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Veröffentlicht am 21.02.2018

Unterhaltsam auf mittlerem Niveau

Fanatisch
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“Fanatisch” ist das neueste Buch von der deutschen Autorin Patricia Schröder. Ein Thriller über eine Entführung, unbekannte Fanatiker und ein Mädchen, das versucht all dem auf den Grund zu gehen — ein ...

“Fanatisch” ist das neueste Buch von der deutschen Autorin Patricia Schröder. Ein Thriller über eine Entführung, unbekannte Fanatiker und ein Mädchen, das versucht all dem auf den Grund zu gehen — ein rasanter Wettlauf gegen die Zeit. Bewegend und unterhaltsam. Mit kleinen Schwächen. Für Jugendliche ab 13 Jahren und interessierte Erwachsene.

Die 17-jährige Nara, deren Eltern aus dem Iran stammen, ist Muslimin. Doch sie wurde in Deutschland geboren und auch wenn ihre Familie kein Schweinefleisch isst und keinen Alkohol trinkt, sind sie doch eher westlich orientiert. Den Gebetsraum im Keller hat Nara seit einigen Jahren schon nicht mehr betreten und wird von ihren Eltern auch nicht dazu angehalten, es zu tun. Momentan steht Naras Leben sowieso ziemlich auf dem Kopf. Sie schwärmt für einen Jungen, namens Tobias, von dem ihre beste Freundin Charlotte allerdings nicht viel hält. “Ich finde, du solltest ihn dir aus dem Kopf schlagen und dich endlich auf Jamie einlassen”, riet sie mir. “No! No! No! No! No!” Ich schüttelte heftig den Kopf. “Vergiss es! Jamie ist mein bester Kumpel.” “Ja. Und er steht auf dich.” “Das ist kompletter Unsinn”, widersprach ich halbherzig, denn im Grunde wusste ich es besser.” (Zitat aus “Fanatisch” S.16ff) Charlotte hält Tobias für einen Freak und hat üble Gerüchte Patricia Schröder - Fanatischüber ihn gehört. Doch sich auf Jamie einzulassen, das will Nara auf keinen Fall. Sie beide verbindet eine besondere Geschichte und sie will ihre zeitweilige On-Off-Freundschaft nicht aufs Spiel setzen. Zudem sieht sie in Jamie eher einen guten Freund, als einen Partner. Aber dann überschlagen sich plötzlich die Ereignisse: Jamie macht ihr tatsächlich eine Liebeserklärung, ihre beste Freundin verschwindet und Nara erhält einen seltsamen Zettel, auf dem Folgendes steht: “Stelle dich niemals gegen den göttlichen Willen! Es könnten furchtbare Dinge geschehen.” (Zitat S.24) Die Liebeserklärung kann Nara glücklicherweise abwehren, Charlotte taucht auch wieder auf (sie hatte jemanden kennengelernt), aber von den Botschaften des Unbekannten erhält sie noch eine weitere: “Weil du dich nicht an die göttlichen Regeln gehalten hast, musste ein großes Unglück geschehen. Es ist ganz allein deine Schuld.” (Zitat S.36) Kurz darauf ist der Hund ihres kleinen Bruders spurlos verschwunden. Und als er wieder auftaucht, ist er tot. Jemand hat ihm die Kehle durchgeschnitten. In ihrer Not vergräbt Nara das arme Tier im Garten, auch damit ihr kleiner Bruder nichts von dem Schrecklichen mitbekommt. Wer war das? Zusammen mit Jamie versucht sie dem Ganzen auf die Schliche zu kommen. “Wer auch immer das ist”, wiederholte er [Jamie] meine Worte, “Er scheint dich und dein Umfeld ganz genau zu beobachten.” Eine plötzliche Eiseskälte stieg in mir auf und zog mir die Eingeweide zusammen. “Du meinst, allesPatricia Schröder - Fanatisch, was er zukünftig tut, hängt davon ab, wie ich mich verhalte?”, presste ich hervor und noch während ich das fragte, wurde mir klar, dass es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit genau so war.” (Zitat S.52) Als sie eine weitere Nachricht des Unbekannten mit einem Treffpunkt und einer Uhrzeit erhält, will Nara eigentlich alleine dorthin gehen. Aber Jamie möchte sie unbedingt begleiten. In einem Hinterhof ist er auf einmal weg und dann liegt da nur noch sein Turnschuh auf dem Boden. Sekundenspäter ein Schlag von hinten und Nara wird bewusstlos. Die nächsten sechs Tage erlebt sie Furchtbares. Doch sie wird wieder freigelassen und der Maskierte lässt sie mit folgenden Worten ziehen: “Die nächsten sechs Tage wirst du schweigen. Du wirst keinen Besuch empfangen oder mit irgendjemandem über das Internet Kontakt aufnehmen.” Er versenkte eine Hand in seiner Hosentasche und zog ein Handy und ein Ladekabel daraus hervor. “Darüber erhältst du weitere Anweisungen. Solltest du dich nicht an meine Vorgaben halten, töte ich deinen Bruder.” (Zitat S.187) Mit ihr wurden auch fünf andere Mädchen entführt. Auch jene hat man frei gelassen. Auch jene schweigen. So wie Nara. Jedoch bleibt Jamie weiterhin verschwunden. Und obwohl sie eigentlich weiß, dass jeder ihrer Schritte beobachtet wird, versucht Nara nun das Unmögliche: Jamie und ihre Familie zu retten…

