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Veröffentlicht am 01.12.2018

Am Ende wartet der Tod

Ein Spiel für Gewinner
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Das Buch beginnt nicht so, wie man es sich vorstellt, denn man erhält erstmal eine ernste Warnung: Menschen, die momentan psychisch nicht stabil sind, sollten das Buch nicht lesen - um nicht inspiriert ...

Das Buch beginnt nicht so, wie man es sich vorstellt, denn man erhält erstmal eine ernste Warnung: Menschen, die momentan psychisch nicht stabil sind, sollten das Buch nicht lesen - um nicht inspiriert zu werden, ihr Leben zu beenden. Auch Anlaufstellen, die denjenigen helfen können, werden angegeben. Das hat mich überrascht, ist nach dem Lesen des Buches aber absolut nachvollziehbar. Hierfür ziehe ich auch den Hut vor den Autorinnen.

Aber dann geht es auch schon los mit dem Spiel. Man lernt zu Beginn gleich die beiden wichtigsten Personen kennen. Auf der einen Seite Kilian, dessen Freundin Selbstmord beging, ohne dass er es auch nur geahnt hat. Und Kommissar Dornfeld, der das Spiel unbedingt aufhalten möchte. Als Leser taucht man im Wechsel in die beiden Perspektiven ein. Das war super, da es sich zwar immer um das Spiel dreht, aber eben auf unterschiedliche Sichtweisen. Spannung wird auch dadurch aufgebaut, dass manchmal der Spielmacher selbst in Erscheinung, aber ohne, dass er seine Identität preisgibt. Hier ist also miträtseln angesagt, auch wenn es einem als Leser nicht leicht gemacht wird - denn potentielle Kandidaten gibt es kaum.

Für zartbesaitete ist das Buch wirklich nicht zu empfehlen. Normalerweise kann ich viel Blut und grausame Morde in Büchern leicht vertragen, hier geht es aber auch viel um die Psyche: Wie werden die Spieler beeinflusst, um sich selbst nicht nur zu verletzen, sondern sogar vom Leben zu verabschieden? Die Aufgaben, die sie erfüllen müssen, sind teilweise auch nicht ohne. Hier hat sich mir auch an der ein oder anderen Stelle der Magen umgedreht.

Als Leser ist man durch Kilian sehr nah am Spiel, man fiebert richtig mit, denn man weiß ja: Nach 15 Aufgaben kommt das Ende. Dadurch entsteht eine Art Countdown, der einen an das Buch fesselt.
Der Schreibstil ist brutal, ehrlich, aber auch unglaublich fesselnd - ich habe den Thriller auf jeden Fall kaum aus der Hand legen können.

Das Ende... ja, das Ende... es kommt nicht unerwartet, aber mit sehr viel Wums und spannenden Wendungen. Denn es überschlagen sich die Ereignisse, man glaubt den nächsten Schritt zu kennen, wird aber eines besseren belehrt. Und schließlich erfährt man, wer der Spielmacher ist - und hier wurde ich ein bisschen enttäuscht. Einfach, weil ich mit jemand anderem gerechnet habe. Aber passend und schlüssig war es auf jeden Fall.

Insgesamt hat mich das Buch wirklich begeistert - aber bitte nur lesen, wenn man es aushält! Von mir gibt es 4,5 Sterne!

Veröffentlicht am 16.10.2018

Geht die Welt unter?

Das KALA-Experiment
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Das Buch startet schön gemütlich: Eine Videobloggerin interviewt einen Physiker, der kurz darauf tot ist - ob Selbstmord oder Mord, weiß man nicht so recht. Aber weil der Protagonistin Nina Bornholm einiges ...

Das Buch startet schön gemütlich: Eine Videobloggerin interviewt einen Physiker, der kurz darauf tot ist - ob Selbstmord oder Mord, weiß man nicht so recht. Aber weil der Protagonistin Nina Bornholm einiges komisch vorkommt, macht sie sich daran, die Hintergründe aufdecken zu wollen.

