Profilbild von biancaneve66

biancaneve66

Lesejury Profi
offline

biancaneve66 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit biancaneve66 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.11.2025

Angst und Geld als Basis einer Beziehung

The House of Beckham
0

Ende der 1990er-Jahre lernen sich der aufstrebende Fußballer David Beckham und Spice Girl Victoria Adams kennen. Im Lauf der Zeit verdiente das geschäftstüchtige Power-Paar als globale Stilikonen, Modedesigner ...

Ende der 1990er-Jahre lernen sich der aufstrebende Fußballer David Beckham und Spice Girl Victoria Adams kennen. Im Lauf der Zeit verdiente das geschäftstüchtige Power-Paar als globale Stilikonen, Modedesigner und Marken-Testimonials ein Vermögen und zeigten in der Netflix-Serie „Beckham“ das Bild einer glücklichen und perfekten Beziehung. Bestsellerautor Tom Bower schaut hinter die Kulissen des Glamour und entdeckt Steuerhinterziehung und Ehebruch.
Das Cover ist schlicht gehalten, mit einem Schwarz-Weiß-Foto, in dem sich die Beckhams gegenüberstehen; allein die goldenen Lettern heben sich ab. In der Mitte befinden sich weitere zahlreiche Fotos mit Kommentaren. Die vielen Kapitel haben eine angenehme Länge; gerade umfangreich genug um nach dem Lesen den Inhalt reflektieren zu können. Und nachzudenken gibt es hier einiges. Der Autor geht sehr akribisch vor, zerlegt das Leben des Glamour-Paars auf recht direkte Art in seine Einzelteile und tut dies mit ironischem Ton. Er vertraut vielen Quellen, packt aber auch seine eigenen Gedanken mit hinein. Akribisch unterlegt er die „Beweise“ für das wirkliche Leben des Trendsetter-Paars mit Datum und Tageszeit und fügt zum Belegen der Zitate und Zahlen Fußnoten ein, die sich – genau wie das umfangreiche Quellenverzeichnis - am Ende des Buchs befinden.
Am Beginn ihrer Beziehung gelten die beiden als Inbegriff einfacher Leute, die es aus eigener Kraft zu etwas gebracht haben und die die Werte der Familie hochhalten. Bower zeigt in dieser Biografie auf, dass nicht alles im Leben der Beckhams auch wirklich so ist, wie es scheint. Im Grunde haben es die beiden geschafft zu einer „Marke“ zu werden: sie werden durch Geld geeint und verwenden die Presse als Mittel zum Zweck, weil sie genau wissen, was die Fans hören und sehen wollen.
Ob das nun alles so stimmen mag, wie es der Autor darstellt, ist ungewiss. Interessante Einblicke bietet die Biografie auf jeden Fall; auch in die Daten der Fußball- und Show-Welt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.10.2025

Auf der Suche nach Leben

Dass es uns überhaupt gegeben hat
0

Bandleader und Songwriter Wanda erzählt in seinem ersten Buch die Geschichte der Entstehung und des Erfolgs der Rockband „Wanda“. Er tut dies auf bestechend ehrliche Weise und beschreibt Wien und die Künstler ...

