Profilbild von Kathrineverdeen

Kathrineverdeen

Lesejury Star
offline

Kathrineverdeen ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Kathrineverdeen über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.02.2018

Ein großer Wimmelspaß für die ganze Familie

Ein Jahr auf dem Land
0

Vor gut einem Jahr hat mir ein Bilderbuch verdeutlicht, wie viel Spaß man auch als Erwachsene mit Kinderbüchern haben kann. „Ein Jahr im Wald“ von Emilia Dziubak hat mich mit seiner Aufmachung und der ...

Vor gut einem Jahr hat mir ein Bilderbuch verdeutlicht, wie viel Spaß man auch als Erwachsene mit Kinderbüchern haben kann. „Ein Jahr im Wald“ von Emilia Dziubak hat mich mit seiner Aufmachung und der Idee einen Schauplatz durch das gesamte Jahr zu begleiten, sehr begeistern können. Aber nicht nur mich. Mein Sohn beschäftigt sich heute noch gerne mit diesem wunderbaren Wimmelbuch und den humorvollen Szenerien. Mit „Ein Jahr auf dem Land“ ist nun ein weiterer Band zu dieser Reihe erschienen und ich musste nicht lange überlegen, ob dieses Buch bei uns Einzug hält. Allein das Cover versprach erneut viele lustige und wimmelige Stunden mit meinem Sohn. Zumal das Thema dieses Kinderbuches auch ein absoluter Volltreffer ist. Etwas problematisch wird es nur, wenn die Erwachsenen dann – in diesem Fall ich – anders als die Kinder, mit einem bestimmten Bild oder bestimmten Erwartungen an das Buch herangehen. Aber dazu etwas später …

Das ursprüngliche Gesamtkonzept ist erhalten geblieben. Auf der ersten Doppelseite werden alle Akteure kurz vorgestellt. Diese finden wir, auf den kommenden Doppelseiten, in verschiedenen Situationen, in einem bleibenden Schauplatz wieder: einem Bauernhof, auf dem das Leben tobt und es vieles zu erleben und zu entdecken gibt.
Man blättert von Monat zu Monat und erfährt, was mit den wechselnden Jahreszeiten an Arbeiten anfällt und was man zum Beispiel in einem kleinen Garten und auf den Feldern anpflanzen und ernten kann. Wir erfahren aber auch viel über die Menschen und Tiere dieses Hofes und begleiten sie durch das ganze Jahr und erkennen, wie sich ihre Gewohnheiten während der verschiedenen Tageszeiten und den wechselnden Wetterphänomenen verändern. Das Ende wird von einem Ratespiel abgerundet, bei dem man die geernteten Früchte und das Gemüse unterscheiden, benennen und zuordnen muss.

Nachdem ich von dem Illustrationsstil in „Ein Jahr im Wald“ so begeistert war, erwartete ich genau diesen auch in dem Folgeband. Vielleicht hätte ich mir nicht nur den Titel, sondern auch den Namen der Illustratorin etwas genauer anschauen sollen, denn dieses Wimmelbuch wurde von Magdalena Kozieł-Nowak und nicht von Emilia Dziubak gestaltet. Beim ersten Durchblättern etwas irritiert, denn der Zeichenstil wirkt sehr unruhig, was es mir persönlich etwas schwerer gemacht hat die einzelnen humorvollen Szenen herauszufiltern. Auch die Gesichter der einzelnen Figuren sind sehr ähnlich gestaltet und lassen sich etwas schwerer unterscheiden. Man muss also etwas genauer hinsehen, um ihre Rollen in dem Geschehen zu erkennen.
Meinem Sohn war dieser neue Stil völlig gleich, weil er einfach anders an die Bücher herangeht, als ich. Nachdem ich bemerkte, wie viel Spaß mein Nachwuchs an den vielen lebensnahen Szenen hatte und ich mich endlich von meinen Erwartungen befreien konnte, habe ich dieses Buch noch einmal neu erlebt.
Zusammen suchten wir nun nach den verschiedenen Tieren, die sich hier und dort versteckt hielten, und grübelten über manche Situation nach und fragten zum Beispiel, welches Gemüse wohl angebaut wurde. Dieser Wimmelspaß begleitete uns auf sechzehn Doppelseiten mit fantasievollen Illustrationen in warmen Tönen gestaltet und mit vielen humorvollen Szenen versehen sind, die auf spielerische Weise die Wahrnehmung der Leser fördern.

