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Veröffentlicht am 21.09.2025

Ein Sinn lässt sich suchen

Der Hase im Mond
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"Anders als in der Fernsehserie gab es weder eine Pointe noch eine Moral noch das obligatorische Happy End." (S. 214)

Dieses Zitat aus Milena Michiko Flasars Erzählband "Der Hase im Mond" fasst vortrefflich ...

"Anders als in der Fernsehserie gab es weder eine Pointe noch eine Moral noch das obligatorische Happy End." (S. 214)

Dieses Zitat aus Milena Michiko Flasars Erzählband "Der Hase im Mond" fasst vortrefflich zusammen, wie ich ihre neun Kurzgeschichten wahrgenommen habe. Ich konnte oft weder eine Moral, noch eine Pointe, geschweige denn ein Happy End finden. Das ist grundsätzlich auch nicht nötig. Der Schreibstil der Autorin ist sehr besonders, er hat mich eingenommen, auch wenn der Ablauf der Geschichten ab und an zäh und nervig daherkam. Es erfordert einiges an Geduld, eine Geschichte so hinzunehmen, ohne dass sie augenscheinlich Sinn ergibt. Das Zitat, was zum Ende des Buches aufgeworfen wird, scheint mir auch sehr bewusst dorthin gesetzt worden zu sein.

Sie setzt die Realität oft in einem schwebenden Zustand, der ab und an ins Fantastische gleitet, an. "Was ist tatsächlich geschehen?" ist eine zentrale Frage, die ich mir beim Lesen ständig gestellt habe. Die verhandelten Themen sind vielfältig und wiederkehrend: Mann-Frau- & Eltern-Kind-Beziehungen, Rollenverteilung, Verwahrlosung, Aufgabe des Alltags, Äußerlichkeiten (v.a. weiße Zähne), Gefühlsstörungen & Wahnhaftigkeiten, ein intensives sich-Hineinsteigern in unterschiedliche Beobachtungen, die Suche nach dem Selbst, das eigene Scheitern und andere Abhängigkeiten. Auch Tiere spielen immer wieder eine Rolle.

Es wäre schön, das Buch mit einer japanischen Brille lesen zu können: die Autorin hat einen japanischen Elternteil, die Geschichten spielen in Asien und wären vermutlich greifbarer, hätte man einen entsprechenden kulturellen Background. Meine Gefühlslagen zu den Erzählungen schwankte zwischen Bezauberung, Mitgerissen-sein, Abstoßung, Langeweile, Entnervung, Verwirrtheit und Begeisterung. Solche Schwankungen zu verursachen, zeugt von großem Talent, vor allem unter dem Aspekt, dass sich eine Sinnhaftigkeit der Geschichten nur selten einstellt. So alltäglich sie sein mögen, so sehr versetzen sie einen in eine andere, beinahe schon alienesque Welt. Begleitet werden die unterschiedlichen Protagonist*innen stets von philosophischen Gedankengängen. Eines steht fest: hinterher ist man keineswegs schlauer.

Mein Fazit: "Der Hase im Mond" ist eine sehr spezielle Kurzgeschichtensammlung, die mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet. Sie glänzt durch eine magische literarische Sprache, die einen in eine andere Welt zu versetzen mag. Eine Leseempfehlung spreche ich aus für alle, die es nicht stört, nach dem Lesen keinen Sinn entdecken zu müssen.

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Veröffentlicht am 21.09.2025

Souverän - informativ - Gablé

Rabenthron
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England im Jahr 1013: der junge Aelfric of Helmsby reist nach London, um seinen wertvollen, dänischen Gefangenen zu Geld zu machen - und gerät rasch in die komplizierten Verstrickungen des Königshauses. ...

England im Jahr 1013: der junge Aelfric of Helmsby reist nach London, um seinen wertvollen, dänischen Gefangenen zu Geld zu machen - und gerät rasch in die komplizierten Verstrickungen des Königshauses. Er wird zum Vertrauten der klugen Königin Emma, für die er in den nächsten Jahrzehnte treue Dienste leistet und stets an ihrer Seite verweilt. Denn es ist eine Zeit, in der nur Emma die strahlende Konstante zu sein scheint...

