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Veröffentlicht am 21.01.2018

Spannende Familiengeschichte um Hamburger Kaffeedynastie

Die Oleanderfrauen
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Als Johanna Martens das Haus nebst dem Dachboden ihrer Mutter ausräumt findet sie neben vielen alten wichtigen und unwichtigen Erinnerungsstücken einen alten Pappkoffer. Dieser Pappkoffer, den sie zuvor ...

Als Johanna Martens das Haus nebst dem Dachboden ihrer Mutter ausräumt findet sie neben vielen alten wichtigen und unwichtigen Erinnerungsstücken einen alten Pappkoffer. Dieser Pappkoffer, den sie zuvor niemals gesehen hatte, enthält alte Babykleidung, ein Medaillon an einer zerrissenen Kette und ein Tagebuch einer ihr unbekannten Frau namens Sophie. Johanna beginnt das Tagebuch zu lesen und versinkt in der Geschichte von Sophie, die in den 30er Jahren in Hamburg beginnt.

In einem weiteren Handlungsstrang erfahren wir von Jule Weisbach, die in Hamburg ein kleines, sehr besonderes Cafe "Strandperlchen" betreibt. Sie schenkt in ihrem kleinen Cafe nicht nur Kuchen, sondern auch besondere Kaffeesorten aus, die man so als Normalverbraucher gar nicht kennt.

Dass Johanna und Jule sich kennenlernen, ist eher einem Zufall geschuldet. Beide merken schnell, dass sie sich mögen und vor allem sich gegenseitig unterstützen können. Jule hat sich, um ihr Cafe unterhalten zu können, ein weiteres Standbein aufgebaut. Sie schreibt für andere Menschen deren Familiengeschichte auf. Johanna vertraut ihr die Tagebuchaufzeichnungen von Sophie an und beide begeben sich auf Spurensuche.

Bereits bei ihrem Buch "Die Holunderschwestern" überraschte mich Teresa Simon mit ihrer wundervollen Erzählweise. Obwohl das Buch sich fast abwechselnd über zwei Zeitepochen bewegt, verliert sie nie den Faden und schafft es dabei noch Spannung zu erzeugen. In dem historischen Abschnitt erfahren wir sehr viel über die Familie Terhoven, einer alteingessenen Kaffeedynastie aus Hamburg und deren Leben in den dreißiger Jahren. Sophie als Erzählende lässt uns hinter die Fassade blicken und teilt mit uns ihre Geheimnisse. Dabei offenbart sich während des Lesens die gesamte Dramatik der Geschehnisse in dieser Zeit und die Familientragödie auf die alles hinausläuft.

Doch was hat Johanna damit zu tun?

Schon während des Lesens kreisen die Gedanken und man fängt an eigene Vermutungen über die Ereignisse der damaligen Zeit anzustellen. Doch Teresa Simon lässt uns das eine oder andere Mal geschickt in die Irre laufen. Die ganz große Überraschung gelingt ihr dann am Schluss. Zum Ende ist man auf der einen Seite betroffen, ob der tragischen Ereignisse. Auf der anderen Seite war ich trotz alledem mit dem Ende zufrieden. Als Besonderheit hat die Autorin zum Schluss erneut Rezepte, dieses Mal rund um den Kaffee und die Kuchen, die es bei Jule im "Strandperlchen" gab, mit gegeben.

Mir hat dieses Buch in dem ich sehr viel, vor allem über die Geschichte Hamburgs und den Kaffee erfahren habe, wunderbar gefallen. Von mir gibt es einen ganz lieben Dank an Teresa Simon, dass ich dieses Buch im Rahmen einer Leserunde mit ihr lesen durfte, eine ausdrückliche Leseempfehlung an alle und verdiente fünf Lesesterne.

Veröffentlicht am 14.01.2018

Kein Krimi, aber trotzdem extrem spannend

Die Vergessenen
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Manolis Lefteris ist ein Mann für besondere Fälle, ein "lautloser Problemlöser". Als er den Auftrag bekommt von einer alten Dame geheimnisvolle Akten aufzuspüren und an sich zu nehmen, geht er von einem ...

Manolis Lefteris ist ein Mann für besondere Fälle, ein "lautloser Problemlöser". Als er den Auftrag bekommt von einer alten Dame geheimnisvolle Akten aufzuspüren und an sich zu nehmen, geht er von einem Routineauftrag aus. Doch die Akten werden nicht gefunden, alles wird komplizierter als ursprünglich angenommen.

Kathrin, die alte Dame in deren Besitz sich die Unterlagen befinden, ahnt von alledem nichts. Sie liegt nach einem Schlaganfall im Koma und kann keinerlei Aussagen dazu machen. Vera Mändler, ihre Nichte und Journalistin stolpert durch Zufall über die Suchenden. Schnell wird klar, dass derjenige der diese Unterlagen haben will, bis ans äußerste gehen wird, um diese zu erlangen.

Vera recherchiert selbst auf der Suche nach den Unterlagen und erfährt, dass ihre Tante in ihrer Jugend als Krankenschwester in einer bayerischen Heil- und Pflegeanstalt für Kinder und Erwachsene tätig war, in denen Menschen deren Leben als wertlos eingeschätzt wurde, gezielt umgebracht wurden.

