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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.03.2018

Praxis der amerikanischen Polizeiarbeit

Homicide
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Obwohl es sich bei diesem Buch um eine Dokumentation handelt, liest es sich wie ein Krimi.
David Simon verbrachte ein Jahr (1988) mit den Detectives des Morddezernats von Baltimore, hat sie bei ihrer ...

Obwohl es sich bei diesem Buch um eine Dokumentation handelt, liest es sich wie ein Krimi.
David Simon verbrachte ein Jahr (1988) mit den Detectives des Morddezernats von Baltimore, hat sie bei ihrer Ermittlungsarbeit begleitet und Einblicke in ihre Persönlichkeiten und Denkweisen erhalten.
So hat man auch beim Lesen das Gefühl, das Geschehen hautnah mitzuerleben und die Untersuchung von Kriminalfällen „live“ beobachten zu können.
Einiges wirkt dabei durchaus etwas desillusionierend, in der Realität läuft vieles nicht so reibungslos ab wie man es von Fernsehserien gewöhnt ist, so mancher Mord bleibt ungesühnt, und die Polizisten sind keine strahlenden Helden, sondern Menschen, die auch Fehler machen, von Frustration geplagt sind oder mit psychischen Problemen zu kämpfen haben.
Gerade solche Unvollkommenheiten machen aber den Reiz dieses Buches aus.

Veröffentlicht am 11.01.2018

Zwischen Walisern und Normannen

Das Blut der Rebellin
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Im Mittelpunkt dieses Romans steht Isabel, Enkelin der legendären Nesta ferch Rhys (der Hauptfigur von „Die Tochter des letzten Königs“) und ihres normannischen Gemahls Gerald de Windsor. Sie gehört damit ...

Im Mittelpunkt dieses Romans steht Isabel, Enkelin der legendären Nesta ferch Rhys (der Hauptfigur von „Die Tochter des letzten Königs“) und ihres normannischen Gemahls Gerald de Windsor. Sie gehört damit dem einflussreichen Geschlecht der Geraldines an. Schon in ihrer Kindheit fühlt sie sich hin- und hergerissen zwischen den Normannen, denen ihre Familie angehört und welche die Herrschaft über ihre Heimat Südwales beanspruchen, und dem walisischen Erbe, das sie in sich spürt. So ist es für sie in Wirklichkeit eine Befreiung, als sie kurz vor ihrer geplanten Hochzeit mit dem grausamen Sheriff William Hayt von walisischen Rebellen entführt wird. Bald hat sie sich bei ihnen eingelebt und unterstützt sie in ihrem Kampf. Das einzige, was sie schmerzt, ist, dass sie von ihrem Freund Ralph le Walleys getrennt wird, in den sie sich verliebt hat, obwohl eine gemeinsame Zukunft unmöglich scheint.

Bei Isabel handelt es sich um eine reale historische Persönlichkeit, über deren Lebensweg es allerdings kaum gesicherte Informationen gibt. So besteht der Großteil der Handlung aus Spekulationen und Erfindungen der Autorin, was ich bei einem historischen Roman schon für grenzwertig halte. Hier konnte ich es aber akzeptieren, wird doch mit dem walisischen Freiheitskampf zumindest ein spannendes Thema behandelt. Auch wird das Zusammenspiel von Fakt und Fiktion im Nachwort ordentlich aufgeklärt.

Die ganze Geschichte wird aus Isabels Perspektive erzählt. Man kann sich wunderbar in sie hineinversetzen und sie bei ihren Erlebnissen begleiten. Besonders ihre Zerrissenheit zwischen Walisern und Normannen sowie ihre immer wieder auftretenden Loyalitätskonflikte werden sehr gut und nachvollziehbar dargestellt.
Obwohl es bisweilen etwas schwierig ist, den Überblick über all die walisischen Namen zu behalten, sind die diversen Personen jedenfalls interessant gezeichnet, ohne allzu viel Schwarz-Weiß-Malerei.

So entsteht ein farbenfrohes Bild einer faszinierenden Epoche, welche durch eine sympathische Heldin, die um ihre Identität ringt, lebendig wird. Nur der Schluss ist ein bisschen zu sehr auf Happy End getrimmt.

Veröffentlicht am 11.01.2018

Kafkaeskes Lebenswerk

Kafka,F.,Gesammelte Werke
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Es gibt nicht viele Schriftsteller, nach deren Namen ein eigener Begriff geprägt wurde, und Franz Kafka hat diese Auszeichnung mit Sicherheit verdient.
Denn seine Werke sind tatsächlich einzigartig, sie ...

Es gibt nicht viele Schriftsteller, nach deren Namen ein eigener Begriff geprägt wurde, und Franz Kafka hat diese Auszeichnung mit Sicherheit verdient.
Denn seine Werke sind tatsächlich einzigartig, sie erzeugen eine ganz besondere Atmosphäre, oftmals absurd anmutend, häufig eher düster, teilweise blitzt aber auch ein gewisser Humor durch.

