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Veröffentlicht am 06.04.2018

Kleine Lissie

Das Böse, es bleibt
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Die junge Marlene flieht vor ihrem Mann. Im vereisten Winter des Jahres 1974 macht sie sich mit dem Auto auf durch eine unwirtliche Gegend in Südtirol. In dem beginnenden Schneesturm kommt sie mit ihrem ...

Die junge Marlene flieht vor ihrem Mann. Im vereisten Winter des Jahres 1974 macht sie sich mit dem Auto auf durch eine unwirtliche Gegend in Südtirol. In dem beginnenden Schneesturm kommt sie mit ihrem Wagen von der Straße ab. Als Marlene wieder erwacht, findet sie sich auf dem Erbhof eines Bauern wieder, auf dem nur der Bauer Simon Keller lebt. Zunächst ist Marlene sehr erleichtert, dass ihr nicht mehr passiert ist und dass sie für ein paar Tage bei Simon unterkommen kann. Doch je länger sie sich in der Abgeschiedenheit aufhält, desto unheimlicher wird ihr der Gastgeber. Inzwischen hat auch ihr Mann den Auftrag gegeben, nach Marlene zu suchen.

Hat Marlene nun Glück im Unglück gehabt? Zumindest sieht es erstmal so aus. Alles kann nur besser sein als die Ehe mit einem Mann, der ein Verbrecher ist. Auf diesem einsamen Hof wird sie nicht so schnell gefunden werden. Doch je länger sie mit Simon Keller unter einem Dach ist, desto mehr bekommt sie es mit der Angst zu tun. Oder ist es normal, dass der Bauer mit den Schweinen redet, ihnen Namen gibt und besonders der Sau Lissie zugetan zu sein scheint. Lissie, eine ausgesprochen große Sau, die immer Hunger hat nach ihrem durch Simon liebevoll zubereiteten Nahrungsbrei. Offensichtlich versteht sich Simon mit seinen Schweinen besser als mit den Menschen.

Was recht harmlos mit einer durchaus verständlichen Flucht beginnt, wächst sich zu einem richtigen Schauerroman aus. Marlene muss in großer Gefahr bestehen und man empfindet mit ihr, wenn sie vor Unbehagen und Angst nicht mehr ein noch aus weiß. Gleichzeitig verfolgt man die Suche, die ihr Mann in Auftrag gegeben hat. Und man fragt sich, wie Marlene der Bedrohung entkommen soll. Von allen Seiten scheint Gefahr zu drohen. An einem Punkt wünscht man fast, der Sucher würde der Retter sein, auch wenn er ein Mann des Vertrauens ist, der für seine Kunden abschließende Regelungen herstellt. Sehr gut gelingt es dem Autor, die Spannung langsam aufzubauen. Immer wenn die Rettung nah scheint, tut sich eine neue Gefahr auf, und wenn man meint, nun ist es aus, bietet sich doch ein Ausweg an. Allerdings wird man von diesem Spannungsroman erst gegen Ende hin wirklich gepackt.

Wie gewohnt liest Mathias Koeberlin gekonnt, seine „Süße Lissie, kleine Lissie“ ist schon allein des Hörens wert.

Veröffentlicht am 25.03.2018

Rockstars

Wer andern eine Bombe baut
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Nach einer etwas turbulenten Jugend unter anderem in einer Rockband ist Ray in der Welt der Erwachsenen angekommen. Er ist nun Englischlehrer mit Frau, Kind, Haus und Hypothek. Kann das alles gewesen sein? ...

Nach einer etwas turbulenten Jugend unter anderem in einer Rockband ist Ray in der Welt der Erwachsenen angekommen. Er ist nun Englischlehrer mit Frau, Kind, Haus und Hypothek. Kann das alles gewesen sein? Auch wenn sich die Band damals im Unfrieden getrennt hat, vielleicht könnte man es nochmal versuchen. Doch sein alter Kumpel Simon ist vor drei Jahren bei einem Flugzeugabsturz gestorben. Die von ihren Kollegen gerne unterschätzte Polizistin Angelique de Xavia hat ihren großen Fall, sie wird auf den Terroristen angesetzt, der nie erwischt wurde, Black Spirit nennt er sich.

