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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.05.2018

Cool sein wird überschätzt

Das Paar aus Haus Nr. 9
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Sara und ihr Mann Neil leben im Londoner Vorort mit ihren zwei Söhnen, dem zehnjährigen Caleb und dem jüngeren Patrick; Neil hat Chancen auf eine leitende Stellung, sie arbeitet ein wenig nebenbei. Da ...

Sara und ihr Mann Neil leben im Londoner Vorort mit ihren zwei Söhnen, dem zehnjährigen Caleb und dem jüngeren Patrick; Neil hat Chancen auf eine leitende Stellung, sie arbeitet ein wenig nebenbei. Da bricht der Einzug der neuen Nachbarn wie ein Tsunami in das geordnete, aber auch ein wenig langweilige Leben ein: die Künstler Lou und Gavin mit ihren drei Kindern leben so völlig anders. „Sara fragte sich, wie es wohl wäre, so zu leben – anzuziehen, was einem gefiel, zu essen, wann man wollte, und aus einer Laune heraus Leute einzuladen.“ Während Sara versucht, mitzuhalten, entgleitet und ihr und bald auch Neil so einiges. Bereits die erste Seite des Buches deutet an, wo das endet.

Es ist kein Krimi und es endet auch nicht wirklich tragisch (keine Leichen, kein Mordversuch), soweit vorab zur Erwartungshaltung. Die „große Welt“ hält Einzug, wenn Lou und ihr Mann Gavin eine Party schmeißen: „Das waren keine Leute aus der Nachbarschaft. Sie sahen aus, als wären sie in einer New Yorker Avantgarde-Galerie aufgelesen und extra eingeflogen worden.“ Sara will unbedingt dazugehören, wobei ihr ihre alten Freunde peinlich werden. Das verzweifelte Bemühen wirkt fast komisch: „Was würde sie tun, wenn jemand ihr Kokain anbot? Ablehnen wahrscheinlich. Schließlich musste sie sich um die Kinder kümmern, und außerdem würde sie es doch nur blöd anstellen und sich blamieren.“ Vereinfacht: Sara schmeißt sich ran und fühlt sich doch nie ebenbürtig. Die Verflechtung mit den Nachbarn wird stets verstärkt, gemeinsame Freizeit, finanzielles Engagement, ein Urlaub, die Kinderbetreuung.

Das ist gut geschrieben und in sich schlüssig - zumindest wenn man akzeptiert, warum sich Sara so dämlich verhält. Ich war auch einmal jung und dumm und wäre gerne cool gewesen, aber ich habe immer zu gerne gelesen, zu viel Angst vor Drogen gehabt und zu wenig Lust auf windige Geschäfte. Cool sein wird überschätzt. Und in Saras Alter sollte das langsam klar sein. Und genau hier zeigt sich mein Problem: ich las da etwas, von dem ich genau wusste, dass das so nicht gut gehen kann, wie gesagt, gut geschrieben, aber ich mag nicht nachvollziehen, warum sich jemand langfristig auf solche Windbeutel einlässt nur für ein wenig theoretische Abwechslung und angeblichen Glamour. Mir fallen leider nur englischsprachige Begriffe ein: Lou betreibt hauptsächlich „name-dropping“, während für Sarah zu gelten scheint „the grass is always greener on the other side“. Ja, das gibt’s – aber welcher Idiot macht das so lange mit? Gut ge- und beschrieben, dennoch. Ich würde ein zweites Buch der Autorin lesen.

3 Sterne.

Veröffentlicht am 15.05.2018

Unter Tieren

In den Fängen des Löwen
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Bei den Vorbereitungen zu einem Bauprojekt wird von einer Drohne zufällig eine Kinderleiche gefunden, auf grausame Weise ist der kleine Junge aus einem Asylbewerberheim zu Tode gekommen. Die Polizeieinheit ...

Bei den Vorbereitungen zu einem Bauprojekt wird von einer Drohne zufällig eine Kinderleiche gefunden, auf grausame Weise ist der kleine Junge aus einem Asylbewerberheim zu Tode gekommen. Die Polizeieinheit rund um Zack Herry und seine Kollegin Deniz Akin nimmt die Ermittlungen auf; bald führt die Aufmerksamkeit eines anderen Bewohners des gleichen Heims sie auf eine heiße Spur. Doch sind die Verdächtigen auch die Mörder des Jungen?
Warnung: nichts für Empfindsame. Es gibt hier wenig, was nicht Bestandteil des Thrillers ist; Opfer sind Kinder (ja, Plural).

