Cover-Bild Schönwald
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26,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Piper
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 544
  • Ersterscheinung: 27.07.2023
  • ISBN: 9783492071901
Philipp Oehmke

Schönwald

Roman | Großer Familien-Roman auf der Shortlist des Aspekte-Literaturpreises

Eine deutsche Familie, ein großer Roman

Anders als Harry findet Ruth Schönwald nicht, dass jedes Gefühl artikuliert, jedes Problem thematisiert werden muss. Sie hätte Karriere machen können, verzichtete aber wegen der Kinder und zugunsten von Harry. Was sie an jenem Abend auf einem Ball ineinander gesehen haben, ist in den kommenden Jahrzehnten nicht immer beiden klar. Inzwischen sind ihre drei Kinder Chris, Karolin und Benni erwachsen. Als Karolin einen queeren Buchladen eröffnet, kommen alle in Berlin zusammen, selbst Chris, der Professor in New York ist und damit das, was Ruth sich immer erträumte. Dort bricht der alte Konflikt endgültig auf.

»Schönwald« ist der mitreißende Roman einer Familie und zweier Generationen, die nie gelernt haben, miteinander zu reden – und die ein großes Geheimnis miteinander verbindet.

»›Schönwald‹ ist ein entlarvender, preisverdächtiger Roman, vielleicht sogar ein Buch des Jahres.« ― WDR 5 „Bücher“ 

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.06.2023

Ehrlichkeit, Offenheit und Authentizität

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Hier liegt ein Buch vor, das man nicht gleich wieder vergessen kann, ein Buch mit dem man sich gedanklich weiter beschäftigt, ein Gesellschaftroman, in dem ganz viele Themen unserer Zeit angesprochen und ...

Hier liegt ein Buch vor, das man nicht gleich wieder vergessen kann, ein Buch mit dem man sich gedanklich weiter beschäftigt, ein Gesellschaftroman, in dem ganz viele Themen unserer Zeit angesprochen und eingeflochten werden, angefangen von der Bewältigung unserer Nazi-Vergangenheit über Homosexualität, Kindesmissbrauch, me-too, MAGA-Bewegung und Trumps Amerika. Und trotz dieser scheinbaren Aktualität sind für mich diese Themen nur Randthemen. Für mich ging es um etwas anderes.

Vom Cover her zeigt es die Frühstücksszene einer gut situierten Familie, der Familienvater schon im Anzug, seine Frau noch im Morgenmantel, aber damit beschäftigt, den Gatten und die Kinder gut versorgt in den Tag zu entlassen. Glücklich scheint sie dabei nicht zu sein. Zu den 70ern und frühen 80ern könnte es durchaus noch passen und somit auch zum Buchinhalt und zur Familie Schönwald.

Ein Wochenende in Berlin: der queere Buchladen von Karolin Schönwald soll eröffnet werden, die ganze Familie ist gekommen, sogar der Bruder aus den fernen USA und die Eröffnung wird gestört durch junge Leute, die Farbbeutel werfen und die Finanzierung des Ladens mit Nazigeld in Verbindung bringen. Der erste Hinweis darauf, dass die Familie einiges übergangen, verschwiegen haben könnte.
Die Familie besteht aus den Eltern Ruth und Harry, beide deutlich über 70, gut situiert und wohnhaft in Köln und drei erwachsenen Kindern. Der älteste Sohn Chris hat den Traum der Mutter verwirklich und lehrt Literatur an der Columbia University – so zumindest der letzte Wissensstand der Familie. Seine Partnerinnen wechseln, aktuell ist es Kimberley.
Karolin hat Kunstgeschichte studiert, war kurzzeitig verheiratet, um sich nach 4 Monaten wieder scheiden zu lassen und hat sich endlich dazu entschlossen, unter die Buchhändler zu gehen. Sie lebt in einer lesbischen Beziehung.
Benni, das Nesthäkchen, ist verheiratet und hat zwei Kinder und ein Haus in der Uckermark. Wovon er lebt, weiß eigentlich niemand, aber seine Frau Emilia ist ausgesprochen betucht, aber auch ziemlich schwierig. So sieht es zumindest ihre Schwiegermutter.
Die Eltern und hier vor allem Ruth haben Probleme mit ihren Schwiegertöchtern, wobei es letztlich darauf hinausläuft, dass sie auch Probleme mit sich selbst haben, diese aber immer unter den Teppich gekehrt haben.
Ich als Leser habe im Verlauf des Buches immer wieder meinen Eindruck revidieren müssen. War ich am Anfang noch sehr bei Ruth und habe durchaus zugestimmt, dass nicht jeder Aspekt einer Sache unbedingt ausdiskutiert werden muss, so konnte ich im Verlauf des Buches auch die anderen Protagonisten immer besser verstehen. Die Intention des Autors, das Wochenende und wie es dazu kam, nicht nur aus einer Sicht zu erzählen sondern aus der fast aller Beteiligten, hilft dabei, auch die Beweggründe der anderen zu verstehen. Und für mich war das große Thema, das über allem stand:

