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Veröffentlicht am 20.06.2025

Der geheime Garten

Der alte Apfelgarten
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„Die Vergangenheit kann eine schwere Bürde sein. Und uns manchmal daran hindern voranzuschreiten, sosehr wir es uns auch wünschen.“ (S. 238)
Seit 5 Jahren lebt und arbeitet Nina mit ihrem kleinen Sohn ...

„Die Vergangenheit kann eine schwere Bürde sein. Und uns manchmal daran hindern voranzuschreiten, sosehr wir es uns auch wünschen.“ (S. 238)
Seit 5 Jahren lebt und arbeitet Nina mit ihrem kleinen Sohn wieder auf der Farm ihres Vaters an der Steilküste Schottlands. Nach seinem Tod geht sie davon aus, dass sie die Farm erbt und ihre ältere Schwester Bette, die vor fast 20 Jahren nach London gezogen und nie zurückgekommen ist, zukünftig am Gewinn beteiligen muss. Um so größer ist die Überraschung, dass sie die Crowdie-Farm zusammen erben – genau wie den riesigen Schuldenberg, von dem sie nichts wussten.

Bette und Nina trennen 10 Jahre Altersunterschied und völlig unterschiedliche Lebensumstände. Bette wollte immer Anwältin werden und in die große weite Welt. Nach Amerika hat sie es zwar nicht geschafft, aber sie wird bald Partnerin einer Londoner Kanzlei. Nina ist früh alleinerziehende Mutter geworden. Sie hat sich trotz der harten Arbeit immer wohl auf der Farm gefühlt hat und nie verstanden, warum Bette regelrecht geflohen ist. Durch den großen Altersunterschied hatten sie nie viel miteinander zu tun. Bette fand Nina nervig, die hat sich dadurch von ihr ungeliebt und ignoriert gefühlt. Als jetzt rauskommt, dass Bette in Mailkontakt mit ihrem Vater stand, brechen alte Wunden auf. Aber der Kampf um die Farm bringt sie einander näher. Erst recht, als sie ein alten, verwilderten Apfelgarten entdecken, der sehr viel wert zu sein scheint und hinter dem mehrere Geheimnisse stecken.

Wie schon die anderen Roman von Sharon Gosling ist auch „Der Apfelgarten“ sehr stimmungsvoll. Sie erzählt darin vom rauen Leben an der Steilküste und den damit verbundenen Gefahren, der harten Arbeit als Farmer, die gerade genug zum Erhalt ihrer Betriebe erwirtschaften, aber nicht genug, um Rücklagen zu bilden und zwei entfremdeten Schwestern, die sich langsam neu kennenlernen und hinter die Fassade der anderen blicken. Gewürzt wird die Geschichte mit der spannenden Vergangenheit des Apfelgartens und zwei Männern, die sich ihren Platz im Leben der Schwestern zu erkämpfen scheinen. Besonders gefreut habe ich mich auch über den Cameo-Auftritt von Rachel aus dem „Lighthouse Bookshop“.

Mein Fazit: Ein schöner Geschwisterroman, der zwar in manchen Teil etwas vorhersehbar ist, aber auch mit Überraschungen aufwartet.

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Veröffentlicht am 12.06.2025

Lotte in Weimar

Die Villa in Weimar
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Weimar 1897: Marie Seebach war einst eine gefeierte Schauspielerin und verdiente, anders als viele ihrer KollegInnen, sehr gut. Aus sozialem Engagement stiftete sie 700.000 Goldmark, mit denen ein Altenheim ...

Weimar 1897: Marie Seebach war einst eine gefeierte Schauspielerin und verdiente, anders als viele ihrer KollegInnen, sehr gut. Aus sozialem Engagement stiftete sie 700.000 Goldmark, mit denen ein Altenheim für sechs bedürftige ehemalige Bühnenkünstler errichtet wurde. Die Verwaltung der Stiftung hat eine Anwaltskanzlei übernommen, die Leitung des Hauses ein Hausmeisterehepaar.

Während Marie zur Sommerkur in St. Moritz weilt, erhält sie mehrere anonyme Briefe mit dem Verdacht, das Stiftungsgeld werde veruntreut. Ihre Schwester Wilhelmine, die sich um das Problem kümmern soll, erreicht leider nichts. Also bittet Marie die Krankenschwester Lotte Wernitz, nach Weimar zu fahren und sich in dem Haus um eine Stelle zu bewerben – mit Erfolg. Zwar wird Lotte nicht als Krankenschwester gebraucht, die Bewohner sind noch zu rüstig, aber als Mädchen für alles.
Schon bald bestätigt sich der Verdacht: Auf Hausrechnung bestellte Waren verschwinden „Der Keller birgt anscheinend eine Menge Schätze, die nicht ihrer ursprünglich geplanten Verwendung zugeführt werden.“ (S. 206).

