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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.06.2018

Die verhängnisvolle Grillparty

Truly Madly Guilty
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INHALT
In der Familie ihrer Freundin Clementine fand Erika stets Halt und Geborgenheit, in ihrem eigenen Zuhause nicht. Auch heute ist Clementine ihr Zufluchtsort, und nun hofft Erika in einem delikaten ...

INHALT
In der Familie ihrer Freundin Clementine fand Erika stets Halt und Geborgenheit, in ihrem eigenen Zuhause nicht. Auch heute ist Clementine ihr Zufluchtsort, und nun hofft Erika in einem delikaten Fall auf Hilfe: Sie und ihr Mann Oliver sind ungewollt kinderlos, und sie möchte die Freundin um einen mehr als großen Gefallen bitten. Als Erika das Thema bei einem gemütlichen Barbecue anspricht, nehmen Ereignisse ihren Lauf, die in eine Katastrophe münden. Ist ihre Freundschaft stark genug, um diese zu überstehen?
(Quelle: Klappentext Bastei Lübbe)

MEINE MEINUNG
Mit „Truly. Madly. Guilty. - Jede Familie hat Geheimnisse“ hat die australische Autorin Liane Moriarty einen mitreißenden, tiefgründigen Roman verfasst, der allerdings trotz ähnlicher Erzählstruktur nicht an ihren großen Erfolg „Tausend kleine Lügen“ heranreichen kann.
Mit unheilvollen Andeutungen führt die Autorin den Leser in ihre Geschichte ein, die um die katastrophalen Ereignisse auf einer Grillparty und die späteren, alles verändernden Auswirkungen für alle Beteiligten kreist und die der Leser aus einer gewissen Distanz miterlebt. Bereits von Anfang an ist Spannung vorhanden, die sich von Seite zu Seite mehr aufbaut. Geschickt erfolgt ein stetiger Wechsel zwischen der gegenwärtigen Handlung und Rückblicken zu Geschehnissen, die zu unterschiedlichen Erzählzeitpunkten vor dem verhängnisvollen Tag liegen, bis schließlich die unterschiedlichen Handlungsstränge zusammenlaufen und das Geheimnis gelüftet wird. Zu Anfang eines jeden Kapitels wird angegeben, wann die oftmals vor und zurückspringende Handlung stattfindet. Häppchenweise enthüllt die Autorin bedeutungsvolle, aber wenig konkrete Details über diese schicksalhafte Katastrophe, wodurch sich die Spannung bis ins Unendliche steigert. Hierdurch wird der Leser von einer inneren Unruhe erfasst und stellt allerlei wilde Spekulationen darüber an, was so Weltbewegendes geschehen sein könnte. Zudem führt die Autorin die Leser ganz langsam in das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen den beiden Freundinnen und den drei sehr unterschiedlichen Ehepaaren ein. Nach und nach werden eine Menge Geheimnisse über die einzelnen Figuren offen gelegt, so dass ziemlich schnell deutlich wird, dass jeder der Charaktere etwas zu verbergen hat.
Bis zur großen, überraschenden Enthüllung hat die Autorin allerdings durch etliche künstliche Verzögerungen ihren Spannungsbogen etwas zu sehr überspannt, denn der schon fast frustrierte Leser muss sich wirklich lange – bis zur Hälfte des Romans! – gedulden. Im nachfolgenden Teil ihres Romans widmet sich die Autorin ausführlich den schuldhaften Verstrickungen der einzelnen Charaktere und den verschiedenen Nachwirkungen dieses unheilvollen Tages für die Beteiligten. Gekonnt gibt uns Moriarty so manche aufschlussreiche Einblicke in die menschliche Natur, aber auch in die Abgründe der menschlichen Psyche. Insbesondere die letzte Wendung am Ende des Romans hat mit sehr gut gefallen, da die Autorin den Ereignissen hierdurch nochmals eine ganz spezielle, nachdenklich stimmende Note verliehen hat.
Obwohl der Fokus der facettenreichen, erstaunlich tiefgründigen Geschichte auf den zwei Freundinnen Clementine und Erika und ihrer besonderen Freundschaft liegt, spielen auch eine ganze Reihe weiterer Charaktere eine wichtige Rolle in der Story. Die Autorin hat interessante, vielschichtige Charaktere geschaffen, die mit ihren schrittweise enthüllten Unzulänglichkeiten und Schwächen sehr glaubwürdig ausgearbeitet sind und nachvollziehbare Hintergründe und Motive besitzen. Je tiefer man in die Vergangenheit der verschiedenen Charaktere eintaucht, desto deutlicher offenbart sich dem Leser eine bunte Mischung an Doppelmoral, Schuld, Verstrickungen, Neid, Intrigen und Falschheit.
Die verschiedenen Problemthemen, die Liane Moriarty in ihre Geschichte eingearbeitet hat, ergeben ein gelungenes Bild der vermeintlich glücklichen Familien in diesem idyllischen Vorstädtchen und stimmen nachdenklich.
FAZIT
Ein unterhaltsamer, tiefgründiger Roman über eine alles verändernde Katastrophe, der mich durch seine ungewöhnlich hinauszögernde Erzählweise allerdings nicht völlig überzeugen konnte!

