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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.06.2018

Skurriler Franken-Krimi

Bülent Rambichler und die fliegende Sau
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Im ersten Fall für Bülent Rambichler muss dieser, der sich in Nürnberg erfolgreich an seinen Schreibtisch klammerte, zu seinem ersten Mordfall raus – in seine Heimat aufs Land nach Strunzheim. Gemeinsam ...

Im ersten Fall für Bülent Rambichler muss dieser, der sich in Nürnberg erfolgreich an seinen Schreibtisch klammerte, zu seinem ersten Mordfall raus – in seine Heimat aufs Land nach Strunzheim. Gemeinsam mit seiner Kollegin Astrid trifft er dort auf die dörfliche Enge mit den merkwürdigen Gesetzmäßigkeiten, einige verdächtige Dörfler und seine Eltern, die ihre eigenen Pläne mit ihm haben. Da wird es arg schwer den Mord um die nackerte Gelbwurscht-Pflunz, eigentlich Rummsler Kerstin zu lösen...

Anja Bogner trifft in ihrem Franken-Krimi einen heiteren und humorvollen Ton. Mit viel Wortwitz und urkomischen aber auch peinlichen Situationen beschreibt sie die Ermittlungen um den Mord. Die Eigenheiten der Franken und des türkischen Vaters spielen ebenso eine Rolle wie die Generationenunterschiede. Unaufgeregt webt die Autorin diese ein, ohne vermeintlich türkisch oder fränkische Eigenheiten einzuordnen. Für die Lesenden wird die Dynamik auf dem Land erlebbar, es entsteht Atmosphäre. Dies geschieht vor allem durch die leicht lesbare Umgangssprache und den verschriftlichten regionalen Dialekt samt Anglizismen.

Die Ermittler Bülent und Astrid wirken sympathisch und sehr speziell - er mit seiner paddeligen Unbeholfenheit und sie mit ihrer esoterisch forschen Art. Ihre Charakterzüge werden oberflächlich, jedoch in diesem Rahmen ausreichend dargestellt. Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind durchgehend absurd und unterhaltsam. Weiter geht es um die ländlichen Besonderheiten und die vielen skurrilen Einheimischen. Am Ende werden auch die schrägsten Dorfbewohner immer liebenswerter. Auffallend sind die fehlenden Beschreibungen der Umgebung, der Natur oder anderen regionalen Besonderheiten. Diese werden wohl zugunsten der zwischenmenschlichen Eigenheiten raus gelassen.

Die Geschichte ist amüsant und nett. Es entwickelt sich Spannung. Angefangen mit dem Mord, den verschiedenen Motiven und den sich klärenden Zusammenhängen lassen sich die Entwicklungen gut mitverfolgen. Ganz nebenbei entwickelt sich zwischen Bülent und seiner Kollegin Astrid noch eine kleine Liebelei, die gut in der Erzählung Platz findet. Die Geschichte hat nachdenkliche Züge, im Text finden sich einige prägnante und tiefgründige Zeilen. Insgesamt ist die Geschichte eher oberflächlich und leicht, sodass sich das Buch in wenigen langen Zügen lesen lässt.

Insgesamt ein amüsanter Franken-Krimi mit vielen skurrilen Einheimischen und einer schönen Liebelei zwischen den Ermittlern. Leicht zu Lesen, mit vielen Lachern sowie skurrilen Situationen.

Veröffentlicht am 13.06.2018

Autobiografie oder Fiktion?

Die Unruhigen
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In ihrem Roman erzählt Linn Ullmann von der Liebe zwischen Vater und Tochter, dem Erwachsen werden und Altern. Es geht auch um das Getrieben sein, die unruhige Liebe und unruhige Zeiten. Die Erzählung ...

In ihrem Roman erzählt Linn Ullmann von der Liebe zwischen Vater und Tochter, dem Erwachsen werden und Altern. Es geht auch um das Getrieben sein, die unruhige Liebe und unruhige Zeiten. Die Erzählung hat fiktive und autobiographische Anteile, kommt dem Leben der norwegischen Autorin nahe.

Der Roman ist mit den knapp 400 Seiten sehr umfassend. Das Thema des Alterns und der Beziehung zwischen Vater und Tochter ist sehr intensiv und spannend. Trotzdem braucht es Geduld die sich wiederholende und ausschweifende Erzählung zu verfolgen. Hilfreich sind die regelmäßigen Wechsel zwischen Fließtexten und Dialogen, die das Ganze auflockern. Die Dialoge aus den Interviews zwischen Tochter und Vater und die Ergänzungen in den Fließtexten durch die Tochter sorgen für ein rundes Bild des Ganzen.

