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Veröffentlicht am 18.03.2018

Auf den Spuren eines langen Lebens

Ein mögliches Leben
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Franz Schneider und sein Enkel Martin haben keine große Bindung und doch schlägt Martin seinem Großvater vor, mit ihm in dessen Vergangenheit zu reisen: in die USA. Während ihres Aufenthalts schweifen ...

Franz Schneider und sein Enkel Martin haben keine große Bindung und doch schlägt Martin seinem Großvater vor, mit ihm in dessen Vergangenheit zu reisen: in die USA. Während ihres Aufenthalts schweifen Franz‘ Gedanken immer wieder in seine Zeit im Gefangenenlager in Texas und Utah ab. Nachdem er in der Normandie kurz vor Ende des 2. Weltkrieges von den Amerikanern gefangen genommen wurde, führte ihn seine „Reise“ in die USA. Zunächst kam ihm das Gefangenenlager wie ein Feriencamp vor: Essen gab es genügend, die Gefangenen wurde gut behandelt, ihre Unterkunft war sauber und ihre Arbeit auf den Feldern während der Kartoffel- und Baumwohlernte annehmbar. Doch gab es unter den deutschen Kriegsgefangenen zwei Lager: die Hitlertreuen, die immer noch felsenfest an den Endsieg glaubten und die Kriegsmüden, die sich Frieden, Freiheit und ein rasches Ende der Kämpfe wünschten.
Was für Martin eher als viel zu spontane und wenig durchdachte Idee begann, wird zu einer spannenden Reise für beide: der Enkel erlebt den sonst so reservierten, kühlen und streng nach seinen Überzeugungen lebenden Großvater sehr nachdenklich und manchmal geradezu träumerisch. Martin hört seinem Großvater zu und spürt ganz deutlich dessen Zerrissenheit, seine Scham, Angst und auch Schuld. Und er selbst beginnt über sein eigenes Leben nachzudenken.
Eine wichtige Rolle spielt Franz‘ Steinsammlung zur Erinnerung und nachvollziehbar für sein Leben – für ihn legen die Steine Zeugnis für seine Lebensreise dar. Durch den Geschmack der Steine – ja, er nimmt sie in den Mund, um das Land/die Erde zu schmecken – hält er die Erinnerungen am Leben und kann sie jederzeit wieder erfahrbar machen. Seine ganz eigene Methode gegen das Vergessen!
Franz ist ein verantwortungsvoller Mann, denn er stand zur schwangeren Johanna und hat dafür auf seinen Traum, in die USA auszuwandern und ein neues – ein mögliches – Leben mit Wilma verzichtet. Seine Zerrissenheit, Angst und Scham, aber auch seine konsequente Lebenseinstellung und die Verdrängung und spätere Aufarbeitung seiner Erlebnisse sowie die Ohnmacht beim Aufspüren von Verbrechern aus der Naziherrschaft beherrschen diesen Roman und hinterlassen einen langen Nachhall beim Leser.
Die Tochter Barbara, die nach ihrer heimlichen Hochzeit mit Konstantin von ihrem Vater aus dem Haus geworfen wurde, hat ihrem Vater nie verziehen. 10 Jahre lang herrschte absolute Funkstille zwischen den beiden und erst der Enkel Martin hat die beiden wieder aufeinander zugeführt. Keine besondere emotionale Bindung, Verletzungen aus der Vergangenheit halten beide zurück, wirklich aufeinander zuzugehen. Franz macht einen Schritt auf Barbara zu, als er ihr die vielen Dokumente, die sein Leben belegen, schickt und sie in seine Vergangenheit eintauchen lässt.
Hannes Köhler erzählt sehr anschaulich und authentisch von einer zerrütteten, kühlen Vater-Tochter-Enkel-Beziehung, die es allen Beteiligten schwer macht, den anderen so zu akzeptieren, wie er ist. Zudem taucht der Leser tief in die Vergangenheit von Franz Schneider und dessen Leben kurz vor Ende des 2. Weltkriegs ein.
Das um 45 Grad gedrehte Cover steht als Sinnbild für die Weite der amerikanischen Landschaften und eine Möglichkeit, die jedoch unerfüllbar ist. Der Titel „Ein mögliches Leben“ ist gut gewählt, denn es weist auf die Zerrissenheit des Hauptcharakters Franz hin und stellt dem Leser die Frage: Welches Leben wäre möglich gewesen?
Anfangs war der Roman schwierig zu lesen, denn die Vergangenheit, in die Franz immer wieder eintaucht, hebt sich nicht bildhaft von der Gegenwart ab. Doch bald bemerkt der Leser, dass Franz‘ Vergangenheit im Präsens und die Gegenwart in der Vergangenheitsform geschrieben ist.
Für mich war dieser Roman ein absoluter Lesegenuss und die Geschichte hat mich noch lange beschäftigt. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der sich gerne mit der Vergangenheit aber auch mit den Parallelen zu den heutigen Strömungen in unserem Land auseinandersetzt.

