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Julia_Matos

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.05.2018

Spannend, lustig, tempo- und actionreich, nachdenklich machend

A.I. APOCALYPSE
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Band 2 spielt 10 Jahre nach Band 1, demnach in der Vorstellung des US-Autors William Hertling zum Jahr 2025. Lesbar als in sich geschlossene Geschichte, denn auch ohne Vorkenntnisse zu Band 1 gut verständlich ...

Band 2 spielt 10 Jahre nach Band 1, demnach in der Vorstellung des US-Autors William Hertling zum Jahr 2025. Lesbar als in sich geschlossene Geschichte, denn auch ohne Vorkenntnisse zu Band 1 gut verständlich und ohne Cliffhanger.

Zum Inhalt: Die erwachsen gewordene und nunmehr sprechende Künstliche Intelligenz ELOPe aus Band 1 und „Papa“ Mike treffen auf einen neuen Handlungsstrang rund um Highschool-Schüler Leon. Dieser entwickelt und entfesselt ohne schlechte Absicht innerhalb weniger Stunden eine ganze Armada Künstlicher Intelligenzen, die die Lebensgrundlagen der Menschheit zerstören. Es gilt, miteinander zu kommunizieren ...

Gegenüber dem Auftaktband trifft man hier auf anspruchsvollere IT mit mehr Sci-Fi-Elementen, weiterhin eingängig dargestellt. Es ist von Vorteil, aber für‘s Lesevergnügen nicht unbedingt erforderlich, technisches Verständnis mitzubringen. Insgesamt flüssig lesbar, zumal die Anzahl handelnder Akteure überschaubar ist.
Menschliche Beziehungen und packende Innenansichten stehen nicht im Fokus, die Charakterisierungen sind kein Highlight, aber gelungener als in Band 1. Für meinen Geschmack könnte es etwas dystopischer zugehen, aber immerhin gibt es ernste und düstere Momente (z. B. Schuldgefühle) an den richtigen Stellen. Auch für Mike habe ich - anders als bei Band 1 - Sympathie aufbauen können. Stellenweise habe ich mich an mangelnder Cleverness der angeblichen Intelligenzbestien gestört (z. B. Proviant).
Sehr lustig, z. B. die Seitenhiebe auf veraltete Windows-Technik und die charmante Anspielung auf Star Trek. Meine Highlights sind die Inneneinblicke in die KIs, insbesondere in der Lernphase, und deren trockener Humor (z. B. Freude über Spam-Nachricht).
Futuristisches ist in das Zukunftsszenario integriert, z. B. dass Elektroautos das Straßenbild prägen, autonome Transportdrohnen in der Stadt umherfliegen und Militäroperationen von ferngesteuerten Kampfrobotern durchgeführt werden. Noch mehr den Alltag Prägendes wäre reizvoll gewesen (Positivbeispiel: Bios), was aber Geschmackssache und Jammern auf hohem Niveau ist. Auch Entscheidungsfindungsprozesse, die Tempo rausnehmen könnten, werden vereinfacht wiedergegeben. Der Autor schreibt eben sehr fokussiert, da haben Beschreibungen, die der Atmosphäre dienen und die Handlung nicht unmittelbar vorantreiben, keinen Platz.
Wer Band 1 kennt, wird es mögen, Einblicke in den weiteren Lebensweg bekannter Figuren zu nehmen.
Die Handlung bietet innovative Ideen in verständlicher Sprache, Überraschungen und ist actionreich. Die Auflösung gerät vergleichsweise einfach, Konsequenzen hätten für meinen Geschmack noch mehr beleuchtet werden können. Aber die Hauptsache: Es wurde mir nie langweilig.
Gleichzeitig wurde ich zum Nachdenken angeregt. Bei dem Zitat „Er erkannte benommen, dass die Evolution ihn für die Geschwindigkeit von Gefechten unter KIs nur unzureichend ausgestattet hatte.“ musste ich schlucken, denn das Szenario ist erschreckend realistisch.
Wer sich für Künstliche Intelligenz interessiert, es dabei kurz und knackig mag, ohne blumige Beschreibungen und Nebenschauplätze, stattdessen eine temporeiche Story mit Humor, ist hier genau richtig.
Ich freue mich auf Band 3 der 4-teiligen Reihe.