Der Roman liest sich wie ein modernes Action-Movie. Beginn, Schnitt, Szenenwechsel, nächster Schnitt, wieder Wechsel. Die Kapitel haben zumeist nur wenige Seiten, dann kommt eine andere Szene, meist in völlig anderem Kontext. Gerade der Beginn nimmt einiges vorweg, was sich an dieser Stelle aus dem Kontext nicht im Ansatz erklärt – der Schreibstil an sich gefiel mir, aber diese Sprünge empfand ich mehr als hektisch denn als rasant, ich brauchte etwas mit dem Buch. Spannend ist die Geschichte, ja, actionreich – aber doch reichlich heftig. Es gibt ja dieses Klischee mit dem „beschädigten Ermittler in einem Buch“. Diesem Buch fehlt dieser – stattdessen sind anscheinen ALLE beschädigt. Der trockene Alkoholiker, der Kokser, der blinde Kommissar, die aus Kurdistan vor Zwangsverheiratung geflohene Kollegin trifft sich mit einer Frau – und natürlich der wohl richtig kaputte Kollege, der glücklich verheiratete dreifache Familienvater, der pünktlich nach Hause geht. Nun ja – etwas viel.

Dazu ist die Handlung selbst düster, Schnee, Januar, der beste Freund des einen Protagonisten ist Drogendealer, die andere Protagonistin kann ihre Gefühle nicht ausdrücken, im Verhörraum wird ein Verdächtiger geprügelt und der Chef der Abteilung löscht die Aufnahmen. Während auf einer Seite Meth genommen wird und dazu Fast Food inhaliert, lesen sich andere Stellen wie eine Designzeitschrift zu Schweden, Arne Jacobsen und so weiter.

Der Band ist der zweite in einer Reihe, der erste hieß „Die Fährte des Wolfes“, im Original „Zack“ nach dem einen der Protagonisten. Dieser zweite heißt im Original Leon (das hat etwas mit der Handlung zu tun und erklärt sich recht früh) – unübersetzt sind noch „Bambi“ (vielleicht „Die Spur des scheuen Rehs“?) und „Heroine“. Ich konnte ohne Vorkenntnisse folgen, es gab aber einige düster-orakelnde Bemerkungen zu früheren Vorfällen. Schön wäre es gewesen, wenn nicht nur aus dem Klappentext hervorgegangen wäre, dass es sich um eine Eliteeinheit handelt – im Buch kam das einmal und sehr spät. Als Kunstgriff scheint es einen „Rahmenfall“ zu geben, der Zacks Hintergrund betrifft und der parallel durch die Bände relevant ist. Clever, so kann man die eigentliche Handlung abschließen und trotzdem einen Cliffhanger positionieren, der aber die Leser nicht völlig vergrätzt. Wie soll ich das ausdrücken? Ich war gerade so in der Stimmung für so ein Buch, der Tag war nicht so toll. Ganz ernst nehmen mag ich das trotzdem nicht – gab es jemanden bei den „Bösen“, der nicht an- oder erschossen wurde???

Nicht gaaaanz schlimm, aber auch nicht wirklich gut. 3 Sterne.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Genau so stark begonnen, wie es zum Ende hin nachgelassen hat, leider

Eine englische Ehe
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Erster Satz: „Gil Coleman blickte aus dem Fenster der Buchhandlung im ersten Stock und sah seine tote Frau unten auf dem Gehweg.“ S. 5
Ich zitiere sonst keine ersten Sätze, aber hier geht es sogar auf ...

