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Veröffentlicht am 10.03.2019

Der Gesang der Bienen

Der Gesang der Bienen
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"Die Bienen brauchen die Menschen nicht, aber die Menschen brauchen die Bienen." (Seite 90)

Schon im Mittelalter nutzten die Menschen die Bienen. Seyfried ist einer von ihnen. Mit seiner Familie, die ...

"Die Bienen brauchen die Menschen nicht, aber die Menschen brauchen die Bienen." (Seite 90)

Schon im Mittelalter nutzten die Menschen die Bienen. Seyfried ist einer von ihnen. Mit seiner Familie, die er vom Erlös aus dem Verkauf von Honig und Wachs ernährt, lebt der Zeidler im Münstertal im Schwarzwald. Er hat Grund zur Sorge: Einige seiner Bienenvölker sind ohne ersichtlichen Grund eingegangen, und seine Frau Elsbeth, die als Heilerin versucht, die Schmerzen der Menschen zu lindern, hat ein junges Mädchen in ihrem Haus aufgenommen.

Seine Befürchtungen bewahrheiten sich. Das junge Mädchen ist Fronika, die Tochter des Marschalls der Zähringer, Gottfried von Staufen, und wird gesucht. Als sie stirbt, gerät Elsbeth in den Verdacht, Schuld daran zu sein. Darum und wegen eines (vermeintlichen) Bundes mit dem Teufel wird sie zum Tode auf dem Schafott verurteilt. Nur auf Grund der Erwähnung der berühmten Hildegard von Bingen gewährt Abt Eberhard Aufschub von 16 Tagen, damit Seyfried um einen fürsprechenden Brief bei Hildegard von Bingen nachsuchen kann.

Der Weg ist beschwerlich, und Seyfried nimmt ihn aus Liebe zu seiner Frau gerne auf sich. Tatsächlich erreicht er das Kloster auf dem Rupertsberg. Doch Hildegard hat gerade andere Sorgen. Die Bauarbeiten an ihrer neuen Wirkungsstätte beanspruchen sie enorm, und darum knüpft sie an ein Schreiben aus ihrer Hand einige Bedingungen, so dass sich Seyfried vor scheinbar unlösbaren Hürden befindet...


Ralf H. Dorweiler stellt in seinem historischen Roman „Der Gesang der Bienen“ einen Zeidler in den Mittelpunkt, dessen Abenteuer ihn mit historischen Persönlichkeiten wie Hildegard von Bingen und Friedrich I., seines Zeichens König des Heiligen Römischen Reichs, zusammenführen.

Der Autor hat eine einnehmende und packende Erzählweise, die den Leser in den Bann zu ziehen vermag. Dazu passt der Sprachgebrauch sehr gut in die gewählte Zeit.

Während sich die Geschichte zu Beginn noch ruhig entwickelt, kündigen sich bald schon dramatische und lebhafte Ereignisse an. Es sind nicht nur das Auftauchen eines Bären und die damit verbundenen Gefahren, sondern auch die Vorkommnisse, die Seyfried auf seiner Reise zu schaffen machen. Dem Zeidler bleiben lediglich wenige Tage, das Leben seiner Frau zu retten. Obwohl nicht sicher ist, ob ihm das überhaupt gelingt, lässt er sich nicht entmutigen. Ja, er nimmt sich sogar die Zeit, einen verletzten Reiter zu helfen.

Daneben berühren aber ebenso die Begebenheiten, mit denen sich die zurückgebliebenen Familienmitglieder auseinandersetzen müssen. Ob es nun Elsbeth im Kerker oder Anna und Jasper in der Küche der Burg sind.

Dem Autor entfaltet ein realistisches Bild vom Leben in der Mitte des 12. Jahrhunderts. Insbesondere die Schilderung der Hilflosigkeit der Menschen gegen die weltliche und kirchliche Obrigkeit ist bemerkenswert. So wird auch der Druck, dem Seyfried und seine Familie ausgesetzt ist, deutlich und spürbar.

Es ist ein Wechselbad der Gefühle zwischen Bangen und Hoffen, dass das scheinbar Unmögliche von Erfolg gekrönt sein möge, an dem der Leser teilhaben kann. Ralf H. Dorweiler macht es Seyfried nicht leicht. Kaum glaubt dieser sich am Ziel seiner Wünsche, trifft ihn ein Rückschlag.

