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Veröffentlicht am 03.10.2018

Historischer Roman mit Krimielementen

Alchimie einer Mordnacht
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1599: Christian Stern, junger Gelehrter und Alchimist, reist nach Prag in der Hoffnung, am Hof von Kaiser Rudolf II Karriere zu machen. Doch in der Stadt angekommen, stolpert er über die Leiche einer ermordeten ...

1599: Christian Stern, junger Gelehrter und Alchimist, reist nach Prag in der Hoffnung, am Hof von Kaiser Rudolf II Karriere zu machen. Doch in der Stadt angekommen, stolpert er über die Leiche einer ermordeten jungen Frau. Erst landet Stern im Gefängnis, dann bekommt er den Auftrag, den Mord aufzuklären.

Wie ein tapsiger junger Bär stolpert Stern durch das mittelalterliche Prag, verliert sich am kaiserlichen Hof in den dortigen Intrigen und stürzt sich dazu noch in eine gefährliche Affäre. Dabei verliert er sein Ziel vollkommen aus den Augen. Erst im letzten Drittel scheint er aufzuwachen und mehr oder weniger durch Zufall der Lösung des Rätsels näher zu kommen. Daher würde ich „Alchimie einer Mordnacht“ nur bedingt als historischen Kriminalroman bezeichnen, hier könnten möglicherweise falsche Erwartungen geweckt werden.

Dieser Roman bietet vielleicht nicht die erhoffte Spannung, dafür schildert Benjamin Black das mittelalterliche Prag so lebhaft und detailliert, dass es sich wunderbar in die damalige Zeit eintauchen lässt und man meint, die prägnanten Gerüche intensiv wahrzunehmen.
Neben dem Habsburger Rudolf II, Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, tummeln sich in Prag noch weitere historische Persönlichkeiten. Allen voran Philipp Lang, einflussreicher und intriganter Kammerdiener des Kaisers, und Edward Kelley, ein bekannter englischer Alchimist.
Weitere Figuren haben zwar ihre historischen Vorbilder, sind aber verfremdet und der Autor hat sich bei ihrer Charakterisierung einige künstlerische Freiheiten genommen, um die Geschichte nach seinen Vorstellungen erzählen zu können.

Fazit: „Alchimie einer Mordnacht“ ist ein historischer Roman mit Krimielementen, aber wirkliche Spannung kommt erst spät auf. Dazwischen gibt es viel Intrigen sowie das umtriebige Leben am kaiserlichen Hof in Prag, das eine spektakuläre Kulisse bietet.

Veröffentlicht am 13.10.2018

Unterhaltsam, aber nicht überraschend

Bösland
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Als 13-Jähriger wird Ben verurteilt, ein Mädchen erschlagen zu haben. Erst nach vielen Jahren ist er als erwachsener, aber gebrochener Mann wieder auf freiem Fuß. Während seiner Arbeit als Fotolaborant ...

Als 13-Jähriger wird Ben verurteilt, ein Mädchen erschlagen zu haben. Erst nach vielen Jahren ist er als erwachsener, aber gebrochener Mann wieder auf freiem Fuß. Während seiner Arbeit als Fotolaborant fällt ihm plötzlich das Foto seines Kindheitsfreunds Kux in die Hand. Ben beschließt Kux zu suchen und setzt so einiges in Bewegung. Die Vergangenheit wird wieder aufwirbelt, was ungeahnte Folgen hat.

Bernhard Aichners Schreibstil mit den kurzen, emotionslosen Sätzen und abgehackten Dialogen ist gewöhnungsbedürftig. Zu der Hauptperson seiner Erfolgsreihe um die „Totenfrau“ passte dieser Stil gut, in „Bösland“ hat er aber dafür gesorgt, dass immer eine gewisse Distanz zu Ben blieb und mich sein Leiden weitaus weniger berührt hat, als dies möglicherweise ansonsten der Fall gewesen wäre.
Die Kapitel sind kurz gehalten, manchmal umfassen sie nur eine Seite. Dabei wechseln sich Schilderungen aus der Sicht des Erzählers Ben mit Dialogen ab, die aufgrund ihres Stils wie eine Abschrift einer Tonbandaufnahme wirken.

Gleich zum Ende des ersten Viertels gibt es in „Bösland“ einen ziemlichen Paukenschlag, der die gesamte Handlung auf den Kopf stellt. Allerdings war diese Wendung für mich nicht wirklich unerwartet, ich hatte sie vorher schon kommen sehen.
Was dann folgt ist zwar nicht wirklich überraschend, aber herrlich böse und gemein. Für Ben war das „Bösland“ bisher immer das Leben im Haus seiner Eltern mit dem brutalen Vater gewesen, aber was nun kommt, ist nicht weniger grausam und psychotisch.