Patricia Schröder - FanatischMit einem schlichten, aber eindrucksvollen Cover gestaltet, beginnt “Fanatisch” mit einem biblischen Zitat und einem Zeitungsartikel, der bereits offenbart, was sich nach der Entführung ereignet hat: die Mädchen schweigen. Keiner kann sich erklären, was passiert ist. Weder Polizei noch Angehörige. Auch der Leser nicht, der bald darauf in den Handlungsstrang der 17-jährigen Nara eintaucht, die in der Ich-Perspektive erzählt. Die Handlung setzt vor der Entführung ein und wird mit Datumsangaben vor jedem Kapitel versehen. Zwischendurch erscheinen immer wieder kurze Einschübe einer “Du”-Perspektive und später auch einer “Er”-Perspektive, die man aber relativ schnell einer bestimmten Person zuordnen kann. Während der Entführung sind die Kapitel in Tage eingeteilt, die Überschriften wie zum Beispiel “1.Tag: Hungernde Speisen”, “2.Tag: Durstigen zu trinken geben” und “3.Tag: Fremde aufnehmen” zeigen. Religiöse Bezüge werden offensichtlich, die sechs Gaben der Barmherzigkeit, aber auch Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus spielen in Patricia Schröders Thriller eine zentrale Rolle. Das einzelne Kreuzsymbol zwischen den einzelnen Absätzen ist optisch und inhaltsbezogen hierbei gut gewählt. Die Sprache ist einfach und sehr flüssig und vor allem Patricia Schröder FanatischEmotionen werden zum Teil sehr bildhaft beschrieben: “Stramme, scharfkantige Fesseln schnitten mir in die Haut. Panik sprang mich an wie ein wildes Tier, das sich in meinem Nacken festkrallte, meine Kehle umklammerte und mir die Luft abschnürte.” (Zitat S.91) Dennoch muss ich spannungstechnisch zugeben, hat mich die Geschichte — am Anfang und auch während der Entführung — irgendwie nicht richtig packen können. Interessant und unterhaltsam ja, aber es fehlte irgendwie dieses Gefühl: “Ich muss jetzt unbedingt wissen, wie es weitergeht…”. Auch nervten die Liebesfaseleien unter den Freundinnen am Anfang ein wenig: “Erstens bin ich noch lange nicht so weit, eine Beziehung zu beginnen. Ich weiß ja nicht mal, ob er mich überhaupt interessant findet…” […] “Und zweitens?”, half sie mir auf die Sprünge. “Gibt es keinen Grund, weshalb ich deinetwegen verzichten müsste.” “Doch”, sagte sie lächelnd. “Erstens war ich zuerst verliebt…” Aha. “Und zweitens?” “Sind Magnus und ich schon sehr viel weiter als du und Tobias. Außerdem hast du immer noch Jamie.” (Zitat S.61) und das Liebesgeständnis von Jamie kommt doch sehr kitschig herüber: “Nara, was muss ich tun, damit du endlich den in mir siehst, der ich für dich sein will? […] Ich bin nicht einfach nur dein Freund, Nara. Schon lange nicht mehr. Mir hat bisher einfach nur der Mut gefehlt, es dir zu zeigen. […] Mir ist klar, dass ich die weggetan habe”, stamPatricia Schröder - Fanatischmelte er. “Damals, als ich… als wir… und jetzt habe ich Angst, dass du… Ach, Scheiße, verdammt!” Jamie rutschte auf den Boden hinunter und ging vor mir auf die Knie. “Ich liebe dich, Nara!” (Zitat S.28ff) Nach der Entführung, als Nara dann allmählich zu agieren beginnt, fühlte ich mich schon besser unterhalten und geriet in diesen typischen Lesesog, der mir am Anfang einfach gefehlt hat. Auch wenn manche Szenen doch etwas weniger Ausrufezeichen hintereinander hätten vertragen können Das Ende hat mich dann doch sehr überrascht, da hätte ich nicht mit gerechnet! Und verdient auf alle Fälle einen fetten Pluspunkt.
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Fazit: Unterhaltsam auf mittlerem Niveau, für Krimi-Einsteiger ideal. Mit einem besonderen, unerwarteten Ende!