Für seine Geschichte hat der Autor Figuren mit Vergangenheit gewählt. Elsbeth ist Seyfrieds zweite Frau, der er in aufrichtiger Liebe zugetan ist. Das Familienleben ist einfach und bescheiden, von viel Arbeit geprägt. Jedoch es gibt viele kleine Glücksmomente. Insgesamt beeindrucken die Familienmitglieder durch das ungewöhnliche Bekundung ihrer Gefühle, diese werden offen bekannt, in einer lautlosen Umarmung oder aber auch direkt ausgesprochen.

Hierbei fällt primär die vierzehnjährige Anna mit ihrer außergewöhnlichen Persönlichkeit auf. Sie ist mutig, tritt den Anklägern ihrer Mutter entgegen und weist Behauptungen, diese stehe mit dem Teufel im Bunde oder sei gar Schuld am Tod eines Menschen vehement zurück. Auch im Verlauf der Handlung bewahrt sie sich ihre Kraft, nicht nur für ihren Bruder. Obwohl dies nicht einfach ist. Als Kinder einer Mörderin werden sie drangsaliert, und vor allem Anna sieht sich den Nachstellungen von Theobald, einem Ritter in Diensten Gottfrieds von Staufen, ausgeliefert.

Diese geliebten Menschen zu verlieren, wäre für Seyfried das größte Unglück. Elsbeth und die drei Kinder geben ihm Halt, denn sein innerer Frieden ist gestört. Seyfried betet nicht. Er zweifelt an Gott und seiner Allmacht. Dafür existieren Gründe, die erst im Verlauf der Ereignisse beleuchtet werden.

Seyfrieds Gegenpart ist Hildegard von Bingen, die es mit ihren Schauen bereits zu Lebzeiten zur Berühmtheit gebracht hat. Der Autor versieht die Äbtissin mit einem vielschichtigen Wesen, das zwar von hehren Zielen beseelt ist, sich indes auch mit weltlichen Belangen auseinandersetzen muss, die Charakterstärke verlangen. Dadurch legt sie oft eine harsche Art an den Tag, die die Menschen brüskiert. Wiederum kann sie sehr zugewandt und aufmerksam sein. Ein interessanter Aspekt in der Geschichte.


Durch seine differenzierte, aufschlussreiche Darstellung einer fiktiven Zeidlerfamilie im 12. Jahrhundert und die Einbindung historischer Figuren wird Ralf H. Dorweilers Roman „Der Gesang der Bienen“ zu einer mit Sachverstand erzählten Lektüre.

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Veröffentlicht am 10.03.2019

Das Ambrosia/Experiment

Das Ambrosia-Experiment
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Für Jule Rahn ist dieser 2. November kein gewöhnlicher Tag. Zwar beginnt er wie jeder andere, und wie immer setzt sie auf dem Weg von der Bushaltestelle zu ihrem Arbeitsplatz in einem Koblenzer Labor den ...

Für Jule Rahn ist dieser 2. November kein gewöhnlicher Tag. Zwar beginnt er wie jeder andere, und wie immer setzt sie auf dem Weg von der Bushaltestelle zu ihrem Arbeitsplatz in einem Koblenzer Labor den linken Fuß 923-mal vor den rechten. Zum ersten Mal möchte sie allerdings von ihrer exakt berechneten Route abweichen. Jule liebt die Ordnung, und das Flüstern der Zahlen sieht sie als Hilfe für das Vermeiden von Panikattacken an. Bereits ein Umweg von fünfhundert Metern bedeutet für sie ein Abenteuer.

Unmittelbar darauf bereut sie, dem eigenen Verlangen nach Herausforderung nachgegeben zu haben. Denn sie erlebt mit, wie ein schwerer Gegenstand neben ihr in den Rhein fällt, es ist ein Mensch, der von der Horchheimer Brücke geworfen wurde. Sie ahnt, dass sie etwas gesehen hat, das nicht für ihre Augen bestimmt ist, und flüchtet, verfolgt von einem Mann mit einer feuerroten, dünnen Narbe im Gesicht.

Zur gleichen Zeit beginnt Lucas Prinz seinen ersten Arbeitstag in Koblenz. Die alte Stadt, die den Menschen, die hier aufgewachsen sind, vertraut ist, vermittelt dem Polizist, der aus der Großstadtmetropole Frankfurt am Main versetzt wurde, überhaupt kein Wohlgefühl. Hinzu kommt, dass er an seinem letzten Arbeitsplatz vorurteilsfrei auch gegen die eigenen Kollegen ermittelt hat und bei einigen deshalb als „Netzbeschmutzer“ gilt. Nun will Prinz das Beste aus seiner Situation machen und sich zukünftig trotz der Aussicht auf Langeweile ausschließlich an die Devise „Dienst nach Vorschrift“ halten, statt alles bis zur eigenen Zufriedenheit ins Detail aufzuklären.

