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Veröffentlicht am 02.06.2025

Spannung und Humor

»Wenn Ende gut, dann alles«
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Dass Volker Klüpfel nicht nur ein Teil des Kluftinger-Duos ist, sondern auch solo unterhalten kann, beweist er mit diesem Reihenauftakt ganz locker – und ziemlich charmant. „Wenn Ende gut, dann alles“ ...

Dass Volker Klüpfel nicht nur ein Teil des Kluftinger-Duos ist, sondern auch solo unterhalten kann, beweist er mit diesem Reihenauftakt ganz locker – und ziemlich charmant. „Wenn Ende gut, dann alles“ ist ein Cozy Crime, der weiß, was er kann: unterhalten, warmherzig erzählen und dabei nie belanglos werden.

Im Zentrum steht ein Ermittlerduo, wie man es so schnell nicht vergisst: Svetlana, ukrainische Haushälterin mit Hang zu Dostojewski, Direktheit und überraschend detektivischer Intuition – und Tommi, Anfang dreißig, Möchtegern-Bestsellerautor, der gerade eher in seiner alten Hymer lebt als an seinem großen Durchbruch schreibt. Die beiden geraten durch Zufall – oder Schicksal? – in eine kriminalistische Verstrickung, die mit einem kleinen Mädchen am Waldrand beginnt und bald schon viel größere Kreise zieht.

Was mich an diesem Buch besonders begeistert hat, ist sein Ton. Klüpfel gelingt es, mit feinem Gespür für Situationskomik, liebevoll gezeichneten Figuren und einem Augenzwinkern über das Leben (und das Scheitern) zu erzählen. Ohne sich je lustig zu machen. Stattdessen: ein sehr genauer, fast zärtlicher Blick auf menschliche Schwächen, Macken, Vorurteile – und das, was Menschen antreibt.

Tommis Autoren-Dasein wird dabei so ironisch wie ehrlich beleuchtet – eine kleine Hommage an das Schreiben selbst, irgendwo zwischen Selbstzweifel und Größenwahn, Satzbau und Plotkrise. Dass der Fall dazu noch spannend, unvorhersehbar und wohltuend unklamaukig erzählt wird, macht das Buch rund.

„Wenn Ende gut, dann alles“ ist ein kurzweiliger, wunderbar erzählter Einstieg in eine neue Krimireihe mit Herz und Humor. Für alle, die gern miträtseln, sich an schrägen Figuren freuen und Cozy Crime mögen, der nicht weichgespült, sondern einfach gut gemacht ist. Ich bin gespannt auf Band zwei – und bis dahin vergebe ich 4/5 liebevollen Sternen.

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Veröffentlicht am 02.06.2025

Wenn Regency auf Schatten trifft – und eine Frau keine Angst davor hat, alles zu wollen.

The Shadows Between Us
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Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal auf eine Protagonistin getroffen bin, die so gnadenlos klug, charmant berechnend und dabei überraschend verletzlich war wie Alessandra aus „The Shadows Between Us“.
Man ...

Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal auf eine Protagonistin getroffen bin, die so gnadenlos klug, charmant berechnend und dabei überraschend verletzlich war wie Alessandra aus „The Shadows Between Us“.
Man könnte sagen, dieses Buch ist „Bridgerton“ – aber in düster und mit einer Heldin, die sich nicht damit zufriedengibt, dekorativ auf dem Heiratsmarkt zu posieren. Nein, Alessandra will mehr. Viel mehr. Ihr Plan ist ebenso waghalsig wie faszinierend: Den Schattenkönig verführen, ihn heiraten und dann töten, um selbst den Thron zu übernehmen.
Was nach einem simplen Plot klingt, entpuppt sich schnell als clever verwobene Mischung aus Krimi, Hofintrigen und dunkler Romanze. Denn Kallias, der geheimnisvolle Schattenkönig, ist alles andere als eine leichte Beute. Seit der Ermordung seiner Eltern vertraut er niemandem. Sein Hofstaat bleibt auf seinen Wunsch hin am Palast, denn er will den Mörder seiner Familie entlarven.
Die Autorin hat gekonnt ein dunkles Regeney-Setting erschaffen: Die Konventionen der feinen Gesellschaft, pompöse Bälle, Teezeremonien und die wichtige Wahl der richtigen Garderobe spielen eine wichtige Rolle und das Gesellschaftsbild, das gezeichnet wird, ist durchzogen von Macht, Erwartungen und Intrigen.
Die Protagonistin Alessandra ist sexuell emanzipiert, klug und nicht bereit sich kleinzumachen. Somit wird sie schnell zur Zielscheibe und gilt in der Welt der Männer als Flittchen. Ich mochte sehr, welches Frauenbild hier gezeichnet wird: stark, durchsetzungsfähig, selbstbewusst.
Zwischen den Schatten, die Kallias wie eine zweite Haut umgeben, und dem Feuer, das in Alessandra lodert, entspinnt sich eine faszinierende Dynamik.
Was ich allerdings sagen muss: Ich hatte mehr Fantasy erwartet, da das Buch in das Genre Dark-Romantasy eingeordnet wurde.
Außerdem habe ich ungewöhnlich lange an dem Buch gelesen. Es war unterhaltsam und ich wollte unbedingt die Auflösung erfahren, aber ein Pageturner war es für mich nicht.
Fazit:
„The Shadows Between Us“ ist ein düsterer Regency-Krimi mit einer starker Heldin und einer Story, die einen mit jeder Seite mehr in ihre höfische Welt zieht. Wer Intrigen, Ballkleider und selbstbestimmte Frauen liebt, wird dieses Buch mögen. Ich jedenfalls mochte es, auch wenn ich mir ein kleines bisschen mehr Magie gewünscht hätte. 4/5 Sternen

