Anspruchsvolles Aktivbuch für mentale Stärke
Dein Kopf, der Superheld - Wecke die 15 Superkräfte in dirDein Kopf, der Superheld ist kein klassisches Kinderbuch, das man abends im Bett liest oder vorliest. Es möchte Kinder dazu bringen, sich selbst zu reflektieren, Gedanken, Gefühle und das, was im Kopf ...
Dein Kopf, der Superheld ist kein klassisches Kinderbuch, das man abends im Bett liest oder vorliest. Es möchte Kinder dazu bringen, sich selbst zu reflektieren, Gedanken, Gefühle und das, was im Kopf passiert, wenn man Angst hat, wütend wird oder sich überfordert fühlt. Dieses Buch will zeigen, dass man lernen kann, mit all diesen Dingen umzugehen. Ein sehr starkes Konzept, mit starkem Inhalt.
Wouter de Jong versucht, jungen Leser:innen auf spielerische Weise mentale Stärke zu vermitteln. Der Ansatz ist modern und inhaltlich wirklich durchdacht. Die Kinder sollen lernen, wie sie mit Ärger, Scham oder Angst umgehen können, was sie gegen Ablenkung oder Selbstzweifel tun können und warum Freundlichkeit tatsächlich eine Art „Superkraft“ ist. Die Idee, diese Themen unter dem Bild eines Superhelden zu bündeln, ist clever. Sie spricht an, verzichtet aber auf einen moralischen Unterton.
Gestaltung und Struktur sind allerdings Geschmackssache. Das Buch will Aufmerksamkeit binden, was durchaus gelingt, aber auf Kosten der Übersichtlichkeit. Auf manchen Seiten konkurrieren Illustrationen, Textfelder und Aufgaben so sehr miteinander, dass man kaum weiß, wo man zuerst hinschauen soll. Ich verstehe, dass dieses Design Jugendliche ansprechen soll, aber es wirkt stellenweise eher überladen. Für Kinder, die ohnehin Schwierigkeiten mit Konzentration oder Struktur haben, kann das schnell anstrengend werden.
Inhaltlich bietet das Buch eine erstaunliche Bandbreite. Die Kapitel behandeln Themen wie Achtsamkeit, Gewohnheiten, Ehrlichkeit, Wut oder Traurigkeit. Also Bereiche, die in vielen Familien und Schulen selten so offen besprochen werden. Das ist wertvoll, weil es Kindern Ausdruck für ihre Gefühle anbietet. Gleichzeitig ist der Umfang groß: 15 Kapitel mit Übungen, Selbstreflexionen und Aufgaben, die teils aufeinander aufbauen. Ohne Unterstützung eines Erwachsenen ist das kaum zu bewältigen.
Aus pädagogischer Sicht hat das Buch damit zwei Gesichter. Einerseits kann es ein hervorragendes Werkzeug sein – gerade für Kinder, die schon therapeutisch begleitet werden oder in der Schule mit sozial-emotionalem Lernen in Berührung kommen. Es gibt gute Impulse, um ins Gespräch zu kommen, und viele Übungen, die tatsächlich Wirkung entfalten können. Andererseits ist es kein „Selbsthilfebuch für Kinder“. Ohne Einordnung und Begleitung kann es überfordern, gerade weil es tief in Themen vordringt, die emotional komplex sind.
Mir gefällt die Haltung, die das Buch vermittelt: Jeder Mensch hat Einfluss auf seine Gedanken und Gefühle. Man kann lernen, mit sich selbst freundlicher umzugehen. Und Schwächen nichts sind, was man verstecken muss. Das sind starke Botschaften. Nur wäre weniger visuelle Reizüberflutung und mehr Raum für Ruhe und Reflexion hier vielleicht hilfreicher gewesen.
Zusammengefasst ist es ein modernes, inhaltlich ambitioniertes Buch, das Kindern und Eltern viele wichtige Themen zugänglich macht, von Gefühlen bis Selbstwirksamkeit. Pädagogisch wertvoll, aber anspruchsvoll in Struktur und Gestaltung. Kein Buch zum Alleinlesen, sondern eines, das im besten Fall begleitet, erklärt und gemeinsam entdeckt wird.