Ehrlichkeit, Offenheit und Authentizität.

Das allerdings erzwingen zu wollen, wie es die sogenannten Instagram-Kids tun, kann auch nicht die Lösung sein.

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Veröffentlicht am 16.06.2023

Ein Buch zum Nachdenken!

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Viele Probleme, dunkle Geheimnisse innerhalb einer deutschen Familie tauchen nacheinander auf, um erst auf den letzten Seiten einen gefühlsbetonten, dramatischen Abschluss zu finden. Gefühle zu artikulieren, ...

Viele Probleme, dunkle Geheimnisse innerhalb einer deutschen Familie tauchen nacheinander auf, um erst auf den letzten Seiten einen gefühlsbetonten, dramatischen Abschluss zu finden. Gefühle zu artikulieren, das schafft Ruth nicht besonders aufgrund ihrer väterlichen Erziehung. Vermeidungsstrategie strebt sie an. Ihr Doppelleben gibt ihr Erfüllung jenseits der Familie. Angebliches Nazigeld ihres verstorbenen Vaters bzw. Großvaters löst Konflikte der Vergangenheitsbewältigung aus. Gedanken zur ewigen Schuld für Deutschland und seine wissenschaftlichen Historikerdebatten nach mehreren Jahrzehnten nach Kriegsende sind eingeflochten. Homosexualität steht im Raum ohne tiefer gehende Gespräche. Mit dem Sohn Chris, Literaturwissenschaftsprofessor aus der Ivy-League bzw. seine Aktivitäten bei MAGA - »Make America Great Again« - werden Sexismus und Karriere samt Fußangeln im akademischen Betrieb von Universitäten thematisiert. Wichtig ist hier auch die Frage, ob es besser ist, sich mit Weggucken, Nichtwissenwollen, Halbwahrheiten oder geschönten Versionen durchs Leben zu hangeln wie Bennis Schuldzuweisung an die Eltern zeigt. Neben Ruth als sehr dominante, weibliche Hauptperson mit ihrem Faible für Thomas Mann verzagen die Männer sehr an dem Trio der Hölle bestehend aus Emilia, Milliardärin, dann Karolin, Kampflesbe und der Amerikanerin Kimberley, Trump-Anwältin. Allein schon durch solch starke Charaktere ist ein guter Spannungsbogen gesetzt, gepaart mit gewandtem Schreibstil und gehobener, akzentuierter Wortwahl aus dem Akademikermilieu. Ein tiefgründiges Buch zum Nachdenken!

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Veröffentlicht am 07.08.2023

Die düsteren Seiten der Schönwalds

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Die Schönwalds sind sicherlich keine Familie zum Liebhaben, aber sie bieten einiges an Erzählstoff. Ruth, Hans-Harald und ihre drei längst erwachsenen Kinder Chris, Karolin und Benni haben sich in ihrem ...

Die Schönwalds sind sicherlich keine Familie zum Liebhaben, aber sie bieten einiges an Erzählstoff. Ruth, Hans-Harald und ihre drei längst erwachsenen Kinder Chris, Karolin und Benni haben sich in ihrem „Familienleben“ gut eingerichtet, das zumindest oberflächlich nur deshalb so reibungslos funktioniert, weil jeder hier alles für sich behält, niemand über Gefühle oder Wahrheiten spricht und mehr oder minder zufrieden damit ist, belanglos nebeneinander her zu existieren.