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Veröffentlicht am 22.05.2025

Wann endet das Schweigen?

Unter Grund
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Manchmal reicht ein einziger Moment, um eine Vergangenheit aufzubrechen, die längst begraben schien. Franka, Mitte zwanzig und Referendarin, sitzt mit ihrer Schulklasse im Zuschauerraum eines NSU-Prozesses. ...

Manchmal reicht ein einziger Moment, um eine Vergangenheit aufzubrechen, die längst begraben schien. Franka, Mitte zwanzig und Referendarin, sitzt mit ihrer Schulklasse im Zuschauerraum eines NSU-Prozesses. Was dort verhandelt wird, sollte Lehrstoff sein, doch die Worte im Gerichtssaal reißen alte Wunden auf. Plötzlich steht sie auf und verlässt fluchtartig den Raum. Es ist kein politisches Statement, sondern ein persönlicher Zusammenbruch. Etwas bricht auf in ihr – etwas, das tief in ihrer eigenen Vergangenheit verborgen lag. Ein Echo, das sie zurückführt in die fränkische Provinz, zu einer Zeit, die sie längst verdrängt glaubte.

Was sie aufwühlt, bleibt nicht lange im Verborgenen. Wenige später reist sie in ihre Heimat – ein kleiner Ort mit stillen Weihern, Fachwerkhäusern und einer Geschichte, über die niemand spricht. Dort beginnt eine unnachgiebige Selbstbefragung. Denn Franka war selbst Teil einer rechten Gruppe. Nicht aus politischem Kalkül. Sondern aus Einsamkeit nach dem Tod ihres Vaters und aus Sehnsucht nach Zugehörigkeit. Zu spät merkte sie, wohin die „Freundschaft“ mit Janna und Patrick, den Coolen vom Dorf, führen würde.
Annegret Liepold verwebt Gegenwart und Rückblenden zu einer Erzählung, die zeigt, wie subtil Radikalisierung verlaufen kann. Wie verführerisch es ist, wenn man endlich dazugehört. Und wie tief die Scham sitzt, wenn man Jahre später erkennt, was man mitgetragen hat.
Franka stellt sich ihrer Vergangenheit – und findet darin weitere Schatten: Die Geschichte ihrer eigenen Familie reicht zurück bis in die NS-Zeit. Auch dort gibt es Schuld. Auch dort gibt es Schweigen.
Beim Lesen dachte ich oft an die Frage: Wann beginnt Verantwortung? Und wer spricht über Schuld, wenn alle schweigen?
Leider hat mir der Sprachstil nicht immer mitgerissen, trotzdem habe ich das Buch beendet und bin im Nachhinein sehr froh darüber.
„Untergrund“ ist kein lautes, aber ein wichtiges Buch. Es erzählt von inneren Kämpfen, von schmerzhafter Aufarbeitung und von der Entscheidung, nicht wegzusehen.
Fazit: „Unter Grund“ ist ein lesenswertes Debüt über ein wichtiges Thema, deshalb: 4/5 Sternen.

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Veröffentlicht am 03.04.2025

Ein außergewöhnliches Buch

Die Vegetarierin (Geschenkausgabe)
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Von dem Buch „Die Vegetarierin“ habe ich mir einen Blick in die südkoreanische Kultur erhofft und ich war sehr neugierig auf die Geschichte von der Literaturnobelpreisträgerin.

Mit nur 174 Seiten erzählt ...

Von dem Buch „Die Vegetarierin“ habe ich mir einen Blick in die südkoreanische Kultur erhofft und ich war sehr neugierig auf die Geschichte von der Literaturnobelpreisträgerin.

Mit nur 174 Seiten erzählt Han Kang eine Geschichte, die sowohl packend als auch verstörend ist und den Leser dazu anregt, über gesellschaftliche Normen nachzudenken. Besonders prägend für das Buch ist die groteske, teilweise abstoßende Darstellung von Ereignissen, die den Leser immer wieder schockieren und gerade das hatte eine gewisse Sogwirkung auf mich.