Veröffentlicht am 15.12.2017

Wenn du ein Buch liest und plötzlich ein Deja vu Erlebnis hast...

Und du kommst auch drin vor
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“Und du kommst auch drin vor” ist der neueste Roman der russisch-deutschen Autorin Alina Bronsky und erzählt die Geschichte eines Mädchen, das sich auf einer Autorenlesung in einem Buch wiedererkennt. ...

“Und du kommst auch drin vor” ist der neueste Roman der russisch-deutschen Autorin Alina Bronsky und erzählt die Geschichte eines Mädchen, das sich auf einer Autorenlesung in einem Buch wiedererkennt. Ein Buch über Schicksal, Freundschaft und die Suche nach der eigenen Identität. Turbulent, unterhaltsam und locker erzählt. Für Jugendliche ab 11 Jahren und Wenig-Leser bestens geeignet.

Berlin. Kim und Petrowna sind beide 14 Jahre alt. Und schon seit der Grundschule beste Freundinnen. “Wir sitzen seit dem ersten Schultag nebeneinander. In der allerersten Pause unseres Lebens haben wir uns geprügelt. […] Meine Mutter rief sofort die Klassenlehrerin, die Schulleiterin und die Schulpsychologin an und prophezeite, dass Kinder wie Petrowna mit dreizehn auf dem Straßenstrich landen. Am dritten Schultag haben wir aufgehört, uns zu prügeln, und sind seitdem unzertrennlich.” (Zitat S.6) Nur nach Hause darf Kim ihre beste Freundin nicht einladen. Petrowna, die eigentlich Erna heißt — so aber nicht genannt werden will und lieber ihren Zweitnamen verwendet — stammt aus ärmlichen Verhältnissen und einer scheinbar kriminellen Familie, ist aber Alina Bronsky - Und du kommst auch drin vorhochintelligent und schreibt die besten Noten. Kim, die eher etwas unscheinbarer ist, orientiert sich da oft an den Aufschrieben ihrer Freundin. In Kims Leben ist es auch gerade nicht ganz so rosig. Ihre Mutter ist auf dem Diät-Trip, der Vater ist ausgezogen und hat eine neue Freundin, die zudem auch noch schwanger ist. Darum staunt das Mädchen nicht schlecht, als sie auf einer Autorenlesung, die sie mit ihrer Schulklasse besuchen, plötzlich ihre eigene Geschichte hört: ”…ich konnte es nicht fassen. Was diese Leah Eriksson da nuschelte, handelte von mir. Von meiner Familie. Von meinem Leben. Von meinen Gedanken. Es kamen andere Namen drin vor und ein paar unwichtige Details stimmten nicht. Aber der Rest war ich.” (Zitat S.8) Wie kann das sein? Woher kennt die Autorin diese Details aus ihrem Leben? Kim, die es mit dem Lesen eigentlich nicht so hat, beschließt sich das Buch zu kaufen und weiterzulesen:
“Das Buch erzählte, wie es in meinem Leben weitergehen würde. Ich wollte das nicht wissen. Es gab noch einen Funken Hoffnung, dass diese Leah sich irrte. Aber mit so vielen Sachen hatte sie recht. Sie beschrieb mich, darin gab es gar keinen Zweifel. Und wie war mir voraus. Ich kämpfte gegen den Wunsch, das Buch hinten aufzuschlagen und das Ende zu lesen.” (Zitat S.24)
Denn am Ende wird es einen Toten geben. Und das muss Kim unbedingt verhindert…