Veröffentlicht am 08.03.2018

Familiengeschichte - spannend und ironisch verpackt

Salomes Tanz
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Mit „Salomes Tanz“ ist Doro May eine außergewöhnliche, skurrile, spannende, wahnwitzige und tragische Familiengeschichte gelungen. Wie sehr doch die Wahrnehmung eines Kindes von der des Erwachsenen abweicht! ...

Mit „Salomes Tanz“ ist Doro May eine außergewöhnliche, skurrile, spannende, wahnwitzige und tragische Familiengeschichte gelungen. Wie sehr doch die Wahrnehmung eines Kindes von der des Erwachsenen abweicht!

Als 3jähriges Mädchen kommt Marianne zu ihrer Großmutter ins Haus. Dort wächst sie bald in den Nachkriegsjahren nicht nur inmitten der Trümmer Essens auf, sondern auch in einer bunten Familie, die keine gemeinsame Blutlinie vereint. Mit Hilfe der Gelddepots ihres verstorbenen Großvaters – in jeder Ritze der geerbten Villa steckt ein Vermögen – leben Oma, Marianne, das traumatisierte Kindermädchen Edith, die Putzfrau Tante Scheffler, Onkel Hermann, Onkel Otto und schließlich die kleinwüchsigen Emil und Margit unter einem Dach. Bald gesellt sich noch der vermeintliche Amerikaner Uncle Billy zu der Truppe, die nur ein Ziel verfolgt: Rache! Rache an einem Mann, der sie während der Nazizeit verraten hat und nun dafür büßen soll. Dazu stellen sie ein Varieté auf die Beine, zu dem sich auch die bekannte Tänzerin Hetty/Paula aus den USA gesellt. Salomes Tanz soll das Highlight des Varietés bilden. Inmitten dieser Zeit wächst also Marianne auf und für sie sind alle Begebenheiten dieser Tage ein einziges Abenteuer – auch wenn sie oft nicht versteht, was die Erwachsenen vor ihren Augen und Ohren treiben.
Die Rahmenhandlung dieser Familiengeschichte spielt in der Gegenwart. Mariannes Enkel Lukas liegt nach einem selbstverschuldeten, schweren Unfall im Krankenhaus und bittet seine Großmutter, ihm ihre Geschichte zu erzählen. Da er und seine Freundin Pia die Erzählung so spannend finden, ist für beide klar, dass Oma Marianne alles aufschreiben muss.