Rebecca Gablé liefert mit "Rabenthron" in gewohnt souveräner Manier ein Prequel zu "Das zweite Königreich" ab, das aber absolut alleinstehend gelesen werden kann - wie alle ihre historischen Romane. Es ist wieder hervorragend recherchiert und wie keine andere schafft es die Autorin, ihre fiktiven Protagonistinnen auf glaubwürdige Art und Weise in das historische (politische) Geschehen einzubetten und sie zu zentralen Figuren in der Geschichte zu machen.

Wie immer bei Gablé lernt mal viel über die mittelalterliche Welt Europas, mit Fokus auf England und die Normandie. Wir lesen über Könige, die sterben wie die Fliegen, über einen fliegenden Mönch, über den Sklavenhandel und das Leben der Sklav
innen zu dieser Zeit, über Geschlechterrollen, die Vielehe und die unglaubliche Macht, die Dänemark dazumals hatte. Wir erfahren, dass ein Zusammenleben von Däninnen und Engländerinnen in England existierte, das mal mehr, mal weniger funktioniert hat. Und über die weiterreichenden politischen Verstrickungen, die sich durch ganz Europa gezogen haben.

Die Protagonist*innen im Buch sind vielfältig. Aelfric ist treuherzig, ehrenhaft und glaubt (oft schon übertrieben) an das Gute im Menschen. Sein Gegenspieler Offa ist ein absoluter Stinkstiefel, der aber ab und an auch Gutes aufblitzen lässt. Aelfrics Sohn Penda weiß was er will und holt es sich auch. Die leuchtendste Figur ist aber Königin Emma, die es mit ihrer Intelligenz schafft, die politischen Geschicke zu ihren Gunsten zu nutzen. Dann gibt es noch Hakon, der ehemalige Gefangene von Aelfric, der leider nur oberflächlich beschrieben wird. Doch ihn, Aelfric und den großartig humorigen Bruder Eilmer verbindet eine tiefe Freundschaft, die über Jahrzehnte hinweg lebendig bleibt. Diese Charaktere begleiten uns beinahe 30 Jahre durch die Geschichte.

Der Schreibstil Gablés ist wie immer einnehmend und kurzweilig. Trotzdem habe ich mir diesmal nicht so leicht getan, Zugang zu den Figuren zu finden. Die Szenen, in denen wir sie begleiten, scheinen mir diesmal besonders kurz und eher an der Oberfläche zu bleiben. Da wir gleich mehreren Charakteren folgen, ist es mir diesmal nicht gelungen, eine Verbindung zu ihnen herzustellen. Meines Empfindens nach bekommt diesmal lediglich Königin Emma einen Auftritt, zu dem man in den rund 900 Seiten nachvollziehbaren Zugang findet. Ich war es von der Autorin gewohnt, dass sie es sehr gut schafft, (zeitliche und handlungstechnische) Lücken durch Hinweise zu füllen, das habe ich in Rabenthron etwas vermisst. Nichtsdestotrotz wird man gut und lehrreich unterhalten. Außerdem ist der Fokus auf Liebesgeschichten sehr im Hintergrund, was ich als erfrischend und sehr positiv wahrgenommen habe.

Mein Fazit: Rabenthron ist ein souverän geschriebener historischer Roman aus der Helmsby-Reihe, dessen Figuren uns in die Welt des englischen, normannischen und dänischen Mittelalters eintauchen lässt. Die Charaktere scheinen unzugänglicher als gewohnt, da man sehr vielen von ihnen folgt, dafür treten Liebesgeschichten eher in den Hintergrund. Wie immer ein hervorragend recherchierter und informativer Roman der Autorin, die uns wieder wundervoll in die politischen Ränkespiele vor rund 1000 Jahren eintauchen lässt.

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Veröffentlicht am 15.09.2025

Drama in zwei Akten

Die Probe
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Akt 1: Eine Begegnung mit dem jungen Xavier bringt das Leben der erzählenden Schauspielerin durcheinander. Er eröffnet der Protagonistin, er glaube sie wäre seine Mutter. Dabei kann das gar nicht sein, ...