Veröffentlicht am 01.05.2018

Interessante Denkanstöße, Geduld vorausgesetzt

Die Tyrannei des Schmetterlings
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Meine Motivation:
Mein erster Roman von Frank Schätzing. Technikaffin, aber ohne technische Ausbildung, habe ich in den letzten Monaten viele Science-Fiction-, Nahe-Zukunft-, Zeitreise- und Cyber-Thriller ...

Meine Motivation:
Mein erster Roman von Frank Schätzing. Technikaffin, aber ohne technische Ausbildung, habe ich in den letzten Monaten viele Science-Fiction-, Nahe-Zukunft-, Zeitreise- und Cyber-Thriller gelesen, in denen auch Ideen zu Künstlichen Intelligenzen umgesetzt wurden. Obendrein werden solche Romane oft an denen von Schätzing gemessen. Da war es naheliegend, mir mit diesem neuen Werk eigene Eindrücke zu verschaffen.

Wirkung der Erzählweise:
Das Umfeld wird intensiv beschrieben. Der dramatische Präsenz findet hier seine Legitimation, macht die Atmosphäre greifbar. Eine von Natur geprägte Szenerie prallt auf futuristische Elemente. Auch Handlungen, Mimik und Gestik werden mit Gleichnissen unterstrichen. Sprachlich ansprechend, eingängig, das Kopfkino anfachend, aber im Detailreichtum (Verwitterungsgrad von Fassaden, Astform der Bäume, etc.) überzogen. Hätte man diesen textlichen Raum anders genutzt, hätten Figuren tiefgründiger und die Handlung komplexer und wendungsreicher sein können.
Ein interessantes Stilelement: Schlüsselszenen, die nicht in der dritten Person wiedergegeben sind.

Wirkung der Figuren:
Bevor man auf die Idee kommt, Klischees vorzuwerfen und z. B. als rückständige Dorftrottel abzustempeln, werden Innenansichten eingestreut, die ich als authentisch und tiefsinnig empfinde. Überwiegend liebenswürdig. Die Figuren sind Produkte ihrer Umwelt, mit Vergangenheit, Motivationen, beruflichen wie privaten Problemen. Die Dialoge dienen nicht nur der Informationsweitergabe, gehen auf die Beziehungsebene ein, sind unterhaltsam, versprühen typisch amerikanische Coolness oder bissigen Humor. Ich konnte mir die Figuren, prägende Merkmale und Beziehungen gut merken und auftretende Divergenzen wahrnehmen. Schade, dass die Biografie, wenn es turbulenter wird, keine große Bedeutung mehr zu haben scheint. Für Gefühlslagen ist wenig Platz. Ein intelligenteres, durchdachtes Vorgehen hätte in einigen Fällen der jeweiligen Persönlichkeit und Weltanschauung besser Rechnung getragen. So richtig um das Schicksal jeder einzelnen Figur bangen konnte ich nicht, habe aber den Verlauf immerhin mit großem Interesse verfolgt. Die naive, herzensgute Kimmy brachte mich viel zum Lachen.