Auch Manolis sucht nach den Unterlagen. Je tiefer er in die Thematik einsteigt, umso deutlicher wird ihm das Unrecht von damals bewusst. Auch sein Vater hat als Kind im Krieg schreckliches erlebt und dieses über Jahre nicht verarbeiten können. Manolis wusste davon und schleppte die Erlebnisse seines Vater mit sich.
Dieses Buch, was an sich kein Krimi ist, entwickelt im Laufe der Handlung eine immer größere Spannung, die mich als Leser kaum zur Ruhe kommen lies. Je tiefer ich in der Handlung steckte, umso schneller und umso mehr wollte ich wissen, wie es weitergeht.

Inge Löhnig, die dieses Buch hier unter dem Pseudonym Ellen Sander veröffentlicht, hat hier ein ungemein wichtiges und vor allem lesenswertes Buch geschaffen. Die Auseinandersetzung mit der Thematik, wie gehe ich mit Vergangenem um, ist auch heute aus meiner Sicht noch sehr wichtig. Insofern hat mir auch gut gefallen, dass Manolis seinen Auftrag zwar widerwillig erfüllt hat, sich und vor allem Vera trotz allem noch eine Tür offengelassen hat. Ich war mit diesem Ende äußerst zufrieden.

Von mir gibt es verdiente fünf Lesesterne und eine unbedingte Leseempfehlung an alle.

Veröffentlicht am 27.12.2017

Hoffnung besteht immer

Aus dem Dunkel
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Annegret Wiesel hat vor Jahren nach dem spurlosen Verschwinden der eigenen Tochter den Verein "Schattenkinder" gegründet. Die Arbeit im Verein und der Trost anderer betroffener Eltern hält sie aufrecht ...

Annegret Wiesel hat vor Jahren nach dem spurlosen Verschwinden der eigenen Tochter den Verein "Schattenkinder" gegründet. Die Arbeit im Verein und der Trost anderer betroffener Eltern hält sie aufrecht und gibt ihr Kraft den Verlust der eigenen Tochter zu überstehen.

Doch dann geschieht das Unfassbare. Es klingelt und Riccarda ihre Tochter steht vor der Tür. Sie ist nicht allein. Im Arm hält sie Sofie, ihr Baby. Annegret ist im ersten Moment völlig überfordert. Mehr noch, Riccarda hält ihr das Baby hin und sagt, sie muss sofort wieder weg. Dann ist sie auch schon verschwunden. Tage später findet die Polizei Riccardas Kleidung an einer Rheinbrücke. Man geht von Selbstmord aus, die Ermittlungen werden eingestellt. Für Annegret ist das keine Grund die Suche nach Riccarda aufzugeben.

Auch in diesem Buch gelingt des Leonie Haubrich die Ängste, die Emotionen, die Befürchtungen die einer Mutter in so einer Situation durch den Kopf gegen, in Worte zu fassen. Sie beschreibt alles mit so mit einer Intensität, als wenn es meine eigenen Gedanken und Gefühle wären. Ihr gelingt es perfekt sich in die Gefühlswelt hineinzuversetzen und diese zu Papier zu bringen, so dass ich mich intensiv in Annegret hineinversetzen konnte und mitfühlen konnte. Dabei kommt die Spannung nicht zu kurz. Leonie Haubrich schafft es in brillanter Weise die Atmosphäre ihrer Schauplätze lebendig werden zu lassen und baut von Anfang an eine unglaubliche und atemberaubende Spannung auf, die sie bis zum Schluss aufrecht erhalten kann.

Von mir gibt es für dieses Buch verdiente fünf Lesesterne und eine unbedingte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 27.12.2017

Ergreifender Roman

Die Nachtigall
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Bei diesem Buch muss ich mit einem Zitat aus der Nachbemerkung beginnen. "... manchmal kommt eine Geschichte einem nahe und überwältigt einen geradezu ...."

Zwei Schwestern, Vianne und Isabell, leben ...

Bei diesem Buch muss ich mit einem Zitat aus der Nachbemerkung beginnen. "... manchmal kommt eine Geschichte einem nahe und überwältigt einen geradezu ...."

Zwei Schwestern, Vianne und Isabell, leben im während des zweiten Weltkriegs besetzten Frankreich. Beide haben verschiedene Ansichten und Meinungen zum Krieg. Vianne, die ihren Mann in den Krieg ziehen lässt und mit ihrer kleinen Tochter Sophie nur überleben möchte. Isabell, aufsässig und rebellisch, die unbedingt gegen die Deutschen kämpfen möchte.

Schon am Anfang fand ich es sehr interessant, wie es der Autorin gelingt, die unterschiedlichen Charaktere der beiden Schwestern und vor allem, warum sie sich so unterschiedlich entwickelten, darzustellen. Gerade das führte bei mir dazu, mich sehr viel mehr in die Beiden hineinversetzen zu können und zu verstehen. Gerade dadurch wird ihre weitere Entwicklung glaubhaft. Das Buch liest sich ausgesprochen gut. Es nimmt in seinem Verlauf eine Entwicklung, mit der ich nicht gerechnet hatte. Das war dann plötzlich der Punkt, wo es mich gepackt hatte und ich in jeder freien Minute weiterlesen musste.