Veröffentlicht am 24.05.2018

Netter Historienschmöker zu Zeiten der Pest

Die letzte Stunde
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HANDLUNG
Südengland, Juli 1348: An der Küste ist die Pest ins Land gekrochen. Binnen kürzester Zeit entvölkert sie ganze Landstriche, Angst und Panik regieren. Allein Lady Anne, die Herrin von Develish, ...

HANDLUNG
Südengland, Juli 1348: An der Küste ist die Pest ins Land gekrochen. Binnen kürzester Zeit entvölkert sie ganze Landstriche, Angst und Panik regieren. Allein Lady Anne, die Herrin von Develish, nimmt das Heft in die Hand. Sie bringt all ihre Schutzbefohlenen auf ihrem Anwesen in Sicherheit und lässt die Zugangsbrücke verbrennen. In ihrem kleinen Reich zählen nicht mehr gesellschaftliche Konvention und Rang, sondern Einsatz für die anderen. Als neuen Verwalter setzt Anne Thaddeus ein, den niedrigsten, aber klügsten ihrer Diener. Doch kann sich die Schicksalsgemeinschaft gegen die schreckliche Krankheit behaupten, die vor ihren Toren tobt? Gegen die Verzweifelten und Raffgierigen, die Develish angreifen? Werden die kargen Vorräte reichen? Dann geschieht ein grausamer Mord und droht Lady Annes Gemeinschaft endgültig zu zerreißen …
(Quelle: Random House Audio)
MEINE MEINUNG
Nach 10jähriger Pause hat die britische Autorin Minette Walters, renommierte Krimi- und Psychothrillerautorin, mit „Die letzte Stunde“ nun den ersten Teil ihrer zweiteiligen Historiensaga veröffentlicht. Der Roman ist Mitte des 14. Jahrhunderts im südenglischen Dorset zur Zeit der Pest angesiedelt. Gekonnt lässt uns die Autorin in das bedrückende, mittelalterliche Leben einer Dorfgemeinschaft eintauchen, die Lebensverhältnisse der unter Fronarbeit und Leibeigenschaft leidenden bäuerlichen Bevölkerung hautnah miterleben aber auch sehr glaubwürdig die Ängste vor dem unheimlichen Schwarzen Tod. Durch den Pesttod ihres grausamen, unfähigen Gutsherrn Sir Richard beginnt sich das Schicksal für jeden einzelnen zu wenden, das jahrhundertealte Gefüge scheint in Wanken zu geraten und ein Ausbruch aus Unterdrückung und Ausbeutung möglich zu werden.
Minette Walters hat mit ihrem historischen Roman ein äußerst opulentes Werk geschaffen, das allerdings auch die eine oder andere Länge und eine zu starke Schwarz-Weiß-Zeichnung einiger Charaktere aufweist. Walters versteht es gut, Spannungsbögen aufzubauen und mit überraschenden Wendungen zu unterhalten, nicht überzeugen konnte mich allerdings ihre zu modern und emanzipiert geratene Hauptfigur Lady Anne.
Zum Hörbuch:
Mit Gabriele Blum wurde eine sehr versierte Sprecherin für dieses gekürzte Hörbuch ausgewählt. Man hat das Gefühl, von der weichen und überzeugenden Stimme der Sprecherin direkt ins Geschehen hineingezogen zu werden. Mit netten stimmlichen Variationen haucht die Sprecherin den Figuren viel Leben ein und lässt auch die unangenehmen Seiten der einzelnen Charaktere sehr gut zutage treten. So sind etwa die überheblich-pampige Stimme von Eleanor oder die stets ruhige, besonnene Ausdrucksweise von Lady Anne sehr gut getroffen. Besonders gelungen ist auch das Spiel mit der Lautstärke und dem Lesetempo. Da die Sprecherin durch ihre facettenreiche Lesung sehr viel Abwechslung ins Geschehen bringt, wirkt die Geschichte ausgesprochen lebendig und gerät trotz einiger Längen nie in Gefahr, sich über 14 Stunden 40 Minuten dahinzuschleppen.
FAZIT
Wer Historienschmöker mag und nicht so viel Wert auf historische Authentizität legt, wird sicher vom ersten Teil von Minette Walters historischem Roman bestens unterhalten. Auch wenn es einzelne Schwächen bei der Figurenzeichnung und einige Längen gibt, ist die Umsetzung zum Hörbuch durch die sehr angenehme Lesung von Gabriele Blum hervorragend gelungen.
Insgesamt also ein unterhaltsames Hörerlebnis!

