Profilbild von bstbsalat

bstbsalat

Lesejury Star
offline

bstbsalat ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit bstbsalat über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.09.2025

Gute Unterhaltung, etwas zu lang gestreckt

You Are My Hurricane
0

Ich wollte dieses Buch so sehr mögen! Leider trifft es nicht ganz meinen Geschmack. Es gibt ein paar Szenen, die mir richtig, richtig gut gefallen haben und mir auch die Tränen in die Augen treiben konnten, ...

Ich wollte dieses Buch so sehr mögen! Leider trifft es nicht ganz meinen Geschmack. Es gibt ein paar Szenen, die mir richtig, richtig gut gefallen haben und mir auch die Tränen in die Augen treiben konnten, aber als Ganzes betrachtet ist You are my Hurricane leider nur guter Durchschnitt für mich.

Das liegt einerseits an der Schreibweise, dazu später mehr. Wichtiger und in diesem Zusammenhang noch störender war für mich jedoch die fehlende Nachvollziehbarkeit der Chemie zwischen den beiden Hauptcharakteren. Es war, als wäre von jetzt auf gleich ein Schalter umgelegt worden und für "sie geht mir nicht mehr aus dem Kopf" oder "ich liebe dich" gab es aus meiner Perspektive kaum eine Grundlage. Mir hat gefehlt, die sich langsam aufbauende Zuneigung zu sehen oder zumindest nach dem ersten Zusammenstoß einen allmählichen Wechsel von Feindschaft über Waffenstillstand zu Freundschaft. Nein, stattdessen fing Maeve schon beim ersten richtigen Treffen, bei dem sie eigentlich noch panisch und sauer ist, ohne erkenntlichen Grund bei jeder Kleinigkeit an zu kichern und fängt an zu verstehen, warum alle Frauen des Colleges auf Carter stehen, obwohl vorher ihr temperamentvolles und aufgebrachtes Verhalten Carter gegenüber beschrieben wurde.

Maeve hätte eigentlich eine meiner Lieblingsfiguren werden können, da ich mich oft auf die Seite der unterschätzten stillen Mädchen schlage, die in eine ungewohnte Situation stolpern und über sich hinauswachsen (müssen). Aber trotz des Traumas, das sie auf der High School erlitten und bis heute mit sich getragen hat, das ihren gesamten Alltag bestimmt und ihr besondere Verhaltensweisen antrainiert hat - trotz alledem findet sie sich enorm schnell in ihrer neuen Realität mit Carter an ihrer Seite und im Rampenlicht der Uni zurecht. Ich meine, schön, dass es ihr nach ein, zwei Panikattacken so leicht fällt, aber realitätsnah ist das meiner Meinung nach nicht unbedingt.

Gefühlt von einem Kapitel aufs nächste switcht Maeves Grundeinstellung von "oh Gott, es darf von mir keine Spur im Internet geben und niemand am College soll auch nur wissen, dass ich existiere, sonst breche ich panisch in Tränen aus" hin zu "ja, ich lasse mich auf einer Footballmannschaft-Verbindungsparty volllaufen, tanze mit dem begehrtesten Typen der Uni vor aller Augen und lasse mich für große Ansprachen auf einen Beerpong-Tisch ziehen, bevor ich einer Social-Media-Kampagne zustimme, die mich ins Rampenlicht befördern wird".

Carter dagegen hat es mir sehr viel mehr angetan - und das ist eine Seltenheit, denn die männlichen Hauptfiguren in Sport-Romances sind selten so richtig mein Fall. Am liebsten mag ich jedoch Isaac und Oliver, was mich dagegen wenig überrascht. Das Beste-Freunde-Paar, sozusagen die zweite Reihe hinter dem Hauptpaar, ist oft eines meiner Favoriten.

