiter in den Süden, nach Saigon.
Die Kapitel des Buches sind den einzelnen bereisten Regionen zugeteilt und werden durch kleine Erzählungen zu Luke Nguyens Erlebnissen dort eingeführt. So erhält man auch einen Einblick in das vietnamesische Leben – auch vor für uns etwas Befremdlichem, wie dem Verzehr von den in so hoher Zahl in den Reisfeldern lebenden Schlangen und ihren noch schlagenden Herzen, wird nicht zurückgeschreckt. Mich hat dies sehr angesprochen, da man sonst meist reisekataloggeeignete Landschaftsbeschreibungen zu lesen bekommt, mit denen man dann so viel nun auch wieder nicht anfangen kann. Aber auch Begegnungen mit Familienmitgliedern, Gespräche mit Einheimischen über Familienrezepte oder Ähnliches werden sehr spannend beschrieben.
Die authentischen Rezepte sind äußerst abwechslungsreich: Auf 344 Seiten findet sich eine Vielzahl ansprechender Gerichte, bei denen man sich nur schwerlich aussuchen kann, welches Gericht zu erst nachzukochen ist. Jede Geschmacksrichtung ist vertreten, sodass jeder fündig wird. die meisten Rezepte sind sehr leicht nachzukochen und benötigen auch keine lange Liste exotischer Zutaten. Deswegen kann man auch spontan mal etwas aus diesem wunderbaren Werk zubereiten.
ich bin ganz fasziniert davon, wie durchaus simple und schnell zuzubereitende Gerichte derart gut schmecken können. Häufig ist es bei kochbüchern so, dass die meisten Rezepte in ein und dieselbe Richtung gehen und man nach ein paar Gerichten erstmal genug davon probiert hat – hier war ich jedoch von den Kombinationen sehr (positiv) überrascht.
Besonders gut haben mir die Rezepte „Sautierte Riesenganelen (Tôm Kho Tàu)“ (S. 128) und „Gegrillte Riesenganelen in Austernsauce (Tôm Nnướng dầu hào)“ (S. 183) gefallen.
Aber auch die „Fischplätzchen aus Din Daeng“ (S.144) konnten mich für sich gewinnen. Das Kochbuch ist bei mir mit wirklich vielen Lesezeichen versehen, da ich noch so viele weitere Rezepte ausprobieren möchte. Bisher hat noch keines meine hohen Erwartungen nicht erfüllt.
Die Rezepte sind allesamt sehr verständlich beschrieben, sodass nichts schief gehen kann. Mich haben die kleinen Einführungen zu dem jeweiligen Rezept ebenfalls begeistern können, da es schön war, zum Beispiel zu lesen, wer Luke Nguyen dieses Gericht gezeigt hat.
Auch die Gestaltung des Buches ist mehr als gelungen: Ca. 200 Abbildungen tragen zu der hochwertigen Optik bei. Es bereitet sehr viel Freude, in diesem Werk zu schmökern und die Mischung aus Erfahrungsbericht und Kochbuch spricht mich sehr an.

Alles in allem ein must-have für Freunde vietnamesischer Küche oder für solche, die es gerne werden möchten. Eine Vielzahl abwechslungsreicher leicht zuzubereitender Rezepte erwartet einen in diesem Buch. Darüber hinaus lernt man Vietnam durch die Berichte Luke Nguyens kennen, was zusammen ein sehr stimmiges Bild ergibt.
Ich bin von diesem Werk begeistert und froh darüber, dass mich noch viele weitere Rezepte erwarten!

Veröffentlicht am 12.11.2016

Sehr informativ und verständlich!

Fleischfabrik Deutschland
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Die Massentierhaltung hat deutlich vernichtendere Folgen, als man es spontan vermuten würde. Selbstverständlich ist in der Bevölkerung bereits angekommen, dass diese Art der Produktion für wenig Geld auf ...

