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Veröffentlicht am 03.10.2018

Der Hamsterer

Heilige und andere Tote
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Cathal Flood schlägt alle ihm zugeteilten Sozialbetreuer in die Flucht. Maud Drennan lässt sich nicht beirren und kämpft gegen Cathals Messietum und Beschimpfungen mehr oder weniger erfolgreich an. Nach ...

Cathal Flood schlägt alle ihm zugeteilten Sozialbetreuer in die Flucht. Maud Drennan lässt sich nicht beirren und kämpft gegen Cathals Messietum und Beschimpfungen mehr oder weniger erfolgreich an. Nach und nach entdeckt sie in Bridlemere, dem riesigen Anwesen von Flood, Hinweise auf seltsame Vorkommnisse in der Vergangenheit. Mauds Vermieterin Renata und die Geister, die Maud schon seit Jahren umgeben, drängen sie, den Geheimnissen auf den Grund zu gehen. Dabei kommen auch ihre eigenen vergraben geglaubten traumatischen Erlebnisse wieder hoch. Doch von wo droht Maud nun tatsächlich Gefahr?

Jess Kidd versteht es meisterhaft, ganz wunderbare Sätze zu formulieren, die von Ulrike Wasel gekonnt ins Deutsche übertragen wurden. Sie lässt Bilder entstehen, die einfach grandios sind. Nichts wird schnöde einfach nur beschrieben, wie es ist, sondern mit Formulierungen verziert, die regelrechte Kunstwerke sind. So liest sich das Buch nicht einfach mal so eben weg. Man möchte die Sätze kosten, bis zur Neige genießen und ganz oft noch mal lesen – so, wie man ein besonders schönes Bild immer wieder ansehen mag.

Die eigentliche Geschichte ist dicht und atmosphärisch. Unterschiedliche Erzählstränge werden zu einem Gesamtkunstwerk verwoben. Immer wieder gibt es kleine Highlights. Die Spannung ist durchgehend vorhanden, wobei es immer wieder überraschende Höhepunkte gibt und am Ende auch noch einen Show-Down. Für meinen Geschmack ist nur ein Punkt nicht optimal. Ich empfinde das Ende als Cliffhanger und genau das mag ich nicht. Sollte das Buch ein erster Teil einer Serie sein, hätte ich das gern vorher gewusst. Gibt es keinen weiteren Band, ist das Ende für mich so nicht wirklich befriedigend. Aber das ist sicher Meckern auf hohem Niveau. Der Part der Geister gefällt mir sehr, doch hätte ich mehr von den Heiligen erwartet und auch gern mehr über sie erfahren und wie es dazu kommt, dass Maud sie um sich hat. Auch hier sehe ich als einzige Erklärung, dass ein weiterer Band geplant sein könnte.

Mir gefallen die außergewöhnlichen Figuren, die so schräg und dennoch so normal sind. Sie spiegeln trotz aller Absonderlichkeiten das wahre Leben sehr genau wider. Nicht nur die Sprache ist hier große Kunst, auch wie Jess Kidd unendlich viele Themen so eingebaut hat, dass sie nahtlos passen und die Story dennoch nicht überladen wirkt. So unterschiedlich Maud und Cathal anfangs wirken, so viele Parallelen stellen sich mit der Zeit heraus. Kein Wunder, dass die beiden sich fast wortlos verstehen und sich hin und wieder auch kein bisschen über den Weg trauen.

Kurz und knapp – dies ist ein wirklich besonderes Buch. Eine Autorin wie Jess Kidd findet man nicht sehr oft. Mit Worten und Sätzen so spielen können, das ist große Kunst. Dennoch fehlt mir das Tüpfelchen auf dem i, um komplett begeistert zu sein. Deshalb von mir vier Sterne.

Veröffentlicht am 17.09.2018

Tote Haustiere kommen in die Spuk-Schule!

Tiergeister AG - Achtung, gruselig!
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Rauhaardackel Arik findet sich mutterseelenallein im Wald wieder. Wie ist er denn da hingekommen? Seltsame Tiere finden ihn und nehmen ihn mit in ihre Schule – die Sich als Spuk-Schule herausstellt, in ...

Rauhaardackel Arik findet sich mutterseelenallein im Wald wieder. Wie ist er denn da hingekommen? Seltsame Tiere finden ihn und nehmen ihn mit in ihre Schule – die Sich als Spuk-Schule herausstellt, in der nachts die Tiere spuken und tagsüber die Kinder regieren. Arik möchte so gerne nach Hause, aber schnell lernt er, dass das nicht mehr geht, denn er ist nun ein Geist. Trauern kann er nicht lange – seine neuen Freunde und er müssen ein Problem lösen …

Kinder gehen zwar mit dem Tod anders um, als Erwachsene, dennoch ist mir das hier ein wenig zu lapidar geschildert, wie Arik stirbt und dann eben ein Tiergeist wird. Auch was mit seinen Menschen ist, wie sie ihn suchen und vermissen, fehlt mir hier. Das Ende lässt zwar darauf schließen, dass in einem anderen Band darauf eingegangen werden könnte, doch ist mir das zu vage.

