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Veröffentlicht am 28.09.2018

Der Beginn

Die Fotografin - Am Anfang des Weges
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Mimi Reventlow hat großes Glück. Als sie sich entscheidet den Heiratsantrag ihres Verehrers nicht anzunehmen und lieber als Wanderfotografin durch Deutschland zu reisen, stehen ihre Eltern auch finanziell ...

Mimi Reventlow hat großes Glück. Als sie sich entscheidet den Heiratsantrag ihres Verehrers nicht anzunehmen und lieber als Wanderfotografin durch Deutschland zu reisen, stehen ihre Eltern auch finanziell hinter ihr und unterstützen sie dabei, ihren größten Wunsch wahr werden zu lassen.
Einige Jahre zieht sie erfolgreich durch die Lande und baut sich einen guten Ruf auf. Doch dann erfährt sie, dass ihr Onkel Josef, der sie zur Fotografie gebracht hat, schwer krank ist, und reist zu ihm nach Laichingen auf die Schwäbische Alb.
Dort erwartet sie ein komplett fremdes Leben. Fortschritt ist dort verpönt, es soll doch bitte immer alles so weitergehen wie bisher. Vor allem Fabrikant Gehringer hält strikt am althergebrachten fest, sichert es ihm doch auch den Zugriff auf billige Arbeiter. Denn wer würde es schon wagen gegen ihn, den Herrn Fabrikanten, aufzumucken.

Mimi hat mir sehr gut gefallen. Sie weiß was sie will und setzt das auch mit einem Gottvertrauen um, das durchaus zu beneiden ist. Die Entscheidung Wanderfotografin zu werden hätte auch ziemlich in die Hose gehen können. Auch die Entscheidung in Laichingen zu bleiben und ihren kranken Onkel zu pflegen ist nicht ohne. Schließlich hat sie es nie gelernt einen Haushalt zu führen.
Petra Durst-Benning gelingt es in diesem Buch die Welt der Weber auf der Schwäbischen Alb lebendig werden zu lassen. In den Teilen die in Laichingen spielen konnte ich die Kälte und Trostlosigkeit förmlich spüren. Wohingegen ich bei den Teilen, die in Ulm oder am Bodensee spielen durchaus die Wärme und die Lebendigkeit der Gegend gespürt habe.
Für treue Leser gibt es in diesem Buch auch ein Wiedersehen mit Clara Berg, die wir in Bella Clara begleiten durften. Und auch Anspielungen auf die Glasbläser- und Samenhändler-Trilogien sind im Buch zu finden.
Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Es ließ sich gut lesen und bot einen guten Einstieg in die Geschichte, die mit weiteren 4 Bänden fortgesetzt werden wird. Daher ist das Ende auch recht offen und man ist gespannt, wie es mit Mimi und den Laichingern wohl weitergehen wird und ob Mimi es schafft ein wenig frischen Wind auf die Alb zu bringen.
Von mir daher eine Leseempfehlung für dieses atmosphärische Buch!

Veröffentlicht am 28.09.2018

Willkommen in Absurdistan

Die Hungrigen und die Satten
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Deutschland zu heutigen Zeiten, Frau Merkel ist abgewählt, hat aber einen solchen Eindruck hinterlassen, dass es nicht mehr der Bundeskanzler, sondern der Merkel heißt, egal, wie der Name nun wirklich ...

Deutschland zu heutigen Zeiten, Frau Merkel ist abgewählt, hat aber einen solchen Eindruck hinterlassen, dass es nicht mehr der Bundeskanzler, sondern der Merkel heißt, egal, wie der Name nun wirklich lautet.
Im Fernsehen hat sich eine Show als Renner etabliert, in der Nadeche Hackenbusch in Flüchtlingsunterkünften mit Hilfe von Sponsoren das Elend lindert. Sie ist der Engel im Elend.
Um die Quoten zu steigern wir dein Special in einem von Afrikas größten Flüchtlingscamps geplant, die sich gebildet haben, als Europa die Grenzen immer weiter dicht gemacht hat.