Aber zurück zum Schreibstil, mit dem ich mich bis zum Ende nicht recht anfreunden konnte. Besonders gestört haben mich die vielen Wiederholungen (du bist mein Hurricane hier, er hat mich umgeworfen wie ein Hurricane da, zur Abwechslung gab es auch mal ein "wie ein Wirbelsturm", sie war mein Hurricane (ausnahmsweise in der Vergangenheitsform), die Football-Mannschaft heißt Hurricanes, und zum Ende hin gibt es dann tatsächlich auch einen echten Sturm, den unser Hauptpaar - natürlich - im Station der Hurricanes verbringen, - ich könnte diese Liste noch eine ganze Weile weiter fortsetzen). Irgendwann haben es auch die unaufmerksamsten Leser:innen verstanden, dass der Titel des Buches aufgegriffen wird...

Schwach fand ich auch einige Momente, die scheinbar als überraschende Wendungen geplant, aber sehr vorhersehbar umgesetzt waren. Zum Beispiel ist die Person, die die Klatschseite der Uni betreibt, wie in der Serie Gossip Girl ein Geheimnis - aber als dieses endlich gelüftet wird, wird es total unspektakulär in zwei Sätzen abgehandelt, weil man es schon früh erahnen konnte. Oder es gibt plot holes, wie zum Beispiel die Sache mit Carters Vater: obwohl sein Vater eine solche Legende in dem Sport war, in dem Carter jetzt selbst aktiv ist, erkennt niemand seiner Teamkameraden den älteren Mann auf ihrem Sofa als einen der eigenen Kindheitshelden?

Insgesamt habe ich mich von You are my Hurricane nicht schlecht unterhalten gefühlt, allerdings gab es so einige Durchhänger sowohl auf inhaltlicher als auch auf stilistischer Ebene, die mir die Freude am Lesen etwas vermiest haben. Ich glaube, 100 Seiten weniger hätten dieser College-Romance gut getan.

Ein letzter Satz zum Cover: Das passt ziemlich gut, denn Carter schleppt Maeve tatsächlich öfter mal über seine Schulter geworfen herum. Meistens übrigens gegen ihren Willen.

Veröffentlicht am 19.09.2025

Interessante Fortsetzung, aber viel zu zäh und langsam erzählt

Das Reich der Verdammten
0

Genau wie in Band 1 ist die Welt von Gabriel de Leon und seinen Verbündeten von Gewalt, Schmerz und Verzweiflung geprägt. Es gibt ab und zu kleine, zarte Hoffnungsmomente, die uns nur wenige Kapitel später ...

Genau wie in Band 1 ist die Welt von Gabriel de Leon und seinen Verbündeten von Gewalt, Schmerz und Verzweiflung geprägt. Es gibt ab und zu kleine, zarte Hoffnungsmomente, die uns nur wenige Kapitel später wieder schmerzlich entrissen werden. Der Untertitel "A Tale of Pain and Hope" passt also wie die Faust aufs Auge. Auch der Titel selbst, Das Reich der Verdammten, findet seine Berechtigung, denn Gabriel muss anscheinend immer wieder aufs Neue lernen, dass die Herrschaft eben nicht mehr bei den Menschen liegt, sondern dass die Verdammten und Vampire das Sagen und damit einen gewaltigen Machtvorteil haben.

Diors Entwicklung hat mir gut gefallen. Sie wächst oft über sich selbst hinaus, übernimmt Verantwortung und hilft, wo sie nur kann. Gabriel wird mir dagegen immer unsympathischer, und ich bin fast überzeugt, dass der Autor genau das erreichen wollte. Phoebe mausert sich zu einer Favoritin und überraschend steigt auch die Person, die im Klappentext Liathe genannt wird, in meiner Achtung. Und sogar der Chronist, der diese ganze Geschichte in Form einer Rahmenerzählung niederschreibt und einhakt, wenn sein Interviewpartner zu sehr abschweift oder Details auslässt, wird in diesem zweiten Band der Trilogie zu einer interessanten Figur, dessen Rolle mich mehr und mehr interessiert.

Jay Kristoff ist gut darin, Sympathien zu Personen aufzubauen, die dann kurz darauf niedergemetzelt werden, oder Hoffnung zu erzeugen, damit der niederschmetternde Verlust nur noch furchtbarer erscheint. Verrat wird in dieser Geschichte spärlich, aber umso herzzerreißender eingesetzt. Vor diesem Autor und seinem handwerklichen Geschick muss man daher wirklich den Hut ziehen.