„Ein Jahr auf dem Land“ von Magdalena Kozieł-Nowak ist ein Wimmelbuch für die ganze Familie, welches stundenlangen Entdecker- und Rätselspaß auf dem Bauernhof bietet.

www.kathrineverdeen.blogspot.de

Veröffentlicht am 12.11.2017

Eine spannende Fortsetzung

Young Elites (Band 2) - Das Bündnis der Rosen
0

Erinnert ihr euch noch an meine persönliche literarische Lieblingsfigur Adelina aus Marie Lus „Young Elites“-Reihe? An dieser Figur haben sich die Leser manchmal die Zähne ausgebissen. Für mich war sie ...

Erinnert ihr euch noch an meine persönliche literarische Lieblingsfigur Adelina aus Marie Lus „Young Elites“-Reihe? An dieser Figur haben sich die Leser manchmal die Zähne ausgebissen. Für mich war sie nach all den klischeebehafteten, süßen und naiven Mädchen, die von einer Katastrophe in die nächste stolperten und dabei nie aus ihren manchmal wirklich dummen Fehlern lernten, sehr erfrischend. Die überaus komplexe Antiheldin hat mich mit ihrem Schicksal, ihren beachtlichen Fähigkeiten und ihrer inneren Zerrissenheit faszinieren können. Aber nicht nur Adelina hat mich begeistert, auch die Handlung hat mich mitgerissen. Aus diesem Grund war ich schon sehr gespannt, ob der zweite Band dieser Trilogie mich genauso fesseln kann. Wer Adelina und ihre Welt jedoch noch nicht kennengelernt hat, sollte an dieser Stelle nicht weiterlesen und sich erst einmal die Rezension zu Band eins zu Gemüte führen.

Nach den vergangenen Ereignissen lechzt Adelina nach Rache und ist auf der Suche nach einem neuen Bündnis mit besonderen Begabten, die sie bei ihren kühnen Plänen unterstützen. Keiner, weder die Inquisition, die weiterhin auf grausame Weise Jagd auf Malfettos machen, noch die Gemeinschaft der Dolche, die Adelina verstoßen haben, sollen ungestraft davonkommen. Aber nicht nur das. Mit jedem erzielten Sieg wächst ihr Wunsch nach Macht und sie beschließt, den kenettranischen Thron zu erobern. Und sie ist auf einem guten Weg ihr Vorhaben auch in die Tat umzusetzen, denn ihre übernatürlichen Kräfte wachsen mit jedem Tag ins Unermessliche. Jedoch scheinen sie ihr auch mehr und mehr zu entgleiten und sich gar gegen sie zu richten.

Nachdem ich „Young Elites - Die Gemeinschaft der Dolche“ beendet hatte, fieberte ich dem Folgeband entgegen und durfte vor Kurzem endlich wieder in Adelinas Welt und deren historisch angehauchtes Setting mit gewaltigen Kulissen, die an das Venedig der Renaissance erinnern, eintauchen. Die literarische Hauptfigur hat sich weiterentwickelt und ist selbstbewusster geworden. Oft wirkt sie, als genieße sie es mittlerweile, ihre dunklen Fähigkeiten einzusetzen, die stetig heranwachsen. Adelina zeigt uns Leser auch in diesem Band, was für Auswirkungen schreckliche und schmerzhafte Erfahrungen haben können, die sie nicht nur in ihrer Kindheit geprägt haben. Und noch etwas: dass Rache sehr euphorisierend sein kann. Selbst ich als Leser habe dieses Gefühl miterleben können. Die Ernüchterung über ihre Taten folgt meist auf dem Fuße. Nämlich dann, wenn Adelina sich dessen bewusst wird, was sie eigentlich angerichtet hat.