“Und du kommst auch drin vor” ist eine Geschichte, die in einem sehr lockeren, leichten Erzählton geschrieben ist, fast schon ein bisschen lakonisch. Die Sprache ist einfach und schlicht, aber der Text ist sehr flüssig zu lesen. Ein Buch, das man gut mal so runterlesen kann. Die Grundidee ist gelungen, die zum Teil lapidare Berliner-Teenager-Art der Protagonistinnen gut getroffen, auch die humorvollen Untertöne kommen auf die genau richtige Art zum Vorschein. Jedoch muss ich gestehen — auch wenn der Roman unterhaltsam war — so wahnsinnig umgehauen oder gepackt hat mich die Geschichte nicht. Sie blieb zu sehr an der Oberfläche und das Ende wirkte zu unausgereift. Auch mit der Altersangabe der Protagonistinnen schien sich der Verlag nicht ganz so einig gewesen zu sein, auf dem Klappentext taucht das Alter 15 auf, im Buch selbst ist von 14 Jahren die Rede. Auch auf einschlägigen Internetseiten, die mit Inhaltsangaben werben, taucht mal das eine, mal das andere Alter auf. Das Cover wirkt auffällig und passend für die Zielgruppe.

Fazit: Nette Unterhaltung für Zwischendurch.

Veröffentlicht am 14.12.2017

Ich warne dich...!

Sag nie ihren Namen
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“Sag nie ihren Namen” des englischen Autoren James Dawson erzählt die Legende der “Bloody Mary” auf seine ganz eigene Art und Weise und entführt seine Leser in ein Mädcheninternat. Ein schön schauriger ...

“Sag nie ihren Namen” des englischen Autoren James Dawson erzählt die Legende der “Bloody Mary” auf seine ganz eigene Art und Weise und entführt seine Leser in ein Mädcheninternat. Ein schön schauriger Horrorthriller, der souverän erzählt ist. Nun neu als Taschenbuch erschienen. Für Jugendliche ab 14 Jahren und interessierte Erwachsene.

