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Veröffentlicht am 07.01.2018

Der Tod vergisst nicht

Deichmord
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Ramona "Romy" Beccare und ihr Freund Jan Riechter arbeiten beide bei der Kripo. Romy in Bergen auf der wunderschönen Insel Rügen, Jan ist Leiter im Kriminalkommissariat P1 in Stralsund. Vor zwei Wochen ...

Ramona "Romy" Beccare und ihr Freund Jan Riechter arbeiten beide bei der Kripo. Romy in Bergen auf der wunderschönen Insel Rügen, Jan ist Leiter im Kriminalkommissariat P1 in Stralsund. Vor zwei Wochen hatte es auf der Insel Rügen eine Terrorwarnung gegeben, die sich auf die Störtebeker-Festspiele bezog. Nun wurden alle Ermittlungen abgebrochen, weil nichts, aber auch gar nichts in Erfahrung gebracht werden konnte. Bei den Ermittlungen stößt Romy auf zwei seit vielen Jahren vermisste junge Frauen, deren Verschwinden nie aufgeklärt werden konnte. Jetzt gibt es eine weibliche Tote auf der seit neun Jahren stillgelegten Deponie Kramerhof-Kedingshagen. Und bei allen Erkenntnissen, die die Kommissare zu den verschiedenen Fällen bekommen, kommt immer wieder ein kleiner Ort zur Sprache: Ralswiek; und hier die Pension ihres ehemaligen Kollegen Rolf Magold...

Dies ist nun schon der 6. Fall für Romy Baccare und für mich der 3., bei deren Lösung sie mich über ihre Schulter schauen lässt. Auch für dieses Buch braucht man die Vorkenntnisse aus den ersten Büchern nicht unbedingt.

Ich habe die junge Frau aus München mit ihren italienischen Wurzeln schon richtg ins Herz geschlossen. Ich mag ihr Temperament, ihre Hang zum Perfektionismus und ich sitze gerne beim Vespafahren hinter ihr und lausche ihren Gedanken. Aber auch ihren Freund Jan mag ich gerne, genau so wie Kriminaltechniker Marco Buhl mit seiner stoischen Hartnäckigkeit und Romys Kollegen Kasper Schneider, der sich gerne für Recherchearbeiten die Nächte um die Ohren schlägt. Alles Menschen wie Du und ich, ohne ausufernde, negative Macken, aber mit sehr viel Herz. Auf den letzten Seiten werden die wichtigsten Polizeimitarbeiter vorgestellt, was dem Erstleser bestimmt hier und da eine Hilfe sein kann.

Da sich hier gleich Ermittlungen zu vier verschiedenen Fällen auftun, die aber alle irgendwie miteinander zu tun zu haben scheinen, gerät Romy und ihr Team hart an ihre Grenzen. Sie müssen sich mit Lügen, Halbwahrheiten, gestörte Persönlichkeiten, Geheimnissen, seltsamen Verwicklungen, schrägen Familienverhältnissen und anonymen Hinweisen auseinander setzen. Die Kommissare stoßen während ihrer Ermittlungsarbeit auf immer mehr Überschneidungen, die man nicht ausser Acht lassen kann. Es werden lange Tage und Nächte, in denen sich erst ganz allmälich ein Ziel heraus kristallisiert. Durch die vielen Dialoge, die die Recherchearbeit mir verdeutlichen und anschaulicher gestalten, fühle ich mich vollkommen in die Ermittlungsarbeiten eingebunden. In diesem Fall gibt es sehr viele und immer neue Verdächtige, die ich mir durch ihre detaillierten Beschreibungen sehr gut vorstellen kann
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Aber auch hier kommt der Lokalkolorit nicht zu kurz.
Ich spüre den Wind auf meiner Haut, habe den Geruch des Salzwassers in der Nase und den Geschmack von Fischbrötchen im Mund. Da ich im vergangenen Frühjahr die Insel Rügen besucht und erkundet habe, weiß ich bei den meisten Beschreibungen genau, wo sich die Kommissare gerade befinden. Bei der Fahrt über die Brücke von Stralsund nach Rügen habe ich die Bilder, die sich den Kommissaren bieten, direkt vor Augen. Die Beschreibungen lesen sich aber nicht wie ein Reiseführer, sondern sind direkt aus dem Leben gegriffen.