Dabei wollte Lotte, die ursprünglich aus der Nähe von Potsdam stammt, eigentlich gar nicht aus der Schweiz weg und hat auch keine Ahnung, wie sie in Weimar Nachforschungen anstellen soll. Doch Marie bleibt hartnäckig, und so findet sich Lotte auf einer anstrengenden 24-stündigen Zugreise nach Weimar wieder, die an ihren Nerven und Kräften zehrt.
Im Heim gelingt es ihr rasch, das Vertrauen der Bewohner zu gewinnen, einer illustren Runde einstiger Theater- und Operngrößen, die ihre Marotten und Auftritte nicht verlernt haben. Eine frühere Sopranistin liebt noch immer Rosenbouquets, eine Schauspielerin rezitiert als Gretchen aus dem „Faust“, obwohl sie die Tageszeit vergisst. Ein anderer hat stets das passende Goethe-Zitat parat, während sein Kollege die Rolle als Lüstling nie ganz abgelegt hat. Lotte bewahrt Ruhe und Übersicht – und vergisst dabei nie Maries Auftrag.
Unterstützt wird sie vom Anwalt der Stiftung, Bernhard Gaspari. Ihm imponiert, dass sie nicht gefallen will oder sich verstellt – und auch privat findet er sie sehr reizvoll. „Eine junge Frau, die als Lotte in Weimar unterwegs ist, regt jedermanns Fantasie an.“ (S. 71) Doch Lotte ist diesbezüglich ein gebranntes Kind.

Michelle Marlys „Die Villa in Weimar“ ist ein gelungener Mix aus historischem Krimi und Romanbiografie. Marie Seebach, die Stiftung und das Altenheim gab / bzw. gibt es wirklich in Weimar, es war das erste seiner Art, während Lotte und ihre Ermittlungen der Fiktion entspringen.

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Veröffentlicht am 10.06.2025

Bejubelt, gefürchtet, geknechtet

Wild Song
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„Schau dir die an. Verkleidet wie ein menschliches Wesen!“ (S. 217)
Luki ist 16 und lebt im philippinischen Hochland. Vor Jahren hat sie den Überfall eines verfeindeten Stammes vereitelt und wurde dafür ...

„Schau dir die an. Verkleidet wie ein menschliches Wesen!“ (S. 217)
Luki ist 16 und lebt im philippinischen Hochland. Vor Jahren hat sie den Überfall eines verfeindeten Stammes vereitelt und wurde dafür von den Ältesten mit Tätowierungen belohnt, eine Ehre, sie sonst nur Männern erwiesen wird. Obwohl sie ihren Mut und ihre Kampfkraft damit bewiesen hat, darf sie keinen Speer tragen oder jagen. Als sie trotzdem dabei erwischt wird, soll sie ihren besten Freund heiraten. Davon hat sie bisher immer geträumt, aber als es jetzt befohlen wird, will sie nicht mehr. Stattdessen nimmt sie das Angebot des Provinzverwalters Truman Hunt an, der indigene Bergvölker für die Weltausstellung 1904 in St. Louis anwirbt.
Nach der über 100 Tage dauernden, gefährlichen Reise, für die Luki und die Anderen zum ersten Mal in ihrem Leben das Hochland und ihre gewohnte Umgebung verlassen, werden sie auf dem Ausstellungsgelände „zu ihrem eigenen Schutz“ in einem abgeschlossenen Reservat untergebracht, das sie nicht verlassen dürfen. So haben sie sich das nicht vorgestellt. Und es wird noch schlimmer. Weil ihr normaler Alltag zu langweilig ist (sie sind Reisbauern und Jäger) und sie zu wenig Besucher anlocken, müssen sie sich verstellen und jeden Tag singen, tanzen und Feste feiern.
So lange sie in „ihrem Dorf“ bleiben, werden sie bejubelt und bekommen von den Besuchern Geld geschenkt, aber sobald sie diesen geschützten Raum verlassen, was nur sehr selten passiert, scheel angesehen und beschimpft, oder man hat Angst vor ihnen.