Etwas störend ist die unklare Erzählperspektive. Teilweise wirken die Erzählungen autobiografisch, erzählt aus der Ich-Perspektive und dann wieder als würde eine dritte Person über das Mädchen/die Frau berichten. Dies ist verwirrend und macht es schwer die Geschichte einzuordnen. Ungewöhnlich ist außerdem, das die Hauptfiguren nicht bei ihren Namen genannt werden und so auf Distanz bzw. beliebig bleiben.

In jedem Fall ist die Erzählung berührend. Linn Ullmann versteht es die Hauptcharaktere einfühlsam und umfassend darzustellen. Mit der klaren, poetischen und gleichzeitig subtilen Sprache macht der Roman schon was her. Gleichzeitig ist der Text anspruchsvoll und herausfordernd mit seinen tiefgründigen Aussagen und der besonderen Sprache.

Ein nachdenklicher Roman zum Altern und der Beziehung zwischen Vater und Tochter. Poetisch und einfühlsam beschrieben, mit Tiefgang. Empfehlenswert.

Veröffentlicht am 06.06.2018

Die Bösen und die Guten

Die Affäre Carambol (Goethe und Schiller ermitteln)
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In seinem zweiten Kriminalroman um Goethe und Schiller schreibt Stefan Lehnberg von merkwürdigen und bedrohlichen Vorkommnissen in Fran(c)kfurt im Jahr 1801. Bei einem Besuch in der Stadt werden die Beiden ...

In seinem zweiten Kriminalroman um Goethe und Schiller schreibt Stefan Lehnberg von merkwürdigen und bedrohlichen Vorkommnissen in Fran(c)kfurt im Jahr 1801. Bei einem Besuch in der Stadt werden die Beiden von einigen Stadträten Frankfurts um Hilfe gebeten – eine Verschwörung ist im Gange. Die Stadt muss vor einem erneuten Krieg bewahrt werden.

Schon die edle Aufmachung des Buches, die teilweise altdeutsche Ausdrucksweise und die verschnörkelten Überschriften machen was her. Das Buch wirkt allein dadurch auf den ersten Blick schon besonders.

Die Geschichte entwickelt sich dann spannend, das Buch ist kaum aus der Hand zu legen. Beim Lesen entsteht ein Sog in die Geschichte, der die Atmosphäre, die Umgebung und die sozialen Konstellationen nah erleben lässt. Lehnberg schreibt sehr einfühlsam und gleichzeitig spannend.

Anfänglich ist es schwer sich an die komplizierte Ausdrucksweise zu gewöhnen, mal abgesehen von den zeilenlangen Schachtelsätzen. Es braucht Geduld, um über diese ersten Hürden hinweg zu kommen. Die Geduld wird dann mit faszinierenden und sich überschlagenden Entwicklungen belohnt. Die Schilderungen sind unterhaltsam, humorvoll und manchmal absurd.

Goethe und Schiller sind interessante Figuren für einen solchen Kriminalroman, wirken sympathisch und vertrauenswürdig. Sie scheinen nicht immer alles im Griff zu haben, jedoch mehr als die Stadträte, die sie um Hilfe baten. Zusammen begeben sie sich in gefährliche und aufregende Situationen. Dadurch wirken die Beiden heldenhaft und nur noch sympathischer.

Die Geschichte ist stark vereinfacht in die Bösen und die Guten unterteilt. Dies ist nicht störend. Zwischenzeitlich erinnert der Roman an „Die drei Musketiere“, „Sherlock Holmes“ und andere Klassiker. Es gibt starke Charaktere, die Unheil verhindern. Die Auflösung am Ende ist etwas enttäuschend, scheint abwegig. Das Buch lässt etwas verwirrt und unzufrieden zurück – irgendwas fehlt.

Insgesamt ein atmosphärischer Kriminalroman mit Goethe und Schiller als charismatische Ermittler. Sehr unterhaltsam und mit viel Aufregung, jedoch mit unbefriedigendem Ausgang.

Veröffentlicht am 02.06.2018

Anleitung zur Selbsterkenntnis

Der emotionale Rucksack
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Vivian Dittmar hat mit dem "Emotionalen Rucksack" ein prägnantes Bild für ihr Buch gefunden. Das Thema wird dadurch greifbar. Sie beschreibt wie jeder Mensch mit dem jeweils unterschiedlichen emotionalen ...

Vivian Dittmar hat mit dem "Emotionalen Rucksack" ein prägnantes Bild für ihr Buch gefunden. Das Thema wird dadurch greifbar. Sie beschreibt wie jeder Mensch mit dem jeweils unterschiedlichen emotionalen Gepäck umgehen kann.