Akt 1: Eine Begegnung mit dem jungen Xavier bringt das Leben der erzählenden Schauspielerin durcheinander. Er eröffnet der Protagonistin, er glaube sie wäre seine Mutter. Dabei kann das gar nicht sein, nie hat sie ein Kind geboren. Trotzdem lässt sie die Begegnung nicht los.
Akt 2: Xavier ist bei der namenlosen Schauspielerin und ihrem Mann Tomas eingezogen. Während sie über ihr bisher verbrachtes, gemeinsames Familienleben sinniert, das Großziehen von Xavier, ihre Gefühle zu ihm, ihre nicht greifbare Beziehung, scheint dieser gekommen sein, um zu bleiben - und das nicht alleine.

Katie Kitamura nimmt die beobachtenden Leser*innen in "Die Probe" mit in ein gekonntes Verwirrspiel, das - je weiter man in die Geschichte vordringt - immer undurchsichtig wird. Was ist wahr und was ist falsch, gibt es sowas wie die Wahrheit überhaupt und worin kann man Theater und Realität unterscheiden? Was ist passiert, in der Lücke, die zwischen dem ersten und dem zweiten Teil klafft? Und ist die Protagonistin überhaupt zurechnungsfähig oder befindet sie sich in einer sich stetig steigernden Wahnvorstellung? Diese Fragen und viele mehr begegnen einem unwillkürlich beim Lesen dieses Dramas in zwei Akten. Es gibt unzählige Weisen, wie man welches Ereignis / wie man die Gedanken der Protagonistin und ihrer Familie, seien es jene im Theater oder jene der vermeintlichen Realität, interpretieren kann, es bieten sich viele Spielräume, die unklar und glasklar zugleich sind. Fest steht: diesen Roman sollte man am Besten in einem Lesekreis lesen, denn alleine macht das Rätselraten, das Zurechtbiegen der eigenen Wahrnehmung, die Anstrengungen der Hirnwindungen nur halb soviel Spaß.

Man sollte gefasst sein auf eine dichte Sprache, die jedes Wort ernst nimmt und gleichzeitig ad absurdum führt, nur eines ist gewiss: die Erzählerin ist absolut unzuverlässig. Zwar hat das Büchlein nur wenige Seiten, es sind nur 176 abzüglich der üblichen Leerseiten, aber es verlangt die volle Aufmerksamkeit, damit einem die Geschichten nicht davon rennen. Zu der ganzen Unklarheit kommt dann auch noch die Gewissheit, dass die Protagonistin eine hervorragende Schauspielerin ist, nicht nur im wörtlichen Sinn, sondern auch im beruflichen. Ist man mit dem Lesen fertig, beginnt erst die richtige Arbeit, denn verstehen tut man nur das, was man selbst hineininterpretieren will. Und das ist pure Absicht der Autorin. Für dieses Spiel muss man offen sein, muss sich darauf einlassen und auch bereit sein, die eigene Meinung zu revidieren.

Viele kluge Fragen ergeben sich, über das Zusammenleben, über Beziehungen und Wünsche, über Karriere, über Mann und Frau - und natürlich übers Theater. Letzteres ist bekanntlicherweise eine spezielle Welt und war für mich auch der Grund, weshalb ich bei den teilweise längeren Schilderungen darüber manchmal etwas entnervt war. Überhaupt war das Milieu, in dem sich die Protagonistin bewegt, für mich sowohl unzugänglich, wie auch unverständlich. Annahmen über Menschen wirkten teilweise befremdlich, weshalb ich auch keine wirkliche Anteilnahme an dem verwirrenden Leben der Schauspielerin nehmen konnte.

Mein Fazit: "Die Probe" ist ein gekonnt inszeniertes Verwirrspiel, das wohl bewusst so geschrieben wurde, dass es nicht aufgelöst werden kann. Es taucht tief ein in die wirre Psyche der Protagonistin sowie die Welt des Theaters und glänzt durch eine präzise eingesetzte Sprache. Es ist eine Empfehlung für alle, die offen sind einem unlösbaren Rätsel gegenüberzutreten und sich nicht scheuen, in die Welt des Theaters einzutauchen.

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Veröffentlicht am 27.07.2025

Mensch-Vogel-Psychogramm

Das Nest
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Fran verzweifelt Zusehens. Ihr Mann Dom entgleitet ihr, genauso ihr kleiner Sohn Bruno, nicht zu sprechen von ihrer Schwester Ros, die mit ihrer Tochter Sadie und ihrem Lebensgefährten Ellis nach gescheitertem ...