Aber wie auch schon im ersten Teil hat es meine Lesefreude enorm beeinträchtigt, wie lang Das Reich der Verdammten wurde (und dass, obwohl ich eigentlich sehr gern sehr lange Bücher lese). Ich habe nicht nur das Buch gelesen, sondern zwischenzeitlich sogar das Hörbuch (mit erhöhter Geschwindigkeit) gehört, um möglichst viel Zeit auch unterwegs oder bei Tätigkeiten, die nur meine Hände, nicht aber meinen Kopf erforderten, mit dieser Geschichte zu verbringen und endlich in der Handlung voranzukommen. Ich kann, ebenfalls wie in meiner Rezension zum ersten Band, nicht einmal über Leerlauf klagen, der durch die schiere Länge des Buches entstanden wäre, denn es passiert ja immer etwas. Bis auf einige Szenen voller Begehren und Körperlichkeit, die man sich auch hätte sparen oder deren Anzahl man zumindest hätte reduzieren können, gab es nichts, was ich wirklich überflüssig fand.

Und trotzdem ist diese Geschichte viel zu oft zäh und langsam, weshalb ich selten mehr als nur ein paar Kapitel am Stück lesen konnte, ohne die Lust zu verlieren.

Rückblickend habe ich vor dem Schreiben dieses Beitrags versucht aufzuzählen, welche wichtigen Etappen Gabriel, Dior und ihre wechselnden Gefährten in diesem Band geschafft haben - und es fiel mir schwer, mich an alle zu erinnern, so sehr gingen sie unter in dem immer gleichen Gemetzel, in Schlachten, vulgären Ausschweifungen und alkoholisierten Gewaltfantasien des arroganten Erzählers. Ja, das entspricht dem Charakter des Antihelden, unserer Hauptfigur. Ja, es gehört auch generell irgendwie zu Kristoffs Büchern. Aber es hat mich noch nie so sehr genervt wie hier.

Die Szenen, die mir am besten gefallen haben, die mir am lebendigsten in Erinnerungen geblieben sind, waren diejenigen, in denen die Handlung überraschte, zum Beispiel durch die Offenbarung eines furchtbaren Verrats oder die Erkenntnis, einen grauenhaften Fehler begangen zu haben. Viel häufiger kam diese angenehme Überraschung aber durch kurzweilige Unterbrechungen des altbekannten Musters: Momente des Vertrauens, das Entdecken fremder Kulturen, die Erkenntnis von unerwarteten Verbündeten, das Aufdecken eines neuen Geheimnisses.

Natürlich gibt es auch hier wieder einen fiesen Cliffhanger, weshalb ich neugierig bin, was nun wirklich die Wahrheit ist, wer auf wessen Seite steht, welche Geheimnisse und Intrigen noch unaufgedeckt geblieben sind. Aber ich fürchte, mit dieser Fortsetzung hat Kristoff meinen persönlichen Geduldsfaden etwas überspannt. Vielleicht wird es mir reichen, eine Zusammenfassung von Band 3 oder die Rezensionen anderer Lesenden zu verfolgen, um mit dieser Trilogie abzuschließen. Ob ich zum Erscheinen des finalen Bandes noch einmal 1000 Seiten voller Gewalt und Düsternis lesen möchte, nur um mich an immer weniger Lichtblick-Momenten entlang zum Ende zu hangeln, bezweifle ich.

Veröffentlicht am 03.08.2025

Zermürbend

Evas Mann
0

Oh boy. Evas Mann ist wirklich nichts, was man mal eben zwischendurch liest. Trotz der nicht einmal 200 Seiten habe ich viele Wochen gebraucht, um diese Geschichte zu lesen, zu verstehen, zu verarbeiten ...

Oh boy. Evas Mann ist wirklich nichts, was man mal eben zwischendurch liest. Trotz der nicht einmal 200 Seiten habe ich viele Wochen gebraucht, um diese Geschichte zu lesen, zu verstehen, zu verarbeiten und dann Worte für diese Rezension zu finden.

