Inhalt:
Thya wurde als absolutes Wunschkind ihrer Eltern kreiert und darf alle Privilegien genießen, die das Leben in der Stadt hinter der Mauer mit sich bringt. Ihr Tag ist von vorne bis hinten durchgeplant, ihr Leben verläuft genau nach Regeln, bis zu diesem einen verhängnisvollen Tag, der plötzlich alles ändert … .
Ganz anders sieht es im Leben von Mitchell aus. Dieser lebt außerhalb der Mauern und schuftet jeden Tag in einer Fabrik, um sich ein Dach über dem Kopf und Essen leisten zu können. Doch dann wird seine Mutter schwer krank und er weiß, sie wird nur überleben, wenn sie Antibiotikum bekommt. Medizin, die es nur innerhalb der Mauern gibt. Deshalb macht er sich auf den Weg und begegnet dort Thya. Eine Begegnung, die ihrer beider Leben für immer verändern wird … .
Meine Meinung:
Ach, was soll ich sagen: Bei Dystopien kann ich nie widerstehen, sie faszinieren mich einfach, deswegen verschlinge ich jede, die ich in die Finger bekomme und auch bei dieser konnte ich nicht widerstehen. Sie klang einfach zu spannend.
Im ersten Kapitel trifft man auf Thya und bekommt einen kleinen Einblick in ihr Leben. Es wirkte fast so, als wäre sie in einer ganz normalen Highschool und hätte die ganz normalen Probleme, die Teenager immer haben. Nur am Rande bekommt man mit, dass sie in einer völlig anderen Welt lebt.
Danach lernt man Mitchell, seine Mutter und seine Freunde kennen und erlebt, wie es ihm außerhalb der Mauern ergeht.
Die Figuren sind der Autorin Stefanie Scheurich wirklich sehr gut gelungen. Thya wirkt am Anfang noch etwas unnahbar, was jedoch sehr gut zu ihrem perfekten Leben passt. Mitchell war mir sofort sympathisch. Er liebt seine Mutter und würde alles für sie tun und versucht, gemeinsam mit seinen Freunden das Beste aus seiner Situation zu machen. Mir gefiel vor allem, dass er sich nicht in Selbstmitleid ergeht oder ständig herumjammert oder mit seinem Schicksal hadert. Natürlich wünscht er sich, dass einiges besser liefe, aber trotz allem scheint er nicht der Typ zu sein, der eine Rebellion anzettelt. Ich finde, dass die Protagonisten wirklich perfekt in diese Welt hineinpassen und sie sind genau so gestaltet, dass man als Leser sofort mit ihnen mitfiebert.
Allerdings muss ich gestehen, dass mir beim Weltenentwurf an sich viele Informationen gefehlt haben. Wie kam es dazu, dass eine Mauer um die Stadt gezogen wurde? Wie wurde entschieden, wer außerhalb und wer innerhalb leben darf? Wie sieht das Leben innerhalb und außerhalb der Mauer genau aus? Wer bestimmt und regiert innerhalb und außerhalb? Bis auf ein paar wenige Details erfährt man kaum etwas über die Welt, in der Thya und Mitchell leben, so dass mir die Grundproblematik etwas gefehlt hat. Bei Dystopien ist es mir vor allem wichtig, dass man die Ungerechtigkeiten greifen kann, dass man fasziniert wird von der Welt und das System hinterfragt. In „Deceptive City 1“ war mir das leider noch zu wenig greifbar. Ich hoffe aber darauf, dass man in den Folgebänden noch mehr erfährt.
Trotz allem gelingt es der Autorin mit ihrer Geschichte zu fesseln, was vor allem durch das Schicksal der Protagonisten und einiger Nebencharaktere erzeugt wird. Denn neben Thya und Mitchell gibt es noch mehr interessante Figuren in dieser Geschichte. Sehr schön finde ich, dass auch sie zu Wort kommen, das heißt, dass ein paar Kapitel aus ihrer Sicht erzählt werden. Dadurch taucht man auch in deren Leben tiefer ein und erhält so noch einmal einen anderen Blickwinkel auf die Geschehnisse. Gleichzeitig tauchen jedoch auch wieder neue Fragen auf und man möchte auch wissen, welches Schicksal die Autorin für ihre Nebencharaktere bereithält.
Obwohl die Geschichte eine gewisse Grundspannung enthält, gehört sie in meinen Augen doch eher zu den ruhigeren Dystopien, was wohl daran liegt, dass quasi der „Bösewicht“ in dieser Geschichte fehlt. Es gibt (bis jetzt noch) keine Regierung, gegen die gekämpft werden könnte, die Ungerechtigkeiten spitzen sich noch nicht zu und es scheint sich auch noch keine Rebellion zusammenzubrauen. In diesem ersten Band werden Thya erst einmal die Augen geöffnet. Sie muss erkennen, dass ihr Leben nicht annährend so perfekt ist, wie sie bis dahin immer dachte. Die Autorin verwendet viel Zeit darauf, dass der Protagonistin die Ungerechtigkeiten bewusst werden, was ich sehr authentisch fand, denn natürlich denkt ein Mädchen, das sechzehn Jahre lang im Glauben erzogen wurde, dass es nichts außerhalb der Stadt gibt und das Leben innerhalb der Stadt perfekt ist, nicht plötzlich, dass alles ganz anders ist. Trotzdem geht diese Überzeugungsarbeit etwas zu Lasten des großen Nervenkitzels. Diesen habe ich in dieser Dystopie leider etwas vermisst.
Doch Stefanie Scheurich gelingt es trotzdem, mich sehr neugierig auf den Folgeband zu machen und ich bin mir sicher, dass sie noch einiges bereithält und mich die Geschichte am Ende vielleicht doch noch vollkommen mitreißen wird.
Fazit:
„Deceptive City – Aussortiert“ ist ein sehr ruhiger Auftakt. Mir fehlten ein paar Informationen über die Welt, in der die Geschichte spielt, doch die Schicksale der Protagonisten und Nebencharaktere haben mich sofort mitgerissen. Allerdings gingen die fehlenden Informationen und die Entwicklung der Figuren etwas zu Lasten der Spannung und des Nervenkitzels, die Dystopien für mich immer besitzen. Trotz allem bin ich sehr neugierig auf die Fortsetzung und darauf, was die Autorin noch für uns Leser bereithält.
Von mir bekommt das Buch 4 Punkte von 5.