Das erfrischende an Adelinas Geschichte ist, dass es hier nicht um eine naive Jugendliche geht, die ständig einem Jungen hinterherschmachtet und von einem anspruchslosen Geschehen umwoben wird. „Young Elites: Das Bündnis der Rosen“ überzeugt erneut mit einer sehr umfangreichen, immer wieder überraschenden und interessanten Handlung. Die Autorin mischt die Karten für dieses Spiel um Macht und Liebe neu in dem sie neue und sehr facettenreiche literarische Figuren, Verbündete aber auch Feinde für Adelina erschafft, die alle Ereignisse bereichern und manchmal auf dramatische Weise beschleunigen und ihr Potenzial noch nicht gänzlich entfaltet haben. Marie Lu kommt in diesem Band jedoch nicht ganz ohne gängige Klischees bezüglich des Jugendbuchgenres aus, denn aus dem Geschehen heraus entwickelt sich eine neue zarte Liebesgeschichte, die von der tragischen Beziehung von Adelina und Enzo überschattet wird. Diese wirkt aber nie, als wolle sie die Handlung erdrücken.

Die Autorin besticht auch in "Young Elites - Das Bündnis der Rosen" durch bildgewaltigen und ausdrucksstarken Schreibstil und lässt ihre wichtigsten Charaktere abwechselnd aus ihrer eigenen Sichtweise erzählen. Mir als Leser fiel es dabei manchmal sehr schwer gut und böse zu unterscheiden, weil jede Figur in ihrem Handeln völlig überzeugend und nachvollziehbar ist. Was mich persönlich zum sehr ereignisreichen und spannenden Ende etwas verstimmt hat, war Adelinas Zerrissenheit. Schließlich sollte sie sich irgendwann mal für einen Weg entscheiden. Nichtsdestotrotz fiebere ich jetzt einem epischen Finale entgegen und bin sehr gespannt, für welche Seite Adelina sich letztendlich entscheiden wird.

www.kathrineverdeen.blogspot.de

Veröffentlicht am 12.10.2017

Eine humorvolle und lebendige Geschichte

Der verrückte Erfinderschuppen
0

Aus meiner Kindheit sind mir viele schöne Erinnerungen geblieben. Vor allem von den Momenten, wo ich mich so richtig ausleben durfte und draußen in der Natur nach aufregenden Abenteuern gesucht habe. Am ...

Aus meiner Kindheit sind mir viele schöne Erinnerungen geblieben. Vor allem von den Momenten, wo ich mich so richtig ausleben durfte und draußen in der Natur nach aufregenden Abenteuern gesucht habe. Am besten konnte ich das bei meiner Oma, die ich an fast jedem freien Tag besucht habe. Denn ich hatte nicht nur die weltbeste und liebste Oma, die es je gegeben hat, sondern auch eine Oma, deren Haus von viel Natur und unzähligen Möglichkeiten umgeben war. Vor einigen Wochen wurde ich dank meiner Lektüre
„Der verrückte Erfinderschuppen: Der Limonaden-Sprudler“ von Lena Hach und Daniela Kulot an diese wunderschönen und unvergesslichen Momente erinnert. Die Geschichte dieses Kinderbuches handelt von drei kreativen und mutigen Freunden, die sich zusammentun, um spannende Dinge zu erfinden.

Mit den drei äußerst kreativen und sehr verschiedenen Freunden wird es in dieser Geschichte nie langweilig: Fred, der Erzähler und die Seele dieses Buches, Walter, der immer eine kluge Idee parat hat und Tilda, ein toughes Mädchen, das die Gruppe zusammenhält. Meistens treffen sich die drei im Garten von Tildas Oma. Da gibt es einen alten Schuppen - der kurzerhand zum „Erfinderschuppen“ deklariert wird - und leckere Kekse von Tildas Oma. Und es könnte wirklich wunderbar sein, wenn es nicht die neugierigen und zänkischen Nachbarn – alias der Dicke und der Dünne – gäbe.

In „Der verrückte Erfinderschuppen: Der Limonaden-Sprudler“ erleben wir Leser, wie man einen superleckeren und ungesunden - alle superleckeren Sachen sind ungesund - Limonaden-Sprudler entwickelt und was dabei alles schief gehen kann. Zum Nachahmen eignen sich diese Erfindungen jedoch nicht, denn da kann es durchaus passieren, dass man Wände neu streichen oder dass man sehr viel Flüssigkeit trinken muss, um die bunte Haut loszuwerden, die man dank des Sprudlers bekommen hat. Achtung! Auch die Haustiere sollte man während des Lesens in Sicherheit bringen. Denn das mit der Farbe funktioniert nicht nur bei Menschen …