Erster Satz: „Gil Coleman blickte aus dem Fenster der Buchhandlung im ersten Stock und sah seine tote Frau unten auf dem Gehweg.“ S. 5
Ich zitiere sonst keine ersten Sätze, aber hier geht es sogar auf dieser Seite weiter: „Wenn er eine umgeknickte Ecke oder ein paar unterstrichene Zeilen entdeckte, hielt er einen Moment inne und blätterte dann weiter, als wollte er die Seiten ermuntern, ihm das zu offenbaren, was sich möglicherweise zwischen ihnen verbarg.“

Der Hintergrund? Ingrid studiert, und wie ihre beste Freundin und Mitbewohnerin Louise will sie vor allem nicht so werden wie ihre Mütter, sondern reisen, freier sein, Karriere machen, sich nicht opfern für Kinder, Küche, Kirche. Dann entbrennt Ingrid für ihren Dozentin Gil.

Die Handlung ist eine Mischung aus Briefroman und der Erzählebene in der Gegenwart. Die Briefe wechseln zwischen zwei weiteren Zeitebenen und sind ausschließlich von Ingrid geschrieben – schrittweise erzählt sie über den Beginn mit Gil sowie über das, was zum Ende der Beziehung geschah, denn Ingrid ist nicht mehr da. Sie verschwand, als die gemeinsamen Töchter 10 und 15 Jahre alt waren. Doch Ingrid hat die Briefe nie abgesendet, stattdessen benutzte sie die vielen Bücher im Hause als eine Art „tote Briefkästen“.

Es gibt so vieles, was mich im Einstieg faszinierte: etliche Sätze zum Herausschreiben, besonders zu Buch- und Beziehungsthemen, das Konzept des „gemischten“ Briefromans, bei dem man gar nicht bemerkt, dass es einer ist, verschiedene Motive wie das Schwimmen von Tochter Flora und Ingrid, die Geschwisterbeziehung, die verstreuten Zähne, die Briefe passend zu den Buchverstecks-Titeln, die wiederholte Frage „was ist das Schlimmste, das passieren könnte“, Gils Idee von Familie und die Realität. Das trug etwa vier Fünftel des Buches ganz gut. Ganz gut? Es war etwas viel, denn dazu kamen noch diverse Hausfreunde, nackt zu schwimmen um jeden Preis oder synästhetische Beschreibungen zu Flora (S. 209 „Zeichnen war für sie der Geruch von Sahne, ein klumpiges, buttriges Gelb.“) Endgültig überzogen wurde es mir dann mit dem Schluss, der unbedingt einen letzten Auftritt (fast?) aller beinhalten musste, einen seltsamen Abgang (wer präferiert Feuer außer Gestörten?), Friede-Freude-Eierkuchen im Schreibhaus, ein Versanden der genannten Motive (was ist denn nun das Schlimmste, was passieren kann; wozu die Synästhetik, weshalb Nans angedeutete sexuelle Orientierung, usw.) sowie die Frage, um was es denn nun wirklich gehen sollte im Buch: war Ingrid nun depressiv oder naiv oder egoistisch oder (spät) entschlossen oder… und so geht es nun dummerweise zu jeder anderen aufgeworfenen Frage im Buch. Dummerweise hatten Lektorat und/oder Übersetzung geschlampt, einige Aussagen passten nicht zueinander, zum Beispiel der Termin der Geburt der älteren Tochter, Nan: S 180: es ist der 4. August 1977 und Nan ist 3 Monate und 4 Tage; ich errechne daraus den 1. April. Jedoch steht auf S. 153 es ist 29. April 1977 weiter am gleichen Tag, S. 158, das Baby soll übernächste Woche kommen. Dann S. 168 12 Juni, das Baby kommt (das hat auf die Handlung keine Konsequenzen, es ist nur irgendwie ohne Respekt gegenüber dem Leser).


Als hätte ich Zuckerwatte gegessen: groß und verlockend und verworren, dann jedoch viel Luft dabei, vieles Künstliches und zum Schluss ist man nicht satt geworden, aber mag nicht mehr und fragt sich, warum.

Im Original "Swimming Lessons" oder "Von Leuten, die sich nie freischwimmen" - meine Omma hätte gesagt "die nie in die Pötte kommen"

gute 4 Sterne für den Beginn, Totalabsturz dann: 3 Sterne.

Veröffentlicht am 12.03.2018

I Do Solemly Swear

Der Präsident
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Ich habe die Originalfassung gelesen.
deutscher Text am Ende (German version underneath)


Two Washington officials have got a problem. A nuclear war could only just be stopped from beginning and they ...