Bandleader und Songwriter Wanda erzählt in seinem ersten Buch die Geschichte der Entstehung und des Erfolgs der Rockband „Wanda“. Er tut dies auf bestechend ehrliche Weise und beschreibt Wien und die Künstler dieser Stadt, aber auch seinen persönlichen Lebensweg; und den Preis, den man für Erfolg bezahlt. So ist ein Buch entstanden, das über Musik und Freundschaft, aber auch über Verlust und Tod berichtet.
Das Cover ist beherrscht vom Namen des Autors und vom Titel. Lettern, die schweben, die abzuheben scheinen, verschwommen sind; und deren Bewegtheit man in der Printversion auch tatsächlich erfühlen kann. Der Einstieg erfolgt sehr abrupt, denn sehr offen legt der Musiker sein Alkoholproblem dar. Er erzählt, als würde ihm seine Leserschaft gegenüber sitzen; so als ob man ganz locker ein Gespräch führen würde, in dem er aber die Richtung bestimmt. Wanda sammelt hier alle möglichen Anekdoten aus seiner Vergangenheit. So erfährt man, wie es überhaupt zum Namen „Wanda“ gekommen ist, wie sich die Bandmitglieder zusammengefunden haben, wie deren Schicksale im Lauf der Jahre verlaufen sind. Auch die Entstehung der Lieder und der dazugehörigen Videos wird detailliert dargelegt, was einen manchen Text im Nachhinein noch intensiver erscheinen lässt. Immer wieder gibt es Informationen und Verweise zu anderen – nicht nur österreichischen – Bands. Und auch wenn Teile des Buchs, wie schon angesprochen, eher wie eine lockere Lebensbeichte anmuten, so blitzen an vielen Stellen, ganz wie nebenbei, Lebensweisheiten hervor; und diese sind wunderbar poetisch verpackt. Ganz so, als wären es wieder Texte aus den Liedern.
Eingefleischte Fans werden das Buch genießen, andere vielleicht die Band erst dadurch kennenlernen. Man mag überrascht sein, schockiert sein, sich in Vorurteilen gegenüber Rockbands bestätigt fühlen, deren Leben aus Alkohol, Drogen und Absturz zu bestehen scheint; man mag den Lebenswandel gar verurteilen. Unberührt wird das Buch sicher keinen lassen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.09.2025

Das Erbe ihres Vaters

Mein Name ist Emilia del Valle
0

Emilia del Valle wird 1866 in San Francisco als uneheliches Kind geboren. Dort lebt sie in einem ärmlichen Viertel bei ihrer Mutter, die Nonne war, und ihrem Stiefvater, der das eigensinnige Mädchen fördert. ...

Emilia del Valle wird 1866 in San Francisco als uneheliches Kind geboren. Dort lebt sie in einem ärmlichen Viertel bei ihrer Mutter, die Nonne war, und ihrem Stiefvater, der das eigensinnige Mädchen fördert. Emilia geht ihren Weg; veröffentlicht mit 17 Groschenromane unter männlichem Pseudonym und wird Reporterin bei einer Zeitung. Zusammen mit ihrem Kollegen Eric soll sie in Chile über den Bürgerkrieg berichten. Dort verliebt sie sich in Eric und ist auf der Suche nach ihrer eigenen Herkunft. Denn ihr richtiger Vater ist ein chilenischer Aristokrat.
Das Cover zeigt eine Frau im Meer, Wolken, die sich hinter der Frau befinden sollten, bedecken teils ihren Oberkörper. Man ist sich nicht sicher, ob die Frau aus dem Wasser kommt, oder gerade hineingeht. Eine Frau, die ihren Weg geht, sich von nichts aufhalten lässt, die aber auch zerrissen zwischen zwei Welten sein könnte. Der Sprachstil fesselt einen sofort. Flüssig und mit vielen Bildern, dann wieder nüchtern und an einigen Stellen sogar wieder kitschig und mystisch. Auf diese Art bringt uns Emilia als Ich-Erzählerin die Geschichten ihres Lebens nahe. Der Roman besteht aus vier Teilen, die jeweils mit entscheidenden Geschehnissen aus Emilias Leben beginnen. Passend zur Handlung sind einige ihrer Zeitungsartikel eingestreut, um das Geschriebene noch lebensnaher zu gestalten. Abgesehen vom chilenischen Bürgerkrieg gibt es auch sonst immer wieder Hinweise auf reale historische Begebenheiten, wie soziale Unterschiede, Streiks oder das Aufkommen der Suffragetten. Und um starke Frauen geht es in diesem Buch ja. Nicht nur die Protagonistin ist eine selbstbewusste Frau, auch andere weibliche Figuren handeln in dieser Geschichte, als wären sie ihrer Zeit sehr weit voraus.
Emilia ist eine sehr fortschrittliche Frau. Schriftstellerin, Journalistin, Reisereporterin, Kriegsberichterstatterin, sie packt ihr Leben selbst an und trotzt fast unbehelligt allen Gefahren. Sie verbringt Zeit auf dem Schlachtfeld des chilenischen Bürgerkriegs (und die Darstellung ist durchaus oft brutal), hat auch ein erfülltes und freies Liebesleben; ihr scheint vieles zu gelingen, ihre Pläne gehen auf, niemand kann sie festhalten. Das alles als sechsundzwanzigjährige Frau. Und doch ist es am Ende nur eine fiktive Geschichte. Es wird auch um 1890 schon starke Frauen gegeben haben. Aber ob eine Frau wie Emilia tatsächlich gelebt haben mag, wage ich doch zu bezweifeln.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.08.2025

