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Abibliophobia

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.03.2019

Alles was das Buch mir gibt

ALLES WAS ICH DIR GEBEN WILL
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Der Roman „Alles was ich dir geben will“ von Dolores Redondo handelt von einer Familiengeschichte in Galicien. Manuel verliert seinen Mann bei einem Autounfall und schnell wird klar, dass keiner wirklich ...

Der Roman „Alles was ich dir geben will“ von Dolores Redondo handelt von einer Familiengeschichte in Galicien. Manuel verliert seinen Mann bei einem Autounfall und schnell wird klar, dass keiner wirklich an einen Unfall glaubt und das nicht so ist, wie es zu sein schien.
Das Cover vermittelt einen mysteriösen Eindruck, faszinierend und zugleich düster, passend zum Klappentext. Die unterschiedlichen Zitate zu Beginn des Buches schüren das Interesse auf eine spannende Story mit vielen Überraschungen.
Nachdem Protagonist Manuel bereits seine Schwester verlor ist nun sein Mann Alvaro bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Doch noch größer, als dieser Verlust ist die Enttäuschung, als sich herausstellt, dass Alvaro ein ganz anderer Mensch gewesen ist, als Manuel in den 15 Jahren dachte. Eine größere Enttäuschung gibt es wohl kaum, als festzustellen, dass man den Mann, mit dem man zusammen gelebt hat, gar nicht wirklich kannte. Manuel hat das Gefühl um einen völlig fremden Menschen zu trauern und fragt sich, wie viel die Liebe eines Mannes zählt, der eigentlich ein ganz anderer war. Manuel ist aber keinesfalls dumm oder naiv, selbst in dieser schweren Zeit kann er sich auf seinen Verstand und sein Bauchgefühl verlassen und begibt sich auf die Suche nach der Wahrheit.
Der Roman fasziniert im Ganzen, aber auch mit Details für Buchverliebte wie beispielsweise das Kennenlernen der beiden auf einer Buchmesse. Die Story an sich ist sehr spannend und gut durchdacht und die Verknüpfung zur mächtigsten Adelsfamilie in Galicien macht das Buch noch aufregender. Eine gelungene Mischung, die durch den herausragenden Schreibstil der Autorin abgerundet wird. Man leidet mit, hält die Luft an und fühlt sich, als wäre man live dabei auf dem Gut der Familie. Manuel erhält unerwartet Unterstützung vom pensionierten Dorfpolizisten, aber auch von langjährigen Weggefährten seines Mannes. Im Hintergrund steht immer wieder die Frage, wem er wirklich trauen kann und wessen Anteilnahme wirklich echt ist.
Jeder Mensch hat Geheimnis und Manuel findet die Geheimnisse seines Mannes nach und nach heraus. Dieses Buch reißt den Leser mit in einen Strudel voller Intrigen in die Welt der Reichen und Mächtigen.
Zweimal wird Manuel der Boden unter den Füßen weggerissen, aber langsam versöhnt er sich mit Alvaro und nähert sich wieder dem Alvaro an, den er kannte. Trotz Macht, Korruption, Geldgier, Lügen und Homophobie findet Manuel echte Freunde und Unterstützung. Manuel ist ein starker, mutiger Charakter, der sich nach vorne und gegen eine ganze Familie kämpft. Das hat mich sehr beeindruckt. Er muss sich die Wahrheit erst erarbeiten und Alvaros Tod zwingt ihn auch sein eigenes Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen und sich seinem Leben zu stellen.
Zu keinem Zeitpunkt ahnt man, was als nächstes geschehen könnte. Man taucht ein in die Lügengebäude jedes einzelnen Familienmitglieds und sieht zu wie der schöne Schein bröckelt. Dieser Roman ist spannend bis zur letzten Seite und hat trotz allem ein schönes Ende. Unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 08.10.2018

Coelho steht für Lesegenuss

Hippie
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Mit „Hippie“ ist Paulo Coelho mal wieder ein hervorragender Roman gelungen.
Das Cover sticht ins Auge und gefällt deshalb schon, weil es für Diogenes-Verhältnisse extrem bunt gestaltet ist, eine Farbexplosion ...