Und doch hat keiner der Produzenten damit gerechnet, dass sie die Kontrolle über das Unternehmen verlieren könnten. Nadeche merkt, dass sie gerne bleiben möchte um weiter zu helfen und Lionel, der einst Namenlose Flüchtling, der es in einem Casting zu ihrem persönlichen Assistenten gebracht hat, nutzt die Gelegenheit um doch noch nach Europa zu kommen.
Und so bricht ein Flüchtlingszug von 150.000 Flüchtlingen zu Fuß nach Europa auf. In der deutschen Regierung ist man erst einmal nur wenig beunruhigt, bis klar wird, dass das Unternehmen wohl nicht an der Logistik oder den zu durchquerenden Ländern scheitern wird.
Daraufhin bricht in Deutschland Hektik aus und es wird alles getan um das Unternehmen scheitern zu lassen.

Ich fand das Thema an sich interessant. Was passiert, wenn sich Flüchtlinge selbst organisieren und nicht einzeln versuchen nach Europa zu kommen. Das Szenario, das Timur Vermes skizziert ist in sich schlüssig und kann überzeugen. Man fragt sich dann schon, warum in Afrika tatsächlich noch niemand auf Lionels geniale Idee gekommen ist.
Das Personal des Buches ist teilweise nur schwer ertragbar. Nadeche Hackenbusch ist einfach unsagbar dumm. Der Aufenthalt in Afrika verändert sie sicherlich, aber trotzdem ist ihr ganzes Verhalten einfach unglaublich naiv und ferngesteuert. Und wenn man ihr Englisch mit dem von Lothar Matthäus vergleicht, spricht Lothar reinstes Oxford Englisch ?
Aber auch ihre Begleitung, die Autorin Astrid von Roell, ist auf Dauer nur schwer erträglich. Besonders als klar wird, dass ihr Chef von ihr erwartet tatsächlich jeden Tag ihrer journalistischen Tätigkeit nachzugehen.
Auch der Sender in Deutschland ist eigentlich nur von Ich-bezogenen Menschen besetzt, denen die Quote über alles geht.

Lustigerweise ist der einzige Lichtblick unter den Protagonisten der Innenminister der CSU Leubl. Als altgedienter Politiker erkennt er schnell die Zeichen und steht dann auch hinter unbequemen Entscheidungen. Sein Staatssekretär bemüht sich da sichtlich nicht nachzustehen, kann aber die Erwartungen nicht wirklich erfüllen. Trotzdem bleibt auch er al seine der positiveren Figuren in Erinnerung.

Lionel hingegen ist noch der Vernünftigste unter den Protagonisten. Oder vielleicht auch der pragmatischste. Eigentlich organisiert er sich und später seinen Zug von Tag zu Tag. Leider erliegt auch er dem Irrglauben zu meinen, dass er genau weiß was die Gegenseite tun wird.

An sich hat mir das Buch gut gefallen. Zwischenzeitlich fiel es mir auf Grund der Dummheit doch nicht weniger Protagonisten schwer, weiter zu lesen. Glücklicherweise gab es immer wieder Abschnitte wo man das Gefühl hatte nicht von grassierender Blödheit gefressen zu werden.
Ab der Mitte etwa entspann sich dann auch ein Sog einfach weiter zu lesen um herauszufinden, wie es denn nun enden wird. Denn mir ist tatsächlich kein Szenario eingefallen, dass zu einem Happy End oder auch nur einer halbwegs sinnvollen Lösung hätte führen können.
Und so klappt man das Buch am Ende auch mit dem Gefühl zu, dass es wirklich keine vernünftige Lösung des Themas geben kann, bei dem am Ende alle glücklich sind.

