Profilbild von Bibliomarie

Bibliomarie

Lesejury Star
offline

Bibliomarie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Bibliomarie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.04.2018

Eifel-Krimi

Die Eifelhexe
0

Ein Burn-out hat Ella Dorn dünnhäutig werden lassen. Sie lebt nun in einer idyllischen Umgebung in der Eifel, versucht ihren Tagesablauf mit der Beschäftigung in der Natur und mit Kräuterkunde zu strukturieren. ...

Ein Burn-out hat Ella Dorn dünnhäutig werden lassen. Sie lebt nun in einer idyllischen Umgebung in der Eifel, versucht ihren Tagesablauf mit der Beschäftigung in der Natur und mit Kräuterkunde zu strukturieren. Es scheint, sie ist auf einem guten Weg wieder Ruhe zu finden.
Doch das jäh zu Ende, als ein Politiker aus Adenau vergiftet wurde. Ella war die letzte Person, die ihn gesehen hat, leugnet aber ein Treffen um Gerede zu entgehen. Da sie von Zeugen gesehen wurde, gerät sie natürlich in den Focus der Polizei und als Zugezogene ist sie per se verdächtig.

Aber Ella war nicht umsonst jahrelang Unternehmensberaterin, die strukturiertes Arbeiten und Analysieren verinnerlicht hat. Sie beginnt ihre Fühler auszustrecken und kann bald einiges im Umfeld des Opfers entdecken, dass ihr nicht ganz logisch erscheint.

„Die Eifelhexe“ ist ein Krimi, der mich ausgesprochen gut unterhalten hat. Besonders die Landschaft und die Eifler Typen haben viel dazu beigetragen. Die sind bodenständig, mitunter wortkarg und kantig, aber Ella findet einen Weg, heimisch zu werden. Die Motive ergeben sich aus dem Zusammenprall von Tierschutz und Jagd, von Naturschutz und Landwirtschaft. Das passt sehr gut zur Umgebung und der Krimi wird dadurch realistisch. Die Spannung ist gut aufgebaut, sie steigert sich bis zum Finale. Auch wenn ich persönlich schon früh für mich einen Verdächtigen ausgemacht hatte, gab es keinen Bruch. Der Wechsel von Polizeiermittlungen – wobei sich der örtliche Polizist immer mehr Sympathiepunkte erarbeitet hat – und Ellas eigenen Nachforschungen, haben mir gefallen. Immer wieder werden dadurch die unterschiedlichen Sichtweisen einbezogen.

Mit Ella Dorn könnte ich mir sehr gut weitere „Fälle“ vorstellen, die Figur bietet viel Potential und die Eifel hat ja schon viele Krimiautoren inspiriert.

Veröffentlicht am 28.03.2018

High Noon in Fredenbüll

Pannfisch für den Paten
0

Fredenbüll ist ein ganz eigener Kosmos und sein Zentrum ist Antjes Imbiss „ De hidde Kist“ Hier treffen sich alle und kommentieren den Lauf der Welt und ihre Auswirkung auf Fredenbüll. WinWind will das ...

Fredenbüll ist ein ganz eigener Kosmos und sein Zentrum ist Antjes Imbiss „ De hidde Kist“ Hier treffen sich alle und kommentieren den Lauf der Welt und ihre Auswirkung auf Fredenbüll. WinWind will das Deichvorland mit Windrotoren verspargeln und die Initiative ,Sei (k)ein Frosch‘ kämpft für das Überleben der Rotbauchunke. Der Riss geht durch Familien. Dann gibt es noch neue Bewohner hinterm Deich. Der überaus charmante Tony ist mit seiner Familie aus New York zugezogen. Ist er nun Italiener oder New Yorker? Das weiß niemand so recht, aber seltsame Besucher zieht er an. In Renates Pension hat sich schon einer eingemietet mit sonderbar geformtem Gepäckstück.

Nach dem 6. Krimi aus Fredenbüll bin ich mit seiner Bewohner schon fast auf Du und Du. Es unterhaltsam und witzig, was sich Krischan Koch wieder ausgedacht hat. Seine Küstenkrimis machen einfach nur Spaß und versetzen mich in nachhaltig gute Laune. Der trockene Humor der Friesen, den Koch bestens inszeniert und vor allem das Panoptikum an schrägen Figuren, die das Dörfchen hinterm Deich bevölkern, machen den Krimi so gelungen. Der Wortwitz und das Timing ist unschlagbar.

Dabei ist der Krimi ganz und gar realistisch, wie immer wenn es ums Geld und Investitionen geht, von denen jeder gern etwas abhaben möchte. Aber wie Koch seinen Krimi in eine frische Friesenkomödie verpackt, ist eben ganz besonders.