Aufgrund der emotionalen Distanz konnte ich mich zwar nicht wirklich in Ben hineinversetzen und so uneingeschränkt mitfiebern, aber dennoch war ich gespannt, wie die Handlung weiter geht und wie sich die gesamte Angelegenheit auflösen wird. So hat mich das Buch dann auch gut unterhalten, aber nicht absolut fesseln können.

Fazit: Ein Thriller, der nicht vollkommen überrascht, aber dennoch gut unterhält. Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig.

Veröffentlicht am 13.09.2018

Potential nicht ausgeschöpft

Das andere Haus
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Caroline und ihr Mann Francis stecken schon länger in einer Ehekrise. Ein gemeinsamer Urlaub soll helfen. Dafür machen sie bei einem Haustausch mit. In dem Haus in der Nähe von London angekommen, sind ...

Caroline und ihr Mann Francis stecken schon länger in einer Ehekrise. Ein gemeinsamer Urlaub soll helfen. Dafür machen sie bei einem Haustausch mit. In dem Haus in der Nähe von London angekommen, sind die beiden irritiert, wie steril und unpersönlich das Gebäude innen wirkt. Doch nach und nach stolpert Caroline auf Hinweise aus ihrer Vergangenheit und sie fragt sich, ob jemand ein Spiel mit ihr spielt und wer sich wohl momentan in ihrem Haus befindet.

Die Idee, dass sich jemand bei einem Haustausch in deine Privatsphäre eindringt, Psychospielchen spielt und dich mit deiner Vergangenheit konfrontieren will, klang spannend und vielversprechend. Leider hat die Autorin das Potential für einen unter die Haut gehenden Psychothriller nicht vollständig ausgenutzt.
Ähnlich leer und steril, wie das Haus, in dem Caroline und Francis landen, wirkt die ganze Atmosphäre des Buchs, das ich noch nicht einmal als Thriller bezeichnen würde, da sich die Spannung schnell auflöst und die Handlung sich mitunter in die Länge zieht. Bis auf ein paar Hinweise, der Kontakt zu einer dubiosen Nachbarin und später ein paar Emails, passiert erst einmal nicht viel. Dafür gibt es sehr viel Rückblicke in Carolines Vergangenheit, eine der Ursachen für die Ehekrise. Diese Passagen waren für meinen Geschmack viel zu ausführlich. Einen wirklichen Mehrwert haben sie in dieser Länge auch nicht gebracht. Vielmehr haben diese sogar dazu geführt, dass mir Caroline im Laufe der Geschichte nicht wirklich sympathischer wurde.

Im letzten Drittel gibt es dann noch einen Twist, der alle vorherigen Erwartungen auf den Kopf stellt. Diese Wendung ist gut, allerdings hätte Rebacca Fleet aus der ganzen Sache noch mehr machen können.

Zwar hat mich „Das andere Haus“ im Großen und Ganzen gut unterhalten, aber die Spannung hielt sich in Grenzen und es wurde viel Potential verschenkt.

Veröffentlicht am 02.09.2018

Starker Anfang

Walter muss weg
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Eine fröhlichere Witwe als Hannelore Huber könnte es wohl kaum geben. Nach einer jahrzehntelangen unglückliche Ehe ist ihr Mann Walter verstorben und jetzt findet endlich die Beerdigung statt. Doch bei ...

Eine fröhlichere Witwe als Hannelore Huber könnte es wohl kaum geben. Nach einer jahrzehntelangen unglückliche Ehe ist ihr Mann Walter verstorben und jetzt findet endlich die Beerdigung statt. Doch bei der Bestattung kippt der Sarg um und offenbart, dass dort ein anderer Mann drin liegt. Von Walter keine Spur, macht er ihr also auch noch in seinem Tod Ärger. Somit macht sich Hannelore auf die Suche nach dem Nichtsnutz.