Die Massentierhaltung hat deutlich vernichtendere Folgen, als man es spontan vermuten würde. Selbstverständlich ist in der Bevölkerung bereits angekommen, dass diese Art der Produktion für wenig Geld auf Kosten der Qualität geht. Aber damit hat man das eigentliche Problem gerade erst gestreift: Nicht nur unsere Gesundheit wird gefährdet, den Tieren wird gesetzlich eigentlich verbotenes Leid zugefügt, die Umwelt leidet - mit verheerenden Folgen für die Ökosysteme und schlussendlich auch uns Menschen - und Bäuerinnen und Bauern können von ihrer Arbeit kaum mehr als die Kosten decken. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, welche von dem Dumpingfleisch profitieren und mithilfe ihrer Lobbyisten notwendige Schritte in der Politik zu verhindern wissen.
Dabei sollte uns, als einer der größten Fleischproduzenten Europas, unsere Verantwortung gegenüber den Tieren, der Umwelt oder den Menschen bewusst sein.
In "Fleischfabrik Deutschland" zeigt der promovierte Biologe und Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, wie viele (globale) Missstände zusammenhängen und wie beispielsweise unser fehlerhaftes System der Fleischerzeugung unter anderem Wasserknappheit verschärfen oder zur Erderwärmung beitragen.

In diesem Werk wird auf derart viele Aspekte eingegangen, dass ich sie hier nicht auflisten möchte. Auf 256 Seiten werden, in die großen Oberkapitel "Das Schweinesystem", "Gefahren aus dem Stall", "Ohne Netz und doppelten Boden", "Eine Frage der Gerechtigkeit", "Globale Verlierer", "Die Schuldfrage", "Löchrige Gesetze", "Falsches Geld", "Europas mächtigste Lobby", "TTIP und CETA", "Aufbruch in die Agrarwende - hin zu einer grünen Landwirtschaft", "Mut zur Veränderung", "Sechs Schritte für eine grüne Agrarwende" und "Was wir davon haben" gegliedert, Zusammenhänge beschrieben, Sachverhalte erklärt, Fragen gestellt, Lösungen geboten,...
Dabei sind die Ausführungen stets sehr verständlich und gut zu lesen. Hofreiter bleibt immer sachlich und verurteilt niemanden, er sucht auch nicht den einen Schuldingen, sondern gibt viel mehr Denkanstöße und ganz konkrete Vorschläge an, um das System zu verbessern. Schließlich liegt der Grund für die vielen Probleme weder einfach nur beim ignoranten Konsumenten, der mehr zu bezahlen nicht bereit ist, noch bei den profitmaximierenden Bäuerinnen und Bauern. Es wird sehr darauf geachtet, keine Schwarz-Weiß-Malerei zu betreiben und nicht alle Probleme und die Verantwortung auf einzelne Personen(gruppen) abzuwälzen.
Sehr hilfreich sind auch die zahlreichen anschaulichen Diagramme, Graphen, Skizzen, Fotografien und so weiter, da diese einem die sonst doch etwas schwer zu begreifenden Fakten verständlicher machen.
Was mir an diesem Buch auch sehr gefällt ist, dass es auch kein Aufruf zum Vegetarismus oder Veganismus ist. Viel mehr wird ein vernünftiger und verantwortungsbewusster Umgang mit unseren Ressourcen gefordert und eine Umstrukturierung der industriellen Landwirtschaft angestrebt.
Dies wäre auch ein Schlüssel, um auf globaler Ebene der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen entgegen zu wirken.

Von mir gibt es für dieses spannende, informative und zum Nachdenken anregende Buch 5 von 5 Sternen!

Veröffentlicht am 25.10.2016

Interessant!

»Noch wichtiger als das Wissen ist die Phantasie«
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In "Noch wichtiger als das Wissen ist die Phantasie" stellt der rennomierte Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer 50 Erkenntnisse der Wissenschaft vor. Nach Bestseller »Die andere Bildung« (2001), ...