Und dann geht es Schlag auf Schlag: Wie lernen unterschiedliche Personen in verschiedenen Teilen der Welt kennen. Es gibt nur eine Gemeinsamkeit: Es geschehen unerklärliche Dinge, so als wäre es möglich, dass Menschen und Dinge aus der Zukunft in die Gegenwart reisen.

Die Vorstellung fand ich unheimlich spannend, gerade weil es so unerklärlich ist. Und genau wie die verschiedenen Protagonisten steht auch der Leser zuerst ohne viele Informationen da. Nach und nach kommt etwas Licht ins Dunkel, was teilweise sehr physikalisch erklärt wird. Ich gebe zu, dass ich bei diesen Passagen nicht gerade viel verstanden habe, aber das hat mich auch nicht gestört. Denn sie haben sich gut in die Gesamtgeschichte eingefügt, sie waren nicht zu langatmig und irgendwie schlüssig (auch wenn ich das natürlich nicht aus fachlicher Sicht beurteilen kann).

Spannend wird es aber dann auch, als die Protagonisten aufeinander treffen und ahnen, dass die Welt in Gefahr ist. Alles wirkt sehr abstrakt, deswegen finden Nina Bornholm, John Sparrow und der Pastor Victor Kessler auch kaum Unterstützung, um das Unvermeidliche zu verhindern. Ich war natürlich sofort auf ihrer Seite.

Was anfangs etwas verwirren kann, sind die unterschiedlichen Erzählstränge. Denn mal verfolgt man Nina, dann John oder eben den Pastor. Mir hat das allerdings sehr gut gefallen, weil nicht nur die Ausmaße des Problems verdeutlicht wurden, sondern die Spannung so sehr gut aufrechterhalten wurde. Schließlich wollte man immer weiterlesen, um zu erfahren, was als nächstes passiert.

Einen kleinen Kritikpunkt habe ich allerdings: Es gibt eine kleine Nebenhandlung mit Johns Tochter, die an einer unheilbaren Krankheit erkrankt ist und ihr Leben deswegen in einem sterilen Raum im Krankenhaus verbringen muss. Das hätte ich nicht gebraucht, weil es für mich nicht so gut in die Gesamtgeschichte gepasst hat. Die Intention Johns, die Welt zu retten, um seine Tochter zu retten, hätte man auch mit einem "normalen" Verhältnis der Beiden zueinander erklären können.

Insgesamt hat mir das Buch aber wirklich einige tolle Lesestunden beschert, deswegen gibt es von mir 4,5 Sterne!

Veröffentlicht am 13.06.2018

Wem kannst du trauen?

Wahrheit gegen Wahrheit
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Wie der Klappentext verrät, geht es in diesem Buch vor allem darum: Ehefrau gegen Ehemann, gegenseitiges Vertrauen und natürlich immer die Frage, wer auf welcher Seite steht. Die Idee ist zwar nichts neues, ...

Wie der Klappentext verrät, geht es in diesem Buch vor allem darum: Ehefrau gegen Ehemann, gegenseitiges Vertrauen und natürlich immer die Frage, wer auf welcher Seite steht. Die Idee ist zwar nichts neues, aber für mich immer wieder spannend.

Und spannend ist der Thriller wirklich: Denn auf einmal weiß die Protagonistin Vivian nicht mehr, ob ihr Mann wirklich der ist, der er zu seien scheint. Ihre ganze Ehe und ihre Familie scheinen auf einer Lüge zu basieren. Man leidet wirklich mit ihr mit. Die Zerrissenheit zwischen ihrem Gewissen gegenüber ihrem Beruf bzw. der Treue zu ihrem Land und dem Wunsch, ihre Familie zu schützen, ist einfach super. Ich habe mich beim Lesen mehr als einmal gefragt, wie ich handeln und mich entscheiden würde.

Gut gefallen hat mir auch, dass man das Gefühl bekommt, wirklich etwas über die Arbeit von Geheimdiensten zu erfahren. Egal ob der Aufbau der Behörde, die Hierarchien und natürlich immer die strengen Geheimhaltungsstufen - es wirkt realistisch und hat deswegen sehr gut zum Buch gepasst.