Im Zentrum steht Kim Yong-Hye, die titelgebende „Vegetarierin“, die sich in einer Gesellschaft, in der das Essen von Fleisch eine Selbstverständlichkeit ist, dazu entscheidet, Vegetarierin zu werden. Diese Entscheidung wird von ihrer Familie und ihrer Umgebung mit Empörung aufgenommen, da sie gegen die tief verwurzelten Traditionen und Normen verstößt. Sie träumt davon eine Pflanze zu sein und das Buch beschreibt ihre Verwandlung.

Die Geschichte wird in drei Teilen erzählt, wobei jeder Abschnitt aus der Perspektive eines anderen Familienmitglieds geschrieben ist. Im ersten Kapitel erfahren wir von Chongs Sicht, dem Ehemann der Vegetarierin. Er schildert, wie er mit der Verwandlung seiner Frau zu kämpfen hat und sich zunehmend abgestoßen von ihr fühlt. Der zweite Teil wird aus der Sicht des Mannes von Kim Yong-Hyes Schwester Kim In-Hye erzählt. Dieser Künstler ist von der Vegetarierin besessen, macht sie zu seinem Kunstobjekt. Im dritten Teil sehen wir die Geschichte aus der Sicht von Kim In-Hye, die zwei Jahre nach der Verwandlung ihrer Schwester die Vegetarierin in der Psychiatrie besucht. Hier wird sie mit der Diagnose ihrer Krankheiten konfrontiert.

Die düstere Atmosphäre, die Han Kang im Buch erschafft, bleibt auch nach dem Lesen noch lange im Kopf. Das Ende bleibt offen und lässt viel Raum für Interpretationen. Für mich ist „Die Vegetarierin“ ein außergewöhnlichen Werk, das noch lange nachhallt und sich von anderen Geschichten abhebt.

Fazit: „Die Vegetarierin“ ist ein verstörendes, aber faszinierendes Buch, das mit einer außergewöhnlichen Erzählweise und eindrucksvollen Charakteren aufwartet. Es regt zum Nachdenken an und bleibt nach dem Lesen noch lange im Gedächtnis. 4/5 Sterne.

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Veröffentlicht am 31.03.2025

Die Geschichte von Marcus und Phoebe - einfach magisch!

Time’s Convert - Bis ans Ende der Ewigkeit
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Mit Time’s Convert kehrt Deborah Harkness in ihre magische Welt zurück und erzählt diesmal die Geschichte von Marcus MacNeil – einem Charakter, der in der All Souls-Trilogie eher am Rande stand. Die Handlung ...

Mit Time’s Convert kehrt Deborah Harkness in ihre magische Welt zurück und erzählt diesmal die Geschichte von Marcus MacNeil – einem Charakter, der in der All Souls-Trilogie eher am Rande stand. Die Handlung bewegt sich geschickt zwischen Vergangenheit und Gegenwart: Während wir Marcus’ bewegte Vergangenheit zur Zeit der Amerikanischen Revolution erleben, durchläuft seine große Liebe Phoebe in der Gegenwart die Verwandlung zur Vampirin.

Harkness bleibt ihrer bewährten Mischung aus Historie, Magie und tiefgehender Charakterzeichnung treu. Besonders gelungen ist die detailreiche Schilderung von Marcus’ Leben im 18. Jahrhundert, das zwischen Krieg, medizinischer Not und persönlichen Traumata schwankt. Auch die Übergangsriten der Vampire – mit all ihren Herausforderungen – werden mitreißend erzählt. Gleichzeitig begleiten wir Diana und Matthew, die als Eltern ihrer magisch begabten Zwillinge mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert sind.

Trotz der gelungenen historischen Passagen verliert sich die Geschichte manchmal in zu ausführlichen Rückblicken und wechselt sprunghaft zwischen den Handlungssträngen. Dies nimmt der Spannung etwas den Wind aus den Segeln. Fans der Trilogie werden dennoch viele vertraute Elemente wiederfinden und die tiefergehende Charakterentwicklung genießen.

Wer allerdings eine Fortsetzung des mitreißenden Flairs von A Discovery of Witches erwartet, könnte enttäuscht sein – insbesondere da Matthew und Diana hier eher eine Nebenrolle spielen.

Insgesamt ist Time’s Convert ein solides Buch für Fans des All Souls-Universums, das mit historischen Details und emotionaler Tiefe punktet, aber gelegentlich an erzählerischer Straffung hätte gewinnen können

Ich habe mich gefreut nochmal in die magische Welt, die Deborah Harkness erschaffen hat, einzutauchen. An die vorherigen Bände konnte die Geschichte leider nicht ganz heranreichen, daher kann ich nur 4/5 Sternen vergeben.

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