In "Noch wichtiger als das Wissen ist die Phantasie" stellt der rennomierte Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer 50 Erkenntnisse der Wissenschaft vor. Nach Bestseller »Die andere Bildung« (2001), der Biographie »Der kleine Darwin« (2009) und »Durch die Nacht« (2015) übernimmt er wieder die Rolle des Vermittlers zur populären Naturwissenschaft in einer Art und Weise, die sich leicht verfolgen und sehr gut verstehen lässt.
In den Kapiteln "Erkenntnisse aus Astronomie und Physik", "Erkenntnisse aus Mathematik und Informatik", "Erkenntnisse aus Naturforschung und Biologie", "Erkenntnisse aus Chemie und Medizin", "Erkenntnisse aus Molekularbiologie und Genetik" sowie "Noch mehr Erkenntnisse" stellt der Autor brühmte Wissenschaftler vor und erklärt ihr Wirken. Da die Phantasie meist zu Beginn der Forschung oder des Forschungsergebnisses steht, ruft Fischer selber auch dazu auf, kreativ zu sein, es zu bleiben und das Staunen über die faszinierende Welt und die zahlreichen Rätsel, welche sie bereithält, beizubehalten.
Jedes Unterkapitel beginnt mit einem Zitat des entsprechenden Wissenschaftlers, das bereits eine Vorstellung von den Denkern und Forschern ermöglicht. Dabei stößt man immer wieder auf Aussagen, die zum Schmunzeln bringen oder Ähnliches. Ob Werner von Siemens' "Es kommt nicht darauf an, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen, sondern mit den Augen die Türe zu finden.", Robert Kochs "Die Frage ist so gut, dass ich sie nicht durch meine Antwort verderben möchte.", Alexander von Humboldts „Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie angeschaut haben.“ oder Georg Chistoph von Lichtenbergs "Es ist fast unmöglich, die Fackel der Wahrheit durchs Gedränge zu tragen, ohne jemanden den Bart zu sengen." - diese Einleitungen wurden sehr ansprechend ausgewählt.
Die daraufhin folgenden Erklärungen stützen sich teilweise auf das Eingangszitat, befassen sich mit der Biografie des Wissenschaftlers und geben Erklärungen zu Forschungsergebnissen an. Da sowohl mehr als auch weniger berühmte Wissenschaftler behandelt werden, gestaltet sich das Buch auch sehr abwechslungsreich. Da die einzelnen Unterkapitel auch nicht zu ausführlich sind, bleiben sie stehts spannend und verständlich, vermitteln aber auch ein solides Verständnis zu bestimmten Theorien,...

Sowohl um altes Wissen aufzufrischen, Neues dazuzulernen, sich einfach verzaubern zu lassen als auch um junge Leser für die Wissenschaft zu begeistern, ist dieses Buch sicherlich bestens geeignet.

Veröffentlicht am 18.10.2016

So vielseitig wie die Durchschnittsfüllung der Tablettenbox von Groens Mitbewohnern!

Eierlikörtage
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Hendrik Groen gehört nicht zu den Menschen im Seniorenheim, die jeden Tag die Einnahme ihrer Tabletten unter goßem Getue zelebrieren, pausenlos wehklagen, kundtun, was früher alles besser war, erst wenn ...

Hendrik Groen gehört nicht zu den Menschen im Seniorenheim, die jeden Tag die Einnahme ihrer Tabletten unter goßem Getue zelebrieren, pausenlos wehklagen, kundtun, was früher alles besser war, erst wenn es um Beschuldigungen und Verschwörungen geht wieder so richtig aktiv werden, sich gar nicht mehr aus dem Haus trauen oder es nicht bemerken, wenn die Zeitung, die sie gerade lesen, noch aus der letzten Woche stammt. Zwar kann er gesundheitlich den langsamen Verfall nicht leugnen, jedoch fühlt er sich alleine von seiner Einstellung her Lichtjahre von den ganzen alten Menschen entfernt.
Nun, im Alter von 83 1/4 Jahren beschließt er, nicht mehr zu allem Ja und Amen zu sagen, sondern lieber seine Meinung kundzutun. Darüber hinaus beginnt er mit dem Schreiben eines Tagebuchs, wobei er sich vornimmt, ganz ungetrübt das Leben im Altenheim widerzugeben. Ungeschönt und unverblümt. Sollte er vor seinem besten Freund Evert Duiker sterben, was er so fest eingeplant hat, soll dieser ein paar nette – wenn auch nicht gerade schmeichelhafte – Passagen aus dem geheimen Tagebuch vorlesen.
Da er alte Menschen generell nicht mag und Großveranstaltungen wie das feierliche Mitklatschen zu „Tulpen aus Amsterdam“ oder heikle Gymnastikübungen im Sitzen nur zu gerne versäumt, hat Hendrik Groen so viele Freunde im Altenheim in Amsterdam-Nord nicht. Mit seinen rebellischen – ja gerade zu vandalistischen – Taten macht er sich auch nicht gerade mehr Freunde. Viele verstehen diese Befreiungsschläge gegen das Establishment, vertreten durch die Heimleitung, nicht so ganz.
Als dann aber eine neue Bewohnerin, Eefje Brandt, einzieht, die mit dem ganzen Geschlurfe und Gestöhne auch nichts zu schaffen haben möchte, ist eine neue Verbündete gefunden. Rein zufällig wird so am Montag, dem 19. Februar, ein Rebellenclub gegründet. Mitglieder: Hendrik Groen, Evert Duiker, Eefje Brandt, Edward Schermer, Grietje de Boer und Graeme Gorter. Vereinsname: Alt-aber-nicht-tot, oder kurz: Alanito. Die Mitgliederzahl ist vorerst auf sechs Personen begrenzt, sodass neue Mitglieder aufzunehmen nicht möglich ist. Ein guter Schachzug in Anbetracht der ganzen Nörgler, die bald der Neid, dann das Misstrauen und schließlich das Lästern packen wird. Das Ziel des Clubs ist es, gegen die chronische Ereignislosigkeit anzukämpfen, weswegen bei einer bewegenden Gründungsversammlung beschlossen wird, dass, unter Betrachtung der Gebrechen und finanziellen Möglichkeiten der Mitglieder, in regelmäßigem Abstand nacheinander jedes Mitglied unter strengster Geheimhaltung einen Ausflug planen muss. Dabei kann es sich um tolle Besichtigungen, Kurse oder Ähnliches handeln. Eine wichtige Regel sei noch vermerkt: Teilnehmern ist das Meckern nicht gestattet.
Und so blüht die Gruppe auf, erlebt endlich wieder etwas und wächst zusammen. Dabei verschlechtert sich die Gesundheit der Clubmitglieder, neue Beschlüsse der Direktorin müssen verhindert werden,… Es ist also einiges los im Altenheim…