Das Kinderbuch ist mit seinen 160 Seiten, 34 unterhaltsamen und dynamischen Kapiteln und der großen Schrift der Zielgruppe ab 8 Jahren angepasst und wird durch lebendig wirkende Illustrationen von Daniela Kulot, die in schwarz-weiß gehalten sind, ergänzt. In einem sehr lockeren und manchmal leicht rotzigen Stil, der durchaus zu den munteren Charakteren und der lebendigen Handlung passt, lässt Lena Hach ihre literarische Figur Fred über die Ereignisse rund um dem Erfinderschuppen berichten. Dabei gibt es viele urkomische Situationen, die nicht nur bei der Zielgruppe für einige Lacher sorgen. Ich habe dieses Buch sehr beschwingt in einem Rutsch gelesen und fühlte mich gut unterhalten. Schön fand ich, dass neben den sehr humorvollen Szenen einige Sequenzen mit etwas tiefgründigeren Themen in dieser Geschichte enthalten sind.

In einer Situation hätte ich mir gerade wegen des Alters der Zielgruppe eine etwas klarere Botschaft gewünscht. Und zwar kommt es zu einer unliebsamen und übergriffigen Begegnung mit dem Dicken und dem Dünnen, wo diese die Kinder attackieren. Auch wenn sich Fred, Max und Tilda gut wehren können und es für die Nachbarn alles andere als lustig endet, hätte ich mir gewünscht, dass sie sich einem Erwachsenen mitteilen. Aber das ist der einzige Kritikpunkt, den ich habe.

„Der verrückte Erfinderschuppen: Der Limonaden-Sprudler“ von Lena Hach und Daniela Kulot ist ein humorvolles und sehr lebendiges Jugendbuch und der erste Band einer vielversprechenden Reihe für junge Leser. Zeitgleich ist mit diesem ersten Buch auch der Folgeband „Der Looping-Dreher“ erschienen.

www.kathrineverdeen.blogspot.de

Veröffentlicht am 05.07.2017

Ein gelungener Auftakt

Infiziert (Bd.1)
0

Der menschliche Organismus ist zu jeder Zeit Bakterien und Viren ausgesetzt und dank eines funktionierenden Immunsystems werden wir Menschen nicht ständig krank. Jedoch wird die Bedrohung durch gefährliche ...

Der menschliche Organismus ist zu jeder Zeit Bakterien und Viren ausgesetzt und dank eines funktionierenden Immunsystems werden wir Menschen nicht ständig krank. Jedoch wird die Bedrohung durch gefährliche und multiresistente Erreger immer größer. Das liegt vor allem an dem vorschnellen Einsatz von Antibiotika – der selbst in der Fleischproduktion zum festen Alltag gehört und die Rückstände der Medikamente von uns Menschen mit der Nahrung aufgenommen werden. Es gibt viele Länder, die bereits gegen viele multiresistente Keime kämpfen müssen, weil es dort keine Rezeptpflicht für Antibiotika gibt. Sie werden einfach bei jedem Schnupfen eingenommen. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird es in den kommenden Jahrzehnten bald kein Antibiotikum mehr geben, das gegen die multiresistenten Erreger wirken kann. Unheimlich, oder? Die Autorin Teri Terry hat sich in ihrem neuen Buch „Infiziert“ – der erste Band einer Trilogie - einem solchem Szenario angenommen.

In „Infiziert“ bedroht eine Epidemie, die sich von Haus zu Haus, von Stadt zu Stadt und bis über die Landesgrenzen schleicht, die Bewohner Großbritanniens. Der Ursprung dieser Katastrophe liegt für die meisten Betroffenen jedoch im Verborgenen. Wir Leser werden durch die literarische Hauptfigur Callie aufgeklärt und erleben den Ausbruch von der ersten Sekunde an mit.
Callie wurde entführt, in ein Versuchslabor verschleppt und als Forschungsobjekt missbraucht. Sie ist eine sehr ungewöhnliche Protagonistin, weil Callie bereits in den ersten Kapiteln stirbt und trotzdem weiterhin ein wichtiger, aktiver Teil für die Handlung ist. Mit Shay wird ihr eine weitere weibliche literarische Hauptfigur zur Seite gestellt. Beide berichten abwechselnd aus ihrer eigenen Perspektive über das Geschehen. Shay und Callie haben kaum Gemeinsamkeiten und doch scheinen ihre Schicksale sehr eng verbunden zu sein. Denn Shay ist offenbar Zeugin der Entführung geworden und setzt nun alle Hebel in Bewegung, um Callie zu finden. Jedoch scheint ihr Vorhaben sehr riskant zu sein und sie ahnt nicht, welche dramatischen und tödlichen Ereignisse auf sie zukommen.