Herrlich böse und mit viel schwarzem Humor beginnt Thomas Raabs Kriminalroman, der im tiefsten Bayern spielt. Auch wenn die Seniorin Hannelore Huber eine grantige alte Dame ist, die nicht viel für ihre Mitmenschen übrig hat, hat sie schnell mein Herz erobert. Es ist einfach zu schön, wie sie ihre neu gewonnene Freiheit feiert und sich auf die Zukunft freut.
Doch mit dem Verschwinden der Leiche macht ihr ihr toter Ehemann auch noch aus dem Jenseits heraus einen Strich durch die Rechnung. Weil sich Hannelore das nicht bieten lassen möchte, marschiert sie durch das scheinbar dörfliche Idyll und sucht auf eigene Faust den Leichnam. Dabei blickt sie zusammen mit dem Leser hinter die Fassade der lieben Mitmenschen und deckt so manche Geheimnisse, Niederträchtigkeit oder anderen Abgründe auf.
Leider wird es dabei aber auch sehr klamaukig, ein Humor, der mir nicht wirklich liegt. Beispielsweise, wenn der leitende Polizist, der scheinbar ein Problem mit selbstbewussten Frauen hat, ständig den Doppelnamen seiner Mitarbeiterin vergisst und irgendwelche wilden Namenskombinationen erfindet. Der bitterböse, rabenschwarze Humor vom Anfang blitzt leider nur noch selten auf.

Neben dem passenden Lokalkolorit erhält das Buch durch den entsprechenden Dialekt und typische Ausdrücke die richtige Authentizität. Fans der Provinzkrimis um Franz Eberhofer dürften hier ihren Spaß haben. Verschachtelte Sätze, bei denen sogar teilweise die Verben fehlen, machen das Lesen aber nicht leicht.
Natürlich gibt es Krimielemente, denn bei der Suche nach dem Leichnam ihres Mannes trifft die Huber auf einige Ungereimtheiten, die auch mit dem Tod des Mannes, der in dem Sarg ihres Walters lag, und der Ermordung einer Prostituierten zusammenhängt. Doch sie macht nicht nur kriminalistische Entdeckungen, sondern ihr wird vor Augen geführt, wie sehr sie und ihr Mann in den 53 Jahren Ehe aneinander vorbeigelebt haben. Dies sorgt für einen ernsten Unterton in diesem ansonsten doch recht beschwingten Roman.

Ein bisschen Sozialkritik bindet Thomas Raab auch noch ein. Hannelore Hubers Heimat mag zwar ein recht einsamer Flecken auf der Erde sein, aber auch dort spielt die Tagespolitik eine Rolle. Zwar bin ich mit dem Autor auf einer Linie, aber mir sind seine Intentionen zu offensichtlich, in diesem Buch hätte ich darauf verzichten können.

Fazit: Nach den ersten Kapitel bin ich mit falschen Erwartungen an dieses Buch herangegangen. Ich hatte einen Roman mit sehr schwarzem Humor erwartet, doch mit dem Ende der Beerdigung war es leider damit vorbei. Der Humor wandelte sich und damit auch mein Interesse.

Veröffentlicht am 04.07.2018

vorhersehbar, kaum Spannung

Wahrheit gegen Wahrheit
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Um es vorweg zu sagen: Als Thriller würde ich dieses Buch nicht bezeichnen, denn Nervenkitzel kommt dafür viel zu selten auf. Nach einem recht interessanten Start schleppt sich die Handlung dahin und verzettelt ...

Um es vorweg zu sagen: Als Thriller würde ich dieses Buch nicht bezeichnen, denn Nervenkitzel kommt dafür viel zu selten auf. Nach einem recht interessanten Start schleppt sich die Handlung dahin und verzettelt sich in Rückblenden und Schilderungen von mehrseitigen Familienszenen. Erst zum Ende hin kommt wieder Spannung auf, auf den letzten Seiten gibt es sogar ein paar Überraschungen.

Da die Autorin selbst beim CIA gearbeitet hat, sollte man meinen, dass sie das nötige Hintergrundwissen hat, um eine interessante Hauptfigur zu schaffen. Leider kommt Vivian wenig kompetent rüber. Viele ihrer Entscheidungen sind haarsträubend und bedauerlicherweise auch sehr vorhersehbar. Derjenige, der sie vor der Einstellung auf Eignung geprüft hat, müsste eigentlich gefeuert werden.

Als Verfilmung könnte ich mir dieses Buch dagegen sogar ziemlich gut vorstellen. Mit den richtigen Tricks und Kniffs wäre sogar Spannung garantiert. Als Thriller in geschriebener Form hat es mich jedoch nicht überzeugt.

Wahrscheinlich trifft „Wahrheit gegen Wahrheit“ den Geschmack des amerikanischen Publikums viel mehr als meinen. Das mag an der gehörigen Portion US-Patriotismus und das scheinbar immer noch aktuelle Thema Kalter Krieg zu liegen.