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Veröffentlicht am 06.05.2018

Ein bildhafter Liebesroman mit kleinen Schwächen

Das Zedernhaus
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London zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Mit großer Vorfreude sieht die junge Victoria Bredon ihrer Hochzeit mit dem Reporter Jeremy Ryder entgegen. Doch ihr Glück und die gemeinsame Lebensplanung nehmen ...

London zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Mit großer Vorfreude sieht die junge Victoria Bredon ihrer Hochzeit mit dem Reporter Jeremy Ryder entgegen. Doch ihr Glück und die gemeinsame Lebensplanung nehmen ein jähes Ende, als ihr Verlobter im Auftrag des britischen Geheimdienstes nach Indien reisen soll, um bei der Aufklärung eines Attentats auf den Vizekönig zu helfen. Doch nicht nur, dass die Hochzeit verschoben werden muss, Jeremy verschwindet plötzlich und Victoria muss um sein Leben flüchten. Gemeinsam mit ihrem treuen Butler Hopkins begibt sie sich auf die Reise ins ferne Indien. Dort stoßen sie auf Geheimnisse, politische Intrigen und die Geschichte des Waisenjungen Mahi, der unfreiwillig Zeuge des Mordanschlags wurde und nun ebenso spurlos verschwunden ist. Die Hindernisse scheinen unüberwindlich und Victoria muss sich die Frage stellen: Wird sie Jeremy lebend finden?


Nach „Die rubinrote Kammer“ und „Das Geheimnis des Rosenzimmers“ ist „Das Zedernhaus“ bereits der dritte Roman aus der Victoria Bredon – Reihe von Pauline Peters. Obwohl es für mich das erste Buch der Autorin war, hatte ich keine Probleme in die Geschichte hinein zu finden. Die Bücher sind alle in sich abgeschlossen und die Autorin liefert zu Beginn einen guten Überblick über alle Charaktere. Mit nur einigen kurzen Erläuterungen bezieht sie sich auf das vergangene Geschehen und trifft somit genau das richtige Maß, um den Leser zu informieren, ohne ihn zu langweilen. Dadurch hat sie bei mir gleich zu Beginn den Wunsch geweckt, die vorherigen Romane noch nachträglich zu lesen.


Die Autorin hat einen sehr lebendigen Schreibstil. Besonders haben mir die detaillierten und synästhetischen Beschreibungen des lebhaften und farbenprächtigen Indiens gefallen, die zunächst aus der Sicht des stummen Waisenjungen Mahi geschildert werden. Der kleine indische Junge hat sich dank seiner neugierigen und kecken Art und seinem detektivischen Spürsinn schnell zu meinem Lieblingscharakter entwickelt. Aber auch die anderen Figuren wirken recht authentisch: Victoria ist einerseits eine, für ihre 17 Jahre, ziemlich reife junge Frau, die sich bei den Suffragetten engagiert und auch sonst den Konventionen trotzt. Andererseits zeigt sich in emotionalen Momenten, dass sie doch noch sehr jung und impulsiv ist und oft unüberlegt handelt. Teilweise wirken die Figuren aber auch zu übertrieben und klischeehaft: Der geheimnisvolle und überaus attraktive Märchenprinz Kintu und der warmherzige überaus britische Butler, der wirklich alles kann (vom Beschaffen gefälschter Ausweise, über Golfen, bis hin zum Kochen mehrgängiger Menüs auf einem Feldkocher), sind Beispiele für zwar sympathische aber auch unglaubwürdige sowie überspitzt dargestellte Charaktere.
Leider hat sich dann auch meine anfängliche Freude, zusammen mit Victoria und Hopkins auf eine abenteuerliche Reise zu gehen, im mittleren Teil der Handlung gelegt. Das lag zum einen daran, dass mir die Perspektive von Mahi und Jeremy fehlte, dessen Handlungsstrang nach dem Verschwinden zum Erliegen kam. Zum anderen konnte die Spannung, die zu Beginn noch aufgebaut wurde nicht aufrechterhalten werden. Dramatische Momente sind allzu selten und schnell wieder vorbei, da sich alles in Wohlgefallen auflöst. Viel zu oft wiederholt sich dasselbe Schema: Der vermeintliche Feind wird zum Freund und regelt das Geschehen für die Protagonisten. Und auch das Ende war – sowohl den Ausgang der Geschichte als auch die privaten Konsequenzen betreffend – durch wenig subtile Andeutungen leider zu vorhersehbar. Ich hätte mir mehr Schwierigkeiten, mehr Unvorhergesehenes, mehr Spannung und deutlich mehr Abenteuergefühl gewünscht.

Alles in allem ist „Das Zedernhaus“ sehr bildhaft geschrieben und bietet kurzweilige Unterhaltung. Dadurch, dass die Sprache recht einfach und die Handlungsstränge wenig komplex gestaltet sind, ist das Buch flüssig und gut zu lesen. Eine leichte Lektüre, bestens geeignet für den Strand oder das Freibad; also für Momente, in denen man etwas lesen möchte, worauf man sich nicht sonderlich zu konzentrieren braucht, wenn man kurz abschalten und in das exotische Indien der britischen Kolonialzeit abtauchen möchte.

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