Von dem Plan bleibt schnell nichts mehr übrig. Als ein toter alter Mann am Rheinufer gefunden wird und der Hinweis einer aufmerksamen Passantin zu Jule Rahn als Zeugin führt, stellt sich bei Prinz im Nacken ein Prickeln ein, das ihn zu einer Spurensuche zwingt. Aber ist der Aussage von Jule Rahn, die sich seit Jahren in psychiatrischer Behandlung befindet, auch eine Bedeutung zuzumessen, oder ist sie lediglich eine sonderbare, mit Zwangsneurosen behaftete junge Frau?

Der Fall erhält eine verzwickte Seite, als Jule Rahn außerdem von dem „Verschwinden“ zweier Nachbarn berichtet. Und die alten Leute sind nicht die einzigen, die plötzlich ins Pflegeheim übersiedeln, ohne eine Spur zu hinterlassen. Hat eine Schönheitsklinik in den Alpen damit zu tun?

Jule Rahn und Lucas Prinz schlittern gemeinsam in eine Sache hinein, die ihnen alles abverlangt. Denn ihre Gegenspieler wollen sich nicht nur nicht in die Karten schauen lassen, sondern auch verhindern, dass ihre Machenschaften aufgedeckt werden. Dabei setzten sie alle Mittel ein, über die sie verfügen, und sie schrecken auch nicht davor zurück, unleidige Mitwisser aus dem Weg zu räumen...


Mit „Das Ambrosia-Experiment“ hat Volker Dützer einen stimmungsvollen Thriller geschrieben, der unterschiedliche Themen anspricht: Korruption und Machtmissbrauch, Manipulation und Beeinflussung sowie die daraus resultierende Abhängigkeit von Menschen in sogenannten religiösen Glaubensgemeinschaften (Sekten), die Sehnsucht nach Alterslosigkeit und Unsterblichkeit, soziale und emotionale Zwänge und Störungen.

Volker Dützer folgt mit seiner gut aufgebauten Geschichte einem stringenten Ablauf, der bis auf wenige wiederholende und langmütige Momente stetig an Tempo und Brisanz zunimmt.

Er entwirft einen bemerkenswerten Plot, in dem er die Frage aufwirft, ob ein Mittel wie Ambrosia, die Nahrung der unsterblichen Götter des Olymp, tatsächlich existieren könnte, und stellt die damit verbundenen Risiken dar. Es sind wieder einmal Menschen, die ihren eigenen Interessen folgen und zu Lasten anderer agieren. Ein erschreckend realistische Zukunftsvision, von der im Grunde zu hoffen ist, dass sie niemals wirklich eintritt.

Auf die Ausarbeitung seiner Hauptfiguren hat Volker Dützer augenscheinlich viel Wert gelegt. Lucas Prinz und Jule Rahn könnten nicht unterschiedlicher sein. Trotzdem schafft es der Autor, ihre Persönlichkeiten und die Annäherung der beiden auf einleuchtende Art und Weise zu schildern. Dabei versteht er es, Emotionen verständlich und nachvollziehbar zu gestalten und zu transportieren, so dass sie beim Leser ankommen.

Lucas Prinz ist eher der Typ Mann, der keine Freundschaften pflegt und Gefühle zeigt. In seinen fünfzehn Jahren als Polizist hat er einen Sinn darin gesehen, mit Energie und Enthusiasmus Verbrechen aufzuklären und Täter vor Gericht zu bringen. Mit Ergebnis, das seine Ermittlungen in den eigenen Reihen zu Tage brachte, ist er nicht unbedingt glücklich.

Die Begegnung mit Jule bewegt etwas in Prinz und seiner stumpf gewordenen Seele. Er spürt ihre Beklemmung, Verzweiflung, Misstrauen und Unsicherheit. Alles soll so bleiben, wie ist und sich nicht verändern. Dadurch kann Jule die Kontrolle behalten, auch wenn dies Einsamkeit und verpasste Chancen bedeutet. Im Grunde möchte Jule nicht vor der Wirklichkeit fliehen, sondern am Leben draußen teilhaben. Als Sechsjährige gehörte sie zur Sekte der Jünger des Lichts und überlebte als einzige den Massenselbstmord von 158 Mitgliedern, unter denen sich auch Jules Eltern befanden, und sie leidet unter Schuldgefühlen.