Das Buch enthält anfangs eine Triggerwarnung, die ich aus naheliegenden Gründen hier zitiere:

Der vorliegende Roman erschien erstmals 1976 in den USA. Er enthält explizite Darstellungen von körperlicher, mentaler und sexualisierter Gewalt. Die Autorin bedient sich einer zeithistorischen Umgangssprache, die rassistische oder diskriminierende Ausdrücke gebraucht. Verlag und Übersetzerin haben entschieden, diese dem Ausgangstext gemäß ohne Kennzeichnung wiederzugeben.

In meiner Rezension beziehe ich mich konkret auf einige dieser Gewaltszenen.

Schreibstil und Sprache
Evas Mann ist eines dieser Bücher, die mich im Nachhinein wünschen lassen, ich hätte mich nicht nur vom Klappentext überzeugen lassen, sondern auch die Leseprobe gelesen. Ich hatte ja keine Ahnung, was ich unter der „zeithistorischen Umgangssprache“ zu verstehen hatte – und auch diesen Hinweis bekam ich erst nach Öffnen des Buches in der oben zitierten Triggerwarnung. Es ist schwer zu sagen, ob ich mich gegen das Lesen entschieden hätte, wenn ich vorab den Schreibstil gekannt hätte. Angenehm zu lesen war dieser nämlich absolut nicht. Aber das soll er wohl auch nicht sein: Sich durch die mal längeren, mal kürzeren Kapitel durchzubeißen, dranzubleiben und sprachliche Stolpersteine zu überwinden ist nach meiner Interpretation ein gewollter Teil der Lektüre.

Ich persönlich mag Bücher, sowohl Romane als auch Sachbücher, die sich einfach so herunterlesen lassen. In der Uni habe ich genug Fachtexte durcharbeiten müssen, um die Leichtigkeit eines flüssigen Schreibstils ohne unnötig komplizierte Vokabeln und sperrig konstruierte Sprachgebilde schätzen zu lernen. Evas Mann ist deshalb für mich ein merkwürdiges „Sowohl-Als auch“, denn: Die Sätze sind kurz, die Sprache einfach, der Satzbau nicht zu kompliziert. Und doch war der Text für mich stellenweise extrem zäh.

Das hängt zum größten Teil mit der oft vulgären Umgangssprache zusammen. Der rationale Teil meines Gehirns versteht, warum man sich dafür entschieden hat, aber ein anderer Teil, der einfach das Buch lesen wollte, um der Geschichte zu folgen, der hat sich etwas darüber geärgert. Im Vergleich zu deutschen Jugendbüchern, deren erwachsene Autoren (bewusst nicht gegendert, es sind meiner Erfahrung nach meistens Männer) betont Wörter und Formulierungen aus der Jugendsprache verwenden, um „hip“ oder möglichst authentisch zu wirken, womit sie leider eher das Gegenteil erreichen – in diesem Vergleich steht Evas Mann ziemlich gut da.

Aus meiner sehr deutschen, sehr weißen Laien-Perspektive aus der heutigen Zeit kann ich natürlich schwer die Authentizität der hier dargestellten Umgangssprache unter Schwarzen Menschen in den Südstaaten der USA in den 1960ern und 70ern beurteilen. Basierend auf allen Filmen, Dokus, Wissensfetzen über diese Zeit und diese Region, die ich bisher kenne, würde ich es trotzdem als passend beschreiben. Passend, aber eben mühsam zu lesen.

Wie im Klappentext erwähnt kreisen Evas Gedanken während ihrer Inhaftierung im Rückblick um die Männer, die ihr Schreckliches angetan haben. Das „kreisen“ ist wörtlich zu nehmen: Es wird zwar im Großen und Ganzen chronologisch erzählt, dabei jedoch immer wieder in kurzen Absätzen eine frühere Erzählung aufgegriffen oder ein einschneidender Moment wiederholt. Es gab auch Vorausgriffe auf spätere Ereignisse. Durch diese vielen, oft sehr kurzen Absätze war nicht immer erkennbar, in welcher Phase von Evas Leben man sich eigentlich gerade befindet, und erst in den kurzen Rückblick-Abschnitten späterer Kapitel fällt ein Schlüsselwort, das eine zeitliche Einordnung eines viel früher erwähnten Moments erlaubt.