Katharina Peters legt auch mit diesem 6. Fall eine ausgereifte, dicht gewobene, sehr spannende Geschichte vor, deren Auflösung mich dann doch wieder mal überrascht hat. Ich habe mich auch diesmal sehr gut unterhalten gefühlt und freue mich bereits heute auf Fall Nr. 7.

Veröffentlicht am 04.01.2018

Sie verstehen meine Sprache nicht mehr

Und auch so bitterkalt
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Lucinda, ein 16-jähriger Teenager, die mit ihrer jüngeren Schwester Malina und den Eltern Isa und Frieder in einer gutbürgerlichen Wohngegend im eigenen Haus lebt, steckt voll in der Pubertät. Sie provoziert, ...

Lucinda, ein 16-jähriger Teenager, die mit ihrer jüngeren Schwester Malina und den Eltern Isa und Frieder in einer gutbürgerlichen Wohngegend im eigenen Haus lebt, steckt voll in der Pubertät. Sie provoziert, bestimmt, eckt an, ist frech, vorlaut, arrogant, aber auch kreativ, sensibel, scheut kein Risiko und wird von ihrer kleinen Schwester vergöttert. Die Eltern, die die beiden Mädchen beim Vornamen nennen, kommen langsam an ihre erzieherischen Grenzen. Als der 18-jährige Robert, der sich Jarvis nennt, im Nachbarhaus einzieht, scheint Lucinda, die von allen Jungs bewundert wird, die erste Liebe zu spüren. Aber ihre Zerrissenheit bleibt. Und sie zieht Jarvis mit in ihren Abgrund.

Ich habe mich anfangs beim Lesen etwas schwer getan, da ich nicht wusste, wohin mich die Reise mit Lucinda und Malina, die die Geschichte aus ihrer Sicht erzählt, führt. Das Thema Pubertät, Liebe und Magersucht wird auch nicht speziell angesprochen – es ist irgendwann einfach fühlbar und da. Ganz langsam werde ich, genau wie Isa und Frieder und vor allem Malina, in Lucindas Leben außerhalb der Spur hinein gezogen. Und obwohl Lucinda unter ihrer Krankheit leidet, habe ich noch mehr mit Malina gefühlt, die zu ahnen scheint, was mit ihrer Schwester passiert, aber nichts dagegen tun kann. Die sich, genau wie die Eltern sorgt, und leidet, auch mit den Eltern. Derweil rutscht Lucinda immer weiter in ihre seelische Krise, will sich aber auch nicht helfen lassen, sieht nur noch schwarz.
Ich erlebe hautnah, wie sich Lucinda immer mehr verändert, immer tiefer abrutscht, im wahrsten Sinn des Wortes immer weniger wird. Und das alles ohne den erhobenen Zeigefinger. Zwei schwarze Seiten im letzten Drittel des Buches vermitteln mir eine Aussicht auf die Trostlosigkeit, die von Lucinda ausgeht und die die ganze Familie zu zerstören droht.

Mit ihrem Debütroman hat mich Lara Schützsack nicht sofort gefangen. Aber als sich die Geschichte verdichtet und ich die Richtung geahnt habe, in die es gehen wird, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe einige Romane gelesen, die diese Themen behandelt haben, aber keine der Geschichten hat mich emotional so berührt. Ich denke, die klare Sprache, die knappen Formulierungen werden auch gerade junge Leser/innen ansprechen.

Ein wunderbares Buch voller Poesie, erschreckend, fesselnd, humorvoll, ausdrucksstark, traurig und so voller Liebe, dass ich es nicht nur jungen Lesern ans Herz legen möchte. Mich wird die Geschichte bestimmt noch eine Zeit lang beschäftigen.

Veröffentlicht am 02.01.2018

Kein Lesestoff für zarte Gemüter

Lilith
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Anna und Max Gavaldo leben mit ihrer Tochter Katharina in einem tollen Haus am Starnberger See. Anna hat vor vielen Jahren ihre Schwester durch einen Psychopathen verloren und wurde selbst durch ihn körperlich ...