Im Verlauf der Ereignisse lässt Jule eine herausragende Entwicklung erkennen. Nicht nur, dass sie die sie umgebende spröde Schale durchbrechen kann. Jedoch wird das Erreichen einer ihr bislang unbekannten Freiheit von dauerhaftem Erfolg gekrönt sein?

Veröffentlicht am 10.10.2018

Ein gefährliches Abenteuer

Der goldene Zahn
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Pero und Tomaž, zwei Sechzehnjährige, die in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana zu Hause sind, verbringen ihre Freizeit nicht wie andere Teenager. Vielmehr sind sie Kletterer und stellen sich immer wieder ...

Pero und Tomaž, zwei Sechzehnjährige, die in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana zu Hause sind, verbringen ihre Freizeit nicht wie andere Teenager. Vielmehr sind sie Kletterer und stellen sich immer wieder neuen Herausforderungen. An einem der letzten Wochenende in den Ferien wollen sie die Loska-Stena-Wand in den Julischen Alpen erklimmen und fahren deshalb gemeinsam mit Tina, Tomaž' Schwester, nach Kranjska Gora. Auf dem Weg zu ihrem eigentlichen Ziel, Log pod Mangartom, der am Fuße der Wand gelegenen Siedlung, finden sie erst in Franko und seinem klapprigen Gefährt die passende Mitfahrgelegenheit.

Bevor ihr eigentliche Klettertour beginnt, hören sie im Gasthaus, wie ein alter Mann, der sich als Großvater von Franko entpuppt, von einem riesigen Goldschatz erzählt. Diesen hatten der ehemalige Bergmann und sein Freund Mlekuž einst in der Mine gefunden und dann in einer Höhle, die sie auf der Jagd nach einer Gämse entdeckten, versteckt. Die Tragik der Geschichte: Mlekuž blieb in der Höhle verschüttet zurück, und der Großvater glaubt, ihn jeden Abend schreien zu hören, was erst enden würde, wenn er ein Grab bekäme.

Nach einer Nacht im Freien besteigen die Jungen die Wand und stellen fest, dass neben den bekannten zwölf Höhlen tatsächlich eine versteckte dreizehnte existiert, in der sie einen goldenen Schimmer bemerken. Haben sie den „Goldenen Zahn“ gesichtet? Doch noch verschwenden die beiden keinen weiteren Gedanken daran. Erst als sie bei ihrer Heimkehr in ihrem Verein erfahren, dass sie für eine Tour in den Himalaya 2000 Euro benötigen, wollen sie die Höhle mit dem Gold suchen. Sie ahnen nicht, dass aus einem unbeschwerten Kletterausflug ein lebensbedrohliches Abenteuer wird. Denn sie sind nicht allein hinter dem Gold her...


Tadej Golob dürfte in Deutschland eher unbekannt sein. Der Slowene, Jahrgang 1967, arbeitete bereits während seines Journalistikstudiums in Ljubljana bei der Sportredaktion des nationalen Fernsehens. Später war er Redakteur und schrieb unter anderem Kolumnen für den Playboy. 2001 nahm Golob an einer Expedition in den Himalaya teil und bestieg den Mount Everest. Sein Roman „Svinjske nogice“ erhielt 2010 den Preis für den besten slowenischen Roman des Jahres.

„Der goldene Zahn“ ist Tadej Golobs erstes Jugendbuch und offenbart sich als facettenreiches Abenteuer, das nicht nur Jungen und Mädchen, sondern auch Erwachsenen Lesefreude beschert. Der Autor überzeugt nämlich mit einem anständigen Thriller, in dem der ausgeklügelte Plot durch glaubwürdig agierende Protagonisten ergänzt wird.