Ich bekam dadurch ein, zwei Mal das Gefühl, einer persönlich erzählten Geschichte zu lauschen: „Und dann ist mir das passiert. Weißt du noch, ich hatte ja vorhin diese Person erwähnt – die wird jetzt wichtig. Damals hatte diese Person das hier gemacht, und jetzt hat sie sich so verhalten. Und dieser andere Typ? Der kommt erst später vor, aber merk‘ dir schon mal, dass ich ihn in diesem Zusammenhang erwähnt habe.“

Inhalt
Die Triggerwarnung eingangs erwähnt Gewalt in vielen Formen. Das würde ich doppelt unterstreichen und am liebsten ein Leuchtreklameschild danebenstellen! Einen so gewaltvollen Text habe ich lange nicht gelesen – und das sage ich, nachdem Die Furien. Frauen, Rache und Gerechtigkeit erst wenige Wochen her ist. Evas Leben ist von Anfang an durchzogen von Grenzüberschreitungen, körperlicher und sehr viel psychischer Gewalt. Meist an ihr selbst, oft gegenüber ihrer Familie, meist sind Frauen die Opfer. Es sind Menschen, die ihr sehr nahestehen und vollkommen Fremde. Eva existiert, also ist ihr Körper zum Benutzen da.

Um ein Beispiel zu nennen, das ich so gerne aus meiner Erinnerung streichen würde: ein Nachbarsjunge, einige Jahre älter als Eva und nicht ihr Freund, befummelt sie noch als Kind im Treppenhaus. Das reicht ihm aber nicht. Er stochert mit dem Plastikstiel eines Lutschers in ihrer Vagina herum, sodass sie noch am nächsten Tag blutet. Und er will das wiederholen. Das ist Evas erste Erfahrung mit intimer Gewalt.

Oder ein anderes Beispiel: Der Freund ihrer Mutter legt sich selbst Evas Hand in den Schritt, als sie ihre Hausaufgaben macht. Sie flieht in die Küche zu ihrer Mutter und erzählt ihr zwar nichts davon, aber macht ihr Unbehagen deutlich. Er interpretiert das als „du wolltest es doch auch und es geht dir bestimmt ebenso wenig wie mir aus dem Kopf“ und macht Wochen später noch weitere Versuche.

Die Frauen in Evas Leben haben ähnliche Erfahrungen gemacht und können ihr kaum helfen. Sie versuchen es zwar einige Male erfolgreich, das kleine Mädchen und später die junge Frau aus Gefahrensituationen zu retten oder ihr Tipps zu geben, wie sie reagieren sollte, was vermieden werden muss, aber auch das ist nur eingeschränkt möglich, weil diese Schwarzen Frauen selbst so eingeschränkt sind und bedroht werden.

Bei all der körperlichen Gewalt, die teilweise extrem explizit beschrieben wird, macht mir die psychische Ebene am meisten zu schaffen. Die absolute Hilflosigkeit. Die Unmöglichkeit, sich selbst auszudrücken, ohne missverstanden zu werden. Die Selbstverständlichkeit, mit der Männer und Jungs die teilweise um Jahrzehnte jüngere Eva als Besitz betrachten und entsprechend behandeln (wollen). Die Machtlosigkeit der Polizei gegenüber, die Unmöglichkeit der Verteidigung. Und wieder, das Gefühl, allein dazustehen und einfach nur hilflos zu sein. Das Gefühl, nach den Regeln anderer spielen zu müssen, sich selbst zu verraten, jeglichen Drang zur Verteidigung aufgeben zu müssen, um schlicht zu überleben. Dieses Gefühl durchzieht das gesamte Buch und ja, da stimme ich dem Verlag zu: „Diesen Roman vergisst man nicht.“

Mehr
Gut gefallen hat mir das Nachwort der Übersetzerin, in dem einige kulturelle Bezüge und wiederkehrende Motive erklärt werden. Beim Lesen war es mir selbst gar nicht so sehr aufgefallen, aber rückblickend konnte ich durchaus erkennen, dass Blicke und Augen eine große Rolle spielen: unter ständiger Beobachtung stehen, mit Blicken ausgezogen werden, der Ausdruck in den eigenen Augen wird als Interesse fehlinterpretiert. Vielleicht wirbt der Verlag auch deshalb mit dem Bezug auf den Medusa-Mythos? Auch genannte Songs oder Künstler:innen werden kontextualisiert. Das hat mir ein umfassenderes Bild der Geschichte gegeben.

