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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.08.2025

Lebensrealitäten junger Frauen

Im Leben nebenan
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Von estuck
Was wäre, wenn man an einem gewöhnlichen Morgen aufwacht – und plötzlich in einem ganz anderen Leben steckt? Genau das passiert Antonia, der Protagonistin in Anne Sauers fesselndem Roman Im ...

Von estuck
Was wäre, wenn man an einem gewöhnlichen Morgen aufwacht – und plötzlich in einem ganz anderen Leben steckt? Genau das passiert Antonia, der Protagonistin in Anne Sauers fesselndem Roman Im Leben nebenan.

Eigentlich führt Antonia ein erfülltes Leben mit ihrem Freund Jakob – kinderlos, unabhängig, glücklich. Doch eines Tages findet sie sich in einer alternativen Realität wieder: Hier ist sie Mutter eines kleinen Kindes und mit ihrem Jugendfreund verheiratet. Zwei Leben, zwei Versionen ihrer selbst – und zwei gegensätzliche Erfahrungen von Mutterschaft und Selbstverwirklichung.

Sauer erzählt diese parallelen Lebenswege mit einem soghaften, fast träumerischen Erzählstil, der sofort in den Bann zieht. Dabei verwebt sie die Themen Mutterschaft, Partnerschaft mit kleinen Kindern und unerfüllter Kinderwunsch zu einem feinfühligen, nuancierten Porträt weiblicher Lebensrealitäten.

Besonders eindrucksvoll gelingt ihr die kritische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Erwartungen an junge Frauen. Ganz gleich, ob mit Kind oder ohne: Antonia erfährt in beiden Leben Beurteilungen und Zuschreibungen – subtil oder offen, wohlmeinend oder bevormundend. Sauer zeigt, wie tief diese Erwartungen greifen, und wie schwer es ist, sich ihnen zu entziehen.

Im Leben nebenan ist ein kluges, emotional bewegendes Buch über die Frage: Wie frei sind wir wirklich in unseren Lebensentscheidungen – und wie sehr werden wir von außen gelenkt? Ein absolut lesenswertes Debüt, das lange nachhallt.

Veröffentlicht am 11.08.2025

grandiose Politiksatire

Das Geschenk
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Die deutsche Regierung hat ein Gesetz verabschiedet, was den Elfenbeinhandel mit afrikanischen Staaten einschränkt. Daraufhin "schenkt" der Staat Botswana Deutschland 20000 echte lebende Elefanten (was ...

Die deutsche Regierung hat ein Gesetz verabschiedet, was den Elfenbeinhandel mit afrikanischen Staaten einschränkt. Daraufhin "schenkt" der Staat Botswana Deutschland 20000 echte lebende Elefanten (was offensichtlich übrigens tatsächtlich schonmal angedroht worden ist). Plötzlich tauchen sie (zunächst nur in Berlin, später überall in Deutschland) auf. Sie leben unter den enschen, begeben sich auf die Suche nach Nahrung und verrichten ihre Notdurft, logischerweise in dem unerwarteten Maße ein riesiges unüberschaubares Problem für den Bundeskanzler und sein Team.
Im Laufe der Handlung werden immer mehr Maßnahmen ergriffen, um der Situation Herr zu werden. An einigen Stellen fühlt man sich dezent an die überforderte Lage in der Pandemie erinnert.
Insgesamt habe ich das Buch nicht nur gerne gelesen, weil es so herrlich skurril und witzig war. Es zeigt auf auch schonungslose Weise, wie der Politikbetrieb funktioniert, zB dass Charisma und Diplomatie viel mehr wertgeschätzt werden als Fachwissen. Aus meiner Sicht ein großartiges Buch für alle, die sich für Politik interessieren.

Veröffentlicht am 12.09.2024

ergreifender Weg zurück

Mein drittes Leben
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Das Buch "Mein drittes Leben" von Daniela Krien erzählt die Geschichte von Linda, deren Leben von jetzt auf gleich zerbricht. Durch einen schrecklichen Unfall verliert die Protagonistin ihre einzige Tochter, ...

