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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.07.2018

Ernstes Thema leicht, aber angemessen dargestellt

Solange wir uns haben
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Die Autorin Andrea Ulmer schafft es, ein ernstes Thema wie Burnout und Panikattacken angemessen in einem Unterhaltungsroman darzustellen.
Das Cover des Buches ist eigentlich zu blumig für diesen Stoff, ...

Die Autorin Andrea Ulmer schafft es, ein ernstes Thema wie Burnout und Panikattacken angemessen in einem Unterhaltungsroman darzustellen.
Das Cover des Buches ist eigentlich zu blumig für diesen Stoff, obwohl es auch humorvolle Momente gibt.
Die alleinerziehende Jessica hat es so schwer erwischt, dass sie weder arbeiten noch Autofahren kann. Sie ist krankgeschrieben, doch ihr fordernder Chef hat wenig Verständnis. Dazu kommt Ärger, als Miriam, ihre Teenagertochter eigenmächtig zu Jessicas geschiedenen Mann nach Brasilien reist.
Trotz ihres Handicaps will Jessica hinterher, um Miriam zu überzeugen, zurückzukommen.
Die Strapazen der Reise schafft sie nur, weil einen Nachbarin sie begleitet. Dadurch wird der Roman auch ein Buch über Freundschaft.
Die Nachbarin ist Hildegard, die als Katzenfrau in dem Städtchen nicht gut angesehen ist dabei ist sie doch die einzige, die Jessica in ihrer Not beisteht.

Mir hat der Roman gut gefallen, da er ein interessantes Thema behandelt und nicht gerade langweilig ist. Die Figuren sind durchweg lebhaft und realitätsnah entworfen und man reist gerne mit ihnen durch diesen Roman.

Veröffentlicht am 25.07.2018

Intensives Jugendbuch

Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren
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Die New Yorker Autorin Ali Benjamin hat ein intensives Jugendbuch geschrieben, dass den Leser schnell gefangen nimmt und dank der Erzählform mit der Protagonistin empathisch mitfühlen läßt.

Die 12jährigen ...

Die New Yorker Autorin Ali Benjamin hat ein intensives Jugendbuch geschrieben, dass den Leser schnell gefangen nimmt und dank der Erzählform mit der Protagonistin empathisch mitfühlen läßt.

Die 12jährigen Suzy und Franny waren beste Freundin. Als Franny rätselhafterweise beim Schwimmen ertrinkt, bleibt die sensible Suzy erschüttert und sprachlos zurück. Sie spricht tatsächlich nicht mehr, macht sich aber viele Gedanken über Quallen. Ihre Theorie ist, dass Franny an einem giftigen Quallenstich starb, da sie schließlich eine gute Schwimmerin war, die nicht ohne weiteres einfach ertrinkt.
In Rückblicken erfährt man von Suzy und Frannys Freundschaft, aber auch wie sie langsam endete und Suzy in der Schule isoliert wurde und in eine Außenseitersituation geraten war.
In der Gegenwarts-Handlung recherchiert Suzy nach Quallenexperten. Sie steigert sich richtig hinein und will einen von Ihnen in Australien aufsuchen.

Wegen dem Thema Verlust besitzt der Text eine nicht unerhebliche Melancholie, dennoch überwiegt dann doch die Hoffnung auf eine gute Zukunft für Suzy, da sie ein begabtes, intelligentes Mädchen ist.

Veröffentlicht am 22.07.2018

Marie und Melih

Für immer sein Mond
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Für immer sein Mond von Marie Enters erzählt eine eindringliche Liebesgeschichte zwischen Melih und Marie. Er ein Flüchtling aus Syrien und sie 53jährigen Frau, die ehrenamtlich mit Deutschkursen Flüchtlingen ...

Für immer sein Mond von Marie Enters erzählt eine eindringliche Liebesgeschichte zwischen Melih und Marie. Er ein Flüchtling aus Syrien und sie 53jährigen Frau, die ehrenamtlich mit Deutschkursen Flüchtlingen helfen will.
Es ist eine heimliche Liebe, die sie leben, denn Marie ist gebunden an Jan und hat mit ihm ein Kind.

Es ist ein Roman in zwei Teilen, der erste zeigt den Beginn der Affäre und wie sie sich entwickelt, der zweite Teil erzählt davon, wie sie sich langsam von sich lösen. Man sieht als Leser so einen gesamten Prozess einer Liebesbeziehung.

Auffälligstes Merkmal ist der Erzählstil von Marie, der sehr persönlich ist und ihre Emotionen wie Leidenschaft, aber auch Zweifel deutlich zeigen.
Es ist außerdem ein Bild von Deutschland in einer schwierigen Zeit, die von gewissenlosen Parteien wie AFD und ihren jämmerlichen Wählern sowie den Medien aufgeladen ist. Marie erzählt aber auch Melihs Sicht auf die Situation, die realistisch und trotz allen positiv ist.
Mir gefallen beide Figuren sehr, auch wenn Marie sich nicht aus ihren Zweifeln lösen kann und ihre große Liebe nicht öffentlich leben kann. Doch mich beeindruckt ihr Engagement.