Ich habe die Originalfassung gelesen.
deutscher Text am Ende (German version underneath)


Two Washington officials have got a problem. A nuclear war could only just be stopped from beginning and they both fear the next similar situation might occur soon. They know they have to prevent this from happening. That does sound like a perfect starting point for a thriller.

The United States have elected a new President. Important consultants are his pretty daughter and his son-in-law. He has a model wife. He twitters. He spouts racist remarks. He ridicules women. There are lots of “Not My President“ signs and protests around. He is a successful businessman. That does sound familiar. In this book, the newly elected President (but without a name, somehow) has all of the above characteristics. And one night, when he feels humiliated by something the North Korean President said, he is about to launch nuclear missiles. Only a white lie from his staff stops him. “A single scandal could destroy a good president, but a thousand scandals gave a bad president immunity. The worse he behaved, the more he could act with impunity.“ (Chapter 42)

Well. I am German, so obviously “Not My President“. Still, I dislike the book’s title “To Kill the President“. I do not think killing is ever a solution, especially after a democratic vote, not even in fiction. So the ground plot of this book gave and gives me creeps – and this despite of feeling a profound dislike of Mr Trump. What I dislike most is, yes, really, bad behaviour: I believe that people tend to go by what they are used to seeing all the time, and the way the mere style of interaction changed in politics, might change interaction in general, I fear.
So, a nice idea for a book on a, say “obviously invented“ Mr President. Not like that, sorry. So, a start that made my interrupt all of the time.

Then the middle got to me, a revelation I had expected was followed by several unexpected twists, and a few rather brilliant sentences. “The President is every white man in America with the filter taken off. … And that’s why they voted for him. Because he’s who they would be, if they could get away with it. He makes billions, pays no tax, never pays his bills, dumps his wives as soon as they sag even a teeny bit and marries a younger model – literally! – he insults everyone who gets in his way, say whatever damn he well likes and he only gets richter and stronger. …He’s the toddler within every on of us, allowed to run free. …He’s like a dream come true. He’s like America when it started, when white dudes could ride around this country on horseback, shooting Indians and screwing the squaws, ….“ Chapter 42 That 25 % of the book was brilliant.

But all books have to come to an end, with certain expectations of the reader when the book is a thriller: evil has to be put down or some sinister remark on evil to prevail. On the way there, I encountered a bid too much dark foreboding about constantly hinting at the dark secret Maggie has that makes her (feel) guilty. And the ending, really, everything to unwind THAT easily? No fight back claiming “fake news“, no futher assaults? And, honestly, she thinks about making even a phone call to Stuart Goldstein? Chapter 44 Oh, and the author Sam Bourne (an alias) is actually British – from my point of view, a German like me or a British author might well write historical fiction with real persons from other countries or contemporary fiction with invented characters – get that close to real persons should be left to those from their own countries, as a matter of respect for their topical decisions. Blame your own folks and not pretend you know how another people’s situation really is like, but that is my personal opinion.


Strong in the middle, week ending and, sorry, no-good-behaviour beginning.

NotMySortOfBehaviour neither in fiction nor in the topical reality nor in writing this.



Zwei Washingtoner Amtsträger haben ein Problem. Der Beginn eines Nuklearkrieges konnte gerade noch verhindert werden und beide fürchten nun das Auftreten einer ähnlichen Situation. Sie wissen, dass sie das verhindern müssen. Das klingt wie die perfekte Ausgangslage für einen Thriller.

Die Vereinigten Staaten haben einen neuen Präsidenten gewählt. Wichtige Berater sind seine hübsche Tochter und sein Schwiegersohn. Seine Frau war ein Modell. Er äußert rassistische Bemerkungen. Er setzt Frauen herab. Es gibt viele Schilder mit der Aufschrift „Nicht mein Präsident“ und Proteste. Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann. Das klingt vertraut. In diesem Buch hat der neu gewählte Präsident (der irgendwie namenlos bleibt) alle diese Merkmale. Und eines Nachts, nachdem er sich durch eine Aussage des Nord-Koreanischen Präsidenten beleidigt fühlt, geht er daran, Nuklearwaffen zu starten. Nur eine barmherzige Lüge seiner Mitarbeiter bremst ihn. “A single scandal could destroy a good president, but a thousand scandals gave a bad president immunity. The worse he behaved, the more he could act with impunity.“ (Kapitel 42)