Als ich erfuhr, dass Teri Terry an einer neuen dystopischen Trilogie schreibt, stand für mich fest, dass ich diese Bücher lesen muss. Denn schon ihre erste Trilogie „Gelöscht“ hat mich mitgerissen und wirklich begeistert. Und obgleich ich die Bücher vor einigen Jahren gelesen habe, sind die geniale Handlung und die interessanten Charaktere immer noch absolut präsent. Dem entsprechend hoch waren also meine Erwartungen, bevor ich „Infiziert“ aufschlug. Enttäuscht wurde ich von Teri Terry nicht und sie nahm mich ab der ersten Seite gefangen und zog mich mit jedem gelesenen Kapitel ein wenig mehr ins Geschehen hinein.
Die Handlung, die wie in diesem Genre üblich nicht ohne eine Liebesgeschichte auskommt, strotzt vor Spannung und interessanten und überraschenden Ereignissen. Weil man als Leser am Anfang direkt und ohne Erklärungen ins Geschehen geworfen wird, kommen erst einmal einige Fragen auf. Fragen, die nach und nach beantwortet werden.
Für mich war es sehr faszinierend mitzuerleben, wie ein vermeintlicher Erreger von Mensch zu Mensch getragen wird und katastrophale Zustände zur Folge hat. Denn in anderen Dystopien erleben wir Leser ja meist nur das Resultat einer solchen Katastrophe und erhalten nur bruchstückhafte Informationen über dessen Ursprung.
Bei einigen Erklärungen oder Auflösungen gab es für mich jedoch ernüchternde Momente, weil es etwas überzogen wirkte. Hier schweift Teri Terry von dem genialen Gedanken, die Welt mit einem fiesen Erreger zu bedrohen ab und driftet von der Medizin in die Quantenphysik ab. Das war für mich ein Punkt, an dem die Geschichte etwas von ihrem Reiz verloren hat. Dasselbe Problem hatte ich mit Shay. Auch sie erkrankt im Laufe der Handlung - was absehbar war - und währenddessen passiert etwas mit ihr, was mir ein nüchternes Kopfschütteln abringen konnte. Einfach too much! Nichtsdestotrotz las ich die Geschichte weiter, weil es einfach noch zu interessant war, um aufzuhören. Nach den vielen rasanten und enorm spannenden Kapiteln folgten im letzten Drittel viele ruhigere Passagen, die mich wieder daran erinnerten, dass es sich um eine Trilogie handelt und Teri Terry womöglich nicht ihr ganzes Pulver in diesem Band verschießen wollte. Das Ende entließ mich zufrieden und zurück blieb eine große Neugierde auf die kommenden Bände.

In „Infiziert“ hat sich Teri Terry wieder einer sehr interessanten Thematik für eine imposante Trilogie angenommen. Die Autorin überzeugt erneut mit authentischen Charakteren und einem rasanten Schreibstil, dem man sich nur schwer entziehen kann. Über einige Längen im letzten Drittel kann man gut hinwegschauen, jedoch hatte ich in wenigen Szenen das Gefühl, das es ein wenig zu viel des Guten war. Hier wäre weniger mehr gewesen und die Handlung hätte es absolut nicht nötig gehabt.

www.kathrineverdeen.blogspot.de

Veröffentlicht am 18.06.2017

Konnte mich bestens unterhalten

Strom auf der Tapete
0

Wer ist mein Vater? Mit dieser Frage entwickelt sich Ron Robert Rankes 16. Geburtstag zu einer Beinah-Katastrophe. Nachdem er ein altes Foto in der Küchenschublade gefunden hatte, stand für ihn fest, dass ...

Wer ist mein Vater? Mit dieser Frage entwickelt sich Ron Robert Rankes 16. Geburtstag zu einer Beinah-Katastrophe. Nachdem er ein altes Foto in der Küchenschublade gefunden hatte, stand für ihn fest, dass er seinen Vater finden möchte. Völlig planlos begibt er sich zusammen mit seiner Mitschülerin Clara und einem geliehenen Cabriolet auf die Suche nach dem Unbekannten und durchlebt einige abenteuerliche Turbulenzen, wie Prügeleien und den ersten Absturz mit Alkohol, aber auch sehr intensive und nachdenkliche Momente.