So ist dies keine leichte Lektüre. Dennoch geht von den diversen skurrilen Situationen, die hier geschildert werden, eine ganz eigentümliche Faszination aus. Ich hatte zuvor nur Kafkas bekanntere Texte gelesen und fand es sehr spannend, hier für einen günstigen Preis viel Neues entdecken zu können.

Dies ist kein eBook, das man schnell in einem Rutsch durchliest. Doch allen, die einen Blick über den Tellerrand werfen oder ungewöhnliche Perspektiven einnehmen wollen, kann ich es absolut weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 11.01.2018

Acht 8er-Jahre

1848-1918-2018
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Zunächst muss ich ein paar Worte über die Gestaltung dieses Werkes loswerden. Denn diese ist ausgesprochen gut gelungen. Der schön gestaltete Einband und vor allem die diversen goldenen Verzierungen sorgen ...

Zunächst muss ich ein paar Worte über die Gestaltung dieses Werkes loswerden. Denn diese ist ausgesprochen gut gelungen. Der schön gestaltete Einband und vor allem die diversen goldenen Verzierungen sorgen für ein hochwertiges Erscheinungsbild.

Doch auch inhaltlich hat es einiges zu bieten. Die Autoren verfolgen den Ansatz, Entwicklungen in Politik und Gesellschaft im Abstand von Jahrzehnten zu untersuchen, und sind dabei auf acht 8er-Jahre gestoßen, die eine eingehendere Betrachtung verdienen.
So gibt es hier eine spannende Reise durch die Jahre 1848, 1908, 1918, 1938, 1968, 1978, 2008 und 2018. Sie alle waren bzw sind Ausgangspunkt von Ereignissen, welche weitreichende Folgen für zukünftige Entwicklungslinien hatten und unsere Gegenwart noch immer prägen.
Die einzelnen Kapitel wurden von Fachleuten des jeweiligen Gebiets geschrieben und bieten eine kompakte, übersichtliche und doch fundierte Darstellung der diversen Geschehnisse, ihrer Hintergründe und Folgen.
Vorfälle wie die Revolutionen von 1848 und 1968 oder die Gründung der Republik werden ebenso beleuchtet wie beispielsweise die bosnische Annexionskrise oder der Startschuss zu Chinas Aufstieg – also Episoden, die im öffentlichen Bewusstsein weniger verankert sind, nichtsdestotrotz aber folgenschwer waren.
So offerieren diese Beiträge eine Reihe faszinierender Entdeckungen und neuer Erkenntnisse.

Allen Lesern, die sich für historisch bedeutsame Begebenheiten und Zusammenhänge interessieren, sei dieses Werk daher ans Herz gelegt!

Veröffentlicht am 10.12.2017

Mythen und Wissenschaft

Der Zauber der Wirklichkeit
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In diesem primär für jüngere Leser gedachten Buch gibt Richard Dawkins Antworten auf Fragen wie „Was ist Wirklichkeit?“, „Wer war der erste Mensch?“, „Woraus bestehen die Dinge?“, „Was ist ein Regenbogen“ ...

In diesem primär für jüngere Leser gedachten Buch gibt Richard Dawkins Antworten auf Fragen wie „Was ist Wirklichkeit?“, „Wer war der erste Mensch?“, „Woraus bestehen die Dinge?“, „Was ist ein Regenbogen“ oder auch „Warum geschehen schlimme Dinge?“
Das besondere an diesem Werk ist, dass zu Beginn jedes Kapitels zunächst berichtet wird, wie die Mythen und Legenden verschiedenster Völker die entsprechende Frage beantworten. Geschichten aus der jüdisch-christlichen Tradition stehen dabei gleichberechtigt neben Überlieferungen aus aller Welt – vom alten Ägypten bis zu den Azteken, von afrikanischen Eingeborenenstämmen bis zu den Maori.

Dabei verzichtet der Autor auch nicht darauf, seine Leser immer wieder zum Hinterfragen dieser Erzählungen und ihrer Entstehungsgeschichten aufzufordern.
Danach gibt es eine wissenschaftliche Erklärung – in einfachen Worten und doch fundiert.
Eingebettet sind diese Ausführungen in eine Vielzahl von Illustrationen, die sich wunderbar in den Text einfügen und diesen nicht nur veranschaulichen, sondern auch ergänzen und viel zum Lesespaß beitragen.

Auf diese Weise gelingt es sehr gut, die Faszination der wissenschaftlichen Forschung deutlich zu machen, zu erläutern, wie Wissenschaftler zu ihren Ergebnissen kommen und zu zeigen, dass die wahre Erklärung vieler Phänomene interessanter und wunderbarer ist als jede Fiktion.
Dawkins verhehlt dabei aber weder, dass er selbst nicht alles weiß, noch, dass unserem heutigen Wissensstand generell Grenzen gesetzt sind, ruft allerdings dazu auf, diese nicht als grundsätzliche Niederlage zu begreifen, vor der man Zuflucht in magischen oder übernatürlichen „Erklärungen“ suchen müsste, sondern vielmehr als Ansporn für das immer weitere Streben nach neuen Erkenntnissen zu sehen.

Über die bloße Vermittlung von Sachkenntnissen hinaus kann dieses Werk daher auf Leser aller Altersgruppen inspirierend wirken.