Nun ja. Ich bin Deutsche, somit logischerweise „Nicht mein Präsident“. Nichtsdestrotrotz missfällt mir der Originaltitel von „Der Präsident“, „Den Präsidenten töten“. Mord kann keine Lösung sein, besonders nicht nach einer demokratischen Wahl, nicht einmal fiktiv. Somit bereitet und bereitete mir der Plot dieses Buches Bauchweh – und das trotz meiner tiefen Abneigung gegen Herrn Trump. Was mir am meisten missfällt, ist, ja tatsächlich, schlechtes Benehmen: ich bin überzeugt, dass Menschen annehmen, was sie häufig zu sehen bekommen; und somit könnte der Stil, zu dem sich die politischen Auseinandersetzungen verändert haben, auch die generell Auseinandersetzung verändern, wie ich befürchte. Somit ist das hier eine nette Idee für eine Handlung mit einem offensichtlich erfundenen Präsidenten. Aber nicht so, sorry. Somit ist das ein Anfang, der mich dauernd zu Unterbrechungen zwang.

Der mittlere Teil hat mich dann mitgerissen, eine von mir erwartete Enthüllung wurde gefolgt von diversen unerwarteten Wendungen und dazu gab es einige wirklich brilliante Sätze. “The President is every white man in America with the filter taken off. … And that’s why they voted for him. Because he’s who they would be, if they could get away with it. He makes billions, pays no tax, never pays his bills, dumps his wives as soon as they sag even a teeny bit and marries a younger model – literally! – he insults everyone who gets in his way, say whatever damn he well likes and he only gets richter and stronger. …He’s the toddler within every on of us, allowed to run free. …He’s like a dream come true. He’s like America when it started, when white dudes could ride around this country on horseback, shooting Indians and screwing the squaws, ….“ Kapitel 42 DAS Viertel des Buches war klasse.

Aber alle Bücher müssen ein Ende haben, wobei es bei Thriller-Lesern da gewisse Erwartungen gibt: Das Böse muss zur Strecke gebracht werden oder es gibt einige düstere Bemerkungen über den Fortbestand des Bösen. Hier waren es mir etwas zu viele düstere Voraussagen, indem permanent angespielte wurde auf das dunkle Geheimnis umd Maggies (gefühlte) Schuld. Und das Ende, sollte sich das ernsthaft alles SO leicht auflösen? Kein Rückschlag, der behauptet, es handle sich um „fake news“, keine weiteren Angriffe? Und sie denkt WIRKLICH über einen Telefonanruf an Stuart Goldstein nach (Kapitel 44, ich habe zurückgeblättert)? Ach, und Autor Sam Bourne, das ist das Pseudonym eines Briten – nach meiner Meinung sollte eine Deutsche wie ich oder ein britischer Autor gerne historische Romane schreiben über echte Personen aus anderen Ländern oder Gegenwarts-Literatur mit erfundenen Charakteren, aber sich auf echte Personen der Gegenwart in einem fiktiven Werk derart „einzuschießen“ (im Wortsinne), das sollte man vielleicht doch deren Landesangehörigen überlassen, als eine Art von Respekt für deren Entscheidungen. Tadelt Eure Landsleute und tut nicht so, als könntet ihr wirklich nachvollziehen, wie die Situation an einem anderen Ort gerade wirklich ist, aber das ist nur meine persönliche Sichtweise.

Stark in der Mitte, schwach am Ende, und, bei aller Liebe, kein Anfang mit einem guten Stil.

nichtMeinBenehmen, weder in der Fiktion noch in der gegenwärtigen Realität noch als Buchidee.

Veröffentlicht am 12.02.2018

I am torn

Underground Railroad
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Ich habe die Original-Ausgabe gelesen.

Deutscher Text am Ende

Slavery is one of the darkest chapters of human history. Now, must one like a book that describes the cruelty of the 1850‘s systematic enslavement, ...

Ich habe die Original-Ausgabe gelesen.