Spannend war es auf jeden Fall und ich habe auf jeder Seite mitgefiebert. Das wird auch dadurch unterstützt, dass es immer wieder neue Wendungen gibt, etwas anderes passiert mit dem man nicht rechnet und mehr als einmal das Gefühl hat, jetzt müsste alles auffliegen.

Auch die Sprache ist sehr rasant, man fliegt nur so über die Seiten. Sachliche Passagen, in denen mehr erklärt wird, wechseln mit emotionalen gedankliche Passagen der Protagonistin ab. Es gibt auch immer wieder Rückblenden, in denen sie sich an Ereignisse erinnert, die früher stattgefunden haben - und sie hätten stutzig machen müssen. Das alles wurde geschickt miteinander verflochten, sodass es keine Längen gab.

Etwas gestört hat mich der Amerika gegen Russland-Aspekt, bei dem die Amerikaner als die Guten und die Russen als die Bösen eingeordnet wurden. Ich denke, dass ist aufgrund des Patriotismus normal, trotzdem war mir das etwas zu sehr schwarz-weiß-gezeichnet und ich bin der Meinung, in Zeiten vom IS gibt es durchaus größere Gefahren für jedes einzelne Land.

Das Buch hat mich wirklich gefesselt und es klang für mich alles plausibel und realistisch: Bis auf den Schluss. Hier war ich ein klein wenig enttäuscht, denn irgendwie war es etwas vorhersehbar. Außerdem war es für meinen Geschmack etwas unglaubwürdig, auch wenn es natürlich Raum lässt, weiterzudenken. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja auch irgendwann einen zweiten Teil.

Insgesamt fand ich das Buch richtig spannend und ich habe die Lesezeit genossen. Trotzdem muss es leichte Abzüge geben, deswegen "nur" 4,5 Sterne.

Veröffentlicht am 26.04.2018

Wenn Menschen zu Mördern werden...

Invisible
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Dieses Buch hat mich wirklich von der ersten Seite an mitgerissen. Gleich am Anfang bringt ein sehr angesehener Herzchirurg während des OPs einen Patienten unter Vollnarkose um - und es folgen weitere ...

Dieses Buch hat mich wirklich von der ersten Seite an mitgerissen. Gleich am Anfang bringt ein sehr angesehener Herzchirurg während des OPs einen Patienten unter Vollnarkose um - und es folgen weitere Morde von scheinbar unscheinbaren Personen. Die Gründe scheinen nicht nachvollziehbar: Zwar wurden sie von den Opfern provoziert, aber was löst diese Reaktionen aus? Wie schnell wird man zum Mörder?

Diese Frage beschäftigt nicht nur die beiden Ermittler Nina Salomon und Daniel Buchholz, sondern auch den Leser. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie das ganze am Ende aufgelöst wird, sodass es immer noch glaubwürdig ist. Denn die Morde scheinen so absurd und die Täter so normal - kein Vergleich zu Serienmördern, die man aus amerikanischen Thrillern kennt. Der Leser wird aber bis zum Ende auf die Folter gespannt.

Das trägt natürlich dazu bei, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Ein Ereignis jagt das nächste, es gibt viele Vermutungen, bei denen man gut miträtseln kann. Das macht für mich einen guten Thriller aus.

Buchholz und Salomon haben mich schon im ersten Teil begeistert und auch jetzt sind die beiden für mich ein absolutes Dream-Team. Vor allem Nina finde ich richtig gut: Sie setzt sich immer durch, macht was sie für richtig hält und man merkt, dass sie für ihren Job lebt. Die Aufklärung der Fälle steht für sie immer im Vordergrund. Das macht sie sehr glaubwürdig und natürlich sympathisch, denn sie lässt sich nicht hineinreden. Ohne ihre Beharrlichkeit hätte man die Fälle bestimmt ad acta gelegt.