Mit „Hippie“ ist Paulo Coelho mal wieder ein hervorragender Roman gelungen.
Das Cover sticht ins Auge und gefällt deshalb schon, weil es für Diogenes-Verhältnisse extrem bunt gestaltet ist, eine Farbexplosion sondergleichen. Den Umschlag ziert ein tolles Foto von Coelho zu seiner Hippiezeit. Man ist gespannt wie viele eigene Erlebnisse in diesem Buch stecken und man wird wahrlich nicht enttäuscht.
Der Leser taucht sofort ein in die fremde, faszinierende Hippiezeit. Coelho schafft es wie immer den Leser bereits nach ein paar Seiten mitzureißen und auf einen spannenden Roadtrip mitzunehmen. Trotz all der Leichtigkeit und Gelassenheit beschreibt er auch, wie wagemutig und gefährlich diese Reise ist. Erinnerungen aus alten Zeiten und Erlebnissen wechseln sich mit Geschehnissen der aktuellen Reise im Magic Bus ab. Paulo und Karla lernt man erst einzeln kennen, um sie dann auf diese turbulente, erfahrungsreiche Reise zu begleiten. Coelhos Erzählstil ist fesselnd und einzigartig. Kein Buch nimmt einen so gefangen, wie seine Werke.
Egal wie bodenständig und spießig man ist, bei diesen Schilderungen bekommt man Lust in den Magic Bus zu steigen. Physisch muss man dies aber nicht machen, da Coelho ein grandioser Geschichtenerzähler ist. Obwohl man nicht dabei war, hat man nach der Lektüre das Gefühl man selbst hat auch etwas an Lebenserfahrung gewonnen.
Paulo Coelhos Bücher schließt man immer mit dem Gefühl, etwas gelernt zu haben und selbst eine kleine Reise unternommen zu haben.

Veröffentlicht am 16.11.2017

Juli Zeh enttäuscht nie!

Leere Herzen
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Der Roman „Leere Herzen“ von Juli Zeh handelt von Britta und Babak und ihrer gemeinsamen Firma „Die Brücke“. Niemand weiß so genau, was die Brücke macht und Juli Zeh führt uns in die geheimnisvolle Welt ...

Der Roman „Leere Herzen“ von Juli Zeh handelt von Britta und Babak und ihrer gemeinsamen Firma „Die Brücke“. Niemand weiß so genau, was die Brücke macht und Juli Zeh führt uns in die geheimnisvolle Welt dieses lukrativen Geschäftsmodells, das man so noch nie gehört hat.
Das Buch beschreibt eine nahe Zukunft, wie sie sein könnte mit bedingungslosem Grundeinkommen und Initiativen wie „Katalonien First“. Die Autorin spielt geschickt mit den Gedanken, die wir uns alle über die Zukunft machen. Das Konzept der Brücke ist genial, der Leser kann sich gut vorstellen, das solche Geschäftsmodelle in Zukunft zum Standard gehören und man bekommt einen Einblick, was mit unseren Daten in Zukunft alles möglich sein wird. Daten, über die diverse Plattformen schon heutzutage verfügen und die nur noch ausgewertet werden müssen.
Juli Zeh wagt einen wahnsinnig intelligenten und scharfen Blick in die Zukunft mit teils zynischen Zügen.
Man merkt schnell, dass bei der Protagonistin Britta etwas nicht stimmt. Man wird von Brittas Bauchgefühl gefangen genommen und rechnet auf jeder Buchseite damit, dass irgendetwas Unglaubliches passiert. Das baut unfassbare Spannung auf. Immer wenn man denkt, man hat das Konzept durchschaut, passiert etwas Neues z.B. das Auftauchen von Guido Hatz, einen Menschen den man erst unsympathisch findet, dann aber doch fasziniert von ihm ist, ohne genau beschreiben zu können warum.
Bevor die Handlung vor sich hinplätschern könnte, kommt Juiletta ins Spiel und bringt Aufregung in die Beziehung zwischen Britta und Babak. Zwischendurch besticht das Buch immer wieder durch Kapitel des vermeintlich harmonischen Familienlebens der beiden Freundinnen. Aber auch diese Passagen sind überraschend gesellschaftskritisch und man merkt wie stur und eingefahren Britta in ihrer Meinung ist.
Die Brücke tat man am Anfang des Buches noch als Esoterikquatsch ab und dann wird man Seite für Seite von ihr gefangen genommen und das Geschehen entwickelt sich zu einem gefährlichen Spiel. Der Spannungsaufbau im Buch ist absolut gelungen. Mit der Flucht ändert sich Brittas Welt schlagartig. Sie reflektiert ihr Leben, nimmt Dinge wahr, die längst in Vergessenheit gerieten und denkt darüber nach, was wirklich Wert im Leben hat.
Mit der Wendung der Handlung hat so niemand gerechnet, die Situation entwickelt sich sehr extrem und nimmt dadurch noch mal an Spannung zu, inklusive einem überraschenden Verbündeten.
Wie immer ein absolut gelungener Roman einer meiner Lieblingsautoren.