Deutscher Text am Ende

Slavery is one of the darkest chapters of human history. Now, must one like a book that describes the cruelty of the 1850‘s systematic enslavement, torture, abuse, manslaughter, neglect, hunting down of the black and colored population in the US by their white compatriots? Well, I acknowledge with respect what the author attempted to. I simply adored Yaa Gyasi's “Homegoing“ with a similar topos, so that tinted my perception. I liked the last 100 plus pages of this book, but they came after I had to force myself through the middle.

The book is largely Cora’s story, who grew up on a Georgia plantation as a slave. Abandoned at an early age when her mother fled, Cora was accustomed to brutality both from her “owners“ and from her fellows, until Cesar, a slave who had experienced relative freedom with his former owner, persuades her to join his flight. And off they go via the Underground Railroad, the system to help escaped slaves to freedom.

Here are my issues:

Author Colson Whitehead take that “Railroad“ literally, so Cora finds herself on a real train underground. This was discussed wildly among readers and one should also be aware (especially if without a US-background like me) that Whitehead sort of condenses some more events from a larger timescale and from different locations into the shorter span his story covers. Rather than “magical realism“ this should make the book “alternate history“, thus, SF – and received a price in that genre, too. https://www.theguardian.com/books/2017/jul/27/colson-whitehead-adds-arthur-c-clarke-award-the-underground-railroad" target="_blank">https://www.theguardian.com/books/2017/jul/27/colson-whitehead-adds-arthur-c-clarke-award-the-underground-railroad

But the railroad is also sort of a motif all over to get his point through – like when the curator at the museum with the “Africa“-theme says “Some people never left the county where they were born … .Like a railroad, the museum permitted them to see the rest of the country beyond their small experience…“ p 109 or p 68 “When the slaves finished, they had stripped the fields of their color. It was a magnificent operation, from seed to bale, but not one of them could be prideful of their labor. I had been stolen from them. Bled from them. The tunnel, the tracks, the desperate souls who found salvation in the coordination of its stations and timetables – this was a marvel to be proud of.“

There is another, naval, theme which I liked better, like when Cora hides in the upper attic and the form reminds her of an overturned ship. When the prosecutors come they seem to her like sharks, with her, the human pray, only seperated by thin planks. Both motifs appear when the black slaves are replaced by Irish workers “Cora figured that a new wave of immigrants would replace the Irish, fleeing a different but no less abject country, the process starting anew. The engine huffed and groaned and kept running. They had merely switched the fuel that moved the pistons.“ p 171

And yet another motif is the "trade" - black people are treated like merchandize, later, like livestock.

Overall, I found it a bit strained, a bit too much for just a ittle over 300 pages. I figure these themes rather sum up the authors message - I get the picture, but to me, it is to week to justify the adjustment of the story around it, especially the "real railroad" portion.

I love to be able to pick commemorable quotes – unlike Gyasi, Whitehead’s language did not spoil me, sorry. I know there a limits as a non-native speaker, but some of the language I even found squirmish – why write gourds rather than pumpkins p 110, or like p 91 “The basket contained victuals.“ Sorry if it is my German mother tongue, but I read similar from readers of the translated version, you have to read a number of sentences twice to sort of punctuate them in your head to get the meaning - though it is difficult to give an exemple without copying whole pages.

Then the issue of brutality – I found it too much. Yes, this happened, it WAS brutal – it made my stomach rise and I guess those who are not appalled are rather those that should be addressed (those who are shocked by Anthony's torment got the message anyway). This is no point of turning away. Yes, whippings and torture a despicable – but the issue is to me to convey a) the effect = permanent fear b) the result = being kept down c) the reason = “because“! (because they can, because humans unfortunately tend prey on their fellow man,…)

In between, Cora bored me. Often, nothing happend but mere repetitions, so even a bad incident to her, to me brought at least the “relief“ of novelty. And all of the sudden, for the last 100 pages, the novel caught up with me again - but, on the other hand, sort of "frayed out at the edges" - too many sub-storylines, too much of the feeling of trying to hard to make some stories come full circle.


The topic is important. That does not mean I have to like each book with it. 3 stars, and trust me, I regret it as I expected so much after the wonderful wonderful "Homegoing". http://www.lesejury.de/rezensionen/deeplink/75593/Product

This interview https://www.npr.org/2016/11/18/502558001/colson-whiteheads-underground-railroad-is-a-literal-train-to-freedom" target="_blank">https://www.npr.org/2016/11/18/502558001/colson-whiteheads-underground-railroad-is-a-literal-train-to-freedom points out which portions Whitehead "added" to the historical context.