Der Titel Evas Mann lässt mich grübeln. Die Hauptfigur Eva wird zwar genannt, aber eigentlich steht der Mann, den sie getötet hat, im Vordergrund. Stellvertretend für all die anderen Männer, die versucht haben, Eva klein zu machen. Es geht immer um den Mann, nicht um die Frau. Auch die Geschichte selbst hat einen enormen Fokus auf die Männer. Ich hatte ja erwähnt, dass die Frauen Eva nur bedingt helfen können. Wenn Evas Mann Hoffnung machen wollte, dann würde es mehr Szenen unter Frauen geben oder mehr Momente, in denen Frauen und Mädchen Hilfe bekommen. Das ist aber nicht der Fall. Stattdessen sehe ich Evas Mann eher als düsteres Abbild einer grausamen Realität und weniger als Darstellung eines möglichen Auswegs.

Fazit
Für mich ist Evas Mann eine zermürbende und unfassbar bedrückende Geschichte einer Frau, die auf alle nur erdenklichen Weisen gebrochen wurde und irgendwann die Reißleine zieht – nur um weiterhin als Objekt und nicht als Person betrachtet zu werden, die eigene Entscheidungen treffen, geschweige denn sich wehren kann oder vielmehr darf. Das Lesen hat mir keine Freude bereitet und ich wurde nicht unterhalten, aber das ist auch nicht Ziel des Buches. Evas Mann will aufrütteln, will schon die kleinen Übergriffe aufzeigen und verurteilt die männlich-weiß orientierte Gesellschaftsstruktur, durch die all die großen Übergriffe und Gewalttaten erst möglich werden.

Und dass seit dem ersten Erscheinen im Jahr 1976 dieses Buch immer noch so aktuell ist, die Probleme immer noch dieselben sind, Männer wie die, denen Eva begegnet, immer noch mit viel zu viel durchkommen – das ist leider nicht erschreckend, sondern schrecklich.

Veröffentlicht am 03.08.2025

Viel zu wenig plot

The Stars are Dying
0

Ich kann nicht genau benennen, was mich anfangs neugierig auf The Stars are Dying gemacht hat – die Kombination aus Spielen á la Hunger Games oder Gameshow und Vampiren? Die Tropes Star Crossed Lovers ...

Ich kann nicht genau benennen, was mich anfangs neugierig auf The Stars are Dying gemacht hat – die Kombination aus Spielen á la Hunger Games oder Gameshow und Vampiren? Die Tropes Star Crossed Lovers und Villain Gets The Girl? Vielleicht die Tatsache, dass überhaupt die Tropes vom Verlag konkret benannt wurden? Was auch immer ausschlaggebend war, meine Neugier war geweckt.

Und dann war der Anfang einfach viel zu lang! Natürlich müssen diese einzigartige Welt erst einmal erklärt und die Figuren vorgestellt werden. Für mich war diese Einführung in The Stars are Dying leider viel zu lang, bis wirklich etwas passierte. Und im Grunde geht es mit Gewalt gegen Frauen – gegen unsere Hauptfigur – los. Sie ist als solche benannt und wird nicht romantisiert, aber es gibt viele Momente, in denen Astraea rückblickend zu zweifeln beginnt: Hat er mich vielleicht doch geliebt? Es war doch wirklich alles nur zu meinem Schutz!

Einerseits ging mir das wegen der ständigen Wiederholungen irgendwann ziemlich auf die Nerven, weil ich mir mehr Charakterentwicklung wünschte, andererseits bildet das wohl die Realität vieler Frauen ab, die sich aus einer mindestens schwierigen Beziehung retten konnten.

Diese Rettung befördert Astraea allerdings direkt in ein neues Abhängigkeitsverhältnis. In keinem Moment von The Stars are Dying ist sie nicht irgendwie gefangen in Machtspielchen oder Manipulationsversuchen anderer. Es sind immer Männer, versteht sich. Und das fieseste ist, dass sie sich dessen nicht immer bewusst ist. So erleben wir Lesenden oft durch Astraeas inneren Monolog, wie sie eine neue Manipulation aufdeckt oder ein neues vor ihr verheimlichtes Puzzlestück bemerkt.