Die Geschichte kommt nur langsam in Fahrt. Das liegt auch mit daran, dass sehr komplizierte Namen verwendet werden. Wenn schon ich als Erwachsene da meine Probleme mit bekomme, wie soll das den Kindern gehen? Die lernen zwar sehr schnell alle Pokemon-Namen, wie ich weiß, aber dennoch gefällt mir das bei einem Kinderbuch, in dem real existierende Tiere Namen wie Arik, Agilolf, Modesta und Perpetua haben, nicht so wirklich. Die Namen der Kinder sind dagegen schlicht und verständlich mit Lisa, Paul, Silas und Matteo, selbst Elif ist nicht ganz so kompliziert und fremd.

Die Botschaft, dass man auch dann zusammenhalten kann und muss, wenn man aus unterschiedlichen Kreisen stammt, gefällt mir dagegen sehr. Zusammenhalt, Freundschaft, Fairness und Problemlösungen werden gut geschildert. Die Zeichnungen lassen mich zwiegespalten zurück. Sie sind relativ kindgerecht, aber teils doch zu comichaft für meinen Geschmack. Die Kapitel sind in einer guten Länge, sodass sie auch gut auf einzelne Tage aufgeteilt werden können.

Fazit: Die Grundidee gefällt mir sehr, die Umsetzung ist nicht perfekt geworden. Bleibt abzuwarten, ob die Folgebände („Kaninchenalarm“ ist bereits erhältlich) diese Lücken noch füllen werden. Aktuell gibt es von mir vier Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2018

Nicht nur für Frauen ab 50!

Ich hab's auch nicht immer leicht mit mir
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Der Alltag ist oft beladen mit kleinen und großen Schwierigkeiten – und Krisen. Dagegen kommt man am besten mit Humor an. Selbstironie und Gelassenheit sind Anne Vogds beste Waffen, mit denen sie gegen ...

Der Alltag ist oft beladen mit kleinen und großen Schwierigkeiten – und Krisen. Dagegen kommt man am besten mit Humor an. Selbstironie und Gelassenheit sind Anne Vogds beste Waffen, mit denen sie gegen alle Widrigkeiten antritt.

Anne Vogd bedient die geburtenstarken Jahrgänge, die jetzt knapp über 50 sind. Eine ganz eigene Generation sind wir. Nicht zu vergleichen mit den Frauen 50+ unserer Jugend und Kindheit. Ich mag ihre Nummern recht gern, auch wenn sie an meine Lieblings-Comedian Carolin Kebekus nicht ranreicht. Macht ja auch nix, schlecht ist sie dennoch lange nicht! Es ist eine andere Form von Unterhaltung, die breit grinsen lässt, statt laut aufzulachen. Und sind wir doch mal ehrlich – Anne Vogd trifft jeden einzelnen Nagel volle Kanne Anne auf den Kopf. Was andere verschweigen, spricht sie an und diskutiert es aus. So ganz nebenbei macht sie dann auch noch Mut, auch selbst eigene Wege zu gehen und sich nicht den Trends anzupassen, dem Modediktat zu unterliegen. Man darf auch auf ganz eigene Art und Weise leben, weg von allen Trends. Und wenn schon Trends, dann doch nur die, die einem liegen und für die man sich nicht verbiegen muss.

Das bringt sie super rüber, wenn mir auch zu stark rüberkam, dass das alles abgelesen und nicht frei gesprochen war. Dabei künstelt die Stimmer ab und an gern. Doch das ist, wie mit dem Prosecco – mir ist ein Wein oder ein Sekt einfach lieber, als dieses Mittelding, aber wenn’s nix andres gibt, trink ich auch mal Prosecco. Anders als bei diesem Getränk hat „Ich hab’s auch nicht immer leicht mit mir“ aber den Effekt, dass man nicht aufhören kann. Wollte ich doch nur mal kurz rein- und andermal weiterhören, hab ich erst die erste CD komplett gehört und dann direkt die zweite eingelegt und auch noch gehört. Nix mit mal eben kurz reinhören! Das heißt dann, dass ich zwar nicht der größte Fan von Anne Vogd bin, ihr aber 136 Minuten am Stück zugehört habe, ganz ohne Langeweile! Das schafft auch nicht jeder, mich so lange bei der Stange zu halten. Einige der Witze und Sprüche sind schon etwas abgegriffen, aber noch nicht so platt, wie die Kalauer von Markus Krebs oder Oliver Pocher oder Mario Barth. Kann sein, dass Männer einfach einfacher gestrickt sind. Ich hatte Spaß bei den Geschichten von Anne Vogd. Deshalb: vier Sterne!

Veröffentlicht am 11.09.2018

Die Integration

Die unglaublichen Abenteuer des Migranten Nemec
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Lolek Nemec fälscht völlig unnötigerweise sein Abiturzeugnis – zum zweiten Mal! Diesmal fliegt es auf und Lolek wird dazu verurteilt, als ehrenamtlicher Helfer in einem bayerischen Flüchtlingsheim zu arbeiten. ...