Fran verzweifelt Zusehens. Ihr Mann Dom entgleitet ihr, genauso ihr kleiner Sohn Bruno, nicht zu sprechen von ihrer Schwester Ros, die mit ihrer Tochter Sadie und ihrem Lebensgefährten Ellis nach gescheitertem Leben kostenlose Zuflucht in einem ihrer Mobilheime findet. Ständig wundert und sorgt Fran sich über bzw. um ihre Verwandtschaft und ihr einziger Trost scheint die brütende Mutter eines seltenen Zwergseeschwalbennests zu sein, um dessen Verlust sie immer mehr bangt. Das bessert sich auch nicht, als sich gegenüber ihrer Mobilheimsiedlung eine Familie von reisenden Roma niederlässt. Als schließlich Brunos & Sadies Lehrerin verschwindet und mit ihr auch Ellis, scheint das beschauliche Leben am einsamen, englischen Küstenstreifen ein Ende zu haben...

"Das Nest" besticht gleich durch mehrere Tatsachen: die langsame, eindringliche Beschreibung der Küstenlandschaft; die eingehende Beobachtung von Vögel; die verschiedenen Blickwinkel, aus denen die Geschichte erzählt wird; das große Fragezeichen, dass bis kurz vor Ende über dem Erzählten schwebt; die unterschiedlichen Charaktere, die allesamt suspekt erscheinen, der intensive Blick in die Psyche der Erzählenden. Es hat ein paar Seiten gedauert, bis ich in den außergewöhnlichen, gemächlichen Erzählstil hineingefunden habe, aber als ich den Kipppunkt überschritten hatte, gab es kein Halten mehr: ich musste das Buch in einem Satz zu Ende lesen. Das schaffen nicht viele Bücher, doch Morton-Thomas spinnt ein Netz aus vielschichtigen Strängen, die einen gefangen halten, bis man am Ende - etwas unzufrieden - ausgespuckt wird. Aber von vorne:

Wir lesen die Geschichte aus zwei Perspektiven: aus der Sicht der bereits angeführten Fran und Tad, einem Rom. In Frans Welt werden wir umgehend eingeführt, wohingegen Tads Erzählung vorerst rätselhaft bleibt, man kann nicht so richtig verorten, wie er in die starke Geschichte Frans hinein passt. Diese beiden Stränge zusammenzuführen, gelingt der Autorin kunstvoll und sie schafft dabei einen grandiosen Spannungsbogen. Je weiter man liest, desto mehr Rätseln scheinen sich aufzutun, man weiß bald, es gab einen Mord und irgendwie verdächtigt man gleich einmal alle Charaktere, denn alle sind besonders: schrullig, ein wenig irre, mitunter auch gewalttätig, aber auch tragisch. Kurzum: etwas lost. Die Figuren werden so beschrieben, dass sie einem sympathisch und unsympathisch zugleich sind und alle sind verdächtig. Das trifft nicht nur auf die Erwachsenen zu, sondern auch auf die Kinder. Immer wieder (Achtung: Triggerwarnung!) werden zu Tode gequälte Vögel gefunden und eigentlich könnte sie jeder getötet haben. Grundsätzlich: wir erfahren viel über die Psyche der vorkommenden Personen und irgendwie wird dieses Psychogramm auch anhand der unterschiedlichen Vogelliebe erstellt.

"Das Nest" ist kein Krimi im klassischen Sinn, obwohl sich die Spannung um des Mordes Rätsel zunehmend steigert. Die Polizei scheint aus absoluten Losern zu bestehen, die nicht ordentlich ermitteln, aber der Schein kann trügen, denn beim Lesen sollte man sich vergegenwärtigen, dass wir nur zwei, sehr, sehr subjektive Perspektiven erzählt bekommen. Grundsätzlich lässt sich das Genre dieses Buches nur schwer greifen, was es als perfekte Wahl für den kleinen Verlag "Pendragon" macht, der Jahrs zuvor mit "Das Haus in dem Gudelia stirbt" ein ähnlich undefinierbares Werk herausbrachte. Wobei, wenn Psychogramm ein eigenes Genre ist, trifft es auf beide Bücher zu.