Sprachlich dominiert ein poetischer Ton, der von Melancholie durchzogen ist. Ein lesenswertes Buch.

Veröffentlicht am 14.07.2018

eigentümlich

Hier ist noch alles möglich
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Für einen Auszug aus diesem Roman gewann die Schweizer Autorin Gianna Molinari den 3Satpreis beim Ingeborg Bachmann-Wettbewerb. Sie hat einen interessanten Stil, in dem ein ruhiger, langsamer Erzählstil ...

Für einen Auszug aus diesem Roman gewann die Schweizer Autorin Gianna Molinari den 3Satpreis beim Ingeborg Bachmann-Wettbewerb. Sie hat einen interessanten Stil, in dem ein ruhiger, langsamer Erzählstil dominiert. In ihrem Roman gibt es eine Icherzählerin, die als Nachtwächterin in einer Fabrik anfängt und in einer Halle sogar wohnt.
Allzuviel erfährt man zunächst nicht von der Icherzählerin, obwohl ständig ihre gedanklichen Reflektionen gezeigt werden.

Viel Personal gibt es nicht. Da ist der Chef, ein Koch und mit Clemens und Lohse weitere Kollegen. Der Einsatz so weniger Figuren verleiht dem Roman etwas Kammerspielartiges, was einen Kontrast zu den weiträumigen Schauplätzen der Fabrik und des in der Nähe liegenden Flugplatzes bildet.

Die Fabrik steht kurz vor der Schließung, was eine eigenartige Endzeitstimmung mit sich bringt. Der Job ist unspektakulär, wird aber aufgelockert durch das Gerücht, dass ein Wolf auf dem Gelände sei.
Außerdem gibt es einen rätselhaften Fall mit einem Mann, der sich vor der Fabrik zu Tode stürzte, offenbar ein Flüchtling, der aus einem Flugzeug fiel.

Gianna Molinari arbeit geschickt mit der Sprache, hält die Handlung in der Schwebe und erzeugt auf verhaltene Art eigentümliche Stimmungen und Atmosphäre.

Veröffentlicht am 07.07.2018

Familienportrait der Weimarer Republik

Das Jahrhundertversprechen (Jahrhundertsturm-Serie 3)
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Jahrhundert-Sturm-Serie 3: Weiter geht es mit der Geschichte der Familie von Briest. Zeitpunkt der Handlung ist die Weimarer Republik ab 1921, Schauplatz ist Berlin. Es wird ein einnehmendes Zeitportrait.
Man ...

Jahrhundert-Sturm-Serie 3: Weiter geht es mit der Geschichte der Familie von Briest. Zeitpunkt der Handlung ist die Weimarer Republik ab 1921, Schauplatz ist Berlin. Es wird ein einnehmendes Zeitportrait.
Man sollte mindestens den Vorgänger also kennen. Sonst ist das nicht schön.

Otto von Briest kann wieder als eloquenter Mann überzeugen, aber die Zeiten sind schlecht und finanziell wird es schwer, über die Runden zu kommen.
Und die jungen Figuren rücken mehr in den Vordergrund, besonders Max, der Ziehsohn der Familie und Ottos und Hermines 14jährige Tochter Luisa. Das sind sympathische Figuren.

War letztes Mal die Fliegerei ein großes Thema im Buch ist es diesmal der Autorennsport, von dem Max fasziniert ist. Rennfahrer zu werden ist sein Traum, den er realisiert.
Die Autorennsportszenen sind spannend geschildert.
Zweitens spielt die Filmwelt eine große Rolle.
Interessanterweise tritt eine Berühmtheit im Roman auf: Fritz Lang, der bekannte Regisseur von Dr.Mabuse und Metropolis.
Otto berät ihn bei Drehbuchszenen. Und Luisa verspürt den Wunsch, Schauspielerin zu werden.

Natürlich werden auch gesellschaftspolitisch relevante Ereignisse der Zeit erwähnt, z.B. die Ermordung des Außenministers Walther Rathenau durch eine rechtsextreme Organisation.
Auch die fiktive Geschichte hat viele spannende Momente, besonders zum Ende hin.
Der Epilog entlässt den Leser schließlich mit einem Ausblick in die Zukunft der Figuren.

Der Roman liest sich flott, ist aber meiner Meinung nach unnötig lang. Das ist aber nicht schlimm. Richard Dübell schreibt gewohnt routiniert und gekonnt. Mich hat dieser Teil noch mehr überzeugt als der Vorgänger.
Man muss sich aber fragen, was er dem großen Wurf dieser komplexen Trilogie folgen lassen will.