Veröffentlicht am 28.03.2018

Actionreicher, blutrünstiger Thriller im historischen Chicago

Killer City
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INHALT
Chicago, 1893. Die kürzlich eröffnete Weltausstellung zieht Millionen von Besuchern aus nah und fern in die aufstrebende Metropole, um die neuesten technischen Wunder zu bestaunen. Einer von ihnen ...

INHALT
Chicago, 1893. Die kürzlich eröffnete Weltausstellung zieht Millionen von Besuchern aus nah und fern in die aufstrebende Metropole, um die neuesten technischen Wunder zu bestaunen. Einer von ihnen ist Thornhill, der schon viele Menschenleben auf dem Gewissen hat. In den Menschenmengen hofft er untertauchen zu können, um möglichst unauffällig auf die Jagd zu gehen und seine nächste Beute aufzuspüren. Sein Hunger nach dem berauschenden Gefühl des Tötens ist unersättlich, denn dem Ruf der Dunkelheit, die in seiner abgrundtiefen Seele lauert, kann er sich nicht widersetzten. Seine bevorzugte Waffe ist das Rasiermesser. Schon bald gibt es die ersten Toten, und die Polizei beginnt mit ihren Ermittlungen. Es dauert allerdings auch nicht lange, bis Thornhill ins Visier der Gangs von Chicago gerät und er vom Jäger zum gnadenlos Gejagten wird …
MEINE MEINUNG
Phantastik-Bestsellerautor Wolfgang Hohlbein hat mit „Killer City“ einen packenden, actionreichen und zugleich blutrünstigen Roman vorgelegt, der den Leser mit einer interessanten Mischung aus Thriller, Horrorroman und mystischen Elementen unterhält.
Angesiedelt ist die Geschichte im historischen Chicago zur Zeit der Weltausstellung, einer durch den technischen Fortschritt aufstrebenden Metropole zum ausgehenden 19. Jahrhundert. Sehr detailreich und atmosphärisch dicht werden anfangs verschiedene historische Schauplätze der Stadt wie der Stadtteil Englewood, das Schlachthofgelände oder die Hochbahn geschildert, so dass man sich gut in das Flair und die Lebensumstände jener Zeit hineinversetzen kann. Insgesamt spielt die Stadt als Schauplatz allerdings nur eine sehr untergeordnete Rolle und ist im späteren Verlauf eher eine auswechselbare Kulisse. Mit Ausnahme des berühmten Riesenrads Ferris Wheel spielen leider auch keine Szenen an Orten der Weltausstellung.
Sehr gelungen sind ebenfalls die Beschreibungen der eher ländlich geprägten Orte im Wilden Westen, in die es die Hauptfigur in der Vergangenheit immer wieder verschlagen hat. Sehr geschickt ist die Handlung in zwei unterschiedliche Erzählstränge gegliedert, die zum einen verschiedene, bedeutsame Erlebnisse in der Vergangenheit und zum anderen die aktuellen Ereignisse in Chicago erzählen, und zum Ende hin zu einem Hauptstrang zusammenlaufen. Sehr mysteriös und geheimnisvoll entwickelt sich zunächst die spannende, temporeiche Haupthandlung um die Hauptfigur Thornhill in Chicago. Die Rückblenden in Thornhills Vergangenheit empfand ich als besonders fesselnd, denn sie gewähren interessante Einblicke in die Entwicklung seiner Persönlichkeit, seinen Werdegang als Killer und seine Motive. In ihnen lernen wir auch die Hintergründe der mysteriösen Wesenheit kennen, die Thornhill zeitweise zu beherrschen scheint, und darüber hinaus seinen größten Widersacher.
Hohlbein überrascht uns mit zahlreichen unerwarteten Wendungen und rätselhaften Verwicklungen der Charaktere. Phasenweise zieht sich die Geschichte allerdings durch ausufernde Beschreibungen zu unwichtigen Details in die Länge. Dennoch zieht die Spannungskurve im letzten Drittel bis zum entscheidenden, sehr kampfbetonten und fast filmreifen Finale enorm an und man fiebert dem Ausgang des Showdowns regelrecht entgegen. Hohlbein präsentiert uns schließlich einen gelungenen, überraschenden Ausgang seiner Geschichte. Das in sich abgeschlossene, stimmige Ende beantwortet die meisten offenen Fragen und bietet zugleich noch Raum für Spekulationen.
Sehr überzeugend ist Hohlbein die Charakterisierung seiner Hauptfigur gelungen, die sehr interessant, lebensnah und facettenreich angelegt sind. Die Handlung erlebt man aus Sicht des Protagonisten Thornhill – ein für den Leser ungewöhnlicher, aber sehr interessanter Blickwinkel, da man dadurch einen unmittelbaren Einblick in die Gedanken und Emotionen des Massenmörders erhält. Im Laufe der Geschichte treten sogar einige liebenswerte Eigenheiten von ihm zutage, und zum Ende hin ist sogar ein Wandel in seinem Verhalten zu erkennen, in dem er mehr Gefühle und Verantwortungsgefühl zeigt. Insgesamt kann man Thornhill aber wegen seiner Willkür und abstoßenden Brutalität beim Morden kaum Sympathien entgegenbringen. Etwas unglaubwürdig fand ich allerdings seine plötzliche Zuneigung zu Futura, in der er eine Seelenverwandte sieht, obwohl sie sich doch kaum gekannt haben.
Sehr gut gefallen hat mir, dass der Autor auch einige gut recherchierte Aspekte der amerikanischen Geschichte in seine Geschichte mit eingeflochten hat, wie z.B. die Schlacht von Gettysburg oder den Fall der Lizzy Borden. Auch einige historisch inspirierte Figuren wie die Wild West-Legende Wild Bill, Nicola Tesla oder der Serienkiller Dr. H. Holmes tauchen in der Geschichte auf und verleihen ihr einen gewissen Hauch von Authentizität.
Hohlbeins anspruchsvoller, wortgewaltiger Schreibstil, der sich oft durch sehr detailversessene Beschreibungen und weitschweifige Erläuterungen auszeichnet, ist sehr beeindruckend. Auf einzigartige Weise gelingt es ihm unterschiedlichste Schauplätze und Kampfszenen zum Leben zu erwecken und dem Leser derart anschaulich und intensiv zu vermitteln, dass man sich mitten im Geschehen wähnt. Stellenweise erschienen mir diese ausschweifenden Schilderungen allerdings auch etwas zu viel des Guten, insbesondere bei den ausgedehnten Kampfszenen.