Ich tue mir etwas schwer das Buch in ein Genre einzusortieren. Als Gesellschaftssatire wird es beworben, allerdings ist mir das Lachen eher in Halse stecken geblieben. Die Darstellung der Medien mag sehr überspitzt dargestellt sein, aber ich habe die Befürchtung, dass da mehr Wahrheit dahintersteckt, als man sich wünschen mag. Und auch das politische Geschehen entspricht wohl eher der Realität.

Insgesamt hat mich das Buch nachdenklich zurück gelassen. Was würden wir tun, wenn das, was hier beschrieben wird tatsächlich wahr würde? Würden wir andere Lösungen finden?
Von mir daher durchaus eine Leseempfehlung, auch wenn mich das Ganze nicht total begeistert hat.

Veröffentlicht am 28.06.2018

schönes Südfrankreichbuch

Das Strandcafé an der Riviera
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Rosie will ein neues Leben in Cannes anfangen und erfüllt sich ihren Traum von einem eigenen Café. GeeGee lebt von ihrem Job als Immobilienmaklerin mehr schlecht als recht und Emma und ihre Tochter Cammie ...

Rosie will ein neues Leben in Cannes anfangen und erfüllt sich ihren Traum von einem eigenen Café. GeeGee lebt von ihrem Job als Immobilienmaklerin mehr schlecht als recht und Emma und ihre Tochter Cammie leiden immer noch unter dem Tod des Ehemanns und Vaters.
In diesem Buch begleiten wir die vier einen Sommer lang und dürfen erleben, wie sich vieles zum Besseren wendet, auch wenn es manchmal schmerzhaft ist.

Mir hat das Buch an sich gut gefallen. Die Charaktere waren liebenswert und die Beschreibungen der Landschaft in Südfrankreich farbenfroh und so gut, dass man sich die Gegend gut vorstellen konnte.

Trotzdem hat mir ein bisschen was gefehlt. Irgendwie wirkten die Geschichten um GeeGee und Emma ein wenig zu flach. Ich hätte gerne mehr über die beiden und ihre Wege erfahren.

Rosies Geschichte fand ich hingegen detailreich genug. Wir lernen ihre Familie kennen und ihre Vergangenheit. Auch das Wiederauftauchen des Vaters und seine Versuche, sich mit seiner Tochter auszusprechen fand ich gelungen.
Das sich mit ihrem Nachbarn Seb auch noch ein sympathischer Freund und Wegbegleiter einstellt ist natürlich besonders schön.

Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen jeder der drei Frauen ein eigenes Buch zu widmen. Dann hätte man GeeGees gescheiterte Beziehung und den Tod von Emmas Mann auch ausführlicher darstellen können. Ich mochte die beiden wirklich sehr.

Alles in allem war es ein gut zu lesendes und unterhaltsames Buch. Trotz der genannten Kritikpunkte war es wirklich schön zu lesen.

Von daher von mir durchaus eine Leseempfehlung

Veröffentlicht am 15.03.2018

Vergessene Geschichte

Das schweigende Klassenzimmer
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1956, in Ungarn wurde gerade der Aufstand von den Sowjets niedergeschlagen. Eine Abiturklasse der DDR beschließt spontan eine Schweigeminute einzulegen. Damit beginnt eine Geschichte die so wahr wie manchmal ...

1956, in Ungarn wurde gerade der Aufstand von den Sowjets niedergeschlagen. Eine Abiturklasse der DDR beschließt spontan eine Schweigeminute einzulegen. Damit beginnt eine Geschichte die so wahr wie manchmal auch traurig ist. Aus dieser Schweigeminute entsteht am Ende der Verdacht, dass das kapitalistische Ausland hier versucht hat die Jugend ideologisch zu vergiften und die DDR gezielt zu schwächen.

Dietrich Garstka erzählt seine Geschichte, die gleichzeitig auch die Geschichte seiner Klassenkameraden ist. Da die Klasse keinen Rädelsführer benennen will und kann, wird sie geschlossen vom Abitur ausgeschlossen. Daraufhin flüchtet der Großteil der Klasse in den Westen.