Das Buch "Mein drittes Leben" von Daniela Krien erzählt die Geschichte von Linda, deren Leben von jetzt auf gleich zerbricht. Durch einen schrecklichen Unfall verliert die Protagonistin ihre einzige Tochter, außerdem erkrankt sie schwer.
Die Geschichte setzt zwei Jahre später ein, als Kinda sich entschließt, mit ihrem alten Leben und ihrer Ehe mit Richard zu brechen und in ein altes verlassenes Bauernhaus auf dem Dorf zu ziehen, ohne soziale Kontakte außer den Hund der Vorbesitzerin. Doch mit jedem Tag treten neue Personen in Lindas Leben. Da sind ihre hoffnungsvollen Nachbarn, die im Alter noch einmal neu anfangen wollen. Da ist das behinderte Mädchen Nine und ihre Mutter Natascha, in deren bedingungslose Warmherzigkeit sie eingesogen wird. Mit der Zeit, sehr langsam zwar, aber deutlich spürbar, entwickelt Linda neuen Lebensmut und erfährt, wie lebenswert das Leben trotzdem sein kann, auch, indem man für andere da ist. Und so kämpft sie sich zurück in ein neues Leben.
Beim Aufschreiben dieser Rezension bekomme ich erneut Gänsehaut, genau wie beim Lesen des Buchs. Natürlich ist es unfassbar traurig und für niemanden, der es nicht erlebt hat, nachvollziehbar. Und diese Trauer bekommt in dem Buch auch ihren entsprechenden Platz. Aber diese Woge des neuen Muts, dieses Lebensbejahende, das sich Linda erst erarbeitet, ist so voller Optimismus, dass man dieses Buch nur unendlich feiern kann. Ich liebe jede Seite daran.

Veröffentlicht am 09.09.2024

witzig und warmherzig

Pi mal Daumen
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Das Buch erzählt die Geschichte von Oscar und Moni, die sich im ersten Semester des Mathematikstudiums kennenlernen. Die beiden kommen aus komplett unterschiedlichen Welten: Oscar, Einzelgänger aus gutem ...

Das Buch erzählt die Geschichte von Oscar und Moni, die sich im ersten Semester des Mathematikstudiums kennenlernen. Die beiden kommen aus komplett unterschiedlichen Welten: Oscar, Einzelgänger aus gutem Hause, möglicherweise Autist und seit seiner Kindheit von sich selbst überzeugter Mathefan, daneben Moni, vermeintlich ungebildet (zumindest aus Oscars Sicht), deutlich älter als ihre Kommilitoninnen und familiär eingespannt, aber quirlig, hilfsbereit und gesellig.

Aus einer unfreiwilligen Lerngemeinschaft wird nach und nach Freundschaft. Die beiden, die unterschiedlicher nicht sein könnten, ergänzen sich immer mehr und helfen einander.

Ich habe dieses Buch mit viel Genuss gelesen. Es ist leicht und witzig erzählt und immerwieder tauchen warmherzige "Hach"-Momente auf, ohne kitschig zu sein. Die beiden Protagonist
innen sind großartig gezeichnet. Man liebt Moni von Anfang an und Oscar irgendwann auch ;) außerdem fühlt man sich herrlich an die eigene Studienzeit mit Mensaessen, Lernen und Leben zurück erinnert. Auch wenn die mathematischen Fachpassagen meine Kompetenzen übersteigen, ich habs unglaublich gerne gelesen.

Veröffentlicht am 05.09.2024

tolles Buch

Kleine Monster
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Die Geschichte von Pia, der Hauptfigur wird auf zwei Ebenen erzählt: das Heute, in dem sie von der Lehrerin ihres 7jährigen Sohnes zu einem Gespräch gebeten wird, indem angedeutet wird, dass sich ihr Sohn ...

Die Geschichte von Pia, der Hauptfigur wird auf zwei Ebenen erzählt: das Heute, in dem sie von der Lehrerin ihres 7jährigen Sohnes zu einem Gespräch gebeten wird, indem angedeutet wird, dass sich ihr Sohn übergriffig gegenüber einer Mitschülerin verhalten haben soll. Auf der anderen Seite wird Pias Kindheit erzählt, wobei früh klar wird, dass diese Zeit geprägt ist vom für sie unerklärbaren Ertrinkungstod ihrer vierjährigen Schwester. Im Laufe des Buchs wird immer klarer, wie sehr die heutige Pia dadurch geprägt ist, nicht nur von ihren Erinnerungen (die nicht immer zuverlässig sind), sondern auch von dem, was sie nicht weiß.
Ganz toll finde ich, wie die Gedankenwelt der Hauptfigur geschildert wird, ob als Erwachsene oder auch die Sicht eines hilflosen Kindes. Als Mutter kann man die Überforderung mit kleinen Kinder sofort komplett nachvollziehen, aber auch in die Beziehungen unter den Figuren taucht man tief ein. So viele Fragen wirft dieses Buch beim Lesen auf und so ungeklärte Familienkonflikte werden angesprochen, dass man es nicht weglegen kann. Wie kann eine Familie nach dem Tod eines Kindes weiter existieren? Wie verändert es die Familienmitglieder? Kann man alle KIndergleich lieben und gleich behandeln? Und wie geht man um mit der Frage der Schuld?
Ich fands mega!