Auf anschauliche Weise schildert sie anhand des Rucksackes und mit vielen persönlichen Beispielen ihre Überlegungen zu diesem Thema. Dittmar wirkt authentisch und sympathisch, kann für das Thema begeistern.

Das Buch lässt sich leicht lesen, fast schon süffig. Die interessanten Überschriften und das übersichtliche Inhaltsverzeichnis sowie die kurzen Kapitel tragen zur Lesbarkeit bei. Gleichzeitig entsteht das Gefühl dem Buch und dem Thema gewachsen zu sein - anders als bei manchen anderen Sachbüchern.

Das Lesen und Durcharbeiten des Buches braucht viel Aufmerksamkeit. Es wird grundlegendes Wissen vermittelt, um erstmal zu verstehen wie es zu emotionalen Überreaktionen kommt, die nicht zu aktuellen Situationen passen. Die Lesenden sind gefordert den Inhalt nachzuvollziehen, diesen gleichzeitig auf die eigenen Erlebnisse zu übertragen. Dies ist sehr intensiv.

In regelmäßigen Abständen bietet Dittmar interessante Übungen an, die dem Verständnis und der Selbsterkenntnis dienen. Doch auch ohne die Übungen zu machen haben die Lesenden sicherlich einen persönlichen Gewinn.

Teilweise sind die Übungen schwer umzusetzen und die Ausführungen zur Praxis der bewussten Entladung schwer zu verstehen. Diese Ausführungen können etwas esoterisch und abgehoben wirken. Zudem bleibt die Einordnung der Ergebnisse aus den Übungen dann den Lesenden selbst überlassen. Lesende, die bisher wenig Erfahrung mit Selbstreflektion und emotionalen Themen haben könnten hierbei besondere Schwierigkeiten bekommen. Erklärungen und Beispiele zur Umsetzung könnten helfen.

Ein interessanter und ernst zu nehmender Ratgeber - nicht immer ganz einfach zu verstehen. Dittmar begeistert mit dem emotionalen Thema und führt die Lesenden zu neuen Erkenntnissen.

Veröffentlicht am 21.05.2018

Eine Liebeserklärung an das Lesen

Das Mädchen, das in der Metro las
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"Das Mädchen, das in der Metro las" ist das erste in Deutsch erschienene Buch der Französin Christine Féret-Fleury. Es geht thematisch um die Liebe zu Büchern und der Suche nach dem eigenen Weg.

Juliette ...

"Das Mädchen, das in der Metro las" ist das erste in Deutsch erschienene Buch der Französin Christine Féret-Fleury. Es geht thematisch um die Liebe zu Büchern und der Suche nach dem eigenen Weg.

Juliette fährt täglich mit der Metro zur Arbeit in ein Maklerbüro, ihre Tage sind eintönig. Ihre Liebe gilt den Büchern. Als sie eines Tages von ihrem gewohnten Weg abweicht begegnet sie dem geheimnisvollen Buchhändler Soliman. Von ihm bekommt sie Bücher, für die sie die passenden Leser finden soll. Damit nimmt sie Einfluss auf das Schicksal der Leser, aber auch ihr eigenes Leben gerät "aus der Bahn".

Die Geschichte um Juliette ist sehr detaillreich und poetisch, wodurch das Lesen erschwert wird. Die vielen kleinen Träumereien, Gedankenspiele und Beobachtungen Juliettes sind einerseits spannend und lenken andererseits vom Geschehen haben. So braucht es viel Aufmerksamkeit den Entwicklungen zu folgen. Durch die vielen Sprachbilder bekommt alles Leben und lässt sich dadurch wiederum besser nachvollziehen.

Juliette wirkt sympathisch, ist sehr mit ihren Beobachtungen und Unsicherheiten beschäftigt. Es fällt schwer ihr Alter einzuschätzen, immerhin wird im Buchtitel von "Mädchen" gesprochen, mit ihrer eigenen Wohnung und dem Job könnte sie aber eher eine Frau sein. Vielleicht ist sie aber auch genau dazwischen und deswegen auf der Suche nach sich.

Die Geschichte bekommt dann etwas geheimnisvolles und märchenhaftes, als sie Soliman und seiner Tochter Zaide begegnet. Nach den vielen Details zu Beginn entsteht eine erste Spannung. So geht es dann auch weiter. Nach vielen Details gibt es neue Entwicklungen, die wieder Spannung erzeugen.

Ein Erwachsenenmärchen um die Liebe zum Lesen, das Erwachsen werden und das Gehen neuer Wege. Spannend, jedoch nicht ganz einfach zu Lesen.