Wie sagte schon Al Capone: Mit einem netten Wort und einer Pistole erreicht man mehr, als mit einem netten Wort allein.

Veröffentlicht am 27.03.2018

Beaver hängt ab

Eiskalter Hund
0


Als Lebensmittelkontrolleur ist der Fellinger nicht wirklich beliebt. Er nimmt sein Beruf ernst, als Beamter hat er „im Dienst keine Freunde und keine Freude“. Er liebt es, allein durch sein Auftauchen ...


Als Lebensmittelkontrolleur ist der Fellinger nicht wirklich beliebt. Er nimmt sein Beruf ernst, als Beamter hat er „im Dienst keine Freunde und keine Freude“. Er liebt es, allein durch sein Auftauchen den Wirten den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben, denn er findet immer was. Da schickt ihn eine anonyme Anzeige zum Chinesen. Mit der „Schwarzen Soße“ soll etwas nicht stimmen. Aber was er findet, hängt im Kühlraum, perfekt enthäutet und ausgeweidet hängt da ein Hund. Beaver ist es, wie er dem sichergestellten Halsband entnimmt. Doch Beavers Frauchen, die vermögende Witwe Poschinger ist verschwunden.

Da die Polizei ihn überhaupt nicht ernst nimmt, muss Fellinger eben selbst ermitteln. Er wäre ja selbst gern zur Polizei gegangen, lediglich sein Knie, das immer mal „rausspringt“, hat das verhindert. Aber seine Nase und das spezielle Jucken, wenn was nicht stimmt, ist ihm geblieben.

Niederbayern mit seinen kantigen und urigen Typen ist die ideale Gegend für einen Mann wie Fellinger. Er hat sein festgefügtes Weltbild und lässt sich weder beirren noch bremsen. So richtige Freunde hat er nicht, auch mit den Frauen ist es schwierig, aber mir scheint, Fellinger taugt sein Lebensstil.

Oliver Kern hat mit seinem ersten – und hoffentlich nicht letzten – Krimi eine Figur kreiert, die richtig Spaß macht. Der Typ ist überzeichnet, aber auf eine Weise, die mir richtig gut gefällt. Er teilt aus, kann aber auch einstecken. Aber nicht nur der Hauptprotagonist ist gelungen, alle Figuren sind klasse gezeichnet. Alle granteln ein wenig, manche sind auch recht hinterfotzig, aber es passt! Der Humor ist hintersinnig, urig und mit reichlich Lokalkolorit und Dialekt gewürzt. Für Leser, die das womöglich nicht verstehen, gibt es auch noch ein schönes Glossar am Ende des Buches. Die Sprache ist knapp und lakonisch, mit viel Wortwitz. Besonders witzig fand ich die Kapitelüberschriften. Die Krimihandlung ist dabei recht verzwickt, aber vielleicht liegt es auch an den unorthodoxen Ermittlungsmethoden des Fellinger, dessen Interpretationen der Vorgänge manchmal recht eigenwillig sind.

Ich habe mich köstlich amüsiert – auf in den Bayerischen Wald !

Veröffentlicht am 23.03.2018

Leseempfehlung

Bis zum Himmel und zurück
0

Als Drehbuchautorin ist Katja recht erfolgreich. Aber eine Familienserie schreiben – wo sich doch bei dem Wort Familie ihre Nackenhaare aufstellen. Ihre eigene Familie ist eine Katastrophe und die Trümmer ...

Als Drehbuchautorin ist Katja recht erfolgreich. Aber eine Familienserie schreiben – wo sich doch bei dem Wort Familie ihre Nackenhaare aufstellen. Ihre eigene Familie ist eine Katastrophe und die Trümmer schleppt sie schon lange mit sich. Seit bei einem Unfall ihre jüngere Schwester starb und sie sich die Schuld daran gab, ist nichts mehr in ihrem Leben heil. Der Vater hat sich bald aus dem Staub gemacht und die Mutter versank in Alkohol und Trauer – nur für Katja gab es keinen Trost.


Wie ein Blitz schlägt die Nachricht der Mutter ein, dass der Vater einen Schlaganfall hatte. Alles sträubt sich in Katja ihren Vater zu sehen. Sie fühlt sich verraten und hat seinen Weggang nie verarbeitet, all die Liebe und das Vertrauen, das sie ihm entgegenbrachte, hat er zerstört.
Doch dann steht eine kesse 12jährige vor der Tür, ihre Halbschwester, die sich nicht abwimmeln lässt und Katja zu einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zwingt.