Anna und Max Gavaldo leben mit ihrer Tochter Katharina in einem tollen Haus am Starnberger See. Anna hat vor vielen Jahren ihre Schwester durch einen Psychopathen verloren und wurde selbst durch ihn körperlich und vor allem seelisch verletzt. Anna schien dieses Kapitel ihres Lebens gut verdaut zu haben und freut sich auf ihr zweites Kind als ihre Ängste, die nicht unbegründet scheinen, von neuem beginnen. Tochter Katharina hat das zweite Gesicht, wird zusehens aggresiver, unumgänglicher, hat Visionen und kann Kontakt mit Toten aufnehmen. Als sie Baan, einen jungen Mann aus Brasilien kennenlernt, verliebt sie sich sofort in ihn. Sie kann nicht ahnen, welch grausames Spiel er spielt.

Ich war von "Eiskalte Umarmung" ja schon so begeistert, also musste ich einfach wissen, wie es mit Anna Gavaldo und ihrer Familie weiter geht. Ich denke, man kann dieses Buch aber auch ohne den Kenntnissen aus den Vorgängerbänden lesen.

Astrid Korten nimmt mich von Anfang an mit ihrem leichten flüssigen Schreibstil gefangen. Sie schafft es in kürzester Zeit meine Gänsehaut zu stabilisieren, mein Kopfkino muss ich hier und da ausschaltren, weil ich die Entsetzlichkeiten nicht auch noch sehen will. Sie schreibt aber auch sehr einfühlsam und vor allem sehr gut vorstell- und nachvollziehbar. Sie weckt in mir die verschiedensten Emotionen und ich kann mich voll auf Katharina, Anna und Baan einlassen. Und sie hat es wieder geschafft mich auf eine Fährte zu setzen, die im Nichts endete. Ich habe sehr lange immer wieder an den Hausmeister gedacht.

Da ich einige der Protagonisten schon kannte, war es für mich leicht in die Geschichte hinein zu finden. Ich fand es schön, dass Anna sich so gut von ihren Erlebnissen erholt hat und war entsetzt, als alles wieder von vorne zu beginnen scheint. Die Tagebucheinträge haben mich schockiert; die Gedanken und vor allem die Taten des neuen Psychopathen haben mir Schauer über den Rücken gejagt.

Allein die gegensätzlichen Vorstellungen von Mutter und Tochter: Für Anna ist Mord nach einer abscheulichen Tat ein Verbrechen; für Katharina ist dieser Tod dann eine Erlösung. Beide Ansichten bieten viel Raum zum diskutieren und nachdenken.

Astrid Korten ist auch diesmal wieder ein Thriller gelungen, bei dem ich tief in die seelischen Abgründe der Menschen blicken durfte. Ich war schockiert und gefesselt, manchmal erstaunt, manchmal ratlos, aber immer allerbestens unterhalten.

Veröffentlicht am 28.12.2017

Eine wuderbare einfühlsame Geschichte

Das Institut der letzten Wünsche
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Es gehört zu ihrem Job, Dinge zu tun, mit denen sie sich nicht auskannten, die unmöglich schienen. Und es gehörte ab und zu zu ihrem Job nicht die ganze Wahrheit zu sagen zu Menschen, die wussten, dass ...

Es gehört zu ihrem Job, Dinge zu tun, mit denen sie sich nicht auskannten, die unmöglich schienen. Und es gehörte ab und zu zu ihrem Job nicht die ganze Wahrheit zu sagen zu Menschen, die wussten, dass ihnen nicht mehr viel Zeit blieb. Die aber alle noch einen sehnlichen letzten Wunsch hatten.

Ingeborg Wehser, ehemalige OP-Schwester, betreibt in Berlin-Friedrichshain in einem kleinen Hinterhof in einem kleinen Raum ihr Institut der letzten Wünsche. Schwerstkranke Menschen, deren Angehörige ihnen gegen gute Bezahlung ihren letzten Wunsch erfüllen wollen, gehören zu ihren Kunden. Mathilda Nielsen, die Medizin studieren wollte, aber dann abgebrochen hat, ist hier angestellt und schlägt sich mit Wünschen herum, die nicht immer ganz leicht zu erfüllen sind:
Frau Schmitz, die sich wünscht noch einmal in einem weißen Kleid auf einem schwarzen Pferd durch den Frühling zu reiten; Maik Wagner, der im Rollstuhl sitzt und im April noch einmal in der eiskalten Havel baden will; Birger Raavenstein, ehem. Anwalt in London sucht seine große Liebe Dooren Taubenfänger und ihren/seinen Sohn.
Jakob Mirusch, der sich noch einmal einen Spieleabend wünscht, wie er sie in seiner Studentenzeit erlebt hat, und Ewa Kovalska, die sich wünscht, Maria Callas noch einmal auf der Bühne sehen zu dürfen, haben zwar auch letzte Wünsche, sind aber noch so rüstig, dass sie im Institut aushelfen, so gut es eben noch geht.