Familiengeschichte … nichts ist so spannend, aufregend, geheimnisvoll, aber auch oft bitter und verstörend wie die eigene Familiengeschichte. Auch ich bin eine s.g. Kriegsenkelin und weiß nur wenig über das Leben meiner Großeltern und Eltern während des 2. Weltkriegs und danach. Meist ist das Trauma dieser Generation viel zu mächtig, als dass die Menschen darüber reden wollen oder überhaupt können. Es musste ja weitergehen und meiner Großmutter blieb mit 6 Kindern keine Zeit, darüber nachzudenken, was sie alles erlebt hat. Es ging nach dem Tod meines Großvaters ums Überleben! Aus dieser Perspektive und mit dem Wissen, dass Marianne aus einer jüdischen Familie stammt, hatte ich Bedenken, ob ich mit dem skurrilen Humor der Geschichte klar kommen würde. Ich wurde eines Besseren belehrt und konnte das Buch kaum zur Seite legen. Auf ganz spezielle Weise hat mich das Buch berührt, entsetzt, gut unterhalten, zum Lachen und Nachdenken gebracht und manchmal stand mir auch einfach der Mund vor Entsetzen oder Sprachlosigkeit offen. Doro May schafft es, den Leser mit auf eine ganz unwirkliche Reise in die Trümmer des Nachkriegsdeutschlands zu nehmen. Trotz der Gräuel und der ungeheuren Taten vieler Menschen blitzt auch Hoffnung durch die Zeilen. Hoffnung, dass eine kleine Gemeinschaft ein Kind auch in den schlimmsten Zeiten behüten und beschützen kann. Bei allem Humor hatte ich nie das Gefühl, dass hier Menschen der Lächerlich preisgegeben wurden. Ich denke, dass ein gewisser Galgenhumor viele davor bewahrt hat, nach so manchem Trauma nicht völlig durchzudrehen. Der Schreibstil der Autorin ist mal bissig, nachdenklich, oft knallhart und sie erschafft neue Wörter, die so nicht im Duden zu finden sind. Mariannes Familiengeschichte ist manchmal nur schwer zu verkraften und zeigt, wie eine noch so kleine Entscheidung das Leben vieler Menschen nachhaltig verändern kann. Da „helfen“ oft nur ein, zwei, drei Ouzo oder ein „Metternich“ mit Saft oder ohne.

Veröffentlicht am 07.03.2018

Luna und Astrum

Blut schreit nach Blut
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Bisher hat es mich nie zum Fantasy-Genre hingezogen. Doch die Verbindung zwischen Fantasy und historischem Roman hat mich neugierig gemacht. Dazu kam dann noch das beeindruckende Cover. Der Blick aus den ...

Bisher hat es mich nie zum Fantasy-Genre hingezogen. Doch die Verbindung zwischen Fantasy und historischem Roman hat mich neugierig gemacht. Dazu kam dann noch das beeindruckende Cover. Der Blick aus den eisblauen Augen von Luna und die Vollmondstimmung im Hintergrund zogen mich magisch an und so habe ich mich für ein Exemplar beworben. Letztlich habe ich gewonnen und bin mit auf die Reise durchs Mittelalter zur Schwarzburg gegangen.

Im Jahr 1272 wird im Schwarzwald die Schwarzburg – Heim der 16jährigen Luna und ihrer Eltern – angegriffen. Innerhalb kurzer Zeit wird Luna zur Waise und ihre Flucht führt sie in den Wald. Dort begegnet sie dem vermeintlichen Sternenpaar, das sie schon seit ihrer Kindheit bei Dunkelheit beobachtet. Dabei handelt es sich allerdings um einen riesigen Wolf. Trotz anfänglicher Angst entwickelt sich mit der Zeit eine tiefe Verbundenheit zwischen Luna und dem Wolf, den sie Astrum nennt. Ihre nächsten Verwandten, Onkel Hanco und Tante Binhildis, sorgen nach dem brutalen Überfall für Luna und die restlichen Bewohner. Inzwischen gehen seltsame Verwandlungen in Luna vor, die sie neben ihrer Trauer um die Eltern in eine große seelische Krise stürzt. Sie begreift nicht, warum ihr plötzlich Klauen wachsen und ihre Sinnesorgane sich verändern. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle beginnt und ein Versteckspiel, damit ihre Umwelt nichts von den Veränderungen mitbekommt. Gleichzeitig zieht es sie magisch in den Wald und hin zu Astrum. Eines Tages eröffnet ihr Onkel Hanco, dass er einen Ehemann für sie sucht. Luna wähnt sich in großer Gefahr und sucht verzweifelt nach einem Ausweg.