Schon zu Beginn der Lektüre fallen einige Begriffe und Formulierungen auf, die die Überlegung anstoßen, wann das Buch geschrieben wurde. Ein Blick ins Impressum ist da hilfreich, der Roman wurde im Original bereits im Jahr 2001 veröffentlicht, weitere Nachforschungen ergeben zwar Januar 2001, aber soweit ist man zu beginn noch nicht. Bei dieser Jahreszahl fallen einem aus heutiger Sicht dann natürlich sofort die schrecklichen Ereignisse des 9/11 ein. Sollte der Autor also fast prophetische Worte gefunden haben? Es überläuft einen kalt. Doch ein Blick auf die Autorenseite schafft Aufklärung. Bei Schreiben, das wohl vor dem Attentat stattgefunden hat, hat der Autor an Jugendfreundschaft, Rockmusik und die Anfänge der Computerspiele gedacht. Das erleichtert zwar, wirkt aber doch etwas prosaisch.

Man findet sich wieder in der Welt der Musik der 1980ger, man hatte diese oder jene Band zu mögen, gerne von einem Indie-Label. Man hielt sich gepflegt zurück, wenn man eine Vorliebe für den Mainstream hatte, oder stritt es gleich empört ab. Computer waren etwas Fremdes, was eher die anderen hatten. Aber eine Band, ja, das wäre was gewesen. Auch die Freundschaft zwischen Simon und Ray, die eigentlich keine ist, wird nachvollziehbar. Manchmal sind sie ein wenig ausschweifend die Erläuterungen und die Ausflüge in die Vergangenheit. Und immer wieder kommt einem die heutige Erfahrung, der allgegenwärtig stattfindende Terror in den Weg. So verliert gerade das an Bedeutung, was der Autor im Sinne hatte. Es bleibt eine bitterböse Satire über den kalten Terror der heutigen Zeit, über die Geltungssucht eines Einzelnen und als Silberstreif am Horizont eine coole Polizistin, ein ehemaliger Jugendlicher, der langsam aber sicher bei den Erwachsenen ankommt und zwei Jugendliche, die das gefährliche Abenteuer wagemutig annehmen.

Veröffentlicht am 14.03.2018

Mardi Gras

Höllenjazz in New Orleans
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Ein Mörder geht um in New Orleans. Axeman wird er genannt, weil er seine Opfer mit einer Axt verstümmelt, die er am Tatort liegen lässt. Die Bevölkerung ist in Angst und Schrecken und langsam werden die ...

Ein Mörder geht um in New Orleans. Axeman wird er genannt, weil er seine Opfer mit einer Axt verstümmelt, die er am Tatort liegen lässt. Die Bevölkerung ist in Angst und Schrecken und langsam werden die Menschen auch unruhig, da die Polizei offensichtlich nicht in der Lage ist dem Täter das Handwerk zu legen. Ob das so stimmt, kann nicht gesagt werden. Auf jeden Fall wird von verschiedenen Seiten fieberhaft ermittelt. Natürlich auch durch die Polizeibeamten vornehmlich Michael Talbot, doch auch eine Bearbeiterin der Pinkerton-Detektei begibt sich an eigene Nachforschungen. Und nicht zuletzt der wegen Korruption verurteilte ehemalige Polizist Luca D’Andrea.

Tatsächlich begangen wurden die beschriebenen Mordfälle im Jahr 1919, bis ins letzte Detail gelöst wurde der Fall nie. Daraus ergibt sich ein hervorragender Ausgangspunkt für dieses Phantasieprodukt des Autors Ray Celestin, der hiermit sein Debüt vorlegt. Aus verschiedenen Positionen umkreisen seine handelnden Personen den Fall, der kaum lösbar erscheint, ist doch der Täter bestens informiert und sehr gewieft darin, keine verwertbaren Spuren zu hinterlassen. Auch die Opfer bieten zunächst kaum einen Ansatz für die Ermittler, da tun sich keine Zusammenhänge auf. Doch so unterschiedlich die Ermittler sind, so hartnäckig sind sie auch und nach und nach entsteht aus den vorhandenen Spuren ein Bild.