Quote "once I made the choice to make a literal underground railroad, you know, it freed me up to play with time a bit more. And so, in general, you know, the technology, culture and speech is from the year 1850. That was my sort of mental cutoff for technology and slang. But it allowed me to bring in things that didn't happen in 1850 - skyscrapers, aspects of the eugenics movement, forced sterilization and the Tuskegee syphilis experiment."




Another book that plays putting an abstract concept (the flight route) to the real world (doors opening which offer flight) is"Exit West" - (hence the link to "The Underground Railroad"). I loved Exit West, but even more in comparison to that, Whitehead did not do as good as that!
http://www.lesejury.de/rezensionen/deeplink/51217/Product



Die Sklaverei ist eines der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte. Muss man also ein Buch mögen, das genau diese Grausamkeit beschreibt, die Sklaverei um 1850 mit der systematischen Versklavung, Folter, dem Missbrauch, Abschlachten, der Vernachlässigung und der Jagd auf die schwarze und farbige Bevölkerung der USA durch deren weiße Mitbürger? Nun, ich erkenne mit Respekt an, was der Autor angestrebt hat. Ich habe das Buch "Heimkehren" von Yaa Gyasi mit einem ähnlichen Thema so grandios gefunden, dass das meine Wahrnehmung beeinflusst. Ich mochte die letzten gut 100 Seite dieses Buches, aber die kam natürlich erst, nachdem ich mich durch die hindurchzwingen musste.




Das Buch ist weitestgehend die Geschichte von Cora, aufgewachsen auf einer Plantage in Georgia als Sklavin. Von ihrer geflohenen Mutter wurde Cora bereits jung verlassen und ist die Brutalität gewöhnt sowohl von ihren "Besitzern" als auch von ihresgleichen, bis Mit-Sklave Cesar, der bei seinem vorigen Besitzer relative Freiheit erfuhr, sie überredet, mit ihm zu fliehen. Sie verschwinden mit der "Underground Railroad", (Untergrund-Eisenbahn), dem System, das entflohenen Sklaven in die Freiheit verhilft.




Hier sind meine Kritikpunkte:




Autor Colson Whitehead nimmt den Begriff der "Eisenbahn" wörtlich, wodurch Cora sich in einem echten Tunnelsystem wiederfindet.

Das wurde unter Lesern heiß diskutiert, man sollte sich aber vor allem bewusst machten, dass Whitehead noch weitere Ereignisse aus einem längeren Zeithorizont heraus und von verschiedenen Orten quasi kondensiert in den kurzen Ereignishorizont, den seine Geschichte abdeckt (was vor allem Lesern außerhalb der USA nicht unbedingt auffällt). Damit ist sein Buch statt "magischem Realismus" eher "alternative Geschichte", somit ein S/F - Subgenre. Genau für S/F hat das Buch entsprechend auch einen Preis erhalten. https://www.theguardian.com/books/2017/jul/27/colson-whitehead-adds-arthur-c-clarke-award-the-underground-railroad" target="_blank">https://www.theguardian.com/books/2017/jul/27/colson-whitehead-adds-arthur-c-clarke-award-the-underground-railroad

Die Eisenbahn ist jedoch auch ein generelles durchgängiges Leitbild - so sagt der Kurator der Museumsausstellung zu Afrika: “Some people never left the county where they were born … .Like a railroad, the museum permitted them to see the rest of the country beyond their small experience…“ S. 109 oder auf S. 68 “When the slaves finished, they had stripped the fields of their color. It was a magnificent operation, from seed to bale, but not one of them could be prideful of their labor. I had been stolen from them. Bled from them. The tunnel, the tracks, the desperate souls who found salvation in the coordination of its stations and timetables – this was a marvel to be proud of.“




Es gibt ein weiteres maritimes Leitmotiv, das mir besser gefiel, so vergleicht Cora ihr Versteck im oberen Dachboden mit einem umgedrehten Schiff. Die Verfolger im Haus erscheinen ihr wie Haie, von ihr als menschlicher Beute nur durch dünne Planken getrennt. Beide Leitmotive tauchen auf, als die schwarzen Sklaven ersetzt werden durch irische Arbeiter: “Cora figured that a new wave of immigrants would replace the Irish, fleeing a different but no less abject country, the process starting anew. The engine huffed and groaned and kept running. They had merely switched the fuel that moved the pistons.“ p 171


Ein weiteres Leitmotiv ist aus dem Handel - schwarze Menschen als Handelsware, später als Lebendinventar.