In diesem historischen Fantasy-Roman geht es nicht sonderlich zimperlich zu. Typisch fürs Mittelalter ist das Leben voller Gefahr, Brutalität, Hass, Tod und ganz klaren Regeln vor allem für Frauen. Doch auch Gefühle wie Liebe und Sehnsucht kommen nicht zu kurz.

Aikaterini Schlösser fängt mit ihrem Schreibstil die Stimmung der Zeit ganz treffend ein, schafft es aber auch, ihre Charaktere sehr vielschichtig zu gestalten und immer wieder mit Überraschungen aufzuwarten. So gibt es kein klares Gut oder Böse –außer bei Lodwig, den ich nach wie vor nicht leiden kann. Die Hauptfigur Luna ist sanft und rein – dabei scheint sie nie naiv oder gar dumm zu sein. Sie hat durchaus ihre eigenen Ansichten und widersetzt sich dem strengen Reglement ihres Onkels. Dabei verliert sie nie die Liebe zu ihren Mitmenschen aus den Augen. Für sie stellt Astrum nie das Monster/Biest dar, das andere in ihm sehen. Alles in allem ist sie trotz ihrer Reinheit eine junge Frau mit eigener Meinung und sehr stark. Die Autorin hat mit ihr eine ungewöhnliche Figur geschaffen – weder typische Amazone noch zarte Jungfer. Astrum/Godwin ist ein Wolf/Urwolf – also kein Werwolf, der sich bei Vollmond vom Mann in einen Wolf verwandelt – der sich seine vor allem positiven menschlichen Züge bewahrt hat und Luna stets beschützt. Die zarte Liebe, die zwischen den beiden wächst, hat mich tief berührt. Mit den Begriffen Urwolf, Werwolf, Halbmondwolf, Lykia etc. bin ich bisher nicht groß in Berührung gekommen und ich hatte so meine Probleme sie zu unterscheiden und mir der Eigenheiten dieser Geschöpfe bewusst zu werden. Ich habe mich in den Bann dieser Geschichte ziehen lassen und bin zeitweise nur so über die Seiten hinweggeflogen.
Das Ende ist absolut gelungen und unvorhersehbar. Das schreit nach einer Fortsetzung und die ist ja sogar schon fertig! Dieser historische Fantasy-Roman hat mich gefesselt und überrascht!

Veröffentlicht am 16.02.2018

Von tiefer Trauer zu einem hoffnungsvollen Neuanfang

Nur zusammen ist man nicht allein
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Mike Gayles Roman erzählt von der Schwierigkeit, Abschied zu nehmen und einen Neuanfang zu wagen, ohne dabei die schönen Erinnerungen zu verlieren. Mit „Nur zusammen ist man nicht allein“ ist ihm eine ...

Mike Gayles Roman erzählt von der Schwierigkeit, Abschied zu nehmen und einen Neuanfang zu wagen, ohne dabei die schönen Erinnerungen zu verlieren. Mit „Nur zusammen ist man nicht allein“ ist ihm eine wunderschöne, mal leichte, mal traurige Geschichte gelungen. Dabei driftet sein Schreibstil nicht ins Schnulzige ab, sondern hält auch immer wieder Überraschungen bereit und vergisst den Humor nicht.

