Cover-Bild Goethes Leichen
11,90
inkl. MwSt
  • Verlag: Emons Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Krimi: Klassisch
  • Genre: Krimis & Thriller / Historische Kriminalromane
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 15.10.2015
  • ISBN: 9783954517169
Paul Kohl

Goethes Leichen

Weimar 1783: Eine Kindsmörderin wird enthauptet, ein Schmied und ein Bauer ermordet und junge Burschen als Rekruten nach Preußen verkauft. Auf der Suche nach einer wertvollen Handschrift irrt Archivar Kestner im Labyrinth dieser Verbrechen umher – und erhofft sich Hilfe von Geheimrat Goethe. Doch dieser weist ihn ab. Da erscheint ihm Mephistopheles persönlich und lockt ihn in einen Keller des abgebrannten Schlosses. Jetzt wird es für Kestner höllisch heiß.

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Lesejury-Facts

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.01.2020

Zwei Seelen wohnen, ach in seiner Brust

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Zwei Seelen wohnen, ach in seiner Brust

Krimi-Autor Paul Kohl hat mich mit diesem historischen Krimi ein wenig zwiegespalten zurückgelassen.

Worum geht’s?

Kurfürst Georg III. von Hannover sendet seinen ...

Zwei Seelen wohnen, ach in seiner Brust

Krimi-Autor Paul Kohl hat mich mit diesem historischen Krimi ein wenig zwiegespalten zurückgelassen.

Worum geht’s?

Kurfürst Georg III. von Hannover sendet seinen Archivar Kestner nach Weimar, um eine wertvolle Zeichnung, die dorthin ausgeliehen war, zurückzuholen. Gemeinsam mit seinem Gehilfen Lorenz gerät Kestner in einen Strudel von Intrigen und Verbrechen, aus dem es kaum ein Entrinnen gibt.

Meine Meinung:

Die Idee und den Aufhänger finde ich grandios! Leider ist meiner Meinung nach die Umsetzung nicht ganz gelungen. Da ist zum einen, dass der Krimi in einige albtraumhafte ziemlich surreale Episoden abgleitet und zum anderen gibt es ein paar historische Ungenauigkeiten, wie z.B. dass Kestner einen Pyjama trägt (S. 42). Die Schlafbekleidung für Männer dieser Zeit ist das Nachthemd. Weiters kann ich nicht glauben, dass es in der Mühle „beschriftete Boxen“ für die jeweiligen Getreidesorten gab (S. 142) oder das „Klebeband“ (S. 278) oder kaltes/warmes Leitungswasser (!) in der Suite.

Der Großteil der Menschen sind Analphabeten. Daher ist auch der grammatikalisch und orthographisch richtig geschriebene Abschiedsbrief der Katharina Höhn (S. 109/110) unglaubwürdig. Dieser Brief bringt mich gleich zum nächsten Thema: Die Sprache der einfachen Leute, wie der Höhn oder dem anderen „Personal“ des Krimis ist viel zu gewählt. Eine Frau, die kurz vor ihrer Hinrichtung steht, spricht keine solchen gestelzten Sätze. Mehrfach wird die Worte „Chef“ (S. 272) oder „Chefin“ verwendet – viel zu modern.

Gut gefallen hat mir die bildhafte Beschreibung der Stadt Weimar mit den üblen Gerüchen, den ortansässigen Menschen, der offensichtlich ängstlichen Stimmung und der vorrevolutionären Ideen. Auch die Vorgänge rund um Zwangsrekrutierung von jungen Männern für die Preußische Armee, sind gut herausgearbeitet. Der Verkauf und Export von Soldaten hat damals manches Fürstentum vor der Pleite gerettet. Auch in Hessen, das Regimenter für den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg bereitstellte, ein lukratives Geschäft.

Besonders hat mich die unübliche Charakterisierung des Geheimen Rates Johann Wolfgang von Goethe fasziniert: Auch er hat eine dunkle Seite (Zwei Seelen wohnen, ach in seiner Brust!). Hier ist Goethe weit weg vom Humanisten und (späteren) Bewunderer der Revolution.
Gleichzeitig lässt der Autor ein paar Figuren aus Goethes Werken „auferstehen“ bzw. hat in seinen Dichtungen Anleihe an der Wirklichkeit genommen. So ist das „Gretchen-Motiv“ an die Kindsmörderin Höhn angelehnt (oder umgekehrt), Mephisto steht plötzlich leibhaftig vor Kestner.
Die Szenen im Keller mit den in Gläsern eingelegten Gehirnen der Ermordeten, haben mich ein wenig frösteln lassen.

Fazit:

Wen die historischen Ungenauigkeiten nicht stören, der kann mit diesem Buch in das Weimar des 18. Jahrhunderts eintauchen. Von mir gibt es diesmal nur 3 Sterne.