„Auch im neuen Jahr hab ich für Senioren nichts übrig. Dieses Geschlurfe hinter Rollatoren, diese völlig deplatzierte Ungeduld, dieses ewige Gejammer, diese Kekse zum Tee, dieses Geseufze und Gestöhne.
Ich bin 83 1/4 Jahre alt.“
Schon die ersten drei Sätze haben mich zum Schmunzeln gebracht und meine Neugierde geweckt. Immer wieder stößt man auf so schöne Passagen, dass man sie sich am liebsten herausschreiben würde – nur dass es dafür dann doch zu viele sind. Hendrik Groen beschreibt den Alltag im Altenheim mit viel (Selbst-) Ironie und Scharfsinn. Das Erzählte ist dabei manchmal so skurill, wenn auch nicht unrealistisch, dass man nicht mehr anders kann, als loszulachen. Aber selbstverständlich gibt es nicht ständig Grund zur Freude, denn auch Trauriges schildert Groen in seinem geheimen Tagebuch.
So ist dieses Werk so vielseitig wie die Durchschnittsfüllung der Tablettenbox von Groens Mitbewohnern. Manchmal sentimental, dann wieder höchst amüsant, im nächsten Moment traurig, als nächstes zum Kopfschütteln, dann zum Lachen, schließlich kopfkinoverursachend, zum Aufregen oder wieder herzerwärmend.
Ganz besonders gelingt es Hendrik Groen, die Stimmung, welche in einem Moment herrscht, durch einen gezielten Kommentar wieder umschlagen zu lassen. Nicht selten führte dies bei mir zum Staunen oder Lachen.
Sehr ansprechend ist meiner Meinung nach auch, dass dieses Werk auch wirklich Tagebuchcharakter hat, denn auch Themen wie der Königstag oder Nachrichten Groens Bewertung nicht entgehen können. Aber auch Veränderungen im Heim werden zum Gegenstand der Tagebucheinträge gemacht, sodass man die Zustände dort lebhaft vor Augen hat und es gleich verschiedene Handlungsstränge gibt, welche jedoch stets passend zusammengeführt werden. Ebenso wird über die Gesundheit der Charaktere geschrieben, was schon beeindruckt und zum Nachdenken anregt. „Stillstand bedeutet Fortschritt“, doch nicht bei jedem bleibt das aktuelle Niveau erhalten…

Mit „Eierlikörtage“ wurde ein wunderbares Werk geschaffen, welches ich jedem ans Herz legen kann! Es ist nicht nur einfach humorvoll, hat nicht einfach Unterhaltungswert, sondern gibt auch, immer in Maßen, Anlass zum Grübeln. Ich habe es sehr genossen, Herrn Groen ein Jahr lang zu begleiten, habe Alanito ins Herz geschlossen und mitgefiebert. Jetzt bin ich auf die Fortsetzung, „Tanztee“, gespannt, welche im Frühjahr nächsten Jahres erscheinen soll.