New Orleans, The Big Easy, kurz nach dem ersten Weltkrieg, der auch dort seine Opfer gefordert hat, eine Stadt der Sünde, des Feierns und des Mardi Gras. Kurz vor Beginn der Prohibition geht es noch einmal hoch her. Allerdings ist man in den Vergnügungsvierteln bereits dabei, sich auf das kommende Alkoholverbot einzustellen. Vor diesem Hintergrund und dem, was über die tatsächlichen Axtmorde bekannt ist, hat der Autor in seinem Erstlingswerk einen spannenden Kriminalfall beschrieben. Mit den wahren Fakten als Rahmen hat er seine Phantasie spielen lassen und drei verschiedene Hauptpersonen mit den Ermittlungen beauftragt. Alle drei haben unterschiedliche Herangehensweisen und erzielen unterschiedliche Ergebnisse, die allerdings ein Gesamtbild ergeben, so dass man mit diesem Roman eine stimmige Lösung erhält. Ein wenig fraglich ist, ob diese unterschiedlichen Ansätze, die kaum eine Bündelung erfahren, nicht etwas zu viel des Guten sind. Viel Sympathie wird allerdings durch das Spiel mit bekannten Namen geweckt und auch die Beschreibung des pulsierenden Lebens in New Orleans kurz vor Beginn der Prohibition ist ausgesprochen anschaulich.

Veröffentlicht am 03.03.2018

Geheimnis Lissabon

Portugiesisches Erbe
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Von einem Anwalt wird Henrik Falkner nach Lissabon gerufen. Der ehemalige Polizist soll in Lissabon das Erbe seines Onkels antreten. Ein Onkel, dessen Existenz in der Familie totgeschwiegen wurde, den ...

Von einem Anwalt wird Henrik Falkner nach Lissabon gerufen. Der ehemalige Polizist soll in Lissabon das Erbe seines Onkels antreten. Ein Onkel, dessen Existenz in der Familie totgeschwiegen wurde, den Henrik nie kennengelernt hat. Falkner ist nicht sicher, ob er das Erbe annehmen wird. Als der das heruntergekommene Haus mit dem verstaubten Antiquitätenladen und den bunt zusammengewürfelten Mietparteien betritt, sträubt sich erstmal alles in ihm dagegen. Um sein Erbe scheint es schlecht zu stehen, doch wieso wird ihm ein ausgesprochen lukratives Angebot für das Gebäude unterbreitet. Zusätzlich deutet die einzige Angestellte des Onkels aus noch an, beim Tod des Verblichenen könne es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein.

Henrik Falkner, von einem schweren persönlichen Verlust gezeichnet, sucht zwar nach einem Neuanfang. Ausgerechnet an Lissabon hat er dabei allerdings nicht gedacht. Sollte sich sein Wunsch nach einer hoffnungsvolleren Zukunft ausgerechnet hier erfüllen. Zur Ablenkung taugen die Ereignisse kurz nach seiner Ankunft alle mal und je tiefer er in die Ermittlung einsteigt, die eigentlich keine sein dürfte, desto engagierter wird er. Falkner merkt, dass er einer brisanten Sache auf die Spur kommt. Am deutlichsten merkt er das daran, dass seine eigene Gesundheit, wenn nicht gar sein Leben in Gefahr gerät.

Dem Autor Luis Sellano merkt man an, dass er sich bei seinen Reisen in die Stadt Lissabon verliebt hat. Liebevoll und stimmig sind seine Beschreibungen der Häuser und malirischen Gassen, der kulinarischen Genüsse. Auch sein Neuankömmling in der Portugiesischen Hauptstadt weckt Sympathie. Durch einen Verlust aus der Bahn geworfen, kann Henrik Falkner seinen Aufenthalt in dieser schönen Stadt zunächst nicht genießen. Bald jedoch nehmen ihn die Geheimnisse, die sein Onkel gehütet hat gefangen, und ein wenig lichtet sich das Dunkel. Dass Henrik dabei reichlich blaue Flecke erntet und ein Ganzteil Haut verliert, wirkt ein wenig unangemessen. Der Fall, der hier aufgerollt wird, wurde durch den Onkel lange mit Schweigen umgeben, warum eigentlich. Man versteht zwar, das Erbe, was weitergegeben wird, aber nicht weshalb der Onkel nicht selbst die Ergebnisse seiner Nachforschungen ans Licht der Öffentlichkeit brachte. Zumindest werden jedoch der Erbe und die Polizistin Helena miteinander bekannt gemacht, um sich weiteren gemeinsamen Enthüllungen widmen zu können.