Wie bei einem Kammerspiel treibt Familie Schönwald nach Jahrzehnten milde interessierter Koexistenz auf einen großen Showdown zu, als sich alle Familienmitglieder treffen zur Eröffnung von Karolins Buchladen für queere Literatur treffen, bei der es zu einem Skandal kommt. Dieses Ereignis nutzt Philipp Oehmke als Auftakt für tiefe Einblicke in die Vergangenheit und Gegenwart der Familienmitglieder. Ausführlich beleuchtet er Schlüsselmomente in der Entwicklung seiner Figuren, zeigt eindrücklich auf, warum diese so werden mussten, wie sie sind. So wird der Roman zu einer breitangelegten, überaus durchdachten Charakterstudie einer ganzen Familie, ihres Beziehungsgeflechts und ihrer mangelnden Kommunikation.

Darüber hinaus gelingt es Oehmke äußerst vergnüglich, mitunter haarscharf an der Satire vorbeistreifend, den Finger in die Wunden heutiger und vergangener deutscher Befindlichkeiten zu legen. Der Text ist sehr oft frech, politisch zum Glück nicht immer korrekt, dafür aber ehrlich, genau auf den Punkt und durchaus auch subtil ironisch. Hier wird mit allerlei Hysterie und vermeintlich gerade herrschendem Mainstream aufgeräumt – es tut tatsächlich sehr gut, mal einen Text zu lesen, der sich etwas traut und die Absurditäten unserer Zeit (wie z.B. Wohlstands-Bio-Kost, Dorf-Lifestyle und völlig ahnungslose Social-Media-Moralisten) vom Podest holt. Oehmkes Beobachtungsgabe ist messerscharf und mitunter fast respektlos, aber stets zutreffend und manchmal auch mit einem Hauch von Nostalgie verbrämt (ein Highlight ist z.B. die Beschreibung der Senator-Lounge der Lufthansa).

Eingebettet sind diese sehr unterhaltsamen Kommentare in einen äußerst lesbaren Text, der einen enorm hohen Unterhaltungswert bietet. Die Handlungsorte und einzelnen Handlungsaspekte sind ausgezeichnet beschrieben und bilden den passenden Hintergrund für die Irrungen und Wirrungen der Familie Schönwald. Vom Tennisclub über den Unibetrieb bis hin zum Hospital in Islamabad und der teuren psychologischen Praxis in Köln-Hahnwald – in diesem Roman wirkt alles authentisch und lebensecht, sicherlich auch, weil der Bezug zu realen Personen wie der Trump-Gefolgschaft geschaffen wird. Oehmke ist mit „Schönwald“ – was für ein Name für eine sehr deutsche Familie – ein unterhaltsames, punktgenaues und sehr zeitgeistiges Porträt von Menschen gelungen, die nicht mit, aber auch nicht ohne einander leben können.

Das Einzige, was man an dem Roman bemängeln könnte, ist, dass er aufgrund seiner Konstruktion der Rückschauen und Perspektivenwechsel oftmals den Eindruck erweckt, in jedem Kapitel zwei Schritte vor und einen zurück zu machen. Einige Ereignisse werden mehrfach aufgegriffen und dann aus der Sicht verschiedener Figuren betrachtet. Dies ist sowohl für das Verständnis der Situation als auch der Figur sinnvoll, führt aber mitunter zu einem Hauch von Langatmigkeit und dem Eindruck, dass der Text etwas auf der Stelle tritt.
Dennoch: „Schönwald“ ist absolut lohnenswert, sicherlich ganz besonders wenn man selbst der Generation X angehört. Feiner Humor, eine gründliche Auseinandersetzung mit Figuren, ein klarer und kritischer Blick auf deutsche Befindlichkeiten und die Fallstricke familiären Miteinanders wurden selten so gekonnt vereint.

