Cover-Bild Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks
12,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Goldmann
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Biografien und Sachliteratur
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 512
  • Ersterscheinung: 17.12.2012
  • ISBN: 9783442157501
Rebecca Skloot

Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks

Die Geschichte der HeLa-Zellen
Sebastian Vogel (Übersetzer)

HeLa-Zellen haben Millionen Menschen das Leben gerettet – doch niemand kennt die Frau, von der sie stammen: Henrietta Lacks

Wir haben den HeLa-Zellen die größten Erfolge der Medizin zu verdanken. Sie ermöglichten Impfstoffe gegen Kinderlähmung, Medikamente gegen Krebs, und ohne sie gäbe es keine Genforschung. Was die meisten nicht wissen: Hinter dem Kürzel »HeLa« verbirgt sich Henrietta Lacks, eine schwarze Tabakarbeiterin, die 1951 an Krebs starb. Kurz vor ihrem Tod hatten Ärzte ihr Zellproben entnommen, aus denen die erste »unsterbliche« Zelllinie kultiviert wurde – ohne ihr Wissen. Rebecca Skloot erzählt die Lebensgeschichte der Henrietta Lacks und zeichnet den unvergleichlichen medizinischen Fortschritt nach, den ihre Zellen ermöglichten.

Ausstattung: 8 Seiten farb. Bildteil

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.03.2018

HeLa steht für 'Lebensretter' und 'Armut'

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Durch ein Seminar in meinem Masterstudium habe ich Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks kennengelernt und bin absolut davon begeistert. Bevor ich das Buch gelesen habe, hatte ich noch nie etwas von ...

Durch ein Seminar in meinem Masterstudium habe ich Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks kennengelernt und bin absolut davon begeistert. Bevor ich das Buch gelesen habe, hatte ich noch nie etwas von den HeLa-Zellen, geschweige denn von Henrietta und ihrer Familie, gehört. Mit ihrem Bestseller hat es Rebecca Skloot geschafft, nicht nur die medizinischen Durchbrüche mit Hilfe der Krebszellen zu beschreiben, sondern auch die Familiengeschichte der Lacks und wie sie unter den Folgen der Zellentnahme ihrer Mutter, Frau, Schwester und Freundin leiden, wahrheitsgemäß aufzuschreiben. Mit meiner Rezension werde ich versuchen, dem Buch gerecht zu werden, da es aber auch sehr komplex geschrieben ist, habe ich mich dazu entschlossen, auf die vielen medizinischen Termini und Forschungen nicht im Detail einzugehen.

In den fünfziger Jahren erkrankt die dreißigjährige Henrietta Lacks an Gebärmutterhalskrebs. Die schwarze Tabakarbeiterin wird im Johns Hopkins Krankenhaus mit Hilfe von Radium-Therapien behandelt, die allerdings keine Wirkung zeigen. Kurz bevor sie am 4. Oktober 1951 stirbt, entnehmen Ärzte Zellproben ihrer gesunden Gebärmutterschleimhaut und von ihrem Krebs und schicken sie an Dr. George Gey. Dieser arbeitete daran, Zellen außerhalb des Körpers am Leben zu erhalten, doch alle Proben starben nach nur wenigen Stunden. Die kranken Krebszellen von Henrietta hatten sich allerdings nach nur 24 Stunden verdoppelt und legten somit den Grundstein für viele medizinische Tests. Die Tatsache, dass Henrietta die Zellen entnommen werden, als sie bewusstlos auf dem Op-Tisch liegt, sorgt Jahrzehnte später für große Empörung.

Da sich die HeLa-Zellen innerhalb kürzester Zeit vervielfachen, entscheiden sich die Ärzte dazu, die Proben an Kollegen zu verschicken, damit diese ihre Medikamente an den entnommenen Krebszellen testen können. Über viele Jahre hinweg half Henrietta Lacks somit in der Aufklärung einiger Krankenheiten und wie man diese bekämpfen kann. HeLa half in der Entdeckung von genetischen Krankheiten, wie zum Beispiel Down Syndrom, Klinefelter Syndrom und Turner Syndrom, es unterstützte Wissenschaftler dabei HIV-Viren zu behandeln und half bei der Bildung von Hornhaut, die blinden Patienten die Sehfähigkeit zurückgeben könnte. Von all diesen medizinischen Fakten und großen Begriffen war ich total begeistert, doch als Rebecca Skloot immer mehr auf die Familiengeschichte der Lacks einging, empfand ich Mitleid, zu einem gewissen Grad Wut und das Verlangen nach Gerechtigkeit.

Zusammen mit ihrem Mann David hatte Henrietta fünf Kinder. Sie lebten schon immer in Armut, hielten sich aber gemeinsam über Wasser. Als Henrietta dann erkrankt, ist ihr Mann plötzlich mit den Kindern allein und bekommt keine Unterstützung. Dass seiner Frau Zellen entnommen wurden, erfährt David nicht. Auch nicht, dass diese Zellen für ungefähr 25 Dollar pro Flasche verkauft werden – Geld, von dem die Familienmitglieder von Henrietta nie einen Cent sehen. Im Buch wird es mehrmals ausdrücklich erwähnt, dass Ärzte für die Entnahme von Gewebe keine Einverständniserklärung der Patienten brauchten. Wenn man sich allerdings vorstellt, dass die Lacks Familie ihre eigenen Arztrechnungen nicht bezahlen konnte, hat das schon einen ironischen Beigeschmack.

In ihrem Buch verbringt Rebecca Skloot viel Zeit mit Deborah, Henrietta und Davids jüngster Tochter. Sie leidet unter dem Tod ihrer Mutter am meisten, denn sie war gerade einmal vier Jahre alt, als sie starb und hatte nie die Chance ihre Mutter wirklich kennenzulernen. Es ist erschreckend zu lesen, wie wenig Deborah über die Zellen ihrer Mutter weiß. Noch erschreckender ist es, wie ihr laienhaftes Wissen über Medizin ausgenutzt wurde, um auch von ihr DNA-Proben zu bekommen. Fast 70 Jahre nach Henriettas Tod werden noch Vermutungen angestellt, wie der Umgang mit der Lacks Familie besser hätte laufen können: Hätte man ihnen von vornherein etwas von der Gewebsprobe erzählen sollen? Hätten sie einen Anspruch auf das Geld gehabt, für das die Zellen verkauft wurden? Wie wäre die Familie mit ihrem womöglich hohen Bekanntheitsgrad umgegangen und wie hätte dies ihr Leben verändert?

Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks ist ein unglaublich spannendes Buch, aber definitiv nichts für schwache Nerven. Man bekommt nicht nur einen detaillierten Einblick in die Entwicklung der Medizin, sondern erfährt, was sich genau auf der Schattenseite der berühmten HeLa-Zellen abgespielt hat. Selbst wenn die Ärzte kein Einverständnis zur Entnahme der Gewebsprobe gebraucht haben – ich hätte mir sehr gewünscht, wenn sie sich nicht nur in diesem Punkt etwas menschlicher verhalten hätten.