Wie schon "anonym" ist auch dieses Buch aus den Perspektiven der beiden Ermittler geschrieben. Jedes Kapitel wechselt sie. Das finde ich an sich nicht schlecht, aber hier habe ich einen kleinen Kritikpunkt: Ich fände es schön, wenn die Kapitel mit dem jeweiligen Namen überschrieben wäre. Wenn ich das Buch nämlich mal weggelegt hatte, habe ich immer ca. eine halbe Seite bis Seite gebraucht, um wieder zu verstehen, wer gerade erzählt. Das ist aber auch schon alles.

Insgesamt war der Thriller super und ich freue mich bereits auf das nächste Gemeinschaftsprojekt von den beiden Autoren. Von mir gibt es 4,5 Sterne!

Veröffentlicht am 15.02.2018

Schwere Vergangenheit

Winterfrau und Frühlingsmädchen
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Dieses Buch ist in zwei Handlungssträngen geschrieben. Zum einen befindet man sich in der Gegenwart und lernt dort Hanna, eine junge Frau, die noch kein wirkliches Ziel im Leben gefunden hat, kennen. Außerdem ...

Dieses Buch ist in zwei Handlungssträngen geschrieben. Zum einen befindet man sich in der Gegenwart und lernt dort Hanna, eine junge Frau, die noch kein wirkliches Ziel im Leben gefunden hat, kennen. Außerdem spielt ihre Familie eine wichtige Rolle, aber im Mittelpunkt stehen ganz klar Hanna und Else, ihre Urgroßmutter, von der sie bis jetzt nichts wusste. Der zweite Handlungsstrang katapultiert den Leser in die NS-Zeit, wo er Else als junge Frau kennenlernt.

Ich fand die Sprünge zwischen den Zeiten sehr gelungen, denn so erfährt man Stück für Stück immer mehr über Elses Vergangenheit und die schlimmen Dingen, die sie während des NS-Regimes erleben musste. Die Autorin hat diese Stücke immer sehr geschickt in die Haupthandlung eingebaut, sodass kleine Cliffhanger entstehen und man einfach weiterlesen muss. Allerdings hätten es für meinen Geschmack noch mehr Zeitsprünge sein dürfen. Ich hätte gerne noch mehr über Elses Leben wissen wollen. Vor allem der Teil, wie sie nach Italien gekommen ist, hat mir gefehlt.

Sehr gut - aber natürlich auch sehr traurig - ist die Thematik der ungewollten Schwangerschaften und der Behandlung, die die Frauen damals über sich ergehen lassen mussten. Zum Glück sind diese vorbei. Jedoch wird dieses Thema heute kaum zur Sprache gebraucht, sondern gerät langsam in Vergessenheit. Dass es an einem Einzelschicksal aufgezeigt wird, macht noch deutlich, dass auch innerhalb des NS-Deutschlands viele Verbrechen begangen wurden. Elses Geschichte ist zwar Fiktion, trotzdem steht sie für viele reale Einzelschicksale.

So sehr mich Else beeindruckt hat, so wenig konnte mich Hanna von sich überzeugen. Zwar ist sie jung, was einiges "entschuldigt", aber trotzdem konnte ich ihr Handeln nicht immer nachvollziehen. An der ein oder anderen Stelle hätte ich mir einfach gewünscht, dass sie etwas geradliniger vorgeht und nicht so viele Hirngespinste hat. Versöhnt habe ich mich dann aber gegen Ende mit ihr, da sie während des Lesens eine tolle Entwicklung durchmacht.

Der Schreibstil war wie von Heike Fröhling gewohnt flüssig und sehr schön zu lesen. Die relativ geringe Menge der auftauchenden Personen wusste ich immer genau, wer wer ist und es gab keine Verwirrungen. Die beiden Hauptcharaktere waren sehr gut gezeichnet und absolut glaubwürdig. Das Ende hat mich zu Tränen gerührt, hat sich aber wunderschön und passend in die Geschichte eingefügt.

Insgesamt hat mir das Buch und vor allem der historische Hintergrund sehr gut gefallen und ich habe das Lesen sehr genossen. Einen kleinen Abzug gibt es, weil die Rückblenden noch ausführlicher hätten sein können: 4,5 Sterne!