England. Piper’s Hall. Ein Mädcheninternat in einem gruselig wirkenden Schloss. Selbst die Einwohner des naheliegenden (fiktiven) Ortes Oxsley wollen nichts mit den als Zicken verschrienen Mädchen zu tun haben. Eine heimliche Runde Jugendlicher — fünf Mädchen und zwei Jungs, die sich eingeschlichen haben — haben sich an Halloween zusammengefunden. Die 16-jährige Roberta, die von allen Bobbie genannt wird, hat sich von ihrer besten Freundin Naya überreden lassen, an dem Treffen teilzunehmen. Eigentlich hat sie mit Jungs ja nicht so viel am Hut, aber einer der beiden — Caine -, den Oberzicke Grace mitgebracht hat, hat es ihr irgendwie angetan. Nachdem ein paar Gruselgeschichten die Runde machen, beschließen die Jugendlichen den Geist der “Bloody Mary” zu rufen, um den sich viele Legenden ranken. Sadie — ein Mädchen der Gruppe — behauptet, dass eben jene Mary Worthington eine Schülerin von Piper’s Hall gewesen sein soll, die sich hier erhängt hatte. Es sind schließlich Caine, Bobbie und Naya,die mutig genug sindJames Dawson - Sag nie ihren Namen, sich in einem Waschraum vor den Spiegel zu stellen und fünf Mal ihren Namen zu nennen. Angeblich soll das den Geist der Toten heraufbeschwören. Diejenigen, die dies bereits in der Vergangenheit getan haben, sollen kurze Zeit danach spurlos verschwunden sein. Nach ein wenig Gruselei und Gelache trennen sich die Jugendlichen voneinander und gehen alle ins Bett. Doch am nächsten Morgen beginnen schon die Ungereimtheiten: Bobbie findet nach dem Duschen einen Schriftzug auf dem beschlagenen Spiegel: “Noch fünf Tage”. Dann auf einmal haben sie, Naya und Caine gleichzeitig Nasenbluten. Und Bobbie sieht verschwommen wie ein irgendwie seltsames Mädchen ihre Brille klaut. Ein Mädchen, um dessen Körper herum sich auf dem Boden eine Lache von Flüssigkeit befindet. Der Boden, der kurze Zeit danach wieder komplett trocken ist. Ist es etwas Mary? Dann fangen auch noch die Alpträume an und ein Mädchen aus ihrer Gruppe verschwindet urplötzlich. Es ist Sadie. Sie hat “Bloody Mary” wohl ein paar Tage zuvor schon herbeigerufen. Fünf Tage zuvor. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt für Bobbie, Naya und Caine…

“Sag nie ihren Namen” beginnt mit einem unheilvollen Prolog, der das Verschwinden eines Mädchens und “Bloodys Mary’s” Rolle hierbei hervorhebt. Der anschließende Hauptteil wird durchgehend aus Bobbies Sicht erzählt. Die Sprache ist einfach und teilweise recht jugendsprachlich, was mir nicht immer gefallen hat, aber auch an der Übersetzung liegen könnte. Manche Metaphern sind auch ein wenig überzogen. Ansonsten liest sich der Thriller sehr flüssig und gut. Man geht mit der Protagonistin auf Spurensuche und darf sich auf ein dramatisches Ende freuen. Auch eine kleine Liebesgeschichte ist in das Buch integriert, die neben jeder Menge Grusel und nervenaufreibenden Momenten, noch für ein klitzekleines bisschen Romantik sorgt. Insgesamt gesehen eine unterhaltsame Lektüre, die für Gänsehaut sorgen wird!

Veröffentlicht am 26.03.2018

Potential leider nicht ganz ausgeschöpft

Vertrauen und Verrat (Kampf um Demora 1)
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“Vertrauen und Verrat” von der amerikanischen Autorin Erin Beaty ist der erste Teil einer neuen Fantasy-Trilogie namens “Kampf um Demora”. Es entführt seine Leser in ein fernes Reich, in dem es neben kriegerischen ...

“Vertrauen und Verrat” von der amerikanischen Autorin Erin Beaty ist der erste Teil einer neuen Fantasy-Trilogie namens “Kampf um Demora”. Es entführt seine Leser in ein fernes Reich, in dem es neben kriegerischen Kämpfen auch eine Verkupplungstradition gibt, durch welche adelige, junge Frauen ihre zukünftigen Partner finden sollen. Eine Geschichte über die Liebe, Spionage und Intrigen. Ein opulentes Werk mit einem faszinierenden Plot. Unterhaltsam, aber mit Schwächen. Für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