Wirkung der Handlung:
Die erste Hälfte widmet sich viel Figuren und Umfeld. Es dauert, bis es spannend wird und Elemente, die in Hightech- und Biotechnologie-Thrillern eine Rolle spielen, so richtig zum Tragen kommen. Interessante Ideen, gut recherchiert und davon gleich mehrere in eine Geschichte eingebaut. Ich habe zusätzliche Denkanstöße mitgenommen, ohne dass ein monumentaler Wow-Effekt dabei gewesen wäre. Aber erschreckend war es doch. Wie viel Realismus dahintersteckt, was von diesen Sci-Fi-Elementen in den nächsten 30 bis 40 Jahren umsetzbar ist, mögen andere beurteilen.
Hauptfigur Luther mimt gnädigerweise den Deppen und lässt sich Erklärungen zu Raum, Zeit und allerlei Technischem geben, man muss als Leser also kein Profi sein, um mitzukommen.
Schätzing geht in den philosophischen Diskurs. Im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz lässt er z. B. diskutieren „Wie sollen sie ein intelligentes System kontrollieren, von dem sie sich nichts weniger als eine Revolution erhoffen?“ Gefallen haben mir erstaunliche Einblicke in eine mögliche Zukunft, inklusive Nachrichtenfetzen mit Bezügen zur tagesaktuellen Politik und Wirtschaft und realen Persönlichkeiten.
Die Aufarbeitung spektakulärer Erkenntnisse und Konfliktlösung gerät im negativen Sinne typisch amerikanisch. Moral und Cleverness bleiben leider auf der Strecke.
Manchmal wurde ich überrascht, manchmal haben sich Vorahnungen bestätigt.
Das Ende gerät sehr knapp und lässt Raum für die eigene Vorstellungskraft.

Adressatenkreis: Da ich Bildgewalt mag, gern verschiedene Schreibstile ausprobiere und mit „Was wäre, wenn ...“-Szenarien meinen Horizont erweitere und anscheinend den passenden Intellekt habe (mit geringen Vorerfahrungen im Genre, noch zu beeindrucken), war es unterhaltsam und interessant, reicht für 4 Sterne. Eine pauschale Empfehlung würde ich aber nicht aussprechen. Profis vermissen möglicherweise Aha-Effekte und wissenschaftliche Substanz. Wer es temporeich mag oder tiefgründige Charaktere zum Mitfiebern braucht, wird von ausschweifenden Beschreibungen genervt sein.

Veröffentlicht am 20.04.2018

Einblicke in die Zeit um 1900 - unterhaltsam, realistisch, atmosphärisch

Die Zeit der Winzerin
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Ich habe Band 1 nicht gelesen, konnte mir aber die Verwandtschaftsverhältnisse und die Vorgeschichte zu den Familien und ihren Weingütern durch aufmerksames Lesen aneignen. Spätestens ab der Hälfte habe ...

Ich habe Band 1 nicht gelesen, konnte mir aber die Verwandtschaftsverhältnisse und die Vorgeschichte zu den Familien und ihren Weingütern durch aufmerksames Lesen aneignen. Spätestens ab der Hälfte habe ich keine Informationsdefizite mehr gespürt.

In der Handlung werden Schicksalsschläge und Missstände aufgegriffen, die heute noch in dieser oder ähnlicher Form auftreten können. Als Leser teilt man Momente der Verletzlichkeit und des Zweifels, welche alle vier Figuren, in deren Perspektive man schlüpft, nahbar und sympathisch machen.
In Bezug auf Spannung und Emotionen hat mich Linnette am meisten erreicht.

Stilistisch ist gut erkennbar, wo ein Perspektivwechsel stattfindet. Kapitelüberschriften mit Monats- und Jahresangabe und teilweise Ortsangabe unterstützen dabei, den Überblick zu behalten.