Im Kontext der Geschichte ergibt es Sinn, dass sie vieles nicht oder viel zu spät realisiert, schließlich hat sie kaum Erinnerungen an überhaupt irgendetwas und wurde stark von der Welt abgeschirmt. Trotzdem ist es zunehmend frustrierend zu lesen, wie sie quasi mit Scheuklappen durch ein ihr fremdes Umfeld stolpert und dabei Die Auserwählte™ sein soll, ohne dass sie viel dazulernt.

Die zweite Hälfte von The Stars are Dying gefiel mir deutlich besser: der Rahmen ist gesteckt, die Figurenkonstellationen überwiegend klar, ein oder zwei große Ziele erkennbar. Die Wendungen und besonders die Elemente des Weltenbaus waren insbesondere im letzten Drittel wirklich stark und machten es sehr spannend.

Die wichtigste Zutat für The Stars are Dying ist wohl die Beziehung zwischen Astraea und Nyte. Für sehr, sehr lange Zeit gibt es zwischen den beiden nur Sehnsucht und Wunschdenken, das sehr schnell explizit sexuell wird. Gleichzeitig schwingt für Astraea immer der Wunsch nach Zugehörigkeit und emotionaler Nähe mit. Als sie diesen Wünschen dann irgendwann nachgeben, ist es wahrlich explosiv.

Auf viele Aspekte dieser Beziehung kann ich nicht genauer eingehen, ohne zu spoilern. Aber die Unterstützung, die Astraea durch Nyte erfährt, und sei sie stellenweise auch nur moralisch, umfasst so viel mehr als nur Lust oder körperliche Anziehung. Streckenweise konnte ich kaum das Augenrollen vermeiden, wenn wieder einmal die ach so verzehrende Sehnsucht beschrieben wurde (ohne dass Astraea überhaupt wusste, wonach sie sich sehnte), aber es bildet irgendwie auch das Fundament der gesamten Handlung und treibt die Figuren an.

Fazit
Die Chemie zwischen den Hauptfiguren stimmte, die Welt ist einzigartig und macht neugierig auf mehr, aber es gab so viele Durchhänger und gerade der lange Anfangsteil war so gar nicht spannend, was das Dranbleiben wirklich schwer machte. Deshalb habe ich keine Lust, den Rest der Trilogie zu lesen.

Veröffentlicht am 03.08.2025

Spannend, aber mir fehlten historische Details

Grave Mercy - Die Novizin des Todes
0

Trotz dem etwas klobigen Einstieg hatte ich Grave Mercy nach einer Woche durchgelesen. Es ging schnell voran. Die Handlung blieb insgesamt recht schlicht, wird aber zunehmend besser. Die Folgebände von ...

Trotz dem etwas klobigen Einstieg hatte ich Grave Mercy nach einer Woche durchgelesen. Es ging schnell voran. Die Handlung blieb insgesamt recht schlicht, wird aber zunehmend besser. Die Folgebände von Grave Mercy sind keine Fortsetzung aus derselben Perspektive, sondern nehmen die Blickwinkel der anderen Novizinnen ein. Ich bin mir auch unsicher, ob die Handlung direkt fortgesetzt wird.

An den beiden Protagonist:innen habe ich meinen Gefallen gefunden, wenn auch einiges gewöhnungsbedürftig war. Ihre Geschichte würde ich gern weiter verfolgen. Das Ende wirkt jedoch so, als sei sie mit diesem Buch abgeschlossen. Dass es Teil 1 einer Reihe ist, habe ich erst im Nachhinein herausgefunden.

Der historische Kontext hat mich durchgehend etwas verwirrt, vielleicht hätte ich das schon direkt am Anfang nachforschen sollen. Allerdings gehört für mich in einem historisch angelegten Roman auch dazu, die Hintergründe zumindest in Ansätzen zu erklären. Das habe ich hier vermisst. Trotzdem hat mich Grave Mercy recht gut unterhalten.