Mord auf der Ferieninsel

DER SCHWARZE OKTOPUS
0

Spätsommer auf Paros. Die Touristenströme nehmen ab, Ruhe kehrt auf der Urlaubsinsel ein. Police Officer Christína Strátou freut sich auf entspannte Tage mit ihrem Mann und ihrer Tochter. Doch die friedliche ...

Spätsommer auf Paros. Die Touristenströme nehmen ab, Ruhe kehrt auf der Urlaubsinsel ein. Police Officer Christína Strátou freut sich auf entspannte Tage mit ihrem Mann und ihrer Tochter. Doch die friedliche Atmosphäre ist trügerisch. Der neue Besitzer einer Apartmentanlage wird tot an einem abgelegenen Strand gefunden. Die Ermittlungen laufen in alle Richtungen, schließlich ist der Tote kein Unbekannter auf der Insel. Eifersucht, Neid, Rache, alles ist denkbar. Die Indizien sind eindeutig, bald ist ein Schuldiger gefunden und der Fall scheint gelöst. Doch da geschieht etwas vollkommen Unerwartetes, was Christína ahnen lässt, dass dem gesamten Land große Gefahr droht, die weit über Páros hinausreicht. Während ihre Familie die Insel erkundet, wird Christína immer tiefer in einen Strudel aus Lügen, Gewalt und dunklen Machenschaften gezogen. Bald muss sie feststellen, dass ein Wettlauf mit der Zeit begonnen hat, den sie auf keinen Fall verlieren darf.
Ein Blick aufs Meer mit Fischerbooten, weiße Häuser, blaue Dächer – tatsächlich ein Sehnsuchtsort, den das Cover zeigt. Aber es gibt dunkle Wolken am Himmel, die nichts Gutes verheißen. Der zweite „Mord am Sehnsuchtsort“ schließt an Christinas ersten Fall „Der letzte Ouzo“ an. Während der Geschichte gibt es immer wieder Verweise an diese erste Geschichte, dieser Krimi kann aber gut ohne Vorkenntnisse gelesen werden, denn die Personen – und Orte – werden sehr gut vorgestellt. Die Titelüberschriften sind wieder in griechischer Sprache und Schrift gehalten, die Bedeutungen erschließen sich jeweils im ersten Absatz. Die kapitelweisen Perspektivenwechsel geben nach und nach die Details des Verbrechens preis, dennoch gibt es immer wieder unerwartete Wendungen. Am Ende des Buchs befindet sich ein hilfreiches Personenregister.
Der Krimi zeigt viel Lokalkolorit, örtliche Bräuche und Feiertage, auch den Aberglauben der Bevölkerung auf Paros; ebenso gibt es Ausflüge in die Kulinarik der Insel. Der schwarze Oktopus des Titels bezieht sich dieses Mal aber nicht aufs Essen. Hier ist ein Regionalkrimi entstanden, der die Spannung bis zum Ende hält, der aber auch immer wieder das Privatleben der Protagonistin Christina einfließen lässt. Schnell lernt man ihre Familie, Freunde und Ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei kennen. Manche Gedanken und Gespräche scheinen oft etwas lang, oder sie wiederholen sich. Dennoch – oder gerade deswegen? - sind die Charaktere, das Verbrechen und die Ermittlung sehr lebensnah und nachvollziehbar beschrieben. Als Lesender verbringt man gerne Zeit auf Paros. Und freut sich auf den nächsten spannenden Fall auf dieser wunderschönen Kykladeninsel.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.07.2025