Veröffentlicht am 04.09.2017

Geliebte Bowmans

Der Vater, der vom Himmel fiel
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Im Roman „Der Vater, der vom Himmel fiel“ von J. Paul Henderson geht es um die Familie Bowman. Lyle Bowman wird von einem Bus überfahren, erscheint seinem jüngsten Sohn nach seinem Tod aber noch einmal ...

Im Roman „Der Vater, der vom Himmel fiel“ von J. Paul Henderson geht es um die Familie Bowman. Lyle Bowman wird von einem Bus überfahren, erscheint seinem jüngsten Sohn nach seinem Tod aber noch einmal für 14 Tage, um die Familienangelegenheiten zu regeln.
Schon auf der Beerdigung von Lyle bekommt der Leser einen Eindruck, wie merkwürdig diese Familie ist. Die zwei Söhne Greg und Billy haben seit sieben Jahren nicht mehr miteinander gesprochen und treffen erstmals auf der Beerdigung wieder aufeinander. Greg gilt als das schwarze Schaf der Familie, während Billy die Rolle des vorbildlichen Pfadfinders innehat. Der Roman beginnt mit dem kurz und schmerzlosen Tod Lyles, gefolgt von einer Beerdigung, die schräger nicht sein könnte inklusive unfassbar lustiger Diskussionen mit dem Pfarrer über die Geschichten der Bibel.
Die Bowman Brüder haben ein schwieriges Verhältnis zueinander, begründet durch die Unterschiedlichkeit der beiden Geschwister und dem schwierigen Verhältnis zwischen Billys Frau Jean und Greg. Den Höhepunkt fand diese Feindschaft auf der Hochzeit von Jean und Billy, bei der Greg durch übermäßigen Drogenkonsum die Braut und beleidigt und damit nicht unbedingt die Familienbande stärkt. Dann gibt es noch Onkel Frank, eine herrliche Figur, er wirkt wie der Verbündete, der einem beim Lesen über den Buchrand schelmisch zuzwinkert. Jean und Billys Tochter Katy wirken so hohl, dass es schon weh tut, ihr Beitrag ist zum Glück so gering, wie es der Geschichte dienlich ist. Katy allerdings macht während des Buches zumindest den Ansatz einer Wandlung durch.
Das Buch sprüht vor Sarkasmus und Wortwitz. Begriffe wie „emotionales Nichtschwimmerbecken“ und Dialoge wie: „Was ist eigentlich ein Psycho?“fragte Kathy. „Mum meinte nämlich du bist einer“ machen dieses Buch zu einem herrlich erfrischenden Lesegenuss.
Als wäre die Familie Bowman nicht an sich schon schräg genug, taucht nun auch noch der Geist des Vaters auf, um Greg den Kopf zu waschen und seine unerledigten Familienangelegenheiten zu klären. In den Gesprächen zwischen Greg und Lyle geht es auch um ernste Themen wie Rassismus, Zuwanderung, Krankheit, Tod, Vergänglichkeit und Reue. Das Buch ist nicht nur witzig, sondern besitzt einen Tiefgang, den man erst nicht erwartet hätte. Herrlich auch die Anekdote aus dem Himmel, aufgebaut wie eine Behörde, wo Akten vertauscht werden und die Dienstleistungsorientierung der Beamten zu wünschen übrig lässt.
Henderson schafft es mich zu überraschen. Immer wenn man glaubt, das Maß an Absurdität ist voll, setzt er noch eine Schippe drauf mit der nächsten Anekdote. Darüber hinaus zieht sich die geheimnisvolle Frau wie ein roter Faden durchs Buch und sorgt immer wieder dann für Spannung, wenn man sie schon längst vergessen hatte.
Das Buch ist wie die Bowman-Liebe „stillschweigend, peinlich berührt, aber immer da“. Die Charaktere sind vielfältig, jede Figur im Roman hat seine eigene amüsante persönliche Störung. Jede Figur entwickelt sich im Laufe der Geschichte. Der kaltschnäuzige Griesgram Onkel Frank wächst einem widerwillig ans Herz. Das Ende ist so wie man es sich wünscht, man kann das Buch zufrieden ins Regal stellen. Man möchte nach dieser Lektüre aufstehen, das Leben genießen und mit lieben Menschen so Gespräche führen wie Greg und Lyle, bevor es zu spät ist. Man fragt sich selbst, wie man eine zweite Chance nutzen würde.
Klare Leseempfehlung. Diese Familie ist mir ans Herz gewachsen, weil man mindestens einen Verrückten dieser Art in der eigenen Verwandtschaft wiederfindet.