Im Reich Demora, in einer fernen Zeit. Die Eltern der 16-jährigen Sage leben nicht mehr. Jetzt wohnt das Mädchen bei ihrem Onkel und ihrer Tante. Und unterrichtet deren Kinder nebenbei, was ihr besonders viel Freude bereitet. Auch ihr Vater, der Falkner war, und mit dem Sage früher oft durchs Land gereist ist, hat ihr immer gerne etwas beigebracht. Doch jetzt will ihr Onkel — ein Adeliger — dass sie bei einer Kupplerin vorstellig wird, um sich verheiraten zu lassen. “Sage rang um Worte. Die Hohe Kupplerin nahm nur Kandidatinnen auf, die adlig, reich oder außergewöhnlich waren. Und Sage war nichts von alledem. “Aber warum sollte sie mich akzeptieren?” “Weil du Erin Beaty - Vertrauen und Verratunter meiner Obhut stehst.” Onkel William faltete lächelnd seine Hände auf dem Tisch.” (Zitat S.12) Ein stolzes Sümmchen hat er dafür gezahlt und ob Sage will oder nicht, sie muss zum Vorstellungsgespräch der Kupplerin. Doch mit einem Mann verheiratet zu werden, den sie nicht kennt und liebt, das kann sich das junge Mädchen überhaupt nicht vorstellen. Und trotz ersten Bemühungen jede Frage erwartungsgemäß zu beantworten, rückt Sage schließlich mit der Wahrheit heraus und macht alles zunichte. Die Kupplerin schickt sie weg. Umso überraschter ist Sage jedoch, dass diese ihr schließlich eine Lehre bei ihr anbietet: “Du bist intelligent und ehrgeizig, wenn auch noch nicht übermäßig geschickt. Dein Aussehen ist gefällig, aber du bist keine Schönheit, die Männern den Verstand raubt. Ich muss nächstes Jahr das Concordium bestücken, und für die Auswahl der besten Anwärterinnen könnte ich ein bisschen Hilfe gebrauchen. Und schließlich und endlich kannst du mir nicht in den Rücken fallen, weil du selbst nicht die Absicht hast zu heiraten.” (Zitat S.40ff) Das Mädchen willigt ein und beginnt auf ihrer Reise in die Hauptstadt, in die sämtliche Kandidatinnen überführt werden sollen auch die Soldaten, die sie eskortieren, auszuspionieren. Doch es herrschen Unruhen im Land und die Gefahr droht nicht nur von feindlichen Gegnern, die ihr verlorenes Land zurückzuerobern wollen, sondern auch an der eigenen Front. Denn Sage, die niemals heiraten wollte, verliebt sich…

Erin Beaty - Vertrauen und VerratBildhübsch ist es — das Cover von “Vertrauen und Verrat” und zieht wahrlich die Blicke auf sich. Der Einstieg gelingt mühelos und der Plot von dem Mädchen, das in die Lehre einer Kupplerin geht und alle anderen ausspionieren darf, ist wirklich gelungen. Auch mehr über die Hintergründe des Systems der Kupplerin zu erfahren, liest sich sehr interessant: “Häufig wussten die Paare nur sehr wenig übereinander, bevor sie heirateten. Ein unbelasteter Start ins Eheleben wurde als vorteilhaft angesehen. Sage verabscheute dieses Konzept, ebenso wie ihr Vater es getan hatte, aber angeblich wurden die Paare auf der Basis ihres Temperaments zusammengestellt, selbst dann, wenn es um hochpolitische Hochzeiten ging wie jene, die beim Concordium vereinbart wurden.” (Zitat S.26ff) Der Roman wird aus mehreren Perspektiven erzählt und man merkt dem Inhalt — den militärischen Einzelheiten, Strategien und Kämpfen — definitiv an, dass die Autorin Erin Beaty für die US-Marine gearbeitet hat. Jedoch muss ich gestehen, dass ich die Geschichte zwar unterhaltsam fand, aber leider nicht ganz so fesselnd, wie es das Cover suggeriert. Die Intrigen wirken manchmal etwas aufgesetzt und es gibt einen inhaltlichen Punkt, bei dem ich persönlich mit etwas ganz Anderem rechnete — dessen Einleitung eigentlich auch so funktioniert, dass man genau Erin Beaty - Vertrauen und Verratdas erwartet — und dieser Punkt dann gar nicht zutrifft. Eine enttäuschte Leseerwartung meinerseits mit anfangs einer eher etwas blässlichen, männlichen Hauptperson. Ich habe das Buch eigentlich nach circa 300 Seiten weglegen und nur noch so überblättern wollen, habe es dann aber doch weitergelesen, bis ich auf eine äußerst überraschende Wendung stieß, die das Ganze glücklicherweise doch noch in ein ganz anderes Licht taucht. Im letzten Teil der Geschichte spürt man dann wieder genau das, was am Anfang leider etwas fehlte: Dramatik, Spannung und Romantik. Und eine sympathische Heldin, die mit Intelligenz, Stärke und Mut zu überzeugen weiß.