Meer, Wind, Weite und die verbotene Insel

Rückkehr nach St. Malo
0

Yann kehrt aus Paris nach Saint-Malo in das Haus seiner Kindheit zurück, das er vom verstorbenen Vater geerbt hat. Er erinnert sich an seinen verstorbenen Zwillingsbruder, findet im Arbeitszimmer der Familienvilla ...

Yann kehrt aus Paris nach Saint-Malo in das Haus seiner Kindheit zurück, das er vom verstorbenen Vater geerbt hat. Er erinnert sich an seinen verstorbenen Zwillingsbruder, findet im Arbeitszimmer der Familienvilla aber viel weitreichendere Erinnerungen, nämlich ein komplettes Familienarchiv mit der verborgenen Geschichte der Familie Kérambrun. Am Anfang des 20. Jahrhunderts gründete sein Urgroßvater eine Reederei, die noch heute in Familienbesitz ist, er heiratete und ließ gegenüber der kleinen Insel Cézembre in Saint-Malo die Familienvilla erbauen.
Das Cover zeigt viel Himmel und das stürmische Meer mit der kleinen Insel. Das Buch ist vier Abschnitte unterteilt, die jeweils mit den Bezeichnungen der Gezeiten betitelt sind. Am Ende befinden sich zur besseren Übersicht die Stammbäume zweier im Roman wichtigen Familien, sowie ein ein umfangreiches Quellenverzeichnis. Die Geschichte wird vom Ich-Erzähler Yann wiedergegeben, dazwischen befinden sich in Kursivschrift verfasste Einschübe aus der Vergangenheit. Dabei handelt es sich um Briefe und um zur Handlung passende Geschichten aus anderen Perspektiven.
Wie das ganze Buch ist auch der Schreibstil sehr ruhig, an vielen Stellen fast poetisch, an anderen fast schwermütig. Die Autorin erzählt sehr bildreich, wenn sie das Meer, die Küste, die Familienvilla beschreibt; die Atmosphäre ist sehr gut eingefangen. Der Roman ist umfangreich; und sicher sind 500 Seiten für ein über hundertjähriges Familienepos nicht viel, dennoch hätte ich mir an etlichen Stellen weniger Wörter gewünscht. Immer wieder kam es zu Längen – und teils zu Wiederholungen – wenn die Gewalt des Meeres, Segelmanöver oder aber auch technische Details des Schiffbaus beschrieben wurden. Ab der Hälfte des Buchs habe ich allerdings auch diese Abschweifungen liebgewonnen. Es ist einfach eine Geschichte, die dem Leser Zeit abverlangt, ihm diese mit jeder gelesenen Seite aber auch wieder schenkt.
Das Buch spricht unterschiedliche Themen an, von denen ich hier nur einige erwähne. Yann beginnt mit den Recherchen zu seiner Familie, um seinen eigenen Vater besser zu verstehen; es geht also um Aufarbeitung, um Versöhnung, aber auch um Erwartungen, um Liebe, um Vertrauen. Die Autorin beschreibt sehr detailliert die Gewalt des Meeres, des Ärmelkanals, die Geduld und den Respekt der Küstenbewohner davor; sie betont die heilende Kraft des Meeres, verweist aber auch auf den anderen Umgang der Menschen damit, auf Verschmutzung oder auf Klimawandel. Und im Lauf der Geschichte erfährt man immer mehr über die Saint Malo vorgelagerte Insel Cézembre, die zu unterschiedlichen Zeiten auch ganz unterschiedliche Funktionen innehatte, und die der Originalversion des Romans auch seinen Titel gegeben hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere