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Veröffentlicht am 24.04.2018

Wunderbar leichter und trotzdem tiefsinniger Sommerroman

Zwischen dir und mir das Meer
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Lena ist auf Amrum geboren und aufgewachsen. Sie arbeitet als Krankenschwester im Hospiz. Ihr Vater ist Fischer und seit dem Tod seiner Frau Mariella vor vielen Jahren fast verstummt: „In gewisser Weise ...

Lena ist auf Amrum geboren und aufgewachsen. Sie arbeitet als Krankenschwester im Hospiz. Ihr Vater ist Fischer und seit dem Tod seiner Frau Mariella vor vielen Jahren fast verstummt: „In gewisser Weise hatten sie nicht nur ihre Mamma, sondern auch ihren Vater ans Meer verloren.“ (S. 70). Mariella war Italienerin und ist im Meer ertrunken, als Lenas kleine Schwester Zoe erst 3 Jahre alt war.
Eines Tages lernt Lena den Italiener Matteo am Strand kennen. Beide haben das Gefühl, sich von irgendwoher zu kennen, aber Matteo war noch nie auf Amrum und Lena noch nie in Italien. Schon am nächsten Morgen reist Matteo überstürzt ab, zurück lässt er eine Mappe mit Fotos von Mariella, die in ihrer Jugend in Italien entstanden sind. Lenas Vater will nicht über seine Frau oder die Fotos reden, aber Zoe erkennt die Gegend auf den Bildern wieder – die Amalfiküste. Lena und Zoe reisen nach Italien, um nach ihrer Mutter zu forschen und evtl. auch Matteo zu finden, der Lena nicht mehr aus dem Kopf geht.

Obwohl Katharina Herzogs neuer Sommerroman auf den ersten Blick wie eine Liebesgeschichte klingt, steht diese für mich nicht im Vordergrund. Es geht vorranging um die Suche der Schwestern nach der Vergangenheit und Herkunft ihrer Mutter und damit auch nach sich selbst. Die jungen Frauen sind sehr verschieden und gehen auch unterschiedlich mit dem Verlust um.
Lena klammert sich an Amrum und das Meer, ist aber nie wieder schwimmen gegangen. Ihren Traum Ärztin zu werden hatte sie wegen ihrer Jugendliebe Ole aufgegeben und wurde stattdessen Krankenschwester. Sie kann ihr Leben nicht genießen, solange sie nicht mit dem Tod ihrer Mutter abschließt, findet Zoe „Schmerz geht nur weg, wenn man sich ihm stellt.“ (S. 106). Diese hingegen reist um die ganze Welt und finanziert sich durch Gelegenheitsjobs. Jeder neue Ort oder Job ist ein Abenteuer, für das sie sich neu erfindet: „Man kann alles sein, was man will.“ (S. 161). Auf der Reise müssen sich die Schwestern trotzt ihrer unterschiedliche Lebensentwürfe endlich aussöhnen und zusammenraufen.

In einem zweiten Handlungsstrang geht es um Mariellas Jugend und ihr einfaches Leben in Italien. Auch sie wächst ohne Mutter auf. Ihr Vater (Babbo) arbeitet hart auf einer Zitronenplantage und stellt nebenbei den besten Limoncello der Gegend her. Ihre Freundin ist die Tochter des Plantagenbesitzers und so lernt Mariella schon früh die extremen Unterschiede zwischen arm und reich kennen.

„Zwischen dir und mir das Meer“ ist ein Buch zum Festschmökern und hat mir sehr gut gefallen. Ich konnte an keiner Stelle vorausahnen, wie die Geschichte weitergeht, so dass es bis zum Ende spannend blieb. Ich habe es genossen, mit Lena und Zoe die Amalfiküste zu erkunden, die Sonne und das Meer auf der Haut förmlich zu spüren und natürliche Babbos berühmten Limoncello zu verkosten.

Mein Lieblingszitat ist übrigens folgendes: „Das Leben ist zum Glück keine Einbahnstraße. Anders als die Bewohner in deinem Hospiz kannst Du einfach umdrehen und eine andere Abzweigung wählen.“ (S. 274)

Veröffentlicht am 19.04.2018

Was das Herz begehrt

Wie ich mich auf einer Parkbank in einen bärtigen Mann mit sehr braunen Augen verliebte
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Hast Du Dich schon mal in den richtigen, völlig falschen Mann verliebt? Ich weiß, das klingt verwirrend, doch genau so ergeht es Julia. Sie verliebt sich in Ben mit den tollsten brauen Augen, die sie ...

Hast Du Dich schon mal in den richtigen, völlig falschen Mann verliebt? Ich weiß, das klingt verwirrend, doch genau so ergeht es Julia. Sie verliebt sich in Ben mit den tollsten brauen Augen, die sie je gesehen hat. Und er verliebt sich in sie. Aber er ist ein Penner und lebt in einer großen Hecke im Park ...

Dies ist eines der Bücher, in das man nur mal kurz reinlesen will und schon mittendrinn ist. Emmy Abrahamson beschreibt sehr witzig ihre eigene Liebesgeschichte – ja, die Geschichte ist wahr!

Julia arbeite als Englischlehrerin am Berlitz Institut in Wien. Eigentlich ist sie Schwedin, aber vor 5 Jahren wegen ihrem Freund nach Österreich gezogen. Die Beziehung hielt nicht, aber Julia blieb. Ihr Leben ist ziemlich eingefahren (um nicht zu sagen langweilig). Sie gibt so viel Unterricht, wie sie nur kann und die Wochenenden versucht sie irgendwie totzuschlagen, da ihre Freunde alle verheiratet sind und keine Zeit haben. „Ich mag mein Leben. ... Ich brauche nicht mehr, und meine Einsamkeit macht mich weder unglücklich noch möchte ich ihretwegen bemitleidet werden.“ (S. 41)
Und nun ist da also Ben, der ihr bereits beim Kennenlernen sagt, dass sie die Frau seines Lebens ist und sie heiraten und Kinder haben werden. Es ist das tollste Date, das sie je hatte. „Unter seinem Schmutz ist Ben einer der schönsten Männer, denen ich je begegnet bin, und er besitzt ein erstaunliches Maß an Selbstsicherheit, Stolz und Humor.“ (S. 64) Aber sie schämt sich für ihn. Kann sie eine Beziehung mit einem Penner haben? Ihre Freunde sagen nein, doch sie springt über ihren Schatten und lässt ihn bei sich einziehen. Natürlich prallen da Welten aufeinander. Er trinkt ziemlich viel Alkohol (alle Penner saufen, weil man sonst bei der Kälte draußen nicht schlafen kann, erzählt er) und hatte schon viele Scheiß-Jobs – da ist er lieber Penner. Sie sind eben sehr verschieden, aber auch sehr verliebt. Ben ist immer fröhlich und sehr ehrlich, er versucht durch Schwarzarbeit für seinen Unterhalt selbst aufzukommen, aber er würde sich nie wegen ihr verbiegen oder ihre Freunde anlügen. Er schämt sich im Gegensatz zu ihr nicht für sein Dasein. Doch die Angst, was die Menschen in ihrer Umgebung über ihn denken, kann Julia nicht ablegen. Immer wieder geraten sie deswegen in Streit und immer wieder versöhnen sie sich, bis Julia beleidigend wird ...

Emmy Abrahamson schreibt sehr humorvoll und warmherzig. Ich habe Julia für ihren Mut bewundert, sich auf die Beziehung zu Ben einzulassen, über ihren Schatten zu springen und sich zu ihm zu bekennen und damit über sich hinauszuwachsen. Ich weiß nicht, wie ich in ihrer Situation gehandelt hätte. Sie zeigt uns, dass wir nicht immer nur auf den ersten Eindruck achten, sondern auch hinter die Fassade unseres Gegenübers schauen und tolerant sein sollten.

Mir hat diese berührende, wahre Geschichte sehr gut gefallen und ich kann sie Euch nur empfehlen.

Veröffentlicht am 17.04.2018

La Cenerentola

Die Fäden des Glücks
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... (Aschenputtel) heißt Carlottas Schneiderei in Turin, mit der sie sich einen Traum erfüllt hat. Ihre Mutter Mimi ist Gewandmeisterin in der Oper und Carlotta zwischen den Stoffen und Kostümen groß geworden. ...

... (Aschenputtel) heißt Carlottas Schneiderei in Turin, mit der sie sich einen Traum erfüllt hat. Ihre Mutter Mimi ist Gewandmeisterin in der Oper und Carlotta zwischen den Stoffen und Kostümen groß geworden. Aber im Gegensatz zu Mimi, die Kleidung liebt, welche ihr den „großen Auftritt“ sichert, möchte Carlotta die Vorzüge ihrer Kundinnen durch geschickte Schnitte und passende Stoffe ins rechte Licht rücken. Denn jede Frau ist schön – auch sie selbst mit ihrer extrem weiblichen Figur, mit der sie sich erst anfreunden musste. In ihrer Kindheit wurde sie wegen ihrer Fülle nämlich oft verspottet. Einzig Daniele, der Erbe einer Webereidynastie hielt zu ihr, bis er in der 5. Klasse auf ein Internat geschickt wurde. Sein Abschiedsgeschenk war ein silberner Fingerhut, den Carlotta seitdem als Glücksbringer an einer Kette um den Hals trägt. Sie hofft darauf, dass er ihr Daniele eines Tages zurückbringt. Neben der Schneiderei betreibt Carlotta eine kleine Weberei, die sie am 18. Geburtstag von ihrem Vater geerbt hat. Diese möchte Danieles Vater Vincenzo jetzt kaufen und in ein Museum verwandeln. Er bietet ihr sehr viel Geld, damit könnte sie ihre Schulden tilgen, die Schneiderei kaufen, oder endlich die Gourmet-Reise machen, von der sie schon so lange träumt. Bei den Verkaufsgesprächen begegnet sie auch Daniele wieder – werden jetzt alle ihre Träume wahr? „Es wird Zeit für mich, nach Hause zu kommen. Mit Dir.“

Die Autorin und Sprecherin des Hörbuchs, Julia Fischer, hatte mich schon letztes Jahr mit „Die Galerie der Düfte“ in ihren Bann gezogen und verzaubert. Ich mag ihre Stimme, die so wunderbar melodisch ist und die verschiedenen Charaktere und Stimmungen so einzigartig transportiert.
Natürlich dreht sich die Handlung nicht nur um Carlotta und Daniele. Neben Vincenzo und Mimi haben auch Carlottas Schwestern und ihr Ziehvater Gino, ein aufstrebender junger Filmstar und ein untreuer Buttler einen großen Einfluss auf den Ausgang der Geschichte. Meine Lieblings-Nebenfigur ist übrigens die ehemals unscheinbare Signora Petroloni („Das Glück schwebte auf Augenhöhe und begegnete dem, der aufsah.“), bei der der Zauber von Carlottas Kleidern als erstes wirkt.
Durch Rückblicke in die Vergangenheit erfährt man, wie die Protagonisten zu dem geworden sind, was sie heute ausmacht. So hat sich Carlotta schon früh um ihre viel jüngeren Schwestern kümmern müssen, weil ihre Mutter alleinerziehend war, und Vincenzo hätte die dominante Erziehung durch seinem Vater fast auf Daniele übertragen. „Ist Erbe in Wahrheit nur eine Bevormundung? Ein Diktat in der Maske einer Chance? Imperien entmündigen ganze Generation für den Fortbestand. Nur dem Untergang genügt ein Leben.“

Julia Fischer schreibt (und spricht) sehr fesselnd und poetisch über Stoffe und Kleider („Tuche leicht wie frisch gefallener Schnee. Als würden sie die fernen Winter selbst verweben.“), man kann sie förmlich auf der Haut spüren. Selbst ich als Jeans-und-T-Shirt-Trägerin möchte jetzt sofort losziehen und mir ein Abendkleid schneidern lassen – mir fehlt nur leider der Anlass.
Aber auch Orte, Essen, Farben, Düfte und Pflanzen - alles wird so bildhaft beschrieben, dass man es sehen, fühlen, hören oder schmecken kann. „Die Fäden des Glücks“ sind wahrlich wieder ein (Hör-)Buch für alle Sinne.

Veröffentlicht am 14.04.2018

Hugo in the Box

Ines und die grasgrüne Liebe
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Kandidat 1, 2 oder 3? Für wen soll sich Ines entscheiden? Den exaltierten Künstler Paul Hugo Iffland (kurz Piff), den draufgängerischen Anstreicher Lasse oder den sensiblen Tierarzt Dr. Naux? Noch vor ...

Kandidat 1, 2 oder 3? Für wen soll sich Ines entscheiden? Den exaltierten Künstler Paul Hugo Iffland (kurz Piff), den draufgängerischen Anstreicher Lasse oder den sensiblen Tierarzt Dr. Naux? Noch vor wenigen Monaten hätte sich Ines (kurz vor ihrem 50. Geburtstag und schon ewig Single) nicht vorstellen können, dass sie gleich unter drei Männern wählen könnte ...

Angefangen hat alles mit „Hugo in the Box“. Hugo ist ihr ungeschickter Kanarienvogel, der sich immer wieder verletzt. Und so sitzt sie eines Nachts in der Tierarztpraxis von Dr. Naux, ihr gegenüber ein sehr charmanter Mann mit Wohlstandsbäuchlein, Halbglatze und Hund – eigentlich gar nicht ihr Typ. Aber eben sehr charmant. Und er bemüht sich richtig um sie, das hat schon lange kein Mann gemacht, dabei ist sie doch noch ganz ansehnlich. Soll sie sich mit ihm zum Frühstück treffen oder nicht?

Ihre Bilanz bisher: Jung schwanger, jung geheiratet und jung geschieden. Danach ein paar längere Beziehungen, nie die große Liebe. Aber sie hat eine wundervolle Tochter, den kapriziösen Hugo, eine große kleine, ständig um ihr Liebesleben besorgte, Schwester mit dem treffenden Namen Maxima und eine beste Freundin - Angelika. Ihr Geld verdient sie als freischaffende Grafikerin und in letzter Zeit träumt sie davon, sich vor ihrem 50. Geburtstag noch mal so richtig zu verlieben. „Warten ist nie gut. Lieber handeln. Sich nach etwas Neuem umschauen.“ (S. 290) rät ihre 92jährige Großtante Betty.

Ines lässt sich auf ihre „alten Tage“ also noch mal auf eine Beziehung ein. Aber Liebe ist nie leicht, egal in welchem Alter. Ihr Partner macht es ihr einfach, sich in ihn zu verlieben, doch schwer, daran festzuhalten. Ein Auf und Ab der Gefühle beginnt, an das ich mich noch gut erinnern kann – auch wenn ich nun schon seit 20 Jahren vergeben bin. Zumal Ines es lange vor Familie und Freunden geheim hält. Es kommt wie´s kommen muss – die Sache geht ihr (zu) sehr ans Herz.

Greta Niels hat mit „Ines und die grasgrüne Liebe“ eine wunderbar realistische und herrlich lustige Liebesgeschichte für Frauen jenseits des Teenageralters geschrieben. Das Leben ist nämlich auch mit 50 noch nicht vorbei und die Libido noch vorhanden . Ich habe mich mehrfach gefragt, ob Greta zumindest Teile der Geschichte evtl. selbst erlebt hat – so authentisch wirken die Situationen. Die Protagonisten sind mitten aus dem Leben gegriffen und ich weiß gar nicht, wen ich da am liebsten mag – ihren lebensfremden Schwiegersohn Dustin oder doch die abgeklärte Großtante Betty?!

Ich verrate Euch übrigens ausnahmsweise mal den (fast) letzten Satz des Buches: "Bist Du sexy, ming Jung?" Wenn ihr jetzt wissen wollt, was der mit der Geschichte zu tun hat, werdet ihr sie lesen müssen . Viel Vergnügen!

Veröffentlicht am 08.04.2018

Die „Frau im Schatten“

Das geheime Lächeln
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... war Sophie Langenberg anscheinend ihr ganzes Leben lang und genau so ist sie auch auf dem Gemälde abgebildet, dass ihre Enkelin Emilia zufällig in einem Auktionskatalog entdeckt. Zuerst stand Sophie ...

... war Sophie Langenberg anscheinend ihr ganzes Leben lang und genau so ist sie auch auf dem Gemälde abgebildet, dass ihre Enkelin Emilia zufällig in einem Auktionskatalog entdeckt. Zuerst stand Sophie im Schatten ihrer toten Mutter, dann in dem ihres reichen Vaters. In Paris, wohin sie in den 30er Jahren flüchtet, stand sie bald in dem des Malers Paul-Raymond Fugin (von dem das Gemälde stammt) und deren Partnerin Cloé – trotzdem lies sie sich auf eine Ménage à trois mit ihnen ein. „Unter dreien ist immer einer der Dritte. Und die anderen beiden sind zu zweit.“ (S. 185). 1939 verstarb Sophie bei der Geburt ihrer Tochter Pauline (Emilias Mutter). Diese wuchs daraufhin bei Verwandten in Baden-Baden auf.

Emilia kennt ihre Großmutter nicht. Aber nun ist da dieses Gemälde und zieht sie in ihren Bann, denn sie sieht Sophie so unglaublich ähnlich. Emilia kann nicht wiederstehen und liefert sich eine wahre Bieterschlacht mit einem älteren, distinguierten Herren. Erst als er ihr Gesicht sieht, lässt er sie gewinnen – warum?

Emilia ist in der Mitte ihres Lebens angekommen. Ihre Söhne sind erwachsen und erst vor kurzem ist eine Affäre ihres Mannes aufgeflogen. Sie weiß nicht, wie sie damit umgehen soll, fühlt sich entwurzelt und sprachlos. Ihre Mutter Pauline kann ihr in dieser schwierigen Situation nicht helfen, sie ist psychisch krank und weiß kaum, welches Jahr gerade ist.
Das Gemälde und die Suche nach dessen Geschichte sind eine willkommene Ablenkung, auch wenn Emilias Mann das anders sieht. Und dann ist da noch das Haus im Lubéron, welches Pauline erst vor kurzem von Sophie geerbt hat – warum erst so spät nach deren Tod? Kurzentschlossen reist Emilia das 500-Selen-Dorf und hofft, dort mehr über Sophie zu erfahren. „Es ist nichts Verwerfliches dran, nach seinen Wurzeln zu fahnden.“ (S. 107)

Rückblickend tauchen wir mit Sophie ins Paris der 30er Jahre ein. Sie ist erst 18 und fühlt sie sich endlich frei und lebendig. Sophie arbeitet als Gesellschafterin einer älteren Dame, in ihrer Freizeit fotografiert sie. Ihr Vorbild ist Picassos Geliebte Dora Maar. Eines Tages spricht der Maler Fugin sie im berühmten Café de Flore an, ihre Schwarzweißfotografien gefallen ihm sehr. Erst wird sie sein Modell, später seine Geliebte. Doch da ist auch noch Cloé: „Die Tragik steckt nicht im Detail, sondern im Gesamten.“ (S. 202)

Bettina Storks hatte mich mit der Geschichte der drei Frauen sofort gefesselt. Ich habe die knapp 500 Seiten an nur 2 Abenden förmlich inhaliert. Die sehr komplexen Protagonisten und verwobenen Handlungsstränge lassen es eigentlich kaum zu, dass man das Buch überhaupt aus der Hand legen möchte.
Dazu kommt das wunderbare Setting. Ich liebe Paris, kenne das Marais, das Quartier Latin, den Place des Vosges und all die anderen Plätze, die Sophie bzw. Emilia besuchen. Zudem kann mich nach diesem Buch auch der von der Autorin beschriebene Mistral kaum davon abhalten, unbedingt mal ins Lubéron reisen zu wollen. Am bewegendsten aber waren für mich die Szenen in Dieulefit. Diese Stadt hatte seinen ganz eigenen Weg, den Nazis zu trotzen und bringt auch bei Emilias Nachforschungen eine entscheidende Wende. „Die Wahrheit bahnt sich ihren Weg.“ (S. 305)

Emilias Suche ist extrem spannen, fast schon ein Krimi, und ändert am Ende nicht nur ihr eigenes Leben. „Da, wo wir auf Widerstand stoßen, ist meistens der richtige Weg.“ (S. 205)