Veröffentlicht am 30.10.2023

Perfekt

Nie gut genug
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Auch wenn es in diesem Zusammenhang eher eine Beleidigung ist, ist das Buch nahezu perfekt. Thomas Curran erklärt in seinem Buch "Nie gut genug" was Perfektionismus genau ist und in wie viele Bereiche ...

Auch wenn es in diesem Zusammenhang eher eine Beleidigung ist, ist das Buch nahezu perfekt. Thomas Curran erklärt in seinem Buch "Nie gut genug" was Perfektionismus genau ist und in wie viele Bereiche des Lebens er sich in welcher Form präsentiert und welche negativen Auswirkungen er haben kann. Perfektionismus ist ein brandaktuelles Thema, von dem auch ich betroffen bin. Ich bin super gespannt, welchen Mehrwert ich persönlich aus dem Buch ziehen kann. Das Buch beschreibt sehr genau, wie gesund bzw. ungesund Perfektionismus tatsächlich sein kann. Das Buch ist in extrem gut strukturierte Teile aufgebaut. Der Mix aus wissenschaftlichen Faken und eigenen Erfahrungen transferiert die Theorie erfolgreich in die Praxis. Das Buch beginnt fast wie ein spannender Krimi. "Wir haben alle eine gewisse Intoleranz gegenüber Unvollkommenheit". Solche Sätze führen dazu, dass man das Buch erst einmal weglegt, um darüber nachzudenken. Man liest deutlich heraus, dass Curran Professor ist. So strukturiert und analytisch runtergebrochen auf kurze, aber bedeutungsstarke Sätze, aber dennoch so spannend wie Unterhaltungsliteratur.
Curran ist ein absoluter Experte auf dem Gebiet des Perfektionismus, der es dennoch schafft über den Tellerrand hinaus zu sehen. Er transferiert den Perfektionswahn gekonnt auf Alltagsgeschehnisse.
Die Unterteilung der Kapitel ist großartig: Was ist Perfektionismus? Was macht er mit uns? Ein durchgängig roter Faden. Die persönliche Note und der Antrieb das Buch zu schreiben machen es so authentisch. Die Entwicklung des Perfektionismus, sowie der zunehmende Druck und die Gefahr werden sehr eindringlich beschrieben.
Curran gelingt ein umfassender Blick vom Einzelnen zur Gesellschaft bis hin zum bedeutenden Einfluss von social media und die Wirtschaft. Das Buch ist wissenschaftlich fundiert, aber leicht verständlich. Ein intelligenter Schreibstil, ganz ohne Arroganz. Man nimmt Curran auf jeder Seite ab, dass er bestmöglich informieren und sensibilisieren möchte, ohne belehrend zu sein. Must read in unserer aktuellen Gesellschaft.

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