Golob verwendet die ihm gegebenen Möglichkeiten geschickt, als Bergsteiger weiß er, wovon er schreibt. Der Autor konzentriert sich auf das Wesentliche und ist dadurch in der Lage, langsam, aber kontinuierlich Spannung aufzubauen. Mit detaillierten Beschreibungen lässt er die slowenischen Berge vor dem Auge des Lesers erstehen und bringt ihn mitten hinein ins Geschehen:

„Pero ließ seine Augen über die Wand wandern. Der östliche Teil verbarg sich hinter einem Berg, der wie ein Schiffsschnabel aus diesem auf den ersten Blick monolithischen Massiv herausragte. Erst wenn man die Wand genauer betrachtete, konnte man erkennen, dass sie aus einer Kette einzelner Felsen bestand, die aus dem Boden schossen und sich von links und rechts symmetrisch um einen zentralen Pfeiler wanden, der zu ihrem höchsten Gipfel strebte. In den steilen, hellen Platten des oberen Teils zeichneten sich mehrere Höhlen ab. Diese schwarzen Löcher verliehen der Wand ein lebendiges Aussehen. Sie sah aus wie ein Gesicht mit einem von Zahnlücken durchsetzten Grinsen. Unterhalb des Gipfels verlor sich der Pfeiler in offenbar feuchten, dunklen Nischen und Dächern."

Der Autor verschafft nicht nur seinen Helden das eine oder andere Mal Angst und Schrecken, sondern auch der Leser darf lebhaft daran teilhaben. Insgesamt lotet Golob die Empfindungen seiner jugendlichen Protagonisten aus, er schont sie nicht, thematisiert wichtige Begriffe wie den Sinn des Lebens, Loyalität und Ehrlichkeit, Vertrauen und Freundschaft.

Einziges Manko: Es fehlt eine Karte zur Orientierung.

Ansonsten ist „Der goldene Zahn“ ein Buch für Jungen und Mädchen jeglichen Alters, Kletterer und Nichtkletterer, Freunde von intelligenten Gämsen und all jene, die endlich den Unterschied zwischen Auerhahn und Birkhahn lernen wollen. Denn Humor findet sich in der Geschichte ebenfalls...

Veröffentlicht am 09.10.2018

Honig aufs Herz

Honig aufs Herz
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Evryn ist ein Mädchen schneller Endscheidungen. Als ihr nicht unvermögender Freund fremdanbandelt, verlässt sie seine Villa und zieht in ihre winzige New Yorker Detektei, um unmittelbar darauf festzustellen, ...

Evryn ist ein Mädchen schneller Endscheidungen. Als ihr nicht unvermögender Freund fremdanbandelt, verlässt sie seine Villa und zieht in ihre winzige New Yorker Detektei, um unmittelbar darauf festzustellen, dass ihr Vermieter kurz zuvor die über ihr liegende Wohnung an Nikolaj, einem unvergleichlich attraktiven Taxifahrer, vergeben hat, dem Evy als Erstes versehentlich die Tür an die Nase schlägt.

Evy fügt sich in ihr Los. Auch wenn sie begreift, wie sorglos sie bislang leben konnte – fünf Jahre mit einem Playboy sind dann doch genug. Und mit dem lukrativen Auftrag einer reichen Russin sieht sie Licht am Ende des Tunnels. Leider bedeutet lukrativ nicht gleichermaßen unbedenklich, denn es dauert nicht lange, und Evy steckt mitten drin in Mord, Intrigen und jeder Menge Geheimnissen. Obwohl sie glaubt, sich auf ihr Gespür als brillante Detektivin verlassen zu können, braucht sie einen Partner, und als der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt erweist sich Nicolaj.

Dabei ist der Mann selbst ein einziges Rätsel. Selbst als sich Evy und Nic näher kommen, kann sie nicht hinter seine Fassade blicken. Eins wird allerdings bald klar: Ein langweiliger oder gar harmloser Taxifahrer ist der Mann auf keinen Fall…


Mit „Honig aufs Herz“ hat Moni Kaspers eine leidenschaftliche Liebesgeschichte geschrieben, die voller Leben steckt und in der Romantik und Thriller eine Symbiose eingehen.

Die mit hinreißender Emotionalität, aus der jeweiligen Sicht von Evy und Nic erzählte Geschichte hat einen angenehmen Klang und überzeugt neben der Darstellung der intensiven Gefühlswelt der Protagonisten mit einer stringenten Handlung und anschaulichen Bildern. Lediglich die Transliteration der kyrillischen Buchstaben fällt dagegen ab, hier wäre die Verwendung des russischen Originals einfach passender gewesen. Ansonsten punktet das Geschehen mit stetig wachsendem Spannungstempo, erotischen und zu Herzen gehenden Szenen sowie durchaus überraschenden und heiteren Momenten.