Ich fand es sehr spannend und interessant, dass Candy Gourlay die Weltausstellung und speziell die sogenannte Völkerschau aus Sicht einer indigenen Teilnehmerin erzählt. Luki und ihre Leute wurden mit Geld und falschen Versprechungen nach Amerika gelockt, angeblich lädt Präsident Roosevelt persönlich sie ein, damit sie dort wie Tiere im Zoo ausgestellt werden. Kein Wunder, dass Luki, die sich eine besseres und freieres Leben erhofft hatte, relativ schnell desillusioniert. Sie kann die Vorurteile, die ihnen entgegenschlagen, weder verstehen noch entkräften. Ihr war nicht bewusst, dass es in Amerika Rassentrennung gibt und auch streng durchgesetzt wird. Sie versteht nicht, warum sie sich beschimpfen und bespucken lassen soll und sich nicht wehren darf. Außerdem haben die westlichen Frauen genauso wenig Rechte und Freiheiten wie sie. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat sie sich definitiv anders vorgestellt.

Lukis Geschichte wird sehr eindringlich erzählt. Ich habe schon einige Bücher über verschiedenen Völkerschauen gelesen, aber das ist das erste aus Sicht einer Jugendlichen. An den Erzählstil musste ich mich erst gewöhnen, denn Luki erzählt in Gedanken ihrer verstorbenen Mutter, was sie erlebt. Dabei verwendet sie prägnante Sätze. Ich bin nicht sicher, ob das ihr Alter oder ihre Herkunft verdeutlichen soll, aber es macht die Geschichte besonders eindrücklich.

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Veröffentlicht am 06.06.2025

Rache wird am besten mit einem Sternemenü serviert

Schatten über Sømarken
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„Es gab Geschmäcker, für die konnte man sterben. Und so einen hatte er zweifelsohne gerade auf der Zunge.“ (S. 8) denkt Fernsehstarkoch Falk Magnusson, als er das Menü im Argousier genießt, dann bricht ...

„Es gab Geschmäcker, für die konnte man sterben. Und so einen hatte er zweifelsohne gerade auf der Zunge.“ (S. 8) denkt Fernsehstarkoch Falk Magnusson, als er das Menü im Argousier genießt, dann bricht er tot zusammen. Schnell wird klar, dass er vergiftet wurde – von seiner Ex-Partnerin und Starköchin Maren? Die Freundin von Kommissar Lennart Ipsen steht sofort unter Verdacht, doch trotz seiner Eifersucht, weil sie ihm nie die ganze Wahrheit über sich und Falk gesagt hat, traut er ihr den Mord nicht zu. Und dann darf er in dem Fall noch nicht mal ermitteln, weil er gerade Urlaub hat und als befangen gilt.

Es ist Sommer auf Bornholm, doch Lennart kann seinen Urlaub nach dem Mord nicht mehr genießen. Er zweifelt an seinen Fähigkeiten als Kommissar, weil seine Kolleginnen Britta und Tao anscheinend sehr gut ohne ihn auskommen. Natürlich stellt trotzdem eigene Nachforschungen an. Außerdem traut er sich nicht mehr, Marens Gerichte zu essen, falls der Täter noch mehr vergiftet hat. Das führt zu einigen unschönen Situationen zwischen ihnen.

In „Schatten über Sømarken“ nimmt Michael Kobr diverse Fernsehkochshows und Starköche ins Visier. Falk Magnussen gilt als der König des dänischen Kochfernsehens, aber er ist auch dafür bekannt, die Kandidaten bis auf Blut zu peinigen und der Lächerlichkeit preiszugeben. Seine Geschäftspartner sind ebenfalls nicht gut auf ihn zu sprechen, er hat gegen so ziemlich jeden prozessiert. Wurde er von einem von ihnen umgebracht? Natürlich hätte auch Maren einen guten Grund, sich zu rächen, weil sich Falk sich vor Jahren privat und beruflich sehr plötzlich und rigoros von ihr getrennt hat.