Insgesamt ich fand es etwas zu überstrapaziert, zu viel für nur knapp über 300 Seiten. Ich schätze, diese Leitmotive stellen das Fazit der Botschaft des Autors - ich verstehe die Aussage, mir ist das nur zu schwach, um die Geschichte darum zu rechtfertigen, besonders den Anteil mit der echten Eisenbahn.


Ich liebe es, erinnerungswürdige Zitate herauszuschreiben - im Gegensatz zu Gyasi, hat mich hier die Sprache von Whitehead jedoch nicht verwöhnt, leider. Ich weiß, dass es bei meiner Lektüre des Original-Texts Grenzen für mich als nicht-Muttersprachlerin gibt, aber einiges an der Sprache war für mich unrund und gewollt - "gourds" statt "pumpkins" (Kürbisse) S. 110 oder S. 91 "Viktualien" (victuals) in einem Korb. Ich würde es ja auf mich schieben, hätten ich nicht von Lesern der übersetzten Version von ähnlichen Problemen gelesen. Manche Sätze sind so gewunden, dass man sie zweimal lesen muss, um ihre Bedeutung zu erfassen - ich müsste ganze Seiten herausziehen, um ein Bespiel zu geben.

Dann die Brutalität - mir war es zu viel. Ja, das geschah, es WAR brutal - mir stieg der Mageninhalt nach oben. Doch ich schätze, mit so einem Buch sollte man eher die Leser ansprechen, die NICHT schockiert sind, die anderen haben das schon bei der Folter von Anthony verstanden. Es geht nicht darum, es nicht wissen zu wollen. Ja, Auspeitschung und Folter sind verachtenswert, ich halte jedoch für viel wichtiger, als Autor zu übermitteln,

a) was der Effekt davon ist = permanente Angst

b) was das Ergebnis ist = systematisches Unterdrücken

und c) warum das getan wurde = weil! ( weil man es konnte, weil Menschen leider ihre Mitmenschen ausbeuten).




Zwischendurch hat mich Cora gelangweilt. Oft gibt es nur Wiederholungen, so dass selbst etwas Schlimmes, das ihr widerfährt, für mich als Leser Entspannung bedeutete von der Langeweile. Und dann, auf den letzten hundert Seiten plötzlich, erreicht mich das Buch wieder - jedoch ein wenig zerfasert, mit zu vielen Nebenhandlungen, dem zu starken Eindruck, dass jetzt unbedingt alle losen Fäden zusammengeführt werden sollten.




Das Thema ist wichtig. Ich muss jedoch nicht jedes Buch mit diesem Thema dafür lieben. 3 Sterne, und ich bedauere das so sehr nachdem ich nach "Heimkehren" so viel erwartet hatte.


In diesem Interview wird ausgeführt, welche Handlungen Whitehead dem historischen Kontext frei hinzugefügt hat https://www.npr.org/2016/11/18/502558001/colson-whiteheads-underground-railroad-is-a-literal-train-to-freedom" target="_blank">https://www.npr.org/2016/11/18/502558001/colson-whiteheads-underground-railroad-is-a-literal-train-to-freedom Frei übersetztes Zitat: "sobald ich mich entschieden hatte, einen echten Untergrund-Zug zu nutzen, gab mir das die Freiheit, mit der Zeit noch ein wenig mehr zu spielen. So ist generell die Technologie, die Kultur und die Sprache aus 1850. Das war meine mentale Grenze für Technik und Slang. Aber es erlaubte mir, Dinge zuzufügen, die nicht 1850 geschahen - Wolkenkratzer, Aspekte der Eugenik, Zwangssterilisationen und das Syphilis-Experiment von Tuskegee."