Ein sympathischer Ermittler und künftiger Antiquar stolpert durch seinen ersten Fall und sammelt seine Gefolgschaft für weitere Abenteuer.

Veröffentlicht am 24.01.2018

Dörfchen

Düsterbruch
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Hochschwanger soll Pia Korittki eher Bürodienst versehen. Als jedoch in dem kleinen Ort Düsterbruch ein Selbstmord gemeldet wird ist Pia sehr froh, mal wieder heraus zu kommen. Gemeinsam mit einem Kollegen ...

Hochschwanger soll Pia Korittki eher Bürodienst versehen. Als jedoch in dem kleinen Ort Düsterbruch ein Selbstmord gemeldet wird ist Pia sehr froh, mal wieder heraus zu kommen. Gemeinsam mit einem Kollegen befragt sie Verwandte, Nachbarn und andere Dorfbewohner. Der Sohn, der eigentlich kurz vor der Hochzeit stand, ist entsetzt. Und die anderen Befragten können sich nicht erklären wieso die alte Dame gerade diesen Zeitpunkt für ihre Tat wählte und erst recht nicht wissen sie, was sie überhaupt dazu gebracht hat. Da sich jedoch keine weiteren Anhaltspunkte ergeben, wird die Untersuchung geschlossen.

Pia Korittki arbeitet durch, das ist schon ungewöhnlich, aber sie tut es auf eigene Verantwortung. Mit dem Mutterschutz weiß sie nichts so recht anzufangen. Und so stürzt sie sich in die Arbeit wie man es von ihr kennt. In einem Dorf sollte doch noch eine heile Welt herrschen. Eigentlich kann niemand den Wunsch haben, sich selbst umzubringen. Schon garnicht in so einem kleinen Ort, wo jeder jeden kennt und die Nachbarschaft zusammenhält und die Menschen sich gegenseitig unterstützen. Dennoch ist es geschehen. Es lässt Pia keine Ruhe, sie will das Geheimnis der alten Frau erfahren. Auch wenn nicht sofort alles nach Plan läuft, als nach einer Weile ein weiterer Toter gefunden wird, geht Pia der Sache auf den Grund.

In ihrem siebten Fall ermittelt Pia Korittki gekonnt und präzise so wie man es von ihr gewohnt ist. Sie versucht hinter die Fassade der Dorfbewohner zu blicken und die Zusammenhänge zu ergründen oder auch deren nicht vorhanden sein nachzuweisen. Manchmal ist sie den anderen einen entscheidenden Schritt voraus. Andere Male ist es eher der Zufall, der ihr weiterhilft. Von der Schwangerschaft lässt sich Pia nicht bremsen, schließlich ist sie nicht krank. Und mit ihrer großen Energie überzeugt Pia als Ermittlerin und als Mensch. Auch in diesem Fall führen einige Hinweise in die Vergangenheit zurück.

Die Serie um Pia Korittki ist immer lesenswert. Das Leben der Kommissarin wird lebensnah geschildert, ihre Überforderung als angehende Mutter, ihre Dienstbeflissenheit, ihre Gewitztheit. Allerdings werden einige Ansätze des Falles sehr ausführlich ausgearbeitet, während andere eher nebenbei abgehandelt werden, so dass man sich fragt, wieso sie überhaupt angeführt werden. Sehr geschickt ist dagegen der Bogen in die Vergangenheit gespannt, je mehr hier zu erfahren ist, desto klarer werden die Beweggründe, nach welchen die Dorfbewohner handeln.