Den geschichtlichen Bezug fand ich spannend. Viel zu wenig wusste ich bisher über die besetzte Zeit in Frankreich. Geradezu mitgenommen hat mich der anschaulich beschriebene Kampf ums Überleben in der Besetzungszeit. Vor allem hat es mich zum Nachdenken angeregt, wie würden wir damit umgehen? Könnten wir heute so überhaupt noch überleben?

Die Protagonisten dieses Romans sind wunderbar detailliert gezeichnet. Ich lernte sie im Fortschritt der Handlung immer besser kennen und ich konnte mich so mühelos in ihre Gefühlswelt versetzen.
Am Schluss hat es mich dann endgültig gepackt. Emotional aufgewühlt saß ich vor dem Buch und war tief betroffen.

Verdiente fünf Lesesterne von mir für dieses Buch und vor allem eine ausgesprochene Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 10.12.2017

Gelungene Fortsetzung

Die Jahre der Schwalben
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Ulrike Renk hatte mit ihrem ersten Buch zur Ostpreußen Saga "Das Lied der Störche" schon einen extrem guten Start hingelegt. Bereits nach diesem Buch war mir klar, dass ich die Geschichte um Frederike ...

Ulrike Renk hatte mit ihrem ersten Buch zur Ostpreußen Saga "Das Lied der Störche" schon einen extrem guten Start hingelegt. Bereits nach diesem Buch war mir klar, dass ich die Geschichte um Frederike unbedingt weiterlesen muss.
Da es Frederike - obwohl guter Abstammung - schwerer als andere junge Frauen hat, da sie über kein Erbe verfügte, wollte ihre Mutter sie unbedingt gut verheiraten. Der geeignete Kandidat Ax von Stieglitz ist gefunden, die Hochzeit findet statt. Leider bricht unmittelbar nach der Hochzeit seine einstmals verheilte Lungentuberkulose erneut aus und er muss über Jahre in Davos behandelt werden. Freddy ist jetzt zwar verheiratet, aber allein. Sie muss sich die Bewirtschaftung des Gutes und Gestütes in Sobotka kümmern. Das ist nicht leicht für eine junge Frau, aber mit Hilfe ihres Stiefvater gelingt es ihr das Vertrauen und die Achtung der Angestellten zu erringen. Jedoch die Situation ist verschärft. Bedingt durch die Vorkriegsjahre ist Ostpreußen von Deutschland abgeschnitten. Wenn man nach Deutschland möchte, muss man durch den polnischen Korridor. Die Züge werden versiegelt, die Fenster abgedichtet, niemand darf aussteigen. Und die Situation wird nicht leichter. Geld ist nicht mehr viel wert, bezahlt wird viel mit Lebensmitteln. Es ist bewundernswert, wie die junge Frau mit dieser Vielzahl von Aufgaben umgeht und meistert. Nur ihr persönliches Glück bleibt auf der Strecke. Eine Affäre mit einer Jugendliebe kann nur von kurzer Dauer sein und ist ohne Perspektive. Als ihr Mann dann doch an den Folgen der Tuberkulose stirbt, ist sie unglücklich, noch mehr als festgestellt wird, dass auch sie sich angesteckt hat.

Ihr persönliches Glück findet sie erst mit Gebhardt von Mansfeld. Mit ihm gelingt ihr ein neuer Start ins Familienleben. Jedoch wird auch dieses Mal das persönliche Glück von den Ereignissen der Zeit überschattet. Hitlers Machtübernahme macht das Leben und Überleben immer komplizierter. Freddy und ihr Mann können sich aber auch nicht explizit von ihm distanzieren, um nicht alles zu verlieren.

Die Fortsetzung der Familiengeschichte ist überaus lesenswert. Zu erfahren, wie die Charaktere sich weiterentwickeln macht unheimlich viel Spaß. Interessant ist aber auch die Entwicklung der politischen Situation in Deutschland. Hier wurde von der Autorin sehr genau recherchiert und ihr ist es aus meiner Sicht gelungen viel Wissen über die damaligen politischen Gegebenheiten weiterzugeben. Spannend fand ich auch das Leben im damaligen Ostpreußen. Das fängt mit dem Leben auf dem Land und auf den Gutshöfen an, worüber ich so gar nichts wusste und endet mit den sprachlichen Besonderheiten, die es damals dort gab. Ich habe hier Begriffe kennengelernt, die ich noch niemals gehört habe. Zum Beispiel wird heute kaum noch jemand wissen, was "Glumseflinzen" oder "Spirkel" sind. Auch umgangssprachlich unterschied sich die Sprache damals dort um einiges. Aber es macht Spaß das nachzulesen und man kann es auch verstehen.

Alles in allem wieder ein überaus interessanter zweiter Teil der Familiensaga aus Ostpreußen. Ich warte jetzt schon auf den dritten Teil und bin gespannt, was mich da erwartet. Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung an alle und verdiente fünf Lesesterne.