Ein starkes Plus sind die beiden Hauptfiguren.

Evy zeigt sich als ungeschickte und ein bisschen verrückte, zugleich liebenswerte Person mit dem Herz am rechten Fleck. Sie handelt manchmal spontan und unüberlegt, gibt hingegen nicht auf und hält trotz aller Enttäuschungen an ihren Träumen fest. Während Schwester und Mutter sie überzeugen wollen, wie falsch es gewesen ist, das Luxusleben an der Brians Seite zurückzulassen, steht sie zu ihrem eingeschlagenen Weg und beweist Rückgrat, auch als ihr bewusst wird, dass Durcheinander, Aufregung und Gefahren auf sie warten.

Während Evy offenen Gemüts ist, bevorzugt Nic als hauptsächliche Art der Kommunikation Schweigen. Es ist unschwer zu erkennen, dass er eine Bürde trägt, die ihn zu jenem unnahbaren Mann mit Seelenpein macht, als den Evy ihn kennenlernt. Er will niemand mehr sein, für niemanden, weil das Leben, so wie er es einst hatte, ihm genommen wurde. Und sowieso würde die Zeit keine Wunden heilen, seine zumindest nicht.

Es bedarf des Anstoßes dieses quirligen Rotschopfes, damit sich nach und nach die schockierenden Hintergründe, bitteren Erinnerungen, Alpträume und Ängste, die Nic quälen, offenbaren. Hier beweisen sich Geduld, Verständnis, Mut und Kraft von Evy, die trotz aller erschütternden Nachrichten an der Liebe zu Nic festhält, so dass er sich innerhalb kürzester Zeit einfach wohl, ja sogar zufrieden in ihrer Gegenwart fühlt und sich „Honig aufs Herz“ legt...

Veröffentlicht am 30.09.2018

Das Ende des Friedens

Wächter und Wölfe - Das Ende des Friedens
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„Es ist fast tausend Jahre her, seit der Schleier herabgelassen wurde… Jetzt wird er schwächer. Die Roten Götter werden mächtiger, und das Licht nimmt ab. Blut wallt auf.“

In der Welt von Gilgoras herrscht ...

„Es ist fast tausend Jahre her, seit der Schleier herabgelassen wurde… Jetzt wird er schwächer. Die Roten Götter werden mächtiger, und das Licht nimmt ab. Blut wallt auf.“

In der Welt von Gilgoras herrscht seit fast tausend Jahren ein brüchiger Waffenstillstand zwischen dem Volk des fruchtbaren Rilpors und den Mirak in den unwirtlichen Bergregionen. Es sind hingegen nicht nur die Menschen, die sich gegenüberstehen, sondern auch unterschiedliche Götter: Während die Rilporer Anhänger der Götter des Lichts sind, huldigen die Mirak den Roten Göttern. Und Letztere sind es, die nach jahrelanger Verbannung nach Rilpor drängen, auf einem Weg aus Blut und Chaos. Denn nur wenn Blut fließt, können sie wieder zurück in ein physischen Dasein kehren und Wesen aus Fleisch werden.

Unter Führung von Lanta, die von ihrem Volk wegen ihrer Nähe zu den Göttern Gesegnete nennen, begeben sich die Mirak sich auf den Weg, ihre Verbannung zu beenden.

Die Aussichten sind denkbar günstig. Zwar hat die Sklavin Rillirin in ihrer Verzweiflung den König der Mirak getötet und ist danach geflohen. Doch Corvus, der neue König, beweist, wozu er er nach seiner Machtergreifung fähig ist.

Außerdem ist das Reich Rilpor geschwächt. Denn König Ratoth, einst angesehener Herrscher, vergräbt sich nach dem gewaltsamen Tod seiner Ehefrau in seiner Trauer und verfällt vor den Augen seiner Söhne Janis und Rivil zunehmend dem Wahnsinn.

Doch damit nicht genug. Während die Mirak sich sammeln und immer stärker werden und zudem Verräter in den eigenen Reihen agieren, sind die Rilporer völlig ahnungslos in Bezug auf die drohende Gefahr. Lediglich der Seher Dom erhält von den Göttern in Visionen einen nebulösen Blick in die Zukunft. Der Calestar ist es auch, der die Bedeutung von Rillirin, die Aufnahme bei den Beschützern der Grenze von Rilpor, den Wächtern und Wölfen gefunden hat und von einigen misstrauisch beäugt wird, erkennt. Allerdings kämpft Dom mit eigenen Dämonen...