Fazit: Ein vielversprechend klingendes Buch, das sein Potential für mich leider nicht ganz ausschöpft und erst auf den “zweiten Blick” gefällt.

Veröffentlicht am 15.12.2017

Leider einige inhaltliche Schwächen

Die Seele meiner Schwester
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“Die Seele meiner Schwester” von der amerikanischen Autorin Trisha Leaver ist ein Thriller über eine Schwesternbeziehung. Eine Geschichte über einen unerwarteten Identitätstausch, ein großes Geheimnis ...

“Die Seele meiner Schwester” von der amerikanischen Autorin Trisha Leaver ist ein Thriller über eine Schwesternbeziehung. Eine Geschichte über einen unerwarteten Identitätstausch, ein großes Geheimnis und die Suche nach der Wahrheit. Flüssig und unterhaltsam geschrieben. Für Jugendliche ab 13 Jahren und für interessierte Erwachsene.

Sie sind Zwillingsschwestern. Ella und Maddy. Optisch sind sie nur durch einen klitzekleinen Leberfleck an der Stirn zu unterscheiden. Charakterlich trennen sie jedoch Welten voneinander. “Maddy trug Röcke und Stöckelschuhe und glättete sich die Haare, ich trug am liebsten Jeans und T-Shirt und Pferdeschwanz. Sie ging freitagabends auf Partys und ließ keinen einzigen Schulball aus. Ich saß mit Mikrowellen-Popcorn auf der Couch und guckte mittelmäßige Horrorfilme.” (Zitat S.11). Ella ist ruhig und introvertiert, schreibt gute Noten und liebt das Zeichnen. Ihre Bewerbung für eine Kunsthochschule hat sie gerade eingereicht. Maddy hat Unmengen an Freunden, einen festen Freund namens Alex und ist in der Schule eher mittelmäßig. Auch wenn sie viel Ärger macht, schafft sie es irgendwie immer sich aus der Affäre zu ziehen. Sie weiß genau, was sie sagen muss und wie sie sich verhalten muss, um ihren Willen zu bekommen. Auch Ella überredet sie ab und zu — wenn sie mal wieder für eine Klausur nicht richtig gelernt hat — für sie “einzuspringen” und sich als ihre Zwillingsschwester auszugeben: “Inzwischen war ich so gut darin, Maddy zu spielen, dass noch nicht mal ihre Freunde etwas merkten. Ich behielt meine Haare so lang wie sie und hörte auf, mir pinke Strähnen zu färben, damit ich ihr ähnlicher sah. Ich bekam auch ihre Stimme hin, wusste genau, wie ich sie heben und senken musste, um ihren sarkastischen Ton zu treffen.” (Zitat S.10ff)
So lässt sich Ella auch dazu breitschlagen ihre Schwester eines Nachts von einer Party abzuholen. Doch irgendetwas ist anders mit Maddy an diesem Abend: ihre Stimme und dass sie weint und abseits der Gäste draußen in der Dunkelheit sitzt, obwohl es regnet und sie ganz nass wird. Ella gibt Maddy Teile ihre Kleidung, bevor sie heimfahren. Sie streiten sich, ehe Ella die Kontrolle über den Wagen verliert und sich ein Unfall ereignet, bei dem Maddy ihr Leben verliert. Und Ellawird für Maddy gehalten. Das Trisha Leaver Die Seele meiner SchwesterMuttermal an ihrer Schläfe: durch Scherben und Nähte nicht mehr erkennbar. Und so trifft Ella eine folgenschwere Entscheidung: “Wenn sie wollten, dass Maddy lebte, dann würde ich dafür sorgen, dass sie es tat. Maddy verdiente die Chance zu leben, glücklich zu sein. Die Chance hatte ich ihr mit meinem wütenden Herumreißen des Lenkrads genommen. […] Ich würde es wieder gutmachen, für sie, für meine Eltern, für Alex. Ich würde mich selbst begraben und Maddy mein Leben schenken.” (Zitat S.75) Doch bald merkt sie, dass ihr Plan gar nicht so einfach ist. Denn Maddy hatte ein dunkles Geheimnis…