Ein Buch zwischen Lachen und Weinen. Lachen, weil es wirklich urkomisch ist, was auf Katja hereinprasselt, den Ärger mit ihren Drehbüchern, Schauspielerinnen und Filmgesellschaften und nicht zuletzt mit Gelegenheitsfreund Ratko. Zum Weinen, weil es mich tief berührt hat, wie Katja sich ihrer Geschichte stellen muss, ihre Ängste und ihre seelische Not.


Catharina Junk hat mit Katja eine Figur geschaffen, die mir sehr nahe gekommen ist, ihre Verletzlichkeit hat mich tief berührt. Wenn Katja erzählt, wie sie sich ritzen muss, um den Schmerz und den Druck auf ihrer Seele abfließen zu lassen, war ich ganz bei ihr. Einfühlsam und dabei ganz unaufdringlich entwickelt sich die Geschichte und dieser Reifeprozess hat mich nicht kaltgelassen. Aber nie versinkt der Roman in Schwere oder Mitleid, dazu ist Katja und vor allem auch die neue Halbschwester viel zu lebendig.
Einmal angefangen, konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen, es hat einfach alles, was ich bei einem Roman schätze: Emotionen und Spannung, Leidenschaft und Enttäuschungen, Verzweiflung und Hoffnung. Dabei ist die Geschichte mit einer Leichtigkeit erzählt, die mir gut gefallen hat. Auch wenn ich ab und an Tränen in den Augen hatte – ich habe halt nah am Wasser gebaut – das nächste Lachen war nicht weit entfernt.


Eine Leseempfehlung von mir.

Veröffentlicht am 19.03.2018

Mord beim Marathon

Château Mort
0

Der Marathon du Médoc ist ein Ereignis in der Aquitaine. Tausende nehmen zum Teil in lustigen Verkleidungen an dem Lauf teil, die Proviantstationen sind in den berühmten Weinlagen aufgebaut und natürlich ...

Der Marathon du Médoc ist ein Ereignis in der Aquitaine. Tausende nehmen zum Teil in lustigen Verkleidungen an dem Lauf teil, die Proviantstationen sind in den berühmten Weinlagen aufgebaut und natürlich lässt es sich kein Winzer nehmen, die Läufer mit ihren besonderen Tropfen zu erfrischen. Auch Luc Verlaine, erst seit kurzem aus Paris gekommen, hat sich freiwillig gemeldet um mit vielen Helfern den Lauf zu sichern. Sein Kumpel, Commissaire Yacinte aus Paris, lässt es sich ebenfalls nicht nehmen, einen Urlaubstag zu opfern.
Der Lauf nimmt einen dramatischen Fortgang, als Hubert de Langeville, ein älterer, aber fitter Läufer nach einem Stopp beim Gut von Richard, Lucs bestem Freund aus Jugendtagen, tot zusammenbricht. Auch einen weiteren Läufer, einen Provinzpolitiker trifft es, der aber in letzter Minute noch reanimiert werden konnte.
Schon nach einigen Ermittlungen wird klar, das Richard von Langevilles Tod profitieren könnte, denn er wollte dessen Weingut erwerben, nun nach Langevilles Tod, scheint der Weg frei. Anouk, Lucs Kollegin und wenn es nach ihm geht, auch bald mehr, sieht Lucs Ermittlungen kritisch. Sie fürchtet, seine lange Freundschaft mit Richard beeinträchtigt seinen objektiven Blick. Ziemlich viel Stress also für Luc, der eigentlich im Aquitaine eine ruhigere Kugel schieben wollte.
Inmitten einer wunderbaren Landschaft, eingebettet zwischen Weinhügeln und der Atlantikküste spielt dieser „Genusskrimi“. Genusskrimi deshalb, weil jede Zeile das französische Savoir Vivre atmet. Zwischen Wein und lokalen Spezialitäten, die Luc nach seiner Pariser Zeit ganz besonders genießt, wird aber schnell klar, dass es einen beinharten Konkurrenzkampf zwischen den großen Gütern gibt und mit harten Bandagen gekämpft wird. Spannende Ermittlungen verbinden sich mit tollen Landschaftsbeschreibungen und kulinarischen Erlebnissen. Das ist charmant und kurzweilig geschrieben, ein Buch zum Wohlfühlen und zum Schwelgen. Dabei gerät die Krimihandlung nie aus dem Blick, die Spannung wird stetig vorangetrieben und gesteigert. Ich muss gestehen, bis ganz zum Schluss war ich auf einer falschen Spur, so geschickt hat der Autor die Spuren gelegt.
Der Krimi hat mir von der ersten Seite an gefallen, noch besser als der erste Band. Das Buch ragt deutlich aus der Masse der vielen Frankreichkrimis heraus. Damit schließe ich auch ausdrücklich die Bretagne-Krimis ein. Ich finde, für Frankreichfans ist Alexander Oetker ein Muss.