Die Begleitung von Sara und Philippe macht erwartungsgemäß den Mammutanteil aus. Die Liebesbeziehung wird nach meiner Einschätzung realistisch geschildert: Das sexuelle Knistern wird deutlich, ohne explizit zu werden, es gibt ein kleines bisschen Romantik, wird dabei nie kitschig. Ansonsten ist folgendes Zitat Programm: „Ich bin in erster Linie eine Winzerin – Ehefrau und Mutter an zweiter Stelle.“ Der neun Jahre ältere Philippe muss seinen Mann stehen und hat es insbesondere für die damalige Zeit mit einer sehr resoluten Frau zu tun. Dementsprechend nehmen unterschiedliche Meinungen und Wertvorstellungen und daraus resultierende Reibungspunkte in der Interaktion viel Raum ein. Einerseits habe ich die Dramatik, den „Pfeffer“ gemocht, umso mehr weil sich Hintergründe veränderten. Andererseits zeigt sich Sara so stur, dass ich mich mit ihr einfach nicht identifizieren konnte.
Spoiler-Anfang Ich habe es den Hauptfiguren z. B. übel genommen, dass die Operation des Kindes auf ihrer Prioritätenliste so weit unten fungierte. Immerhin ist es nicht nur ein optischer Makel, der zu Ausgrenzung durch intolerante Menschen führt, sondern macht obendrein krankheitsanfällig und ist ein Hemmnis beim Essen und bei der Sprachentwicklung. Liebe und Sorge werden benannt, eine ärztliche Untersuchung oder das Sparen für eine Operation erhalten aber jahrelang keine Erwähnung. Spoiler-Ende

Die zigfachen familiären Verstrickungen und zufälligen Begegnungen könnten Kritiker als konstruiert bezeichnen, während Fans von Schicksalhaftigkeit sprechen. Mich hat‘s jedenfalls nicht gestört.
Die Nebenfiguren sind interessant. Das Schwarz-Weiß-Schema wird nicht überstrapaziert, denn einige konnten mich in ihrer Entwicklung überraschen.

Die Beschreibungen versprühen Atmosphäre. Ich konnte mir die Landschaften gut vorstellen und habe auch Saras Passion zu ihren Weinreben, Weinanbau, -produktion und -verkauf als authentisch wahrgenommen. Es wird deutlich, dass die Autorin Expertenrat hinzugezogen hat und mit Leidenschaft schreibt.
Wer sich für Wein überhaupt nicht interessiert, könnte von solchen Passagen genervt sein, zu dieser Gruppe zähle ich aber nicht. Die Sorge um Ertrag und Absatzmarkt war auch sehr interessant und es finden sich stets Parallelen zur heutigen Zeit.

Erfreulicherweise habe ich viel zur Lebenswirklichkeit und dominierenden gesellschaftlichen Strömungen (z. B. Frauenbewegung, Prohibitionsbewegung) um 1900 wahrgenommen und im Gedächtnis abgespeichert. Toll auch, ein paar Einblicke in den damaligen Stand der Chirurgie zu bekommen. Der Erkenntnisgewinn gestaltet sich nicht so tiefgreifend wie z. B. in „Sturz der Titanen (Jahrhundert-Trilogie, Band 1)“, aber diesen Anspruch hatte ich auch nicht.

Das Ende ist nochmal dramatisch, schlägt einen schönen Bogen zu den Anfängen und schließt die Dilogie würdig ab.
Lob und Dank dafür, dass im Anhang auf im Roman vorkommende historische Persönlichkeiten und geschichtliche Ereignisse eingegangen wird und weiterführende Fachliteratur angeführt wird.

Die Übersetzung hat mir sprachlich gefallen und weist nur ganz wenige Fehler auf.

Das Werk wirkt realistisch, hat mich gut unterhalten und obendrein einen kleinen Lerneffekt erzielt. 4 von 5 Sternen, weil mich ganz persönlich andere Bücher mit Innovativem noch mehr fasziniert, mit ihren Figuren noch mehr berührt, mit Wendungen noch mehr überrascht, belustigt oder in Spannung versetzt haben.

Veröffentlicht am 19.02.2018

Spannende Einblicke in eine faszinierende dystopische Zukunft

Hamburg Rain 2084 Prolog. Der schwarze Regen
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Auf Rainer Wekwerth bin ich durch die zusammen mit Thariot geschriebene Pheromon-Trilogie aufmerksam geworden.
Dieses Prequel bietet tolle Unterhaltung für etwa 20 Minuten. Die Grundidee kommt gut zur ...