Nach einer literarischen Figur a lá Ron Robert Ranke muss man lange in den üblichen Jugendbüchern suchen, denn er ist schon sehr speziell und enorm unterhaltsam. Der etwas wasserscheue und warmherzige 16-Jährige wohnt in einer Plattenbausiedlung am Rand von Frankfurt/Oder, und auch wenn Ron Robert meist etwas planlos wirkt, weiß er, wie man sich hier über Wasser hält. Das Leben hat ihn abgehärtet, aber nicht abstumpfen lassen. Genau dieser Punkt war für mich sehr faszinierend. Egal wie schroff seine Umgebung ihm entgegentritt, Ron Robert verliert nie seinen wichtigsten Charakterzug – seine Menschlichkeit. Er hadert nicht mit seinem schwierigen Leben und versucht das Beste für sich herauszuholen.

Einen interessanten Kontrast bietet Clara, die geheimnisvolle und anfangs – die Betonung liegt auf anfangs – sehr schweigsame, weibliche Hauptfigur. Clara sitzt seit einem Jahr im Rollstuhl und kommt aus einer sehr betuchten Familie. Zu Beginn wirken beide Charaktere so inkompatibel, öffnen sich aber mit jedem gefahrenen Kilometer ein bisschen mehr und nähern sich einander und ergänzen sich.

Ron Robert Ranke versteht es mit Worten zu fesseln, denn folgt man erst einmal seiner Geschichte, kann man sich ihr nicht mehr entziehen. Das liegt vor allem an seiner außergewöhnlichen und sehr ausdrucksstarken Erzählweise. Mal verzaubert er seine Zuhörer mit einer sanften, bildhaften und fast poetischen Sprache, um sie etwas später mit zahlreichen hingerotzten Metaphern zu überschütten.

Hörbuch "Strom auf der Tapete" von Andrea Badey und Claudia Kühn
Bei der Suche nach seinem Vater erfahren wir viel über die Person Ron Robert Ranke. Wir Leser/Hörer machen Bekanntschaft mit seinem tiefsten Inneren, seinen Ängsten, seiner Überforderung, das Mysterium „Clara“ zu erfassen, aber auch mit seiner Hoffnung darauf, dass das Leben auch etwas Gutes für ihn bereithält. Als Zuhörer kommt man nicht umhin sich mit Ron Robert über jeden Fortschritt auf seiner Suche nach seinem Vater zu freuen und erlebt viele intensive Momente, in denen die wunderbare literarische Hauptfigur auch ein Stück weit zu sich selbst findet.

„Strom auf der Tapete“ von Andrea Badey und Claudia Kühn gleicht einem Roadmovie, jedoch auf eine skurrile Weise. Sie lässt sich nicht mit Geschichten wie „Margos Spuren“ oder „Amy on the Summerroad“ vergleichen, weil die Figuren dieser Geschichte so herrlich verschroben und die Erzählweise sehr ausgefallen sind. Die abwechslungsreiche Handlung ist mit vielen bizarren Momenten und einer großen Portion Situationskomik gespickt. Das Ende kommt sehr unerwartet und offen, wie ein Scheunentor daher und ließ mich irgendwie unbefriedigt und mit vielen Fragen zurück.

Der Shooting-Star des Hamburger Thalia Theaters Steffen Siegmund ist in dem Hörbuch „Strom auf der Tapete“ die Stimme von Ron Robert Ranke und meiner Meinung nach hätte man keinen passenderen Sprecher für diese rasante und sehr lebendige Geschichte finden können. Beim Zuhören spürt man unterschwellig, wie viel Spaß Steffen Siegmund mit diesem Jugendbuch hatte.

Das Hörbuch "Strom auf der Tapete" konnte mich für viele Stunden mit seinen großartigen literarischen Figuren und ihren erfrischenden, stakkatoartigen Dialogen auf ihrer ungewissen Reise bestens unterhalten. Jedoch ließ mich das sehr offene Ende der Geschichte ein bisschen ernüchtert zurück.

www.kathrineverdeen.blogspot.de