Diese Geschichte ist wahr, sie ist Dietrich Garstka und seinen Klassenkameraden so passiert. Das schlägt sich auch im Schreibstil nieder. Immer wieder werden diverse staatliche Protokolle zitiert was den Lesefluss gerade am Anfang ziemlich behindert. Trotzdem ist es spannend mitzuerleben, wie die Jugendlichen immer wieder drangsaliert, bedroht und ihre Familien beleidigt werden, bis es zum Ausschluss aus der Schule kommt. Die Flucht in den Westen ist durch die noch offenen Grenzen gerade im nahegelegenen Berlin noch relativ einfach möglich. erstaunt hat mich, dass die zurückgebliebenen Familien zwar Anfangs bedrängt wurden die Kinder zurück zu holen, aber ansonsten nicht viel gegen sie unternommen wurde. Das hat sich wohl erst nach dem Mauerbau deutlich verschärft.


Irritiert hat mich die Erzählperspektive. Es handelt sich zwar um einen Ich-Erzähler, der über sich selbst aber in der dritten Person berichtet. So kam es mir manchmal so vor als wäre der Erzähler ein unbenannter Mitschüler. Am Anfang habe ich es nicht wirklich durchblickt und habe mich mehrmals gefragt, ob es wohl mehr als einen Dietrich in der Klasse gegeben hat. Durch diese schwebende Perspektive kann Garstka auch über die Ereignisse berichten, die er selbst nicht erlebt hat, weil er schon im Westen war. Trotzdem hätte ich mir hier eine andere Lösung gewünscht, ich fand das recht verwirrend.


Obwohl ich mehr einen Roman statt einem Erlebnisbericht erwartet hatte, fand ich das Buch durchaus interessant, zeigt es doch, wie der unsicher Staatsapparat der DDR schon bei kleinsten Unregelmäßigkeiten war. Und wie dann mit Kanonen auf Spatzen geschossen wurde.

Für Geschichtsinteressierte sicher ein interessantes Buch.

Veröffentlicht am 01.02.2018

Nett für zwischendurch

Zweimal heißt für immer
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Josies Vater hat einen schweren Schlaganfall und wird deshalb ins Krankenhaus eingeliefert. Das ist der Grund, warum Josie nach 10 Jahren in ihre Heimatstadt zurückkehrt.
Dieser den Rücken gekehrt hatte ...

Josies Vater hat einen schweren Schlaganfall und wird deshalb ins Krankenhaus eingeliefert. Das ist der Grund, warum Josie nach 10 Jahren in ihre Heimatstadt zurückkehrt.
Dieser den Rücken gekehrt hatte sie, als nach einer schwierigen Kindheit und einem Schicksalsschlag auch die Zukunft plötzlich nicht mehr so aussah, wie Josie sie sich das vorgestellt hatte.
Zu dieser Zukunft gehörte auch Ethan, der nun den Freizeitpark ihres Vaters alleine leiten muss. Josie hat nun die Gelegenheit herauszufinden, ob es nicht doch noch eine Zukunft fürsie in ihrer Heimat gibt.
Das Buch hat mir insgesamt gut gefallen. Am Anfang hatte ich etwas Schwierigkeiten hinein zu kommen, da die Hintergründe nur langsam in Rückblenden aufgedeckt werden. Deshalb war das Verhalten der Protagonisten teilweise nur schwer nachzuvollziehen.
Das hat sich aber im Laufe des Buches wieder gegeben und dann hatte ich viel Spaß daran. Weitere Bücher der Autorin würde ich durchaus auch lesen wollen. Da es wohl der Auftakt einer Serie ist, werden wir dann hoffentlich auch alte Bekannte wieder treffen.
Alles in allem ist es ein schönes und unterhaltsames Buch. Herzlichen Dank an NetGalley und den Verlag, dass ich es lesen durfte.