Tom und Linda – beide verlieren den wichtigsten Menschen in ihrem Leben: Laura, geliebte Ehefrau, Mutter und Tochter. Jäh hat ein tragischer Unfall das Leben der Familie Hope verändert. Laura stirbt und lässt ihren Mann Tom, ihre beiden Töchter Evie und Lola, wie auch ihre Mutter Linda zurück. Während Tom seinen Schmerz über den Verlust mit Arbeit überdeckt und sich aus der Familie zurückzieht, versucht Linda alles zusammenzuhalten und stellt ihre eigenen Bedürfnisse hinten an. Eines Tages beschließt Linda, der Einladung ihrer Freundin Moira nach Australien zu folgen. Viele zu lange schon, hat sie Tom alle Verantwortung für ihre Enkelinnen abgenommen und er hat den Bezug zu seinen Töchtern fast gänzlich verloren. Tom fühlt sich von Linda im Stick gelassen und ist wütend auf sie. Doch er hat das Glück, dass sein Boss verständnisvoll reagiert und ihn für ein halbes Jahr freistellt. Zuhause erwartet ihn eine völlig neue Aufgabe: der Alltag mit Evie und Lola, die ihre ganz eigenen Teenagerprobleme haben und Tom hat keine Ahnung, wie er damit klarkommen soll. In Australien genießt Linda ihre freie Zeit voller Unternehmungen mit ihrer Freundin Moira und es erwartet sie so manche Überraschung.

Liebevoll erzählt der Autor von der überwältigenden Trauer einer Familie, die ein wichtiges Familienmitglied verloren hat. Dabei geht jeder ganz anders damit um: Tom verdrängt seinen Schmerz und Linda hat gar keine Zeit zu trauern. Ein wunderbares Stilmittel dieses Buches besteht darin, dass der Autor sowohl Tom als auch Linda ihre gemeinsame Geschichte erzählen lässt. So bekommt der Leser einen schönen Eindruck von den unterschiedlichen Gefühlen und es entsteht einen ganz besondere Verbundenheit zwischen Tom und Linda. Die Zerrissenheit von Linda wird ganz deutlich, dass sie in Australien – so weit weg von ihren Lieben – immer wieder in ihr altes Muster zu fallen droht und durch ihre wunderbare Freundin Moira geschickt zurückgeholt wird. Tom wirkt in seiner Hilflosigkeit, aber auch in seiner Unsicherheit und Wut absolut authentisch und sympathisch. Der Autor vermittelte mir stets das Gefühl, der Familie ganz nah zu sein und mit ihr lachen und weinen zu können. Denn der Humor kommt bei aller Tragik nicht zu kurz und macht die Geschichte zu einem wunderbaren Roman, der leicht und schnell zu lesen ist. Auch das Ende hat mich überzeugt und der Familienname Hope ist wunderbar passend gewählt. Das farbenfrohe Cover rundet den Roman gekonnt ab.

Veröffentlicht am 07.02.2018

Ein fesselnder Roman in ungewöhnlicher Sprache

Löwenblut
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Bei dem historischen Roman „Löwenblut“ handelt es sich um die Fortsetzung von „Blutföhre“. Auch wenn ich den Vorgänger nicht gelesen habe, fiel es mir nicht schwer, der Geschichte um den letzten Staufer ...

Bei dem historischen Roman „Löwenblut“ handelt es sich um die Fortsetzung von „Blutföhre“. Auch wenn ich den Vorgänger nicht gelesen habe, fiel es mir nicht schwer, der Geschichte um den letzten Staufer zu folgen.

Heiliges Römisches Reich:
Im Jahre 1268 steht das Leben des letzten Staufers, des 16jährigen Konradin, auf dem Spiel. Er gerät in die Mühlen der Politik und des Machtmissbrauchs der Kirche unter der Führung von Papst Clemens IV. Dabei stellt Konradin für die Menschen die Hoffnung auf Frieden dar. Er ist der letzte aus dem Geschlecht der Staufe und hat mit seiner strategischen Begabung bereits eine wichtige Schlacht für sich entschieden. Doch das Blatt wendet sich, denn Papst Clemens IV unterstützt den Franzosen Charles D’Anjou und stürzt damit das Volk und den Adel in eine Katastrophe. Denn Charles überzieht das Land mit Hass, Krieg und dem absoluten Siegeswillen. Dabei geht er äußerst brutal und rücksichtslos vor. Unausweichlich steuert das Reich auf einen Machtwechsel zu und Konradins Tod ist bereits beschlossen und unausweichlich. Am Hofe seines Onkels Ludwig – der Strenge - lebt die Hofdame Cäcilia, die diesen berät und zwischen ihren Pflichten und ihrer Liebe zum Ritter Georg hin- und hergerissen ist. Vielen Männern ist sie ein Dorn im Auge, weil sie so klug und stark ist. Im Laufe des Romans offenbart sich mit aller Macht die Grausamkeit des Krieges und des Hasses und doch blitzt dazwischen Leidenschaft und der Funken der Liebe auf. Trotzdem kocht jeder Protagonist sein eigenes Süppchen. Letztlich verfolgen sowohl Charles D’Anjou als auch Papst Clemens VI nur ein Ziel: die völlige Ausrottung des Geschlechts der Staufer!