Lolek Nemec fälscht völlig unnötigerweise sein Abiturzeugnis – zum zweiten Mal! Diesmal fliegt es auf und Lolek wird dazu verurteilt, als ehrenamtlicher Helfer in einem bayerischen Flüchtlingsheim zu arbeiten. Schließlich war er auch mal Flüchtling, kennt die Problematik. Da Lolek aber am allerliebsten sich selbst hört, quasselt er alles und jeden in Grund und Boden.

Ja, dies ist ein „Schelmenroman“. Aktuell wie nie und gerade deshalb manchmal vielleicht weniger komisch, als es sein könnte. Man ist schnell hin- und hergerissen. Das liegt nicht nur an den Witzen, die manchmal arg flach und dann wieder frauenfeindlich, hier abgedroschen, da machohaft – aber hin und wieder muss man doch breit grinsen.

Viel von der Wirkung des Textes hängt auch davon ab, in welcher Verfassung man beim Lesen gerade ist. Kaum ein Tag ohne Meldungen in den Medien, die sich um das Thema Flüchtlinge drehen. Integration ist schwerer denn je. Da hat es auch der Nemec schwer. Die recht kurzen Kapitel machen das Buch aber sehr gut lesbar, auch wenn Lolek wirklich zu allem eine Geschichte aus der Heimat einfällt, die man nicht immer gerade wissen wollte.

Ein weiterer Aspekt ist hier aber auch, welche Hürden ein Flüchtling nehmen muss. Die deutsche Bürokratie wird hier eindrucksvoll vorgeführt. Ohne Gesetze keine Ordnung, ganz klar – aber in gewissen Situationen stellt sich doch wirklich die Frage nach dem Sinn. Gleichzeitig wird aber auch schön dargestellt, dass nicht jeder Migrant böse Absichten hat – es aber durchaus auch solche gibt.

Kurz und knapp: man kann viel schmunzeln und/oder lachen, dennoch ist das Buch keine leichte Kost und regt zum Nachdenken an. Es ging mir trotz allem Humor auch unter die Haut. Zeitlos wird es wohl leider immer bleiben. Von mir vier Sterne.

Veröffentlicht am 06.09.2018

Die gewaltigste Waffe aller Zeiten

Sturm
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Überall auf der Welt spielt das Wetter extrem verrückt. Lässt sich das noch mit dem Klimawandel erklären? Oder steckt mehr dahinter? Wenn ja – wie kann diese Waffe gestoppt werden?

UweLaub packt hier ...

Überall auf der Welt spielt das Wetter extrem verrückt. Lässt sich das noch mit dem Klimawandel erklären? Oder steckt mehr dahinter? Wenn ja – wie kann diese Waffe gestoppt werden?

UweLaub packt hier ein Thema an, das utopisch scheint, aber wohl doch realistischer sein könnte, als es uns recht sein kann.

Gerade nach einem so heißen, trockenen Sommer, den extremen Wetterschwankungen der letzten Jahre, der sintflutartigen Regenfälle, der riesigen Hagelkörner, der immer werdenden Stürme weiß dieser Thriller zu ängstigen und zu erschrecken. Aber auch nachdenklich zu machen. Nach all den Entwicklungen von Waffen ist es meiner Meinung nach nicht so abwegig, auch das Wetter als Waffe einzusetzen. Inwieweit es jemand schaffen kann, es so zu manipulieren, dass es gezielt eingesetzt werden kann, möchte ich eigentlich gar nicht so genau wissen. Umso schockierender, bewegender, verängstigender eben dieses Buch.

Stellenweise liest sich das Buch ein wenig steif, fast hölzern. Da fließen die Sätze nicht flüssig dahin, sondern sie wirken konstruiert, überkorrekt, überschliffen. Dennoch fesselt die Story selbst den Leser und sorgt für unruhige, wenn nicht gar schlaflose Nächte.

Die Kapitel sind zumeist recht kurz, sodass man versucht ist, doch noch eins mehr zu lesen und noch eins und noch eins. Oder für Wenigleser täglich ein Kapitel (dann liest man aber zwei Monate), denn das schafft man auf alle Fälle weg. Das mag jetzt gemein klingen, ist aber gar nicht so gemeint. Ich mag es sehr, wenn die Kapitel übersichtlich sind und man nicht mittendrin aufhören muss zu lesen (eben weil wenig Zeit o.ä.). Außerdem steigert dies das Tempo eines Buches.

Inwieweit der Konflikt China – USA (der zwangsläufig den Rest der Welt bedroht) eine Anspielung ist, sei dahingestellt. Fakt ist, dass das Buch zu denken gibt (auch wenn ein paar Ungereimtheiten darin zu finden sind, doch kann ich damit sehr gut leben). „Wissenschaftsthriller“ sind immer etwas anders zu lesen, muss man mögen, man muss sich darauf einlassen können.

Summa summarum hat mich das Buch überzeugt, nur bin ich eben manchmal über den Stil gestolpert. Deshalb gebe ich vier Sterne.