“Die Seele meiner Schwester” beginnt mit einem Prolog, der bereits deutlich macht, was Ella getan hat und mit welchen Schwierigkeiten sie nun rechnen muss: “Ich will Frieden schließen mit meiner Entscheidung, aber Maddys Geheimnis verfolgt mich. Hinten in ihrem Schrank sind die dunklen Seiten ihres Lebens versteckt, und niemand außer mir kann sie sehen. Sie war nicht die, für die ich sie gehalten habe, aber das ist egal. Maddy war meine Schwester, meine Zwillingsschwester, und ich werde alles für sie tun, auch wenn das heißt, mich selbst zu verlieren.” (Zitat S.5)
Die Grundidee in dem Roman, der durchgehend aus Ellas Sicht in der Ich-Perspektive geschrieben ist, ist gelungen. Die Sprache ist einfach und der Erzählstil sehr flüssig. Am Anfang wirken die Charaktere leider etwas klischeehaft, aber die Entwicklung jener wird schließlich glaubhafter und etwas greifbarer. Das Buch berichtet nicht nur von den aktuellen Ereignissen, sondern gibt auch immer wieder Erinnerungen an Ellas und Maddys gemeinsame Vergangenheit preis. Die Spannung hält sich auf einem mittleren, aber angenehmen Niveau — eine Geschichte, die man mal gut in einem Zug durchlesen kann. Ein wenig unglaubwürdig kam mir jedoch folgende Szene vor: als “Maddy” sich an den Lieblingsplatz ihrer Schwester zurückzieht (in einem Treppenhaus) und zu zeichnen anfängt. Etwas, was Maddy eigentlich nicht besonders gut konnte und besonders Ella auszeichnete:

“Ich war so versunken in meine Zeichnung, dass ich richtig zusammenzuckte, als es plötzlich klingelte. Die Tür ging auf und die wenigen Leute, die dieses Treppenhaus benutzen, liefen an mir vorbei. Ich ignorierte sie, konzentrierte mich auf das Blatt vor mir…” (Zitat S.148)

Wie kann sie riskieren sich so leicht dabei erwischen zu lassen? (was ja dann auch geschieht) Auch ihre Verhaltensweisen ihre Schwester zu imitieren, erscheinen mir manchmal nicht besonders bemüht. Das Ende wird dann zum Glück wieder richtig schön dramatisch, emotional und nervenaufreibend!

Das amerikanische Cover fand ich übrigens sehr gelungen. Schade, dass der Kosmos Verlag das nicht übernommen hat. Das deutsche wirkt einerseits faszinierend, andererseits für mich — farblich gesehen — leider auch etwas antiquiert.

Fazit: Abgesehen von ein paar inhaltlichen Schwächen ist “Die Seele meiner Schwester” ist ein Buch, das man mal gut so runterlesen kann.