Anfangs war ich sehr überrascht vom Schreibstil, der gewöhnungsbedürftig daher kam. Doch ich habe mich schnell daran gewöhnt und konnte das Buch zeitweise kaum aus der Hand legen, weil es so spannend war. Zudem passt der Schreibstil gut zu einem historischen Roman. Der geschichtliche Hintergrund ist gründlich recherchiert und der Anhang hilft auch, sich in der Zeit zurechtzufinden und mit den Charakteren klar zu kommen. Die Rolle der Kirche in der Person des Papstes Clemens IV innerhalb der Geschichte um den letzten Staufer hat mich wirklich wütend gemacht. Folgendes Zitat ist mir dabei sehr unangenehm in Erinnerung geblieben „Und, Aquin? Was scheren mich Kinder.“ In diesem Roman gefallen mir vor allem die vielen starken Frauen, die unbeirrt ihren Weg gehen und das in einer Zeit, in der die Männer regieren und eindeutig das Sagen haben. Friggerl, die weise, alte Frau, die noch um die alten Bräuche und Weltanschauung weiß, ist mir sehr sympathisch. Und dann natürlich Cäcilia, die geradeheraus sagt, was sie denkt und ihren eigenen Lebensweg verfolgt. Ihre Liebe zu Georg ist ihr dabei immer wieder im Weg und trotzdem lässt sie sich nicht davon abbringen, ihre Meinung kundzutun und vor allem Ludwig mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Neben Clemens IV fällt der Widerling Charles D’Anjou auf. Gnade kennt er genauso wenig wie Mitgefühl und so mordet er sich bis zum Thron durch und das alles mit der vollen Unterstützung der Kirche. Der Titel bezieht sich auf das Wappen der Staufer: der Löwe! Mir hat die Reise ins Mittelalter mit all ihrem Schrecken, aber auch den kleinen Hoffnungsschimmern gut gefallen. Das Cover ist schön gewählt und rundet den Roman wunderbar ab. Monika Pfundmeier ist eine sehr emotionale Aufarbeitung der Geschehnisse um Konradins Tod gelungen. Die erfundenen Personen – wie Cäcilia, Albrecht und Georg – passen sich gut in die Geschichte ein und könnten durchaus so gelebt haben. Ein Zitat aus dem Roman hat mich besonders beeindruckt, als Konradin zu Thomas von Aquin folgendes sagt: „Betet für die, die nach mir sind. Verbrennt Eure Schrift, wenn das Leben Euch etwas bedeutet. Kein Krieg ist gerecht. Kein Gott kann das Morden erlauben. Kein Gott kann die Vernichtung von Leben wollen.“ Treffender könnten diese Worte in der heutigen Zeit kaum sein. Monika Pfundmeier hat mich mit ihrem Roman mitgerissen und mir die Geschichte um den letzten Staufer durch die lebhaften Beschreibungen von Orten, Handlungen und den Charakteren so nahe gebracht, dass ich mich im Mittelalter wiederfand und mitgelitten, gebangt und gehofft habe. „Löwenblut“ hat mir viele schöne Lesestunden bereitet und mich voll überzeugt.