FAZIT
Ein fesselnder, actionreicher Thriller mit einer düsteren, teilweise blutrünstigen Handlung und einer schillernden Hauptfigur, aber auch mit deutlichen Längen. Trotzdem ein unterhaltsames Leseabenteuer!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Action
  • Atmosphäre
  • Handlung
Veröffentlicht am 09.03.2018

Recht unterhaltsamer Krimi mit interessanter Hintergrundstory

Sturmfeuer
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INHALT
Ein Junge verschwindet bei einer Jugendsegelregatta vor Helgoland spurlos aus seinem Boot. Als kurz darauf der Vater des Jungen von den Klippen in den Tod stürzt, stellt sich die Frage, ob es sich ...

INHALT
Ein Junge verschwindet bei einer Jugendsegelregatta vor Helgoland spurlos aus seinem Boot. Als kurz darauf der Vater des Jungen von den Klippen in den Tod stürzt, stellt sich die Frage, ob es sich um einen Unfall oder gar um einen Selbstmord handelt. Der jungen Polizistin Anna Krüger kommen die gehäuften Unglücksfälle seltsam vor. Obwohl ihr Vorgesetzter Paul und auch das hinzugezogene LKA hierbei keine Auffälligkeiten sehen, geht Anna nicht von Zufällen aus und setzt ihre Ermittlungen fort. Noch ahnt sie nicht, in welche gefährliche Situation sie sich damit bringen wird …
MEINE MEINUNG
Der Kriminalroman „Sturmfeuer“ von Tim Erzberg ist bereits der zweite Teil seiner „Hell-Go-Land“-Reihe um die Helgoländer Polizistin Anna Krüger. Dieser lässt sich aber auch ohne Kenntnis des Vorgängerbands problemlos lesen, da für das Verständnis wichtige Hintergrundinformationen geschickt in die Handlung eingebaut wurden.
Mit dem kurzen, etwas mysteriösen Prolog ist dem Autor ein sehr unheilvoll klingender Einstieg ins Buch gelungen. Der Schauplatz Helgoland präsentiert sich dem Leser diesmal von seiner Glanzseite – Sommer, bestes Wetter und viele Touristen, die extra zur Segelregatta auf der Insel sind. Doch schon bald wird die gute Stimmung von einem tragischen Vorfall überschattet, der das Team der Helgoländer Inselpolizei bald ganz schön auf Trab bzw. ins Schwitzen bringen wird. Die beginnenden Ermittlungen und die sich daraus ergebenden, rätselhaften Geschehnisse konnten mich sehr schnell fesseln. Sehr gelungen und mitreißend geschildert fand ich die eingeschobenen Abschnitte in Fettschrift, die weit in die Vergangenheit der Insel im Zweiten Weltkrieg zurückreichen und sich auf traumatische Geschehnisse beziehen, bei denen viele Inselbewohner ihr Leben in den Bombennächten von 1945 verloren. Diese Rückblenden decken schrittweise ein tragisches Geheimnis auf, das eine Relevanz zum aktuellen Fall hat. Für zusätzliche Spannung sorgen auch die eingestreuten, kurzen Abschnitte in Kursivschrift aus Sicht eines unbekannten Täters, die sehr rätselhaft erscheinen und die man zunächst nicht richtig zuordnen kann. Durch die unterschiedlichen Perspektivwechsel und die fortschreitenden Ereignisse während der Ermittlungen baut sich schon bald eine enorme Spannung auf. Man beginnt zu rätseln, wie die verwirrenden Details zusammenhängen könnten. Leider erhält man schon recht früh einige sehr offensichtliche Hinweise auf das möglich Motiv, so dass die spätere Auflösung meinen Verdacht bestätigen konnte und für mich keine Überraschung mehr darstellte.
Große Probleme hatte ich bei diesem Krimi mit den Hauptfiguren, die zwar recht lebendig gezeichnet sind, mit denen ich aber nicht richtig warm werden konnte. Die junge, sehr engagierte Polizistin Anna Krüger ist zwar eine interessante Protagonistin mit vielen Ecken und Kanten. Durch ihr zeitweise unprofessionelles, chaotisches Vorgehen während der Ermittlungen hat jedoch der aktuelle Fall zu leiden. Seit einem traumatischen Jugenderlebnis leidet sie unter starken Migräneattacken – ihrem „Stalin“ - und hat derart mit den Dämonen ihrer Vergangenheit zu kämpfen, dass sie zeitweise kaum noch dienstfähig ist. Für meinen Geschmack haben diese Passagen etwas zu viel Raum in der Geschichte eingenommen. Auch ihr Vorgesetzter Paul und die neue Kollegin Saskia konnten mich weder charakterlich noch mit ihrer weitgehend inkompetenten Arbeit überzeugen.
Sehr stimmungsvoll und atmosphärisch dicht sind die Beschreibungen der verschiedenen Inselschauplätze, die dem Krimi ein ganz besonderes Flair verleihen. Zum Ende ist es dem Autor mit seinen tollen Beschreibungen des bedrohlichen, düsteren Sturm-Szenarios, das wundervoll vom Buchcover eingefangen wird, noch einmal gelungen, einen wirklich packenden Showdown hinzulegen. Die Auflösung des Falls ist eingebettet in das historische Erbe der Insel und in sich schlüssig, auch die psychologischen Hintergründe der Tat sind insgesamt nachvollziehbar ausgearbeitet.
Man darf nur hoffen, dass sich das Team der Helgoländer Inselpolizei für seinen nächsten Fall auf "der mörderischsten Insel Deutschlands" etwas besser sortiert und seine persönlichen Defizite aufgearbeitet hat.
FAZIT
Ein unterhaltsamer Krimi mit einer interessanten Hintergrundstory, mit einer recht vorhersehbaren Auflösung und einem ziemlich inkompetenten Ermittlerteam.