Anna Stephens „Wächter und Wölfe. Das Ende des Friedens“ ist blutrünstig, brutal, düster und beginnt mit einer Opferung, einer versuchten Vergewaltigung und einem Mord. Eine zartbesaitete Seele mit schwachen Nerven mag sich dem möglicherweise nicht aussetzen.

Auch danach macht es die Autorin dem Leser zunächst nicht leicht, dem Geschehen zu folgen. Zwar ist dank der im Innenteil des Buches befindlichen Karten eine ausgezeichnete Orientierung möglich, und zudem beschränken sich die Handlungsorte auf Rilpor und das Gilgoras-Gebirge, wodurch die Welt ausschnitthaft klein und (noch) ohne Bezug zu den umgebenden Ländern und Völkern dargestellt wird. Zudem sind die einzelnen Kapitel in der Regel kurz und überschaubar. Doch wechseln von Anfang ständig die Protagonisten und folglich auch die Perspektiven. Und so scheint der Überblick verloren zu gehen.

Ist allerdings diese erste Hürde überwunden, bleibt eine pure Begeisterung, in das spannungsvolle und wendungsreiche Geschehen einzutauchen. Denn Anna Stephens offeriert in ihrem durchaus ambitioniert zu nennenden Debüt eine komplexe und funktionierende, wenngleich noch nicht in Gänze und epischer Breite ausgearbeitete Welt, die hauptsächlich von (Macht)Kämpfen geprägt ist. Kein neues Szenarium, und doch bringt die Autorin mit ihrem Konstrukt der miteinander rivalisierenden Götter, die sich in die Belange der sterblichen Menschen einmischen und diese zu lenken versuchen, einen interessanten Aspekt in ihr fantasievolles Handlungsgeflecht.

Im Verlauf der Ereignisse gelingt es, den vertraut werdenden Figuren zu folgen und ihre Wesen zu ergründen. Hier liegt die Stärke der Autorin.

Ihre Protagonisten präsentieren sich als faszinierende bunte Mischung, die sich in keine Schablonen passen lassen. Es dauert eine Weile, bis die Fronten, wer auf welcher Seite steht, geklärt sind. Nachdem diese Frage nicht mehr im Raum steht, treten beide Gruppen mit ausgereiften Charakteren beidseitigen Geschlechts auf und erweisen sich einander in der Wahl der Mittel als durchaus ebenbürtig.

Dabei wachsen einem einige schnell ans Herz. Zum Beispiel Rillirin, die ehemalige Sklavin, zunächst zurückhaltend und fragil, jedoch mit einem starken Entwicklungspotential. Crys Tailorson, der unbestreitbar ein talentierter Soldat, aber ebenso ein Filou mit losem Mundwerk ist, gern dem Glücksspiel frönt und immer wieder degradiert wird. Calestar Dom, der als Seher unerwünschte Botschaften von den Roten Göttern erhält, und unfreiwillig mit ihnen in Verbindung tritt. Andere wie die Gesegnete Lanta wiederum – zwar de facto als Böse angelegt – sind aber in ihrer Handlungsweise so ihrem Glauben verhaftet, dass diese aus deren Sicht nachvollziehbar erscheint.

Aber natürlich würde die die Geschichte nicht funktionieren, wenn sie nur grauslich und unappetitlich (wobei zugegebenermaßen schon ein paar diesbezügliche Szenen vorhanden sind, die im Gedächtnis bleiben) wäre und die handelnden Personen tumb und entsetzlich wären. Vielmehr stecken neben Verrat, Misstrauen, Verschwörung, Intrigen und politische Machenschaften, Verzweiflung und Tod auch Loyalität und ehrenvolles Verhalten, Vertrauen, Zuversicht, Freundschaft, Liebe und Zuneigung darin. Anna Stephens gönnt einigen ihrer Helden durchaus auch wenige, aber trotzdem schöne Momente, unerwartet, überraschend und zum Teil abseits der gängigen Muster.

Dies ist „Das Ende des Friedens“. Es ist intensiv und grausam zugleich. Und Anna Stephens beschert dem Leser einen fiesen Cliffhanger, so dass die Wartezeit bis zum zweiten Band der als Trilogie angelegen Reihe äußerst lang erscheint. Doch „Das Erwachen der Roten Götter“ kann nicht aufgehalten werden. Im Februar 2019 ist es soweit.