Auch Gesellschaftliches wird in vielen Facetten thematisiert. Armut, Verwahrlosung, Vernachlässigung, Vorurteile, die gekonnt ins Gegenteilige gesetzt werden, verstummende Beziehungen, Beeinträchtigungen, Solidarität, Gerüchte, Natur, Gewalt, und so weiter. Alles nicht zu offensichtlich, sondern fein eingewoben in die Geschichte und deren starke Atmosphäre.

Der Grund, weshalb meine Bewertung einen Stern Abzug erhält, ist das Ende. Auch wenn ich das Buch wirklich jedem, der etwas Außergewöhnliches lesen mag, nur sehr ans Herz legen kann: das Ende war für meinen Geschmack zu konstruiert und zu viele Fragen bleiben offen. Das war aber auch bestimmt so gedacht, denn, wie bereits erwähnt, erfahren wir ja nur aus zwei Erzählperspektiven von dem Geschehen. Nichtsdestotrotz bleibt eine sachte Enttäuschung, dass enorm viel der Spekulation der Leser*innen überlassen bleibt und manche Handlungen zum Schluss auch mit viel Menschenkenntnis nicht nachvollzogen werden können.

Mein Fazit: "Das Nest" ist ein grandios geformtes Psychogramm einer Dorfgemeinschaft, das absolute Spannung bietet, die sich langsam aufbaut und immer mehr zuspitzt. Die geschaffene Atmosphäre ist sehr stark und prägt sich nachhaltig ein, die Rätsel verlangen den Hirngewinden immer mehr Geschwindigkeit ab, um die Lesenden am Ende erschöpft und ein klein wenig enttäuscht zurückzulassen. Eine absolute Leseempfehlung an alle, die kein vorgegebenes Genre brauchen und besonderen Lesestoff suchen, über den noch jahrelang spekuliert werden kann.

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Veröffentlicht am 23.06.2025

Das Buch: ein Rätsel

Die Schrecken der anderen
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Ein Toter im Eis, der soziophobe Schibig, die Alte, Kern und dessen Mutter: das sind die Hauptfiguren in Martina Clavadetschers "Die Schrecken der Anderen". Langsam werden die Personen eingeführt und sachte ...

Ein Toter im Eis, der soziophobe Schibig, die Alte, Kern und dessen Mutter: das sind die Hauptfiguren in Martina Clavadetschers "Die Schrecken der Anderen". Langsam werden die Personen eingeführt und sachte miteinander verwoben. Die Sprache ist zwar einfach zu lesen, aber doch sehr anspruchsvoll und komplex, es bedarf einer hohen Konzentration, um dem Erzählten die nötige Aufmerksamkeit zu schenken.

Gewaltig und dicht ist nicht nur die Sprache, sondern auch der Inhalt. Jede einzelne Figur bekommt einen schrägen Charakter, ist mit eigenen Besonderheiten ausgestattet. Was sie vereint, ist das Unzugängliche, das Mysteriöse das ihnen anhaftet. Jede und jeder ist etwas auf der Spur, lang ist nicht erkennbar, dass es sich um Gemeinsames handelt. Die Geschichte ist Geschichte und Ungeschichte zugleich, sie ist nicht fassbar und lässt sich deshalb auch kaum beschreiben.

Es ist ein Leseerlebnis, das man selbst erfahren muss, es hat etwas Märchenhaftes, aber doch sehr Reales, könnte vor oder in hundert Jahren spielen. Es beeindruckt und stößt ab zugleich. Schließlich geht es - wie in vielen Dingen - um das Geld, dass nicht nur Dreck am Stecken hat, sondern auch Blut - und alle gieren danach, aus unterschiedlichen Motiven. Und auch hier, in der neutralen Schweiz, tauchen abstoßende Spuren von Alt- und Neonazis auf.

Es benötigt definitiv einen zweiten Durchlauf, um dieses Buch zu verstehen und es fassen zu könne, denn es bleibt: ein Rätsel. Eines allerdings, dass es sich lohnt lösen zu wollen. Und hoffentlich gelöst werden kann.

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