Was nie hätte passieren dürfen, ist nun doch eingetreten: Mathilda verliebt sich in einen Klienten – Birger Raavenstein – versucht, seine ehemalige Freundin mit ihrem Sohn zu finden und geht mit ihm zsammen seine letzten Wege. Immer in der Hoffnung, ihn zu einer Operation überreden zu können, die eine geringe Aussicht auf Erfolg hat.

Eine wunderbar einfühlsame, manchmal sehr emotionale Geschichte, bei der ich hier und da ein paar Tränchen verdrückt habe. Aber es gibt auch Szenen, bei denen sich meine Wundwinkel breit nach oben gezogen haben.

Wir alle gehen irgendwann einmal diesen letzten Weg. Ich fand es schön darüber zu lesen, dass man sich vorher noch einen sehnlichen Wunsch erfüllen lassen kann.

Veröffentlicht am 16.12.2017

Die Gedanken einer betrogenen Frau

Wer liebt, hat Recht
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„Mit ihm zusammen kann ich Achterbahn fahren, steigt er aus, stürze ich ab.“

Maja, Mitte 50, lebt in Berlin. Mit ihr Mann Helmut, mit dem sie seit 27 Jahren verheiratet ist, führt sie eine Wochenendbeziehung, ...

„Mit ihm zusammen kann ich Achterbahn fahren, steigt er aus, stürze ich ab.“

Maja, Mitte 50, lebt in Berlin. Mit ihr Mann Helmut, mit dem sie seit 27 Jahren verheiratet ist, führt sie eine Wochenendbeziehung, da er als Dozent in Tübingen arbeitet. Kurz vor der Geburt ihres ersten Enkelkindes erfährt Maja, dass ihr Mann seit langem ein Doppelleben führt, aus dem nun ein kleiner Junge entstanden ist – Michael. Für sie bricht eine, wie sie bisher glaubte, heile Welt zusammen.

Neun Monate lang bin ich dabei, wie sich Maja Gedanken über ihre Ehe macht. Sie, die sich sexuell immer zurückgehalten hat, da sie der Meinung war, so ihren Mann besser halten zu können, muss sich eingestehen, auch Fehler gemacht zu haben. Sie quält sich mit ihren Gedanken, aber Helmut noch viel mehr. Sie ist übermüdet, überreizt und ihr Gehirn ist besetzt mit Schlafzimmerbildern. Sie stellt alles in Frage – die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Aber sie will ihre Ehe unter keinen Umständen aufgeben. Und dafür kämpft sie, auch mit sich selbst, wie eine Löwin.

Hatte ich anfangs Schwierigkeiten mich auf die Probleme mit denen sich Maja herum schlägt einzulassen, bin ich doch immer besser in ihre Gedanken hinein gekommen und konnte sie gut verstehen. Aber auch Helmut hat mich mit seinen Gesprächen fangen und mit überzeugen können. Es fließen Tränen, aber auch der Humor kommt nicht zu kurz. Die Geschichte veranschaulicht sehr gut, dass es eben nicht nur schwarz oder weiß gibt, gut oder böse. Gerade eine Beziehung lebt von den vielen kleinen Tönen dazwischen.

Ein schonungsloser Bericht einer enttäuschten, aber sehr starken Frau über Liebe, Ehe, Eifersucht, die sich aber nicht unterkriegen lassen will und einen neuen gemeinsamen Weg sucht und findet. Die alte Ehe ist kaputt – dann muss man sich mit den neuen Gegebenheiten arrangieren – oder eben nicht. Ein tolles Buch, das jeder einmal lesen sollte, der in einer festen Beziehung lebt.
Ich bin von dem Roman von Anita Lenz begeistert.