Veröffentlicht am 30.12.2017

Provencalische Mörderjagd

Der Nebel von Avignon
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INHALT
Der Bonner Kriminalhauptkommissar Krüger aus Bonn macht mit seiner Freundin Carmen wohlverdienten Urlaub in der Provence. Doch dann ereignet sich ein Mordfall im netten Örtchen Malaucène zu Füßen ...

INHALT
Der Bonner Kriminalhauptkommissar Krüger aus Bonn macht mit seiner Freundin Carmen wohlverdienten Urlaub in der Provence. Doch dann ereignet sich ein Mordfall im netten Örtchen Malaucène zu Füßen des Mont Ventoux gelegen und Krüger ist wieder voll in seinem Element. Gemeinsam mit dem französischen Untersuchungsrichter Bertrand Bonnefoy versucht Krüger dem Täter auf die Spur zu kommen. Alles scheint sich um ein wertvolles, noch unbebautes Grundstück mit Blick auf den Papstpalast in Avignon zu drehen, das der verfeindete Bruder des Mordopfers nicht verkaufen wollte. Doch welche Rolle spielt der Arbeitgeber des Getöteten, ein Weinhändler aus Châteauneuf-du-Pape, und was hat es mit dem verunglückten Tanklaster und seiner geheimnisvollen Fracht auf sich? Bei ihren unkonventionellen Ermittlungen zu dem kniffligen Fall tappt das inoffizielle Ermittlerteam zunächst ziemlich im Dunkeln … nur gut, dass sie unverhofft weitere Unterstützung bekommen!