Die Querverweise auf die verschiedenen Sendungen und Köche sind sehr unterhaltsam, wobei mir die Kandidaten echt leid getan habe. Ansonsten plätschert die Handlung diesmal etwas vor sich hin. Lennart kann nur heimlich ermitteln, was er seiner Stellvertreterin Britta echt übel nimmt. Wie soll er da nach dem Urlaub wieder ein ordentliches Vertrauensverhältnis herstellen?
Auch bei Maren ist er plötzlich unsicher. Ihrer Beziehung mit Falk hat sie auf Social Media geteilt und gelebt, jetzt sagt sie bei Interviews nicht mal, dass sie einen Freund hat. Ist er ihr etwa peinlich?
Und dann mischt sich auch noch sein Vater aus der Ferne in alles ein: Lennarts Beziehung, die Ermittlungen und die Wohnungssuche (er muss umziehen), schließlich ist er dank diverser Podcasts jetzt auf allen Gebieten ein echter Spezi.

Auch der 3. Teil der Reihe ist unterhaltsame, kulinarische Cosy Crime. Hoffentlich wird Lennart bis zum nächsten Fall seine Selbstzweifel wieder los.

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Veröffentlicht am 29.05.2025

Bilanz eines High-Society-Lebens

Great Big Beautiful Life
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„Meine Familie war eine der ersten, die begriffen hat, dass es nicht die Neuigkeiten sind, die sich gut verkaufen, sondern die Schlagzeilen. … Schlicht und schlüpfrig, das ist die Gewinner-Kombination.“ ...

„Meine Familie war eine der ersten, die begriffen hat, dass es nicht die Neuigkeiten sind, die sich gut verkaufen, sondern die Schlagzeilen. … Schlicht und schlüpfrig, das ist die Gewinner-Kombination.“ (S. 81)
Seit ihrer Kindheit ist die Redakteurin Alice Scott fasziniert von Margaret Grace Ives, die aus einer der skandalösesten Familie des 20. Jahrhunderts stammt und vor über 20 Jahren untergetaucht ist. Monatelang hat sie nach ihr gesucht, weil sie unbedingt eine autorisierte Biografie über Margaret schreiben will. Als sie sie endlich gefunden hat, wird Alice zu einem Vorgespräch eingeladen. Um so überraschter ist sie, als ihr dabei ihr Konkurrent vorgestellt wird: Hayden Anderson, Musikjournalist, Biograf und Pulitzer-Preis-Gewinner. Margaret wird sich 4 Wochen lang einzeln mit ihnen treffen und reden. Den Job bekommt am Ende der, dessen Arbeitsprobe ihr am besten gefällt.

„Great Big Beautiful Life“ ist wieder ein Roman, der mich sehr zwiegespalten zurücklässt. Da ist zum einen Margarets Leben zwischen Skandalen und Tragödien, von dem sie Alice nach und nach erzählt und das diese mit dem vergleicht, was sie vorher recherchiert hat oder jetzt nachprüfen kann. Dabei stößt Alice immer wieder auf Ungereimtheiten und Lügen. Oder wird Margaret dement und erinnert sich nicht mehr richtig? Sie würde gern mit Hayden darüber reden, aber der hält sich strikt an Margarets Verbot, ihre Informationen und Erkenntnisse auszutauschen. Doch auch er meint: „Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass wir irgendwie manipuliert werden, und ich verstehe einfach nicht, wie oder warum.“ (S. 393)
Dieser Strang ist wahnsinnig spannend und bewegend, weil er einen guten Einblick in den Aufstieg und Fall der Familie Ives gibt, die es von Bauern zu Millionären gebracht haben, damit aber nie wirklich glücklich waren und jahrzehntelang die Presse beherrscht haben. Margaret führte ein aufregendes Leben, stand ab ihrer Geburt im Scheinwerferlicht der Paparazzi und hatte sich gut damit arrangiert, bis sie irgendwann urplötzlich verschwand und nicht mehr auffindbar war. Alice versucht zu ergründen, was damals passiert ist, aber Margaret gibt immer nur Bruchstücke preis.

Zum anderen sind da Alice und Hayden und ihre Konkurrenz um den Buchvertrag. Die Situation zwischen ihnen ist extrem angespannt, jeder Verlag würde ihnen die Biographie aus den Händen reißen und der Ruhm wäre vorprogrammiert. Außerdem haben beide keine einfache Vergangenheit und Probleme mit ihren Eltern. Außerdem machen sie einige unglaubliche Entdeckungen – das wäre für mich völlig ausreichend gewesen. Aber Emily Henry lässt sie sich auch noch vom ersten Augenblick an zueinander hingezogen fühlen und macht daraus ein ziemliches hin und her mit viel Drama – mir leider viel zu viel.

Mei Fazit: Eine eigentlich sehr berührende Lebensbeichte, aber mit zu viel Drama im Nebenstrang überfrachtet.

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