Auf Rainer Wekwerth bin ich durch die zusammen mit Thariot geschriebene Pheromon-Trilogie aufmerksam geworden.
Dieses Prequel bietet tolle Unterhaltung für etwa 20 Minuten. Die Grundidee kommt gut zur Geltung und vermag zu faszinieren. Die Kurzgeschichte ist ein Krimi/Thriller, bei dem passenderweise das dystopisch-futuristische Setting und die politisch-gesellschaftliche Ausrichtung eine wichtige Rolle spielen. Die bedrohliche und düstere Atmosphäre ist super in die Handlung eingebettet.
Dafür dass naturgemäß wenig Zeit zur Verfügung steht, um sich in die Hauptfigur, aus deren Sicht die ganze Geschichte wiedergegeben wird, so richtig hineinzufühlen, ist es mir doch ganz gut gelungen, mitzufiebern und Interesse an seinem Schicksal und am Ausgang zu empfinden. Sehr cool ist die überraschende Wendung. Die Spannungskurve wird schnell aufgebaut und sehr schnell abgehandelt. Einen Stern Abzug, weil wenige Sätze mehr zur Gefühlslage für die Dramatik im Finale förderlich gewesen wären. Nichtsdestotrotz habe ich Blut geleckt. Gern lerne ich vielversprechende neue deutsche Autoren kennen. Dass viele „Jungautoren“ unter Anleitung des erfahreneren Rainer Wekwerth ihre unabhängig voneinander lesbaren Kurzgeschichten zu einem großen Ganzen beisteuern, ist ein lobenswerter Ansatz, den ich gern mit dem Kauf weiterer Werke von „Hamburg Rain“ fördere.

Veröffentlicht am 27.01.2018

Überzeichnete Charaktere mit reichlich Situationskomik auf der Jagd nach psychopathischen Serienmördern

Der Lebkuchenmann
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Zu Band 1 bis 8:

Eindrücke in Kürze: Mordermittlerin mit faszinierendem Privatleben. Das Innenleben brutaler Psychopathen. Wenig tiefgründig, wenig glaubwürdig, dafür viel zynischer Humor und Situationskomik. ...

Zu Band 1 bis 8:

Eindrücke in Kürze: Mordermittlerin mit faszinierendem Privatleben. Das Innenleben brutaler Psychopathen. Wenig tiefgründig, wenig glaubwürdig, dafür viel zynischer Humor und Situationskomik. Kurzweilige Unterhaltung.

Meine ausführlichen Einschätzungen, ohne Spoiler:

Jack Daniels: arbeitswütige Mordermittlerin bei der Polizei in Chicago, 46 (Band 1), kinderlos, Mutter war bereits Polizistin, ohne Vater, trinkfest, süchtig nach Teleshopping, billiges Auto, aber in jeder Situation hochwertig gekleidet, mit Schlafproblemen, bei körperlichen Auseinandersetzungen unkaputtbar, sie und ihr nahestehende Personen geraten ständig selbst ins Visier der von ihr gejagten Mörder. Ihr zynischer Humor und meine Neugierde auf die Weiterentwicklung ihres Privatlebens haben mich maßgeblich zum Lesen nachfolgender Bände animiert. Ich hätte mir aber noch mehr Tiefgang gewünscht. Dass sie z. B. in gesundheitlich angeschlagenem Zustand ständig die Heldin spielt, fand ich unglaubwürdig. Sie war für mich zu taff, zu stur, hat zu wenig Gefühle offenbart, um für mich Identifikationspotenzial zu bieten. Wer einen einfühlsamen Serienhelden sucht, ist z. B. mit Detective Max Wolfe (Autor Tony Parsons) besser bedient.