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Veröffentlicht am 30.06.2023

Familiäre Abgründe

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Zu Anfang wirkt die Familie Schönwald bürgerlich langweilig, aber das währt nur kurz. Schnell ergeben sich die ersten Abgründe und die Konflikte, Kontroversen und schwelenden Geheimnisse hören bis zum ...

Zu Anfang wirkt die Familie Schönwald bürgerlich langweilig, aber das währt nur kurz. Schnell ergeben sich die ersten Abgründe und die Konflikte, Kontroversen und schwelenden Geheimnisse hören bis zum Schluss nicht wieder auf. Die Familienmitglieder sind allesamt herrlich absurd wohlstandsverwahrlost doppelmoralisch. Alle fühlen sich auf selbstgefällige Art und Weise im Recht und sind dabei alle auf ihre eigene Art unerträglich. Das ist sicher überzeichnet, aber jede*r Lesende kann sich wohl irgendwo in oder zwischen den Charakteren wieder finden. Damit kann das Buch zur Selbstreflexion anregen, muss es aber nicht, denn der Autor wertet und verurteilt nicht.
Dabei werden Themen der Zeit wie Queerness, städtische Hipster in Brandenburg, Shitstorms, amerikanische Alt Rights abgehandelt. Und über allem steht das Geld: der Wohlstand, die Selbstverständlichkeit von finanzieller Sorglosigkeit und das (teils unbewusste bzw selbst negierte) Streben nach immer noch mehr Reichtum.
Zwischendurch hat das Roman-Debut des Journalisten Philipp Oehmke schon mal leichte Längen, aber insgesamt fühlte ich mich bitterböse intelligent unterhalten. Ein Spiegel unserer Zeit ohne erhobenen Zeigefinger.

Veröffentlicht am 25.06.2023

Was ein fabelhaftes Figurenkabinett!

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Philipp Oemke hat einen Roman in die Welt gesetzt der sich sehen lassen kann. Eine Innenansicht einer Familie nach amerikanischem Vorbild. Um es vorweg zu nehmen: Mir hat es äußerst gut gefallen.
Er seziert ...

Philipp Oemke hat einen Roman in die Welt gesetzt der sich sehen lassen kann. Eine Innenansicht einer Familie nach amerikanischem Vorbild. Um es vorweg zu nehmen: Mir hat es äußerst gut gefallen.
Er seziert eine Familie, die sich selbst als eine normale Familie bezeichnen würde, aber hochgradig dysfunktional ist, anders kann man es nicht bezeichnen. Und schon hier liegt eines der Themen, denn wann ist eine Familie „normal“, was macht ein Familienleben aus, das erstrebenswert ist?
Mir ging es bei vielen Themen, die sehr philosophisch sind, in diesem Roman so. Es wird ein Konstrukt, eine Auseinandersetzung beschrieben, wir erleben etwas mit und ich zumindest, habe weiter auf den Themen gedacht. Es geht um Dinge wie das Streben nach Glück oder Geld, wie moralisch das Verhalten sein sollte, wie Menschen zur Selbstverblendung neigen und vieles vieles mehr.
Der Roman hat immerhin 550 Seiten und das ist eines der Gründe warum es Abzug in der B-Note gibt. Denn man hätte den Roman etwas knackiger gestalten können ohne dem Inhalt zu schaden. Hintenraus wird es dann aus meiner Sicht wirklich etwas mühselig. Da hätte man ein anderes früheres Ende finden können.
Aber wem begegnen wir überhaupt? Natürlich der Familie Schönwald, das sind die Eltern Ruth und Harry und deren drei Kinder, alle leben in Deutschland und wir kommen hinzu als der Buchladen der queeren Tochter eröffnet wird. Es liegt der Vorwurf im Raum, dass die Familie Geld aus Nazi-Tagen noch ihr eigenen nennt und so das eigene Glück vorantreibt und die Vergangenheit ignoriert. Schon mal eine explosive Mischung mit der hier Diskussionen in den Raum gestellt werden.
Was der Roman auch wunderbar kann, ist den Bogen über die Generationen zu schlagen mit all seinen Konflikten und anderen Ansichten.
Fazit: Lesen, lesen, lesen – eine deutsche Familie und wir voyeuristisch dabei. Ein Leseereignis in diesem Sommer.

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