MEINE MEINUNG
Mit „Der Nebel von Avignon“ hat Autor Paul Schaffrath bereits den vierten Fall des etwas kauzigen Bonner Kommissars Krüger vorgelegt, der diesmal während seines Urlaubs in der Provence ermittelt. Da jeder Kriminalfall in sich abgeschlossen ist, ist ein Quereinstieg problemlos möglich. Sehr schön stimmt bereits das hübsche Cover mit einem typischen Touristen-Postkartenmotiv auf den Handlungsort ein, den viele sicher auch ohne den Untertitel „Provence-Krimi“ einordnen können. Der eigentlichen Handlung vorangestellt sind zum besseren Überblick ein Inhaltsverzeichnis und ein Personenregister – eine echte Seltenheit bei heutigen Krimis und Thrillern!
Lebendig und sehr anschaulich beschreibt Schaffrath neben der provenzalischen Landschaft auch die kleinen Orte und Städtchen und fängt zudem gekonnt das herrliche Flair der malerischen südfranzösischen Gegend ein. Recht schnell fühlt man sich in eine schöne Urlaubsstimmung hinein versetzt und merkt an vielen Details, dass der Autor die Schauplätze vor Ort gut recherchiert hat.
Nach einem mysteriösen Einstieg beginnt der verzwickte Kriminalfall zunächst mit zwei getrennten Handlungssträngen, die in unmittelbarer Nähe spielen, wodurch recht schnell Spannung aufgebaut wird. Zum einen erleben wir Kommissar Krüger mit seiner Freundin, die vom französischen Untersuchungsrichter Bonnefoy spontan an den Ermittlungen beteiligt werden, und zum anderen seinen Bonner Kollegen Schneider, der zufällig auch in der Provence Urlaub macht und eine sehr attraktive Französin kennen gelernt hat. Geschickt lässt der Autor die Erzählstränge schließlich zusammenlaufen, so dass der Fall aus unterschiedlichen Perspektiven analysiert und spekuliert werden kann. Während ich anfangs noch den Eindruck hatte, dass hier gewissenhafte Ermittlungsarbeit betrieben wird und ein Miträtseln beim Fall möglich ist, musste ich allerdings feststellen, dass die sehr unkonventionelle Zusammenarbeit mit den ermittelnden Franzosen wegen dilettantischer Pannen und Krügers eigenwilliger Art, Beweismittel und auch einige wichtige Schlussfolgerungen zurückzuhalten, nicht ganz ernst zu nehmen ist. Bei den vielen Beratungen in gemütlichen Cafés und Restaurants mit köstlichen französischen Menus beginnt die Aufklärung des Falls bisweilen eine eher nebensächliche Rolle zu spielen. Durch die immer mehr vor sich hin plätschernden Ermittlungen leidet die Spannung allerdings enorm. Bei dem selbsternannten internationalen Team scheint offensichtlich die Chemie zu stimmen, wie man an den höchst amüsanten, kauderwelschenden Treffen merkt, die der Autor sehr ausführlich, humorvoll und pointenreich beschreibt. Hierzu passt auch Krügers Tick, auf jegliche Grammatikfehler seiner Mitmenschen hinzuweisen. Ein Running Gag, den mittlerweile auch Krügers Freundin aufgreift und bei passender Gelegenheit weiterführt. Dies dürfte insgesamt eher etwas ältere Leser ansprechen, die sich sicher auch mit der durchgängig benutzten alten deutschen Rechtschreibung sehr wohl fühlen werden.
Sehr unterhaltsam und teilweise urkomisch werden einige Szenen beschrieben und bringen den Leser zum Schmunzeln. Die Auflösung des Falls gipfelt schließlich in einem gelungenen Showdown mit fast filmreifer Dramaturgie. Ich muss allerdings gestehen, dass ich den Kriminalfall nur mäßig fesselnd und einiges bei der Aufklärung als nicht sehr glaubwürdig empfunden habe.

FAZIT
Insgesamt ein recht unaufgeregter Kriminalroman, der mit einer gehörigen Portion an Humor und Situationskomik zu unterhalten weiß und sehr gelungen das Flair der beliebten französischen Provence einfängt. Ein kurzweiliges Leseerlebnis!