Zwei Sidekicks: Der verfressene Kollege Herb Benedict und der schmierige Privatermittler Harry McGlade. Beide sind gewollt gnadenlos überzeichnet. Negativ betrachtet leiden darunter abermals charakterliche und emotionale Tiefe und Glaubwürdigkeit. Positiv betrachtet sorgt dies für reichlich niedrigschwelligen Humor, der die düstere Atmosphäre angenehm durchbricht. Für zusätzlichen Spaß sorgen zwei steife FBI-Agenten mit abstrusen Thesen und eine irre Hauskatze.

Sprache und Erzählstil sind einfach gehalten. Ein roter Faden und eine stringente Spannungskurve sind stets gegeben. Liest sich schnell weg, hat keine Längen wie viele andere Thriller-Reihen.
Die Story wird im Wesentlichen aus Sicht von Jack wiedergegeben. Dazwischen wird kurz zur Erzählperspektive des jeweils im Mittelpunkt stehenden Serienmörders gewechselt. Aus dem Rahmen fällt Band 5, der in Echtzeit und aus vielfältigen Perspektiven wiedergegeben wird. In Band 6 wird dem Innenleben des Mörders sogar die Hälfte des Lesestoffes gewidmet. Band 7 bietet Rückblenden auf Jacks Anfänge bei der Polizei im Jahr 1989.
Die Mörder sind meistens Psychopathen mit Folterkeller. Die geschilderten Gräueltaten und die psychischen Abgründe sind nichts für schwache Nerven. Für mich nicht so krass, dass das Gelesene negativ nachgewirkt und z. B. meinen Schlaf beeinträchtigt hätte. Aber weniger brutal und pervers und mehr subtil hätte eher meinem Geschmack entsprochen. Die Kriminalgeschichten sind mittelmäßig innovativ, mal mehr und mal weniger glaubwürdig. So fand ich z. B. teilweise die Dimensionen des unentdeckten Mordens übertrieben oder es war unglaubwürdig, was schwer Verletzte noch leisten.
Besonders ab Band 5 verschwimmt die Grenze zwischen Jacks Berufs- und Privatleben. Zum Verständnis nicht erforderlich, aber für den Lesegenuss förderlich: Das Lesen in der vorgesehenen Reihenfolge.

Der schnelle Wechsel zwischen „Lachend auf dem Boden kringeln“ und „Willkommen in der Hölle“ machen diese Reihe zu etwas Besonderem.
Wie es der Autor J.A. Konrath offensichtlich beabsichtigt hat, habe ich die Reihe als unterhaltsame und kurzweilige Lektüre nach einem harten Arbeitstag zu schätzen gewusst.

Die Klappentexte finde ich gelungen. Die deutsche Titelgebung ist größtenteils unpassend, ich bevorzuge die Originaltitel.

Hinweis für Sparfüchse: Die eBooks werden oft zum Aktionspreis (1,99 € bis 2,99 €) angeboten.

PS: Richtige Lesereihenfolge: 1. Der Lebkuchenmann (2004) 2. Guter Bulle, böser Bulle 3. Die Psychopathen 4. Der Chemiker 5. Die Scharfschützen 6. Die Erzfeinde 7. Mr. K 8. Kite (2011)
„Alle wollen Tequila“ spielt 1993 und damit 11 Jahre vor Band 1. „Die Brandmörder“ spielt zwischen Band 2 und 3. Jack steht jeweils nicht so sehr im Mittelpunkt wie bei beschriebener Reihe. Besonders innovativ oder faszinierend sind die Handlungen nicht. Eingefleischte Fans werden es mögen, am Rande ein paar weitere Erkenntnisse über Jack und Herb zu gewinnen.
Da in „Kite“ Unglaubwürdigkeiten, Perversion und Brutalität für meinen Geschmack zu sehr die Überhand gewinnen und Rezensionen zu Folgebänden darauf schließen lassen, dass es so weitergeht, verfolge ich Jack Daniels nach 10 Romanen nicht mehr weiter.